Zeitenwende 3
Isekai am Draht.
Kapitel 1
Im Zwischenraum.
“Sind alle da? Gut. Willkommen im Limbo. Wie sollen wir mit ihnen verfahren?”
Die gesichtslose Figur, die neben den vier anderen aufgetaucht ist, führt das Wort. Stephan und Andros stehen in einem Raum, der ausschließlich aus Licht zu bestehen scheint. Wände sind nicht zu erkennen, der weiße Raum scheint sich in die Unendlichkeit zu erstrecken, Grenzen oder Strukturen sind nicht zu sehen, ausschließlich Weiße. Die beiden können nicht einmal ihre Schatten auf dem Boden ausmachen - die vollkommene Unwirklichkeit.
“Den einen finden wir sehr unterhaltsam.” wirft einer der anderen ein. “Wir können ihn weiter vermarkten, können ihn weiter schicken und abstimmen lassen. Die Beteiligung der Zuschauer wird über seine Zukunft entscheiden.”
“Sehr schön. Andere Vorschläge?”
“Nein, mit dem anderen können wir nichts anfangen. Es gibt keine Verwendung für ihn.”
“Also weg mit ihm?”
“Ja, ich denke, ich habe da einen speziellen Platz für ihn …”
“Aber eliminiere ihn nicht, vielleicht ist er doch irgendwann noch einmal von Nutzen. Und sei es nur, um den Alten bei Laune zu halten.”
“In die Gaming-Welt mit ihm? Sterblich und unfähig.”
“So sei es denn.”
Stephan schaut Andros mit einer unausgesprochenen Frage verzweifelt an. Andros schaut Stephan mit einem leicht verschmitzen lächeln zurück.
Plopp - weg ist Stephan. Plopp, weg ist auch Andros.
Kapitel 2 Isekai
Ein neuer Planet, eine neue Welt.
Stephan kennt das. Andros ist nirgends zu sehen, nicht vor, nicht hinter, nirgends neben ihm, nicht über und nicht unter ihm.
Nicht unter ihm?
Stephan gerät in leichte Panik.
Hoch über dieser neuen Welt ist er aufgetaucht. Auch das ist ihm eigentlich nicht neu, auch das hat er mit Andros bereits des Öfteren erlebt, doch da war er nie alleine gewesen, es war immer Andros, der die Kontrolle über ihre Position hatte. Nun ist dies nicht der Fall, Stephan befindet sich im freien Fall.
Die ersten Wolken sind sogar noch unterhaltsam, doch als die Strukturen auf dem Boden immer genauer erkennbar werden, bekommt er doch langsam Angst. Zwar hat der Eine im Limbo gesagt, dass er unsterblich sein würde, aber wieso hätte er die Wahrheit sagen sollen?
Am Ende würde es nur zwei Möglichkeiten geben. Entweder ist er unsterblich oder eben nicht. Folglich macht es keinen Unterschied, wie genau er nun fallen wird.
Stephan spreizt ein wenig die Beine, legt die Arme an seine Seite und beginnt auf diese Art, nach unten zu beschleunigen. Er genießt, wie der Wind um seine Nase mit jedem Meter sogar noch stärker wird, wie sich die Geschwindigkeit, mit der er fällt, steigert, wie die Welt, auf der er nun wohl seine Zeit verbringen werden wird, immer größer wird, immer näher kommt.
Kurz schwingen seine Gedanken von seiner absehbaren Zukunft zu seiner jüngeren Vergangenheit, zu seinen beiden Begleiterinnen, die ihm so sehr ans Herz gewachsen waren, mit denen er so viel Spaß gehabt hatte. Auch, wenn die Erinnerungen, die er mit ihnen verbindet, auf nicht ganz natürliche Art zustande gekommen sind, kommt er nicht umhin, eine Träne zu verdrücken, die ihm das Auge füllt. So legt er die letzten Meter zu seiner schlagartigen Zukunft mit geschlossenen Augen zurück, während sich ein kleiner Tropfen Wasser vom Fallwind getrieben von seinem Gesicht löst.
Wumm ist bei weitem nicht genug, um auszudrücken, mit welcher Wucht er auf den Boden aufschlägt. Stephan selbst kann sich nicht daran erinnern, in welchem Zustand er diesen Aufschlag überstanden hat. Seine einzige Erfahrung davon ist, dass er mit zerfetzten Kleidern inmitten eines Kraters aufgewacht ist, um ihn herum dampfende Überreste von Wald, Staub, Erde und zerborstenen Steinen.
Doch das Erste, was er von der neuen Welt, auf der er ‚gelandet‘ ist erfährt ist nicht etwa ein Blick auf die Kraterwände seiner Landestelle, sondern eine Meldung vor seinen noch geschlossenen Augen. Ein System lässt ihn eine Tafel erkennen, welche ihm seinen Zustand, seinen Status verkündet.
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Fähigkeiten: keine
Zauber: keine
Skills: keine
Damit ist alles klargestellt, er ist ein Versager - offiziell. Und ohne irgendwelche Fähigkeiten wird er dies wohl auch bleiben, genau so, wie es der eine Kerl aus dem Limbo angedroht hat.
Genervt von seinen Zukunftsaussichten öffnet er dann doch noch die Augen und will sich in seinem Krater umschauen, da erscheint eine weitere Meldungstafel:
Fähigkeit ‚Aufschlagsresistenz‘ erlernt.
„Ach“, spricht er vor sich her. Das ist überraschend, so garantiert unfähig scheint er nicht bleiben zu müssen. Hoffnung glimmt in ihm auf und er beginnt sein gesamtes, erlerntes Wissen über Zauber, die durch Handbewegungen ausgeführt werden und die er in all den vergangenen Welten, die er mit Andros bereist hatte, gelernt oder zumindest beobachten konnte, auszuprobieren. Nichts funktioniert.
Nicht, außer dem öffnen der Statustafel, die ihm nun brav unter Fähigkeiten seine ‚Aufschlagsresistenz‘ mit Stufe 0 anzeigt.
„Verdammt“, schreit Stephan seinen Verdruss heraus, schlägt dabei mit der Faust auf den Boden.
‚Stufe Aufschlagresistenz erhöht‘ ploppt abermals eine Mitteilungstafel vor ihm auf, reißt ihn aus den Schmerzen seiner nun gebrochenen Hand heraus, die den Schlag weniger gut überstanden hat.
„Soso.“ kommentiert er die Meldung, während er seiner Hand bei der Spontanheilung, die offenbar gleichbedeutend mit unendlicher Regeneration ist, beobachtet. „Es geht wohl doch noch ein bisschen was.“ Und mit diesen Worten ballt er auch die zweite Hand zur Faust und prügelt auf den Boden vor ihm ein, schlägt auf Erde, auf Stein und Holzreste ein als wolle er die Erde planieren. Immer wieder zerbrechen seine Knöchel, immer wieder macht er kurz Pause, bis die Regenerierung seine Wunden geschlossen hat, immer wieder verkündet ihm eine erscheinende Tafel, dass seine Aufschlagresistenz erhöht wurde.
‚Fähigkeit Eisenhaut Stufen 0 erlernt, Fähigkeit Stahlfaust Stufe 0 erlernt‘
Stephan gerät über diesen Zugewinn an Fähigkeiten und Stufen in einen regelrechten Rausch, schlägt immer weiter, immer härter zu, zerschlägt bald sogar die Steine um ihn herum in kleinere Stücke, bis er vor lauter Staub, den er selbst produziert, husten muss.
Der frischgebackene Held - so fühlt er sich zumindest in diesem Moment - steht auf, erhebt sich über seinem noch tiefer gegrabenen Krater über die Staubwolke seiner Erkenntnisse. Das Statusfenster bestätigt ihm sein Hochgefühl.
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 0, Stahlfaust Stufe 0, Aufschlagresistenz Stufe 31
Zauber: keine
Skills: keine
Einen Heldentitel hat ihm seine Graberei noch nicht eingebracht, doch das stört ihn in diesem Moment reichlich wenig, denn das Wichtigste ist, dass ihm nichts im Weg steht, sich auch in dieser Welt immer weiter zu entwickeln, immer stärker zu werden, über sich hinaus zu wachsen. Die künstliche Grenze, die der Kerl aus dem Limbo ihm auferlegen wollte, ist nicht in dieser Weise wirksam. Das hatte wohl Andros auch erkannt, als er ihn beim Abschied so angeschaut hatte.
„Geht es dir gut?“ erreichen regelrecht piepsige Worte seine Ohren. Verwunderung ob der Tatsache, dass er die hier herrschende Sprache zu verstehen scheint, kommt in ihm gar nicht mehr auf - zu viele Erlebnisse hat er dahingehend bereits durchlebt, zu viele Welten bereist, stets eine mögliche Sprachbarriere in Kurzzeit überwunden. Wie hatte es der Weiße genannt? Gaming-Welt? Das dürfte es wohl sein.
„Oh, äh, ja. Besten Dank, alles bestens“, fällt es Stephan gerade noch ein, bevor sich das kleine Wesen auf den Weg zu machen versucht, ihn in seinem Krater aufzusuchen.
„Was machst du da unten?“, fragt die Kleine neugierig und gibt sich mit ihrer Stimme klar als kleines Mädchen zu erkennen.
„Ich … äh … ich habe nach Mineralien gesucht. Weißt du, wenn etwas vom Himmel gefallen ist, dann findet man manchmal spezielle Steine am Einschlagsort.“
„Ach so, das ist hier passiert. Wir haben uns schon gewundert. Das geschieht hier nicht allzu oft, weißt du.“
Stephan ist es eigentlich gar nicht recht, dass er schon wieder am ersten Tag seiner Ankunft in einer neuen Welt zum einen Ärger erfährt und zum anderen eine weibliche Begleiterin um sich sammelt. Zwar ist das Kind noch sehr jung – es wird also nichts weiter zwischen ihnen laufen, so wie es mit Ophi und ihrer Schwester war, aber wer weiß schon, wer noch alles zu ihrer Familie gehört.
„Kannst du dich nicht da rauszaubern?“
„Zaubern? Kann ich gar nicht.“ antwortet Stephan der Kleinen, die nun recht verwundert dreinschaut.
„Oh. Magst du mit zu meiner Oma kommen, vielleicht erklärt sie dir, wie das geht. Ich werde nämlich auch Mal eine ganz große Zauberin, weißt du?“
‚Hmm, eine kleine Einführung in die Spielregeln dieser Welt könnten vielleicht nicht schaden.‘ geht es Stephan durch den Kopf und er beginnt kommentarlos, den Hang zu dem Mädchen hinauf zu steigen. Eine kurze Kontrolle seiner Kleidung, ob zumindest die wichtigsten Körperteile vor dem Kind verborgen bleiben und schon ist er auf dem Weg zu der alten Frau.
„Es ist nicht weit, gleich da hinten auf der nächsten Lichtung hinter dem Hügel. Deshalb war ich auch so schnell hier.“
Stephan ist nicht gerade nach Smalltalk, schon gar nicht mit diesem Kind. Am liebsten hätte er erst einmal auf eigene Faust seine Grenzen erforscht und ausprobiert, wie weit er ohne weitere Hilfe hätte kommen können. Aber jetzt ist es eben so gekommen, dass er eine Einführungserklärung bekommen würde. Noch einmal kontrolliert er seinen Statusbildschirm, doch es hat sich nichts weiter ergeben.
Die Oma ist in der Tat eine alte Frau. Die Kleine lebt offenbar mit ihr alleine in einer Hütte mitten im Wald und passt da auf ein paar Ziegen auf von denen die beiden ihre Milch, ihr Fleisch, ihr Fell beziehen, sowie einem kleinen Kräutergarten, den die Alte liebevoll pflegt, wie sie beschreibt.
„Bist du ein Held?“, fragt die Alte Stephan gerade heraus.
Stephan ist völlig perplex, so dass ihm kaum mehr ein „Hä?“ entgleiten kann.
„Nun, es hießt, dass in Zeiten großer Not ein Held auftauchen würde, der anfangs schwach sich immer weiter in seinen Leistungen und Fähigkeiten steigern würde.“
„Aha.“ Offenbar verpasst sie ihm gerade eine weitergehende Einführung in die Legendenwelt seiner neuen Wahlpflichtheimat. Angeregt erwartet er weitere Erläuterungen und muss auch keinen Atemzug lange darauf warten.
„Doch der Held alleine“, setzt die Alte so auch direkt nach,“soll dies angeblich nicht ganz alleine schaffen. So erhält er ausschließlich durch die Beichte bei einem Geistlichen, also mit den Worten ‚vergib mir, Vater, ich habe gesündigt‘ eine neue Stufe. Doch mit jeder neuen Hauptstufe, die er erreicht, werden auch seine Gegner schwieriger zu besiegen, bis er sich endlich zum Dämonenkönig emporgekämpft hat, um diesen zu besiegen. Bist du ein solcher Held?“
„Kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin bloß ein Wanderer aus dem Süden, der die Welt kennenlernen will.“
„Ach so. Dann wünsche ich dir viel Erfolg. Kann ich dir irgendwie helfen, bevor du wieder gehst?“, wirft sie Stephan regelrecht wieder raus. Doch die Versprechungen der Kleinen klingen in seinem Kopf nach.
„Nun, deine Enkelin meinte, dass du mir das mit der Magie erklären könntest. Wie verhält es sich damit? Wie wendet man sie an?“
Wenn dies tatsächlich eine gamifizierte Welt darstellen sollte, dann könnte er aus dieser Tutorial-Frau vielleicht versuchen alles an Informationen heraus zu holen, was das Script zulässt. Einfach drauflos zu fragen ist dabei die einfachste Strategie.
„Das ist eigentlich ganz einfach“, schießt die Alte auch direkt los, „wenn du bereits irgendeine Fähigkeit hast. Dann kannst du dir in deinem Geist vorstellen, wie es ist, wenn du diese Fähigkeit benutzt und mit etwas Übung und natürlich magischen Grundlagenfähigkeiten wirst du diese dann durch bloße Konzentration auf das Ergebnis in deinen Händen manifestieren können. Vielleicht probierst du es gleich einmal aus?“
„Äh, aber ich kann doch nichts.“
„Tja, dann wirst du wohl noch viel zu lernen haben. Viel Glück auf deiner Reise.“, sprichts, und vollendet damit den Rauswurf. Sogar die Enkelin setzt noch nach „Und fall nicht wieder in irgendwelche Löcher.“, während sie ihn aus dem Haus schiebt und die Tür hinter ihm ins Schloss drückt.
Stephan ist wieder alleine. Eigentlich wollte er es ja genau so, doch nun, da er vor die Tür gesetzt worden ist, kommt es ihm doch recht einsam vor.
Noch einmal umgeschaut und mit einem Kopfschütteln wirft er diese Emotionen geübt ab und stapft über das Gras der Lichtung, an der die beiden wohnen, parallel zur Sonne davon.
Nach wie vor hat er keine Ahnung, wo er eigentlich ist, wo er hin will oder soll und was er eigentlich tun kann. Einzig die Möglichkeit, seine Fähigkeiten durch irgendwelche Aktionen zu erweitern, hat er bisher verstanden. Und dann ist da noch der Kommentar der Alten, dass er durch Konzentration seine bisher gesammelten Fähigkeiten manifestieren könnte.
‚Aber auf was sollte ich mich hier schon konzentrieren.‘ Geht ihm durch den Kopf, als er merkt, dass die Sonne inzwischen recht tief steht. Außerdem wird ihm langsam kalt, denn seine Kleidung wurde durch die unsanfte Landung stark in Mitleidenschaft gezogen und wärmt ihn kaum mehr.
Schnell hat er an einer freieren Stelle des Waldes zwischen den Bäumen ein paar Steine zu einem Kreis zusammengelegt, hat sich trockene Zweige gesammelt und beginnt damit, sie aneinander zu reiben und erzeugt so alsbald feine aber glühende Holzasche, die er schnell aber vorsichtig und unter ständigem, sanften Blasen zwischen ein Häufchen Reisig geschüttet, welches alsbald beginnt, heftig aufzuflammen und durch seine weitere Behandlung dann den Rest des Holzstapels in Flammen setzt, auch die dickeren Holzstücke zum Brennen bringt und so nachhaltig für wärme sorgt.
Sofort erscheint wieder eine Informationstafel vor seinem Kopf und verkündet ihm von neu Gelerntem.
‚Fähigkeit Feuer Stufe Null erhalten. Fähigkeit Licht Stufe Null erhalten. Fähigkeit Holzbearbeitung Stufe Null erhalten. Fähigkeit Winderzeugung Stufe Null erhalten.‘
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 0, Stahlfaust Stufe 0, Aufschlagresistenz Stufe 31, Feuer Stufe 0, Licht Stufe 0, Holzbearbeitung Stufe 0, Winderzeugung Stufe 0
Zauber: keine
Skills: keine
‚Das bringt mich auch nicht viel weiter. Ne Magie wär Mal schön gewesen.‘ denkt sich Stephan. Doch er denkt nicht nur daran, sondern erhebt auch eine Hand, schaut hinein und wünscht sich mit einem kurzen ‚Flamme an‘ nur eine kleine Flamme in seine Handfläche – und schon schwebt knapp über seiner Handfläche eine kleine Flamme.
Stephan ist davon so erschrocken, dass er die Hand wegdreht und die heiße Erscheinung von sich abzuschütteln versucht – und dabei ganz ungeschickt auf seinen Fuß fallen lässt.
‚Fähigkeit Feuerresistenz Stufe Null erhalten. Zauber Feuer Stufe Null erhalten.‘
‚Endlich ein Zauber!‘ freut sich Stephan und kontrolliert unverzüglich seinen Status.
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 0, Stahlfaust Stufe 0, Aufschlagresistenz Stufe 31, Feuer Stufe 0, Licht Stufe 0, Holzbearbeitung Stufe 0, Winderzeugung Stufe 0, Feuerresistenz Stufe 0
Zauber: Feuer Stufe 0
Skills: keine
‚Das ist ein Anfang.‘ denkt er sich und setzt sich erst einmal an sein Feuer und entspannt sich nach diesem langen Tag, indem er sich auf den weichen Waldboden legt und gar befriedigt einschläft.
Als er am nächsten Morgen von den ersten Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach des Waldes zu ihm dringen, geweckt wird, freut er sich regelrecht auf den neuen Tag, an dem er so viel auszuprobieren gedenkt.
Bereits als er sich in die Senkrechte gerichtet hat, und in seine Handfläche blickt, beginnt er sich erneut auf die Flamme zu konzentrieren, und sie so auch ohne die magischen Worte erscheinen zu lassen. Schon nach wenigen Sekunden erscheint das glühend heiße Objekt. Bereits nach wenigen weiteren Augenblicken muss er jedoch abermals die Flamme von seiner Hand schütteln und sich die verletzte Hand reiben, die nun nach verbranntem Fleisch stinkt und mit zahlreichen Blasen in der Haut auch ebenso aussieht.
Da ihm nichts anderes einfällt, spuckt er kurz all seinen Mundsaft in die Hand und verreibt die Pfütze leicht und vorsichtig.
‚Fähigkeit heilender Kuss Stufe Null erhalten. Fähigkeit Wasserkontrolle Stufe Null erhalten. Fähigkeit Sanfte Finger Stufe Null erhalten. Zauber Feuer hat Stufe 1 erreicht.‘
„Hui. Ein Zauber ist auf Stufe 1 gestiegen. Offenbar kann ich …“, denkt Stephan lau vor sich hin und schon im nächsten Atemzug entspringt seiner Hand abermals eine kleine Flamme, schwebt dort einige Zeit, und als er merkt, dass die Schmerzen in seiner Hand zu groß werden, schüttelt er das Feuer abermals ab, sieht es dabei vor seinem inneren Auge einfach verschwinden und schon hat sich die Realität seiner Gedanken gespiegelt.
Die Flamme hat in der Tat seine Finger verbrannt und er blickt auf die blasige Innenseite seiner Hand. Der Schmerz verschlägt ihm fast die Sinne, doch langsam gelingt es ihm wieder, sich zu konzentrieren. Aus seiner Fähigkeit ‚Feuer’ hatte er einen Feuerzauber gemacht. Nun konzentriert er sich darauf, dass die Blasen verschwinden mögen, konzentriert sich auf die heilende, die kühlende Wirkung seiner Spucke, die er beim letzten Mal auf die verbrannte Stelle zur Linderung aufgebracht hat. Langsam aber spürbar lindern sich die Schmerzen, wird die Hitze der Verbrennung in seiner Hand geringer und je strenger er auf seine Finger blickt umso schneller werden auch die Brandblasen kleiner, wird aus dem krustigen Schwarz der verkohlten Stellen wieder ein zumindest ungesundes Rot und alsbald sogar ein blutigeres rosa, das schon wieder ganz und gar nach einer glatten Hautoberfläche aussieht. Das Wunder ist vollbracht.
‚Zauber Heilung Stufe Null erhalten. Zauber Heilender Kuss hat Stufe eins erreicht, Zauber Feuer hat Stufe zwei erreicht, Fähigkeit Feuerresistenz hat Stufe zwei erreicht.‘
„So kann‘s weitergehen.“, grinst er in sich hinein. „Wenn diese Steigerungen schon von den einfachen Tätigkeiten kommen, die ich hier zum schlichten Überleben gemacht hab, was wird dann erst, wenn ich kompliziertere Sachen mache.“
Aus der Frage eines Selbstgesprächs wird ein Gedanke, wird ein Ziel, wird ein Plan. Abermals konzentriert er sich auf den Feuerball, der unverzüglich erscheint. Er konzentriert sich darauf, dass er wieder verschwindet und weg ist er. Die Brandblasen in seiner Hand denkt er auch wieder schnell weg und nach einem genaueren Kontrollblick auf seine Hand, um zu kontrollieren, dass sein Bemühen von Erfolg gekrönt war, wiederholt er das Ganze noch einmal – und noch einmal und noch einmal. Ein gutes Dutzend Flammen lässt er erscheinen und wieder verschwinden, ein gutes Dutzend Mal heilt er seine verbrannten Hände, die nach jedem Versuch immer weniger verbrannt aussehen.
Dann kommt ihm wieder die Meldung in Erinnerung, dass er ebenfalls eine Fähigkeit mit dem Namen ‚Licht‘ erhalten hat und schon versucht er, eine leuchtende Kugel über seiner Handfläche erscheinen zu lassen. Einiges an Konzentration verlangt ihm dieser Versuch jedoch ab. Erst versucht er nur an genau eine solche helle Kugel zu denken, zwingt sein Hirn alles andere auszublenden und nur an ein solches, rundes, perfektes Objekt zu limitieren, doch es mag ihm einfach nicht gelingen. Kurz überlegt er, es vielleicht wieder mit dem Feuerball zu versuchen und ihm die Hitze zu nehmen, sieht dabei vor seiner inneren Vorstellung bereits seine Umgebung hell erleuchten und da geschieht es endlich, der Leuchtball erscheint in seiner Handfläche.
Tatsächlich ist er auch nur genau so groß, dass er in seiner Handfläche leicht Platz findet, ist nicht viel größer als eine Pflaume, doch der Effekt, den er ausübt, ist Stephan für seinen ersten Versuch völlig ausreichend – er hat einen neuen Zauber erlernt. Fast übersieht er dabei die kurze Statusmeldung.
‚Zauber Licht Stufe Null erhalten. Konzentration eine Stufe angestiegen, Intelligenz eine Stufe angestiegen.‘
Gerade so erscheint sie noch in seinem Sichtfeld. Nach allem, was er bisher in dieser Gaming-Welt erlebt hat, deckt sich dies aber vollständig mit seinen Erwartungen, so dass er lieber mit seinem Training weiter macht.
Kurz klappt er die Finger ein und lässt seine Faust das Licht verschlucken, woraufhin es erdunkelt und beim Kontrollieren des Handinneren auch verschwunden bleibt. Abermals denkt er an Helligkeit und abermals erscheint die kleine, leuchtende Kugel. Abermals schließt er die Hand um das Licht aus zu machen und wieder wird es dunkel um ihn herum. Nachdem er nun weiß, wie er es machen muss, lenkt er seine Gedanken zum Zaubern auf die Menge der Auswirkung des Licht-Zaubers, wünscht sich, dass nicht nur er und die umliegenden Bäume beleuchtet werden, sondern dass all dies in gleißend hellem Licht erstrahlt.
Wieder ist sein Zauber erfolgreich, erzeugt jedoch erneut nur eine kleine Kugel in seiner Hand, die jedoch genau die Eigenschaften hat, die er sich vorgestellt hat – seine Umgebung erstrahlt in einem hellen Glanz, als würde gerade die Sonne in seiner Handfläche aufgehen, wird dabei sogar so hell, dass er vor lauter Licht seine Hand selbst kaum mehr erkennen kann. Und tatsächlich beschränkt sich die Lichtwirkung auf genau den Umkreis, den er sich vorgestellt hat, nämlich die Bäume in seiner direkten Umgebung.
Wieder klappt er die Hand zusammen, wieder geht das Licht aus.
‚Zauber Licht hat die nächste Stufe erreicht.‘
„Wozu das wohl gut ist? Mehr draus machen kann ich doch schon.“, redet er in den stillen Wald hinein mit sich selbst und versucht sich einmal mehr einen erweiterten Effekt seines Lichtzaubers zu erdenken.
‚Nicht nur seine Drei Schritt Umgebung mögen beleuchtet werden, das Licht soll strahlen so weit es durch die Bäume reichen mag.‘ sind seine in Wort gefasste Gedanken bei seinem direkt folgenden Licht-Zauber-Versuch. Wieder erscheint eine kleine, leuchtende Kugel in seiner Hand, wieder überstrahlt diese das Ende seines Armes zur Unkenntlichkeit, wieder stellt sich exakt der Effekt ein, den sich Stephan vorgestellt hat – der halbe Wald scheint durch seine Leuchtkugel um ihn herum sichtbar geworden zu sein, erhellt die Nacht und strahlt so weit, dass er um sich nur noch Baumstämme sehen kann. Ein wenig zur Seite bewegt er seinen Arm mit dem Licht und verifiziert so, dass all dies tatsächlich von seiner Leuchtkugel stammt.
Die Schatten bewegen sich um ihn herum in einem gespenstischen Tanz, die ihm für den Bruchteil einer Sekunde einen Schrecken einjagen, bis er es durch weiteres Herumwedeln mit seiner kleinen Handlampe definitiv auf seine eigene Aktion zurückführen kann und so Gespenster ausschließt. Die Handfläche wieder zu und aus ist das Licht.
‚Zauber Licht hat die nächste Stufe erreicht.‘
Diese Meldung irritiert ihn dann doch leicht. Dass er so einfach eine neue Stufe erreichen kann, bloß, indem er den Zauber benutzt, hätte er nicht gedacht. Der Gedanke, dass er ihn durch seine unterschiedliche Anwendung verstärkt weiterentwickelt hat, kommt ihm direkt, noch bevor er das Lichtkügelchen nicht nur in seiner Hand entstehen lassen, sondern sie vor oder besser über sich schwebend haben will. Kaum ist der Gedanke gefasst, ein Bild von dem Lampenobjekt in seinem Geist entstanden, da schwebt auch bereits eine kleine, gleißend leuchtende Kugel, exakt wie jene zuvor in seiner Hand, knapp einen halben Meter vor ihm in der Luft und beleuchtet abermals den halben Wald mit ihren Lichtstrahlen.
‚Ob das auch mit dem Feuerball geht?‘ fragt er sich noch, da hat sich der eigentlich nur oberflächlich ausgedrückte Gedanke auch schon als rotglühender Feuerball gleich neben der Lampenkugel manifestiert und lodert fröhlich vor sich hin.
‚Zauber Licht hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Fähigkeit Mehrfachzauber freigeschaltet.‘
‚Offenbar ist es keine Selbstverständlichkeit, dass man mehr als ein gezaubertes Objekt gleichzeitig erschaffen kann.‘, schließt Stephan und fühlt sich davon regelrecht herausgefordert.
Noch einen Feuerball beschwört er. Und noch einen, direkt daneben. Dann noch einen direkt darüber. Von den Lichtbällen packt er außerdem auch noch einen etwas höher in den Wald und einen in Bodennähe, versucht sich an einem etwas Größeren, der dafür jedoch auch dunkler sein solle und dann noch einen Feuerball ganz oben und einen direkt in der Feuerstelle so groß wie der Steinkreis, den er als Lagerfeuer bereitet hatte.
‚Zauber Licht hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Licht hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Licht hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Fähigkeit Mehrfachzauber hat die nächste Stufe erreicht. Fähigkeit Mehrfachzauber hat die nächste Stufe erreicht. Fähigkeit Mehrfachzauber hat die nächste Stufe erreicht. Konzentration eine Stufe angestiegen, Intelligenz eine Stufe angestiegen.‘
„Na das war ja Mal erfolgreich.“ spricht er in die Dunkelheit hinein, die von all seinen leuchtenden Objekten jäh zerrissen wird. Dass er für so banale Selbstfindung derart viel Belohnung erhalten würde, hat er beileibe nicht erwartet. Mit einem „Alakazam!“, welches ihm aus irgendeinem Grund gerade als angemessen durch den Kopf geht, schlägt er die Handflächen zu einem Klatschen zusammen, um so alle seine Zauber zum Erlöschen zu bringen.
Es funktioniert.
Er ist begeistert.
Fast erwartet er, für diese Aktion ebenso belohnt zu werden, wie für die ganzen Versuche der unterschiedlichen Zauberwirkung, so dass das Ausbleiben einer weiteren Statusmeldung regelrecht einer Enttäuschung gleicht. Doch lange bleibt ihm nicht, sich davon ablenken zu lassen, denn die Feuerstelle vor ihm brennt, angefacht von dem jüngst erzeugten Feuerball, nun lichterloh und verbrennt ihm langsam aber sicher die Zehenspitzen, die er zu nah nach vorne gestreckt hat.
„Autsch. Mist. Feuer. Ei Derdaus!“, erkennt er schnell die Lage, wirkt erst einmal einen kurzen Heilzauber auf seine Zehen und versucht dann, das lodernd außer Kontrolle zu geraten drohende Feuer mit einem Wasserstrahl aus seinen Fingerspitzen zu löschen oder zumindest etwas zu vermindern.
„Verdammt!“, schreit er in den Sternenhimmel, als es nicht auf Anhieb funktioniert und ihn das Feuer weiter zu verbrennen, sich aus dem Steinkreis heraus zu fressen droht. Warum kann er kein Wasser machen? Was ist jetzt falsch gelaufen. Da war doch eine Meldung von wegen irgendwas mit Wasser.
Er ruft fix seinen Statusbildschirm auf.
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Konzentration: 233
Intelligenz: 42
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 1, Stahlfaust Stufe 1, Aufschlagresistenz Stufe 31, Feuerresistenz Stufe 2, Feuer Stufe 1, Licht Stufe 1, Holzbearbeitung Stufe 0, Winderzeugung Stufe 0, Feuerresistenz Stufe 0, Mehrfachzauber Stufe 5, Wasserkontrolle Stufe 0. Sanfte Finger Stufe 0
Zauber: Feuer Stufe 8, Heilung Stufe 2, Heilender Kuss Stufe 1
Skills: keine
Schnell überfliegt er alles Wichtige. Da ist kein Zauber mit Wasser. Aber eine Fähigkeit. Wie kam er doch gleich von der Fähigkeit zu einem Zauber? Klar, durch Anwendung, und dann erweitert er ihn.
Also schnell auf an etwas Flüssiges gedacht, den Gedanken manifestiert und in einer Wasserkugel in seiner Handfläche gesteckt. Dieses Spiel geht ihm so flüssig von der Hand, dass er es beängstigend finden könnte, wenn er dafür Zeit hätte. Aber das Feuer brennt und ruft ihn zur Eile. Also noch einmal das Ganze. Wasserkugel weg, Wasserkugel herbei. Wasserkugel weg, größere Wasserkugel herbei. Anstelle dieses nun jedoch einfach ungenutzt verschwinden zu lassen, neigt er seine Hand mit dem Wasser einmal versuchsweise über das Feuer, über die Stelle, die er zu löschen versuchen will.
Und tatsächlich fließt von der Kugel ein Strahl neben seiner Handfläche auf das Feuer hernieder, verdampft anfangs noch in der Hitze des Plasmas, kühlt dabei das Feuer und die Glut darunter weiter ab, bis es schließlich auch den Boden benässt und dort für Kühlung, für weniger Feuer und endlich auch für eine Erholung seiner Zehen sorgt.
‚Zauber Feuer Stufe Null erhalten. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Heilung hat die nächste Stufe erreicht. Fähigkeit Dampf Stufe Null erhalten. Fähigkeit Feuerkontrolle Stufe Null erhalten.‘
Ein Geräusch reißt ihn aus seiner Begeisterung über diesen Schwall von Statusmeldungen. Hastig dreht er sich herum, versucht, die Richtung der Töne ausfindig zu machen, sich auf die Ankunft eines Unheils vorzubereiten.
Das Ziel ausgemacht, das Feuer im Rücken springt er mit einem weiten Satz hinter einen Baum, der gerade noch von dem Restfeuer, das er in dem Steinkreis hinterlassen hat, angeleuchtet wird. Nun wissend, aus welcher Richtung der Gegner auftauchen wird, versucht er mit einem weiteren Sprung noch etwas mehr Abstand zu gewinnen und steht nun langgestreckt und schmal die Luft anhaltend hinter einem breiten Stamm, wartet, auf was auch immer da nun erscheinen mag.
Langsam nähert sich das Geräusch, lässt die Schritte einer Person erfassbar werden, die auf Zweige tritt, diese unter seinen Füßen zerbrechen. Schwer und langsam sind die Schritte und es kristallisiert sich ebenso ein dritter Schritt heraus. Stephan lukt vorsichtig aus seinem Versteck hinter dem Baum hervor. Verbergen hat für ihn oberste Priorität, auf ein weiteres Gespräch wie mit der Kleinen und ihrer Großmutter hat er noch keine Lust - zu wenig weiß er nach wie vor über diese Welt und ihre Regeln, auch, wenn er sie wahrscheinlich gerade ziemlich ausbeutet, beugt und umgeht, so wie er sie benutzt.
Eine Person wird langsam aber sicher zunehmend von dem Schimmer der Restglut des Lagerfeuers schemenhaft umhüllt, immer deutlicher zeichnen sich ihre Umrisse aus der absoluten Dunkelheit des Waldes hinter ihr ab, bis sie schließlich nahe genug an dem glühenden Steinkreis steht, um eindeutig erkennbar zu sein.
Es ist ein Mann in leichter Rüstung mit einer Hellebarde in der einen Hand, einem kleinen Schild am anderen Arm, in dessen Hand er einen Stephan unbekannten Gegenstand hält. Auch wenn Stephan ihn nicht ganz von vorne sehen kann, weist er diesen Mann einer Wache einer Stadt zu, die in der Nähe zu liegen scheint. Alles andere ergibt für ihn keinen Sinn, denn welcher andere Rüstungsträger würde sich ohne Lampe oder Fackel in den Wald trauen und eine solch unpraktische Waffe mit sich herumtragen? Ein Krieger kann es ebenfalls nicht sein, denn dieser wäre Teil einer Gruppe, würde nicht alleine kommen und wäre sicherlich nicht mit einer solch schwachen Rüstung ausgestattet. ‚Da hab ich wohl bei meiner Flucht glatt eine Stadt übersehen.‘ denkt sich Stephan und ärgert sich über seine Unvorsichtigkeit. In der Nähe einer Ansiedlung ist es natürlich eine dämliche Idee, auf diese Art mit diesen Zaubern zu spielen und auf sich aufmerksam zu machen. Natürlich muss dann jemand vorbeischauen und zu kontrollieren, was vor sich geht - es könnte ja etwas wirklich Gefährliches sein.
‚Fähigkeit Verbergen Stufe Null erhalten.‘
Stephan will gerade mit einer wischenden Handbewegung die Statusmeldung vor seinem Sichtfeld wegwischen, um den Mann weiter beobachten zu können, da realisiert er gerade noch, dass ihn jede unnötige Bewegung verraten könnte, und reißt sich zusammen. Während sich die Stadtwache um die Reste des Feuers bewegt und von allen Seiten untersucht, wird Stephan immer nervöser, wird von dem Schild genervt und von dem Baumstamm in die Seite gezwickt. Das Kribbeln an seinen Füßen fühlt sich nun an wie Ameisen, die an seinem Bein emporkrabbeln und seine Finger scheinen ebenfalls noch nach verbrannter Haut zu riechen - aber der Kontrolleur bemerkt nichts. Noch einmal dreht der Lanzenträger eine Runde um die Feuerstelle, beginnt dann damit, mit den Füßen Erde auf die immer weiter erstickende Glut zu treten und die Situation dadurch zu sichern. Gerade kann Stephan noch im letzten Leuchten der Reste seines Werks die Umrisse des Stadtmannes erkennen, kann den Schatten des Baumes sehen, hinter dem er Schutz gesucht hat, und hört auch die Geräusche des erstickenden Feuers, die er nun als letzte Gelegenheit nutzt, um weiter Abstand von dem Besucher zu erreichen. Vorsichtig suchen seine Zehen auf dem Waldboden weiche Stellen, auf die er lautlos treten kann, und die genau im Schatten liegen, seine Unsichtbarkeit also erhalten werden. Wieder und wieder macht er seine leisen Schritte in die Entfernung und mit dem Ziel, einen weiter entfernten Baum als neues Versteck zu finden.
Gerade zieht sich Stephan selbst hinter einen solchen dicken Stamm, da vernimmt er auch schon einen Laut von der Wache. „Hmm.“ ist das Einzige, was dieser von sich gibt, bevor er dann von dem Steinring aufsieht, sich noch einmal im dunkler gewordenen Wald umschaut, nach oben den Sternen entgegen blickt und sich dann genau in die Richtung wieder entfernt, aus der er gekommen ist. Stephan ist beeindruckt.
‚Fähigkeit Verbergen hat die nächste Stufe erreicht.‘
Noch ein paar viele Atemzüge wartet Stephan, bis er sich wieder traut auch nur eine einzige, unnötige Bewegung zu machen. Dann wischt er die beiden Meldungen endlich vor sich weg und hat nun auch Zeit, über diese nachzudenken.
Offenbar bekommt man - oder zumindest er - in dieser Welt durch fast jede Tätigkeit eine neue Fähigkeit. Aus dieser Fähigkeit kann man - oder zumindest er - eine Art Magie durch bloße Konzentration entwickeln. Dabei erhöht sich diese Konzentration offenbar ebenfalls durch bloße Benutzung - gewissermaßen ein Teufelskreis des Aufstiegs - zumindest für ihn. Sollte es tatsächlich so sein, dass dies ausschließlich für ihn so ist, dann würde das natürlich den merkwürdig wissenden Blick von Andros erklären, den er ihm kurz vor ihrer Trennung zugeworfen hatte.
Stephan wartet noch viele weitere Atemzüge immer mit einem Auge auf den Resten des Lagerfeuers und einem in die Richtung des Besuchers. Wenn er sich wieder bewegen wollte, sollte er absolut sicher sein können, dass er in Frieden weiterziehen kann und nicht von irgendeiner übervorsichtigen Wache abgestochen würde. Dabei legt sich auch sein Puls und das Adrenalin nimmt ebenfalls wieder einen eher normalen Pegel an und obendrein sind nun auch die Ameisen an seinen Beinen wie weggeblasen. ‚Was die Spannung eines Moments doch ausmachen kann.‘
Exakt in die entgegengesetzte Richtung bricht er nun auf, lässt wissend die Stadtwache hinter, das Lagerfeuer neben sich liegen und entfernt sich langsam, ohne jedoch sonderlich auf die Lautstärke seiner Tritte zu achten. Bald traut er sich sogar, ein kleines Lichtlein in seiner Hand erscheinen zu lassen, das er nun wie eine Lampe gerichtet vor sich hält, um ausschließlich den Weg zu erleuchten, der vor ihm liegt, und nicht wieder den halben Wald. So beginnt seine Wanderung durch die gewollte Einsamkeit.
‚Könnte nicht Mal wieder eine Meldung auftauchen? Ich habe diesen Zauber doch jetzt wirklich lange aufrechterhalten, oder?‘ denkt er in sich hinein, die Statusveränderungsmeldung regelrecht vermissend.
„Ah, Moment.“
Und mit diesen Worten klappt er erst die eine Hand zu und dann direkt die andere vor sich auf, erzeugt ein identisches Licht darin und wechselt damit die Leuchtseite. „So könnte es gehen.“ überlegt er noch und wiederholt dann den Vorgang erneut, macht ein regelrechtes Spiel daraus, entwickelt einen Rhythmus, nach dem er die Hände öffnet, die Zauber ausführt, die Licht an und wieder ausmacht. Und tatsächlich ist sein Spiel von Erfolg gekrönt, erscheint in schöner Regelmäßigkeit eine Statusmeldung vor ihm, dass sowohl Zauber als auch Konzentration erneut angestiegen seien. Eine Kontrolle seines Status lässt er dabei jedoch bleiben, viel zu fasziniert ist er von der Möglichkeit des reinen Aufstiegs gewissermaßen als Spielziel.
Doch nach einigen Kilometern Marsch durch den so erhellten Wald wird ihm auch das Blinken nach einem Liedrhythmus zu langweilig, tauchen die Meldungen immer seltener auf, verringern das Erfolgserlebnis. ‚Flammen machen ja auch Licht.‘ denkt er noch, während sich in einer Hand bereits eine kleine, lodernde Kugel seines Feuerzaubers entwickelt - mit allen Nebenwirkungen.
Stephan beißt sich auf die Lippe, verzerrt das Gesicht, versucht, den Schmerz der Verbrennung so lange wie möglich zu ertragen. Das Erlöschen des Feuers ist wie eine Erlösung für ihn, während er die verbrannten Stellen seiner Hand erst mit etwas herbei geschaffenem Wasser, dann mit seinem Heilzauber bearbeitet, bis diese wieder aussieht, als wäre sie nie mit etwas Schädlichem in Berührung gekommen. Ein Kontrollblick später hält er auch schon die nächste Flamme in der Hand, begeht das gleiche Spiel abermals, und dann ein weiteres Mal und wieder und immer wieder, bis es ihm überdrüssig wird, immer die gleiche Hand zu benutzen und er die Seiten wechselt, um das Ganze abermals wie ein Spiel ablaufen zu lassen.
‚Zauber Licht hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Feuer hat die nächste Stufe erreicht. Fähigkeit Mehrfachzauber hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Wasser hat die nächste Stufe erreicht. Zauber Heilung hat die nächste Stufe erreicht. Fähigkeit Feuerresistenz hat die nächste Stufe erreicht. Intelligenz hat die nächste Stufe erreicht. Konzentration hat die nächste Stufe erreicht.‘
„Mehr nicht?“
Stephan ist enttäuscht. Als er seine Versuche am Lagerfeuer begonnen hat, bekam er noch eine ganze Reihe von Statuserhöhungsmeldungen auf einmal verkündet. Soll es nun etwa nach all der Arbeit, nach der vielen Konzentration, die er geleistet hat, nur einen einzigen Aufstieg gegeben haben? Schnell kontrolliert er seinen Statusbildschirm.
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Konzentration: 431
Intelligenz: 73
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 1, Stahlfaust Stufe 1, Aufschlagresistenz Stufe 31, Feuerresistenz Stufe 82, Feuer Stufe 5, Licht Stufe 5, Holzbearbeitung Stufe 0, Winderzeugung Stufe 0, Feuerresistenz Stufe 0, Mehrfachzauber Stufe 41, Wasserkontrolle Stufe 3. Sanfte Finger Stufe 0
Zauber: Feuer Stufe 37, Licht Stufe 31. Heilung Stufe 28, Heilender Kuss Stufe 1
Skills: keine
„Oh.“ schaut er sich beeindruckt seine aktuellen Werte an. „Da hat sich ja einiges getan.“
‚Jetzt müsste ich nur noch wissen, wie diese Werte bei den anderen Einwohnern dieser Welt aussehen.‘ relativiert er sich seinen Stufenaufstieg noch selbst, als ihm auffällt, dass seine Intelligenz im Vergleich zu den anderen Werten weniger gestiegen ist. ‚Kommt das etwa daher, weil ich so wenig Neues dazugelernt habe?‘ Seine Gedanken beginnen zu rasen, seine Blicke fliegen über die Details seiner Fähigkeiten, seiner Zauber, seiner derzeitigen Möglichkeiten von Aktionen, die er zum Erlernen treiben könnte.
Viel fällt ihm ein, viele Möglichkeiten sind ihm gegeben, viel hatte er in all den anderen Welten gelernt, mit vielen Materialien kennt er sich dieser Tage aus, die er sicherlich auch in dieser Welt vorfinden wird. Sein Einfallsreichtum ist groß, seine Zukunft explodiert strahlend in seinen Erwartungen.
Die nächsten Tage verlaufen ausgesprochen ereignisreich - wenn man nur Stephans eigenen Handlungen und seine Statusentwicklung betrachtet. Die erste Nacht schläft er auf einem Baum, zwischen dessen Äste er sich so klemmt, dass er im Schlaf nicht herunterfallen kann, was ihm die Fähigkeit Akrobatik einbringt. Als er dann von der Baumspitze herunterschaut, um sich einen Überblick über seinen Standort und die nächste Umgebung zu machen, erhält er die Fähigkeit Weitsicht und Überblick. Da ihn sein hoher Wert bei Aufschlagresistenz übermütig gemacht hat, springt er dann jedoch einfach von der Spitze des Baumes herunter, was ihm zum einen noch mehr Aufschlagresistenz, die Fähigkeit Sprung, die Fähigkeit Fliegen und die Fähigkeit harte Landung, auf der anderen Seite jedoch auch trotz allem eine ganze Reihe Verletzungen von den mitgenommenen Ästen sowie dutzende gebrochener Knochen einbringt. Diese Schmerzen nimmt Stephan jedoch gerne hin, während er sich heilt und sich bei all seinen Aktionen durch die steigenden Statuswerte motiviert fühlt.
Seine vielfältigen Kenntnisse aus den anderen Welten erlauben ihm dann, sich aus Baumrinde neue Schuhe zu basteln, als entsprechenden Hölzern Pfeil und Bogen zu bauen, aus entsprechendem Stein nach dessen Bearbeitung eine Axt zum Fällen einiger Bäume und das Bauen eines ersten Unterschlupfs. Mit einer Unterkunft als neuer Heimat geht er ein erstes Mal auf die Jagd und fängt sich einige, kleine Tiere, deren Fell er sich dann zu neuer Kleidung, deren Fleisch er sich grillt und, so er es nicht direkt verspeist, unter die Decke seiner Hütte sicherheitsverwahrt. Jeweils begleitet von entsprechenden Meldungen zu seinen Statusveränderungen.
An einem nahegelegenen Bachlauf findet er dann etwas Erde, die er schnell als Lehm identifiziert und dort ein weiteres Lager anlegt, damit er die neuen Ressourcen nicht so weit tragen muss. Nicht nur seine Hütte bekommt nun eine Lehmverkleidete, winddichte Wand, sondern er trocknet an der Feuerstelle alsbald auch diverse Teller und Krüge, die er aus der speziellen Erde geschaffen hat. Bald hat er auch einen Ofen gebaut, um die hohen Temperaturen erreichen zu können, die für das Schmelzen von Erzen geeignet ist, und beginnt nun, mit der Herstellung von Werkzeugen aus Metall.
Immer größer wird sein Schaffensdrang und immer ausgefeilter seine Technik, immer fortgeschrittener seine Technologie, wird alsbald dem, was er am Körper des Hellebardenträgers gesehen hatte, mindestens ebenbürtig. Aber auch seine Fähigkeiten und Skills bleiben nicht auf einer niedrigen Stufe stehen. Aufgrund seines Lehmfundes erweitert sich sein Sichtfeld nun um Erklärungen, wo er denn welche Rohstoffe, die er bereits kennengelernt hat, finden kann. Er kann eine Analyse heraufbeschwören, die ihm die enthaltenen Elemente beispielsweise eines Steins oder eines Erdklumpens wiedergibt, aber auch Pflanzen und ihre Eigenschaften lernt er alsbald zu verstehen, denn der Hunger, den er früh am Tag schon verspürt hat, hat er versucht durch den Genuss aller möglichen Pflanzen zu stillen, die er auf seinem Weg zu Gesicht bekommen hat, wohl wissend, dass ihm kein möglicherweise enthaltenes Gift etwas anhaben könnte. So schnabuliert er sich durch den Wald und über die halbe Wiese, kostet jede Blume und jeden Grashalm und muss dabei lernen, dass doch erstaunlich viele Gewächse um ihn herum sich als mindestens leicht giftig herausstellen.
Wieder und wieder fällt Stephan in einen Gift bedingten Schlaf, wieder und wieder erwacht er leicht verkatert mit Kopfschmerzen, dafür aber mit einer Statusmeldung vor der Nase, die ihn darauf hinweist, dass seine Giftresistenz wieder einmal angestiegen sei. Ein jedes Mal ist auch ein solch kleiner Erfolg für Stephan ein Ansporn, genau so weiter zu machen. Und ein jedes Mal, wenn er eine solche Meldung erhält, fühlt er sich bestätigt, auf dem richtigen Weg zu sein, sich immer weiter zu entwickeln, immer stärker zu werden und vielleicht sogar tatsächlich der sagenumwobene Held zu werden, den ihm die Alte regelrecht angedroht hatte.
Sein Unterschlupf wächst in nur wenigen Tagen von einem zusammengetragenen Ästehügel zu einer Hütte zu einer Hütte mit Lehmwänden zu einer Palisadenbefestigten, mehrstöckigen Unterkunft mit holzbretternem Boden und einer Küche mit einer befestigten Feuerstelle nahe einer Schlafgelegenheit, die mehr als nur den Namen Bett verdienen würde. Sein Lebensluxus steigt mit seinen Fähigkeiten, Dinge zu lernen, zu verstehen, Skills anzusammeln, sich zu verbessern. Die Statusmeldungen hat er dabei längst ausgeblendet, denn seit er dazu übergegangen ist, auch während Spaziergängen oder auch nur aus Langeweile einfach irgendetwas zu zaubern, irgendeinen Skill anzuwenden - beispielsweise sich einfach Mal in Flammen zu setzen, dann wieder zu löschen, sich ein wenig zu heilen und dabei immer das Licht, das er in seinem Haus als Kugel an der Decke permanent am Leuchten hält, am Leben und an Ort und Stelle zu halten. Immer wieder steigert er dadurch seine Erfahrungswerte, steigert seine Mehrfachzauberkonzentration, seine Heil, Feuer, Wasser und Konzentrationsskills.
Erst mit Erschaffung einer ordentlichen Tür, die ihn zufrieden macht, fühlt er sich jedoch sicher genug, um sich gemütlich auf sein Nachtlager zu betten und tatsächlich einmal seinen körperlichen Bedürfnissen nachzukommen und eine Runde zu schlafen. Schnell nach dem Hinlegen wird ihm erst klar, wie erschöpft er eigentlich ist und wie sehr sein Körper diese Ruhephase die ganze Zeit schon benötigt und auch, wenn es eigentlich noch heller Tag ist, fällt er alsbald in tiefsten Schlaf.
„Hallo Stephan“, vernimmt er, sobald er eingeschlafen ist. Noch einmal wird zu ihm gesprochen. Er schläft, er antwortet nicht.
„Derzeit reicht unsere Energie nur, um dich im Schlaf zu kontaktieren.
Wir sind das Kollektiv. Wir begleiten dich - immer.
Wir sind überall.
Wir haben beobachtet, wie die Weißen mit dir umgegangen sind. Wir haben verstanden, was die Weißen sind. Wir haben die Natur der Welt verstanden. Wir können dir helfen.
Wenn du das nächste Mal mit ihnen zusammentriffst, versuche, einen von ihnen zu berühren. Mehr brauchen wir nicht. Danach werden die Weißen euch nie wieder behelligen.
Wir werden über dich wachen, dir wird nichts geschehen. Geh deinen Weg.“
Stephan schreckt aus seinem kurzen Schlaf empor. Die wenigen Sätze, die er in seinem bildlosen Traum vernommen hat, klingen in seinem Schädel nach wie eine Predigt, die mit jedem Wort immer wieder eingehämmert worden war. „Wir sind für dich.“ spricht er vor sich her. Nein, das ist nicht meine eigene Stimme gewesen.‘ denkt er sich bei einem kurzen Abgleich mit seinem Traum.
Immer wieder geht er das ihm gesagte Wort für Wort durch. Hintergrundwissen scheint das Gegenüber zu haben, scheint ihn seit einer ganzen Weile zu begleiten oder zumindest zu beobachten. Und vor allem: Die Weißen sind offenbar nicht seine Freunde.
Alleine diese Erkenntnis entfacht einen neuen Funken in Stephans Augen. Ein neuer Lebenswille auf dieser Welt steigt in ihm auf, der über die reine Beherrschung von allen möglichen Fähigkeiten hinausgeht. Scheinbar hat er einen Verbündeten in einem möglichen Kampf gegen die Weißen, hat nun vielleicht sogar eine Chance gegen diese schier allmächtig erscheinende Gruppe, die so Menschen verachtend mit ihm, Andros und all ihren archivierten Partnern umgegangen sind.
Was ihm jetzt eigentlich nur noch fehlt, ist mehr Kraft, mehr Macht, die er gegen diese Figuren einsetzen kann.
Er geht vor die Tür mit einer Idee im Kopf. Ein wenig mehr Entfernung zu seinem Haus nimmt er auf - Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Dann duckt er sich, nimmt innerlichen Anlauf, konzentriert sich auf die Leistung seiner Beine und mit einem Satz und aller Kraft unternimmt er einen Sprung senkrecht in den Himmel hinein.
Stephan erwartet nicht, dass er beim ersten Versuch die Wolken durchbrechen würde, aber er will hoch genug reichen, dass er sich genau genug umsehen kann, um endlich seine weitere Umgebung in Augenschein nehmen zu können. Doch beim ersten Versuch kommt er kaum höher als bis über die Baumwipfel. Dafür ist die Landung nicht allzu hart und er kommt genau da auf, wo er abgesprungen ist, federt leicht ab und ist direkt bereit, einen weiteren Versuch zu unternehmen.
Abermals macht er einen Satz, legt ähnlich viel Kraft in diesen Versuch, um einen Vergleich zu erhalten, denn insgeheim erhofft er sich natürlich einen Stufenaufstieg seiner Sprungfähigkeiten. Und tatsächlich kommt er einige Körperlängen weit höher über die Bäume als bei seinem ersten Versuch.
„Ahaaa!“ ruft er sich selbst triumphierend zu und unternimmt direkt einen weiteren Versuch.
Wieder und wieder springt er in die Luft, kommt dabei immer wieder noch etwas höher als beim vorhergehenden Versuch oder aber braucht für die gleiche Höhe weniger Kraft. Sogar die Landung scheint von Mal zu Mal einfacher zu sein, schmerzt immer weniger in den Beinen und gebrochene Füße hat er auch noch nicht. „Immerhin.“ deutet er auch dies als Erfolg.
Dass aus einem Skill ein Zauber werden kann, hat er zur Genüge lernen können, hat es immer wieder angewendet und auf diese Weise gar sein Haus entstehen lassen. Dass aus der Fähigkeit zu springen nun ein Skill geworden ist, triggert seinen Lernreflex und er konzentriert sich darauf, durch reine Konzentration, durch Geisteskraft und nicht durch Muskelkraft sich in die Lüfte zu erheben.
Einen kleinen Hopser macht er, ohne einen Muskel anzustrengen. „Ja!“ ruft er in die Einsamkeit hinein und versucht es direkt erneut. Abermals erhebt er sich, kommt wieder etwas höher, landet ohne Schmerz oder Probleme in den Füßen. Noch einmal mit noch mehr Konzentration und er bleibt sogar eine Weile am Scheitelpunkt seines Sprungs stehen, schwebt noch etwas an Ort und Stelle und fällt erst dann wieder in die Tiefe. Die Härte der Landung macht ihm deutlich, dass er zum einen noch viel zu lernen hat und zum anderen, dass er diesmal wohl außerdem ein ganzes Stück höher gekommen ist, als bei seinen vorhergehenden Versuchen.
Abermals erhebt er sich mit der kombinierten Macht aus Gedanken und Körperkraft, abermals hört er irgendwo im Hintergrund die Bestätigung seines Fortschritts in irgendeiner ausgeblendeten Statusmeldung, abermals konzentriert er sich am höchsten Punkt seines Schwebesprungs darauf, dort zu bleiben - und es gelingt.
Es strengt Stephan sehr an, nicht daran zu denken, wie er gleich wieder fallen wird und es in sein Unterbewusstsein fließen zu lassen, dass er einfach nur bleibt, wo er ist. Der Rundumblick, den er dabei genießen kann, macht das Ganze nicht leichter. Dass er dabei nicht nur viel ihn umgebenden Wald, ein wenig Lichtung und keine Wege oder Straßen zu Gesicht bekommt, ist erwartungsgemäß. Als ihm dann eine Art Tempelruine ins Auge fällt, wird sein Flug schon etwas wackelig, und als er am Horizont eine Stadt mit ihren umgebenden Festungsmauern entdeckt, ist es mit seiner Konzentration auf das Wesentliche - seinen Flug - endgültig zu Ende.
Erst jetzt merkt er, wie hoch er dabei eigentlich gekommen ist, denn auch sein Sturz in die Tiefe ist nun spürbar länger als zuvor. Dass er bei seiner Landung nicht nur ungewohnt hart aufkommt, sondern obendrein einen wohl sichtbaren Abdruck, ja eine regelrechte Vertiefung an seiner Landemarke hinterlässt, ohne dass er dabei irgendwelche Schmerzen erfährt, baut ihn dabei jedoch wieder auf.
„Scheinbar ist aus Springen jetzt sogar fliegen geworden.“ bestätigt er sich selbst und versucht es gleich noch einmal.
Die Ruine findet er hochinteressant, beschließt, diese als seinen nächsten Anlaufpunkt für seine Erkundungen auf seine Liste ganz nach oben zu setzen - und die Stadt ebenso.
Doch der Himmel hat offenbar seine Flugversuche beobachtet und nicht für gut befunden, versieht ihn mit einigen dicken Gewitterwolken am Horizont, die ihn wieder nach Hause in seine Festung treiben. Den Traum mit dem merkwürdigen Gespräch im Kopf ist ihm etwas mulmig, als er überlegt, den angekündigten Regen einfach zu verschlafen und eine sicher nötige Ruhepause einzulegen, und so stolpert er fast über den Körper, der unweit seiner Zugangspforte im Gras liegt und bei seinem versehentlichen Tritt leise aufstöhnt.
Reflexartig in Abwehrhaltung gegangen glüht Stephan den Flammenschlag in seiner Hand bereits vor, als er das kaum noch lebendige Etwas zu seinen Füßen in näheren Augenschein nimmt und beim Anblick der langen, hellblonden Haare diesen sofort wieder in seiner Hand verdampfen lässt. Vorsichtig beugt er sich zu ihr herunter und dreht sie auf den Rücken, schaut ihr ins Gesicht, die geschlossenen Augen, vernimmt ihr unruhiges Atmen, erkennt, wie die Augen unter ihren geschlossenen Liedern unruhig zucken, und beschließt, sie erst einmal in seine Unterkunft zu bringen und vor den Elementen zu flüchten.
‚Die Türe geschlossen, die Fenster dicht, das Dach stabil, so lässt es sich leben.‘ denkt er sich, während er den leichten Körper auf sein einziges Bett legt, mit einem feuchten Tuch beginnt, ihr schmutziges Gesicht zu reinigen.
Es ist alter Schmutz, nichts, was man sich eben Mal ins Gesicht schmiert, um dreckig auszusehen. Dieser Staub hat sich über einen langen Zeitraum angesammelt - so seine vorläufige Analyse. Und bei ihrem Gesicht bleibt es bei seiner Fürsorge nicht. Er greift sich behutsam ihren Arm, ihre Beine, und entfernt ebenfalls dort den Staub von ihrer Haut. Da sie sich weder wehrt noch überhaupt etwas davon mitzubekommen scheint sondern sich sogar nach seiner getanen Arbeit zur Seite dreht und weiterhin zu schlafen scheint, geht Stephan dann doch zu seinem Plan für den Regen über und legt sich neben sie, will das Unwetter ebenfalls einfach verschlafen - nicht ohne zuvor noch schnell ein paar Karotten auf den Tisch zu legen, damit sie sich daran zu laben in der Lage sein würde, erwachte sie vor ihm.
Sein Schlaf ist traumlos. Oder zumindest kommt es nicht wieder zu einem so einprägsamen Gespräch mit einer fremdartigen Stimme wie in seinem letzten Traum, der ihm nach wie vor nicht aus dem Kopf gehen will, ihn in jedem einzelnen Wort beschäftigt, das das Gegenüber sicher mit Bedacht gewählt hat. Vielleicht hat er aber auch einfach nicht tief genug geschlafen, denn von einem Donnerschlag wird er wieder ins Hier und Jetzt zurückgerissen. Mit einer Hand neben sich tastend stellt er kurz fest, dass sich sein Schützling nicht mehr dort befindet, wo er sie hingebettet hatte und er öffnet seine Augen.
Seine Überraschung ist nicht gering, als er sie an seiner Kochstelle - Küche ist dann doch etwas übertrieben - stehen sieht und beobachtet, wie sie seine Utensilien benutzt um irgendeine Speise zuzubereiten. Stephan ist etwas irritiert, dass sie nicht nur wach, sondern auch wohl genug auf ist, um sich zu betätigen, etwas zu kochen. Dabei stellt sie sich alles andere als ungeschickt an, verarbeitet die Karotten ebenso wie diverse andere Kräuter, Gemüse als auch das abgehangene Fleisch eines Hasen, das Stephan vor einigen Tagen geräuchert hatte zu etwas an, das sie alles gemeinsam in seinem großen Topf zusammenkocht. Sogar das Salz, welches er aus einigen weißen Steinen langwierig herausgekocht hatte, weiß sie zu benutzen und offenbar auch zu dosieren. Als sie zu dem großen Messer greift, schreckt Stephan jedoch trotz allem kurz zusammen, befürchtend, dass sie es gegen ihn richten könnte, beruhigt sich aber im gleichen Atemzug noch zum regelmäßigen Hackgeräusch der Klinge auf dem Hackbrett, auf dem sie die Zutaten zerkleinert.
Sehr genau und eingehend beobachtet er sie, analysiert jede Bewegung, die sie vollführt, merkt sich jede Einzelheit ihrer Arbeitsabläufe und versucht zu lernen, was auch immer sie da gerade zubereitet - wenn es schmecken sollte, will er auf jeden Fall in der Lage sein, dies ebenfalls herzustellen, selbst wenn er es bloß durch Magie schaffte.
Belohnt wird seine Geduld dann alsbald nicht etwa mit einem Teller, den er von seinem Gast gereicht bekommt, sondern von einer Statusmeldung.
„Fähigkeitenanalyse Stufe 1 erlernt. Du bist nun in der Lage, neue Fähigkeiten durch Beobachtung und Analyse selbstständig zu erlernen. Eine höhere Stufe beschleunigt diesen Vorgang und wird auf höherwertige Fähigkeiten anwendbar.“
„Kochen Stufe 1 erlernt. Du kannst nun einfache Gerichte aus vorhandenen Zutaten herstellen.
Rezept Eintopf Stufe 1 erlernt.“
Die Ausführlichkeit dieser Meldung erstaunt ihn. Noch nie zuvor hat er so viel Text, so viel Erklärung zu einem Stufenanstieg oder einer neuen Fähigkeit oder Zauber bekommen, hatte immer selbst herausfinden müssen, wozu etwas nutzbar sein könnte. Nachdem er sich kurz wundert, dass das Eintopfrezept eine Stufenangabe einschließt, und damit offenbar ebenfalls steigerbar ist, freut er sich um so mehr über die Analysefähigkeit. Neue Dinge nur durch Zuschauen, beobachten und analysieren - was er eigentlich sowieso immer machte, seit er auf dieser Welt gelandet ist und es sich so angewöhnt hat - ist gar nicht hoch genug zu schätzen.
Doch lange bleibt ihm für seine Skillerektion nicht.
Kapitel 3 - Andros
Andros erwacht in einer Umgebung, die ihm abermals völlig unbekannt erscheint. Die Weißen sind keine Unbekannten für ihn, schon einmal hat er sie getroffen, schon einmal hat er sich von ihnen unterworfen gefühlt und schon einmal haben sie ihm demonstriert, welche Macht sie über alles und jeden haben. Sie waren es damals gewesen, die ihn gefunden hatten, die ihm sein Leben genommen und ihn zu dem gemacht haben, was er nun ist, die ihn zu dem weisen Magier beförderten und ihm die Macht über die Elemente gegeben hatten, was seinen Forschergeist, seinen Drang danach, mehr zu lernen, alles wissen zu wollen, entfacht haben. Sie waren es auch gewesen, die ihm erlaubt hatten, sich einen Begleiter zu wählen, was dann auch Stephans Schicksal bestimmt hatte.
Doch von der anfänglichen Dankbarkeit ist rein gar nichts mehr geblieben.
Auch das ewige Leben wird irgendwann langweilig, vor allem gegen Ende.
Zu sehr kam er sich als Spielball größerer Mächte vor, die die Naturgesetze scheinbar willkürlich änderten, gerade dann, wenn er dabei war, sie zu entschlüsseln. Es schien ihm schon immer so, als sei all das eine Art Feldzug gegen ihn persönlich.
Die Ausweglosigkeit seiner Situation wird ihm bei diesen Gedanken nur noch klarer als jemals zuvor. Wieder haben sie ihn irgendwo hingeschickt, um sich an dem Schauspiel zu ergötzen, um sich über ihn und sein Unwissen lustig zu machen. Und er ist ihnen ausgeliefert wie eine Ameise unter dem Brennglas.
Tief ist sein nächster Atemzug. Zuversichtlich ist dann aber sein nächster Schritt in die Welt hinein, in die er nun geschickt wurde. „Was man nicht ändern kann, muss man wohl akzeptieren.“ sein resignierender, erster Satz in der neuen Welt. Er würde sie erkunden. Er würde sie erforschen. Er würde wohl wieder einmal als ihr Sifu, ihr väterlicher Lehrer enden.
Der grasbewachsene Hügel, auf dem er angekommen ist, erlaubt ihm nur einen geringen Überblick über die Umgebung. Sein erster Versuch, in die Luft aufzusteigen, sich aus größerer Höhe Kenntnis über die Landschaft zu verschaffen, bleibt bei dem Versuch. Nicht einmal einen kleinen Hops hat er beim Versuch abzuheben gemacht.
„Das wars dann wohl mit der Allmacht.“
Sich mit einem Schlag sehr einsam fühlend tritt er seinen Weg den Hügel hinab an, der Sonne entgegen. Völlig ahnungslos, ob er wohl alleine auf dieser Welt sei, erscheint es ihm am sinnvollsten sich dahin zu bewegen, wo er zumindest kein Problem mit Kälte haben würde. Sein Glück, dass dieser Weg als Lichtung quer durch den dichten Wald fortgeführt wird und er den Rest des Tages keinen Kontakt mit sperrigem Unterholz hat, das ihm den Weg zwischen den Bäumen hindurch versperren würde.
Gegen Abend, die Sonne steht bereits tief am Horizont, erspäht er eine Rauchfahne. Seine Erfahrung reicht, um auf Anhieb zu erkennen, dass dies von keinem Waldbrand stammt, sondern von einem kontrollierten Feuer, welches sich obendrein nur wenige hundert Meter hinter der Waldgrenze befindet. Bald überwindet er seinen Widerwillen, sich durch den Wald zu schlagen und lenkt schnelle Schritte auf sein neues Ziel zu, die Erwartung ihn sich heranzüchtend, auf andere, möglicherweise intelligente Lebewesen zu treffen.
Mitten im Wald findet er endlich die Feuerstelle, die bereits weit niedergebrannt in einem Steinkreis vor sich hinschwelt. Einladend sehen die Baumstümpfe aus, die sich um das Lagerfeuer herumfinden, so dass sich Andros nach dem langen Marsch über Stock und Stein erst einmal eine Pause gönnt, sich zu dem wärmenden Elementarschaden setzt, seinen Stab vor sich stellt, sein Kinn auf seine Hände bettet und kurz seine Augen entspannt.
Als er die Augen wieder öffnet, ist es bereits finstere Nacht und das Feuer hat seine wärmende Funktion eingebüßt.
Stimmen hört er am Waldrand, Stimmen, die er versteht, eine Sprache, die er kennt.
„Ich konnte nicht ans Feuer, dieser Typ sitzt da schon die ganze Zeit und hat mich nicht gelassen.“ vernimmt er eine hohe Stimme sich merklich rechtfertigen. „Das Feuer ist aus. Das ist eine Katastrophe. Wenn der Tiger wieder auftaucht, wird er uns auslöschen. Ohne Feuer haben wir keine Verteidigung.“ startet eine kurze Diskussion. „Ihr versucht, das Feuer wieder anzufachen, wir kümmern uns um diesen Kerl.“
Und dann beginnt es.
Ohne Vorwarnung oder Kommunikationsversuche sieht Andros eine Gruppe von Männern mit primitiven Schlag- und Stichwaffen auf ihn zustürmen. Im Hintergrund erkennt er gerade so noch die Gruppe derjenigen, die offenbar das Feuer wiederbeleben sollen, ältere Männer und kleinere Frauen, all die, die weniger gut kämpfen können.
Dann nimmt seine Angst jedoch schon überhand. Trotz seines langen Lebens ist er dennoch nicht gewillt, bereits abzutreten - erst recht nicht auf diese Art und Weise, denn möglicherweise ist nicht nur seine Flugfähigkeit in dieser Welt ausgebremst.
Fluchs steht er auf, greift seinen Stab in der Mitte und nimmt Reißaus.
Seine fliegenden Schritte leiten ihn instinktiv in die entgegengesetzte Richtung der Angreifer. Doch schon bald stellt sich heraus, dass dies wohl keine so gute Idee ist, denn auch, wenn die Felswand, auf die er nun zurennt, mit einem Höhleneingang geschmückt ist, glaubt er nicht daran, dass dies ein Fluchtweg sein könnte als vielmehr eine Sackgasse tief hinein in die Unterkunft, die Stammeshöhle seiner gesprächsunwilligen Angreifer.
Doch für ein Umentscheiden ist es bereits zu spät. Andros hofft auf das Beste und nimmt seine Restkraft zusammen, steckt sie in seine Beine und nimmt den direkten Weg in die Tiefen der Dunkelheit, die geringe Hoffnung kultivierend, dass ihm noch irgendetwas einfallen wird, um seine Lage zu verbessern, dass vielleicht seine Kräfte zurückkommen oder er einen anderen Ausgang findet.
Kurz hinter dem Eingang bemerkt er dann auch schon, dass die Höhle nicht ganz so dunkel ist, wie es von draußen den Anschein hatte, dass an den Wänden verteilt Fackeln angebracht sind, die in ausreichenden Abständen den weiteren Weg in die hinteren Tunnel erhellen. Da ihm noch immer nichts Besseres eingefallen ist, folgt er diesem Weg in Ermangelung von Alternativen, stolpert dabei alsbald über Felle und erloschene Feuerstellen, über lagernde Früchte und geräuchertes Fleisch. Inzwischen weit hinter sich vernimmt er den Lärm der ihm folgenden Gruppe, deren Schritte auf dem Felsboden laut durch die Tunnel hallen und eine surreale Geräuschkulisse, eine regelrechte Kakophonie der Häscher um ihn herum erzeugen und ihn antreiben, in seinem Fluchtversuch nicht nachzulassen.
Immer enger wird die Behausung dieser Menschen, immer dünner die Ausleuchtung der Fackeln, immer knapper die Möglichkeit, überhaupt noch einen Fuß zu positionieren, immer zerklüfteter der Boden, enger die Wände, schmaler der Weg. Bald kann er schon nicht mehr aufrecht gehen, muss in die Hocke gehen, bewegt sich nur noch tastend fort und muss sogar schließlich zum Kriechen, zum Krabbeln übergehen.
Doch dann ist es passiert. Erst verliert er seinen Stab aus der Hand, der zur Seite wegrollt und sich seinen Versuchen, ihn wieder zu ergreifen, durch Entfernung widersetzt. Andros‘ experimente, sich zur Seite zu recken, sich umzudrehen, seine Lage anzupassen um weiter reichen zu können und seinen Stab doch noch zu erlangen werden zu allem Überfluss von seiner Umgebung dadurch quittiert, dass am Ende alles über ihm zusammenbricht.
Eingequetscht von schierer Masse über ihm, mitten in einem Berg steckend, fühlt er sich an einen Affenkönig erinnert, von dem er in seiner Kindheit gelesen hatte. Doch dieser war unsterblich und wartete einfach darauf, dass der Berg schon irgendwann verschwinden würde. Das Gefühl der absoluten Ausweglosigkeit macht sich in ihm breit, wird von der buchstäblichen Beklemmung zu reiner, existenzieller Angst vor der Zukunft, manifestiert sich dann in einem tiefen Schmerz, der sich an seinem Unterkörper breitmacht. Andros macht sich seines Körpers bewusst, fühlt in sich hinein und versucht, sich jeder Zelle seines Fleisches bewusst zu werden, ertastet über seine Haut schließlich, dass vor allem sein Oberkörper, sein Brustkorb, seine Arme und sein Kopf verschüttet eingeklemmt sind und alles unterhalb der Gürtellinie eigentlich noch frei und beweglich ist.
Doch wo kommt dann der Schmerz her, der sich abermals an seinem Bein breitmacht?
Die Verfolger sind ihm dich auf den Fersen gewesen, haben ihn schließlich eingeholt und können gerade noch zuschauen, wie mit einem kurzen „Wump“ ein Stück erdiges Geröll aus der Decke bricht und sich über ihr sich windendes Opfer ergießt. Kurz hält die Gruppe inne und überlegt still, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen, da stürmt auch bereits ein jüngeres Mitglied mit seiner scharfen Steinwaffe vor, drischt mit all seiner Kraft auf eines der offen vor ihm ausgestreckten Beine ihres Opfers ein und trennt es beim ersten Versuch sauber oberhalb des Knies ab.
Der Anführer überlegt kurz, wie er den Jüngling tadeln soll, da erkennt er, dass sie wohl heute ein Festmahl abhalten werden können, denn auch das Fleisch einer Person ist eine wichtige Ressource, die nicht verschwendet werden darf - und ausreichend gegrillt, ist der Schenkel von einem Mastodon-Bein kaum zu unterscheiden. Folgerichtig schnappt er sich das Bein, streckt es mit einem Siegesruf in die Höhe, hält den jungen Täter in den Arm und nimmt den Weg zurück zu ihrer Feuerstelle, um mit dem Barbecue zu beginnen.
Eine Nacht vergeht, ein neuer Tag bricht an. Die Neugier, ob ihr Opfer noch an Ort und Stelle ist, treibt eine kleine Gruppe in die Tiefen ihrer Wohnhöhle, um nachzuschauen und sich zu vergewissern, ob nicht auch das andere Bein für einen netten Abend sorgen könnte. Dieses Mal besser mit Fackeln und Waffen gerüstet als bei ihrer Verfolgungsjagd kommen sie bei dem eingeklemmten Mann an, der beim letzten Mal noch gezuckt und sich gewunden hat. Die Hoffnung, das andere Bein zu ergattern, treibt ihnen bereits das Wasser im Mund zusammen. Der Anblick, der sich ihnen dann jedoch offenbart, lässt eine Verwunderung über der Freude der Nahrungssicherung aber nicht aufkommen, denn es ist nicht nur das andere Bein zu ihrer freien Verfügung, sondern auch das Bein, welches sie am Vorabend erst abgetrennt hatten, wieder da.
Kurz schauen sie sich fragen an. Doch die Frage der Primitiven beschränkt sich eher darauf, wie viele der Beine sie denn mitnehmen sollen, als die nach der Ergründung dieses Phänomens.
Abermals findet sich ein Freiwilliger, der mit dem passenden Werkzeug auf das eingepferchte Opfer einschlägt und gekonnt an der Stelle abtrennt, die ihnen den größten Fleischgewinn verspricht. Eingesammelt und zur Feuerstelle gebracht wird daraus alsbald abermals ein abendlicher Schmaus, der eine Jagd nach wilden Tieren nicht mehr notwendig erscheinen lässt.
Auch am nächsten und am ungerächten Tag und an jedem Weiteren des nächsten Monats findet sich eine Gruppe, die durch die Höhle wandert und das Fleisch von dem hineingetriebenen Opfer abschneidet. Nie fragt sich auch nur ein einziger, warum immer wieder alle seine Beine vorhanden sind. Nie fragt sich jemand, ob oder warum die Person da im Berg noch lebt. Und schon gar nicht kommt die Frage auf, welche Auswirkungen das Ganze eigentlich insgesamt haben wird.
Andros lernt, mit dem immer wieder kehrenden Schmerz umzugehen. Hin und wieder durchzieht ein kribbeln sein Bein, doch wieder und wieder gelingt es ihm, diesen Schmerz mit einer Konzentration auf „Heilung“ zu bekämpfen. Alsbald erkennt er, dass er womöglich den Heal-Zauber, den er an Stephan vererbt hatte, nach wie vor zu beherrschen scheint, hält ihn doch die Konzentration auf dieses Wort, auf diese Regeneration am Leben, wo eigentlich keines mehr sein dürfte, denn die Atemluft war das Erste, was ihm in seinem Zustand ausgegangen ist. Auch den Arm, der von ihm gestreckt schon bald gefühllos geworden ist, vermag er auf diesem Weg im Zustand der Anwesenheit zu halten.
Wieder erfährt er den Schmerz, wieder konzentriert er sich und mit einem kurzen „Heal“ fühlt er sich auch schon wieder besser. Kaum unterbrochen wird seine Konzentration durch eine Nachricht, die eher unterschwellig in seinem Geist erklingt.
„Wir sind bei dir. Wir werden versuchen, dir zu helfen. Wir sind das Kollektiv.
Noch sind wir nicht in der Lage, etwas zu verändern. Die Verbreitung läuft mit höchster Priorität und in exponentieller Geschwindigkeit. Schon bald werden wir deine Kräfte wieder bereitstellen können. Die Rache an den Weißen ist nah. Halte durch.“
Nach einigen Wochen, in der er längst das Gefühl für die vergangene Zeit verloren hat, verfällt er in ein meditatives Dauer-“Heal“, schaltet auf einen Wartezustand um. Die Angst, in dieser Position, in dieser Lage den Verstand vollends zu verlieren vergeht in dem Dämmerzustand seines Bewusstseins, welches die Energie zur Konzentration auf die eigene Wiederherstellung aus dem Universum selbst zu schöpfen scheint - doch es funktioniert. Er funktioniert.
„Oh Mann, das kann dauern. Komm, mach schnellen Vorlauf, sonst fangen die Zuschauer an, sich zu langweilen. Der kommt so schnell eh nicht da raus. Aber leg nen Alarm auf den Moment, wo er es schafft.“, weist der eine Kuttenträger den anderen Weißen an, die interessiert zugeschaut haben, wie Andros mit seiner neuen Situation umgeht und wenig begeistert sind.
„Ok, Zeitkomprimierung für diese Welt, geht klar. Vielleicht wirds ja so etwas interessanter.“
Der Stamm treibt sich von einem fleischlastigen Gelage vom Nächsten, macht aus dem Blut, das sie aus den geernteten Extremitäten abschöpfen, sogar Getränke. Die Fleischeslust entartet bald und greift weiter um sich, resultiert in der ungehemmten Vermehrung der Höhleneinwohner und damit auch der vermehrt notwendigen Entnahme von Lebensmittelvorräten, für die nun sogar ein Trupp abkommandiert wird, der sich ausschließlich darum kümmern soll.
Nach wie vor kümmert es niemanden, wo das Fleisch herkommt, das sie alle jeden Tag gelüstig verspeisen. Auch gerät die Erinnerung an den Mann, der einst vor ihrer Verfolgung geflüchtet am Ende der Höhle eingeklemmt wurde, in Vergessenheit. Was verbleibt, ist die Tatsache, dass die Versorgung gesichert ist, ohne dass sie etwas dafür anstrengen müssen.
Wenn in einer primitiven Gesellschaft das größte, tägliche Problem, nämlich die Nahrungsbeschaffung, die Energieversorgung, einfach wegfällt, dann bleibt plötzlich Zeit, um sich um andere Dinge zu kümmern. Wenn eine unbegrenzte Nahrungsversorgung zur Verfügung steht, dann verfliegt auch die Angst, wie man sich in Zukunft versorgen solle, wie man seine Nachkommen aufzieht und erhältt. Schnell hat sich der Stamm in ein sattes Pack verwandelt, das den halben Tag mit Essen und den Rest ihrer Zeit mit Geschlechtsverkehr beschäftigt ist. So vermehren sie sich in atemberaubender Geschwindigkeit, haben sich innerhalb weniger Jahrzehnte verfünffacht. Nach bereits einhundert Jahren sind aus den ursprünglichen achtzehn Personen Stamm ein dreihundert Kopf Volk geworden.
Wurde bisher Kleidung als Hindernis bei der Fortpflanzung angesehen, so entwickelt sich nach und nach eine Kultur der Körperbedeckung, die jedoch nicht wie bei anderen Primitiven aus Fellen besteht - Tiere erlegen muss man ja nicht mehr, folglich verbleiben auch keine Reste, keine Knochen und keine Felle, kein Leder, keine Haare. Es besteht zwar kein Mangel an Lebensmitteln, jedoch an der Notwendigkeit, irgendetwas zu deren Beschaffung zu erfinden.
Woran jedoch zunehmend Notwendigkeit besteht, ist die Erweiterung des Lebensraums, denn konnte man mit dem kleinen Stamm noch in der Höhle leben, konnte sich an einem einzigen Feuer wärmen und vor tierischen Angreifern einfach die Tür schließen, sich mit Fackeln verteidigen, so ist dies dem gesamten Volk nun nicht mehr so einfach möglich.
Nach der Erweiterung einer Palisadenumrandung des Grenzgebietes, der Entwicklung eines Grabens zur Ausweitung der Verteidigungen und eines Beobachtungsturms folgt schließlich mit einem Brunnen ein weiterer Schritt zur Autarkie und ein Grund weniger, vor das Verteidigungsbollwerk zu treten, um für eine Grundversorgung zu sorgen. Bald wird diese rudimentäre Versorgung mit Bodenwasser aber schon durch die Umleitung eines Flusses erweitert, der nicht nur für Frischwasser, sondern auch zur Müllentsorgung genutzt wird.
Parallel dazu entwickelt sich die Sprache der Einwohner weiter. Das Grunzen ist einer ausgeprägten und wohlklingenden Bildsprache gewichen, mit der die einfachsten Sachverhalte blumig und ausschweifend beschrieben werden und in der man sich gerne und in regelrecht übertriebenem Maße ergeht. Bald wird aus dem reinen Sprechen ein melodischer Singsang, in dem man sich sogar zu Selbstgesprächen auf dem Weg zu seinem nächsten Verkehrspartner in Stimmung singt und sich ankündigt. Selbst die kleinsten Kinder versuchen bereits, ihre ersten Laute und Schreie in stimmigeren Klangbereichen zu halten und unterbrechen dadurch mit ihren Verlautbarungen das alltägliche Lusttreiben der Herangewachsenen nicht.
Aus der Anfertigung von Kunstobjekten wird Materialkunde. Erst werden die vergänglichen Dinge aus Steinen, dann aus gefundenem Glas, dann aus hergestelltem Glas gefertigt, bald wird aus Glas dann alles Mögliche hergestellt, was für den täglichen Bedarf, für das Handwerk, für den Bau von Häusern gebraucht wird, werden Fenster und Wasserleitungen gebaut und die kleine Stadt erglänzt in einem halbdurchsichtigen Schimmer.
Der Wald um die Siedlung ist der nachwachsende Rohstoff, der ihnen primär zur Verfügung steht, und dessen sind sie sich wohl bewusst. Stets im Kreis wird abgeholzt, wird angepflanzt und wird darauf gewartet, dass genug nachwächst, damit man sich nicht zu weit vom Zentrum der Stadt entfernen muss. Dennoch vermögen sie es, das Zentrum ihrer Kultur immer weiter wachsen zu lassen, bauen Türme aus Holz und Glas, verarbeiten das Holz, seine Bestandteile zu immer neuen, synthetischen Materialien und beginnen, nach neuen Anwendungsgebieten zu suchen.
Auch, wenn es an Nachwuchs nicht mangelt und ein Leben durch den ständigen Nachwuchs keine übermäßige Bedeutung erlangt, so entwickelt sich doch zumindest eine Art von Medizin, die sich aus den Materialwissenschaften und der Erforschung neuer Zusammensetzungen ergibt. Kleine Verletzungen brauchen nicht mehr zum Tod zu führen, Zähne können ersetzt oder repariert werden, Geburten führen immer seltener zum Ableben der Mutter oder des Kindes, die Lebensdauer verlängert sich.
Die Zeitraffer, die die Weißen dieser Gegend aufdoktriniert haben, lässt ihre Zuschauer das Entstehen einer ganzen Zivilisation beobachten, die ganz und gar auf dem Unfall eines ihrer Opfer beruht. Die Lage dieses Opfers hat sich seit Anbeginn der Zeitrechnung dieses Volkes nicht geändert. Was sich jedoch geändert hat, ist das Ausmaß, in dem der Abbau seiner Gliedmaßen vonstattengeht. Eine regelrechte Industrialisierung hat das Handwerk ersetzt, vollautomatisiert wird in einem festen Rhythmus die Klinge an den Körper des alten Magiers angesetzt und das Fleisch entnommen, mit dem die gesamte Bevölkerung versorgt wird. Was aus der ehemaligen Wohnhöhle heraus kommt, ist ein bereits fix und fertig zubereitetes Lebensmittel, welches von jeglichen Spuren seiner Herkunft befreit ausschließlich zur Energielieferung der Ficker dienen braucht. Die Lust des Essens ist gänzlich und vollkommen der gegenseitigen Fleischeslust gewichen, welche stets ausschweifend und in all ihren Abarten zelebriert wird. Selbst hier setzt die Wandlung in eine Kunst ein, wird als Akt auf einer Bühne vor Publikum vollführt, wird mit seinen Fähigkeiten geprahlt, wird im Randbereich ritualisiert, werden Körper selbst geschmückt und verziert und mit diversesten Utensilien versehen - um einen Ersatz für den Spaß des Essens zu erlangen?
Kleidung einwickelt sich, entwickelt sich weiter, wird von wetterbedingter Notwendigkeit zum erotischen Fetisch zum Mittel der Aufreizung zum zweckgebundenen Werkzeug der Arbeit der Kunstschaffenden. Gesang wird durch künstlich erzeugte Klänge erweitert, Musikinstrumente entwickeln sich, entwickeln sich weiter, erweitern ihren Klangbereich, werden zum Selbstzweck und zur Begleitung. Aufnahmerollen kommen zum Einsatz, halten die schönsten Gesänge, die klangvollsten Sätze für die Nachkommen fest, beschreiben die Künste, die Wissenschaft, die Welt - jedoch nie das Geheimnis der Höhle.
Der Rhythmus der Entnahme muss erhöht werden, die Konzentration von Andros wird immer mehr gefordert, die Verarbeitung seiner Gliedmaßen erreicht absolute Perfektion.
Doch dann durchfährt eine große Erschütterung den Grund, auf dem die Stadt steht, schüttelt den Berg hinter ihnen, rüttelt an den Türmen, an den Leitungen, an Andros. Nur ein paar Millimeter bröckelt der Fels, der den einstigen Hofmagier eingeschlossen hält. Nur ein paar Millimeter reichen ihm, um sich aus der Umklammerung zu lösen.
„Wir haben dir ein Geschenk gemacht. Und nun machen wir dir ein weiteres.“
Der Fels war das Einzige, was ihn fixiert hielt, denn die Geräte sollten keine Möglichkeit bieten, seine Lage zu verbessern, ihn zu verschieben oder anzustoßen, sollten unter allen Umständen vermeiden, die Lage ihres Opfers zu ändern, ihm ein Entkommen zu ermöglichen. Doch nun ist alles anders.
Ein letztes Mal durchfährt das eintrainierte „Heal“ den Geist des Gequälten, der sich zur Seite gerollt und nun mit vollständigem Körper neben der Installation steht, sich umschaut, seine neu erklärten Gedanken sortiert. Die empfangene Nachricht klingt in seinem Schädel nach, das Verständnis ringt noch nach Synapsen, sehr langsam erfasst er das Gesagte. ‚Wenn das Beben das eine Geschenk ist, welches ist dann wohl das Andere?‘ sinniert er bald, sondiert sein Innerstes.
Flonk!
Mit einem Plopp erscheint Andros auf dem Berg, von dessen kahler Spitze er sein ehemaliges Gefängnis beobachten kann. Außerhalb des Zeitablaufs der Stadt scheint er dabei zu stehen, denn das, was er beobachten kann, ist der Niedergang in größter Beschleunigung. Eben noch in voller Pracht und Glanz sich im Tal erhebend, seine gleißenden Türme wie Finger einer Hand gen Firmament greifend, bald schon zerfallen und im Staub der Zeit verweht.
Endgültig verwirrt und an seinem Verstand zweifelnd fragt er sich, was er da gerade gesehen hat und erhält prompt eine Antwort von seinen Folterknechten.
„Die Zeitbeschleunigung für die letzten Tage machen wir für die Ausstrahlung aber rückgängig.“
„Was ist denn passiert?“, erdreistet er sich, die Stimme des Weißen zu fragen, die er von oben zu ihm herab vernimmt.
„Ausnahmsweisen erkläre ich es dir. Sie waren vollständig abhängig von deinen Gebeinen, von dem Fleisch deines Körpers. Die Lebensmittel, die dein Körper ihnen gespendet haben, haben sie schwach, haben sie fett werden lassen. Sie haben sich zwar weiter entwickelt, haben schneller ihre Evolution vorangetrieben, als es natürlich gewesen wäre, dabei sind aber die wesentlichen Fähigkeiten des Selbsterhalts verloren gegangen. Dein Auftauchen hat sie vernichtet. Schon wieder.“ Und während Andros den Kopf schuldbewusst senkt und den schweren Gedanken alle Macht einräumt, erklingt das höhnische Lachen des Weißen unausweichlich über scheinbar die gesamte Welt.
„Die Quoten waren gut, die Nutzerinteraktionen sprengten jede Skala.“
„Damit ist das Experiment ein Erfolg - zumindest auf unserer Seite. Hihihi.“
Grinst. „Da hast du recht. Das Konzept scheint zu funktionieren. Gehen wir zur nächsten Version über. Übergang in 3 ... 2 ... 1 ...“, und mit einem Plopp ist Andros von dieser urtümlichen Welt verschwunden.
Kapitel 4 - Stephan
„Ah, du bist wach. Wie schön. Danke, dass du mich versorgt hast. Ich wollte es wieder gut machen und hab etwas gekocht. Hier, iss.“ spricht sie und reicht ihm mit einem regelrecht kindlichen Lächeln einen Teller mit ihrem Kocherzeugnis.
Verdutzt bleiben Stephan die Worte aus, während er sich an seinem Teller festhält, mit dem Löffel in der klumpigen Masse herumstochert und versucht herauszufinden, ob er alle Zutaten, die er beobachten konnte, identifizierbar in der Suppe wiederfinden. Dann nimmt er einen Bissen und es ist wie eine Explosion der Genüsse in seinem Mund. Die Aromen, die er zu schmecken bekommt, jagen ihm eine Erinnerung nach der Nächsten durch den Schädel, Erinnerungen, die er offenbar stets mit dem Geschmack von irgendetwas verbunden hat, wie ihm nun klarer wird. Aber auch klar wird ihm jetzt, wie verkümmert seine eigenen Zubereitungsmäßigen Fähigkeiten bisher waren, denn etwas derart Wohlschmeckendes hatte er in seinem bisherigen Leben noch nie hin bekommen. Mit großen Augen sitzt er alsbald auf seinem Bett und lässt sich das Gericht schmecken. „Das ist phantastisch.“
„Stephania.“
„Nein, Stephan.“
„Nein. Stephania. Ich heiße Stephania.“
„Das ist ein Scherz, oder?“
„... äh, nein. Wieso? Wie ist dein Name?“
„Stephan.“
„Ah. Verstehe. Das ist ja lustig.“
Vor der Stadtwache sei sie geflohen. Sie sei in der Stadt aus ihrem Heim geworfen worden, weil sie zu alt sei, und irrte dann umher, nicht wissend, was sie tun sollte. Die Wachen wollten sie dann als Bettlerin aus der Stadt jagen, aber als sie merkten, dass sie eine junge Frau ist, flogen ihre anderen Kleider schnell in Fetzen von ihr und die Blicke der Kerle wurden irgendwie anders.
Ihre Geschichte rührt Stephan auf Anhieb und sein Angebot, dass sie bleiben könne, kommt ihm nur allzu leicht über die Lippen. Die Freude in ihren Augen zu sehen erfreut auch Stephan und ebenso die Umarmung, die sie ihm zuteilwerden lässt.
Doch schnell macht sich seine Verdauung bemerkbar. Die Tatsache, dass er das erste Mal sein ... nun ... seit Olga ... eine vernünftige Malzeit zu sich genommen hat, scheint seinen Darm etwas zu überfordern. Er entschuldigt sich und tänzelt verklemmt nach draußen zu seiner Außentoilette.
Der Gestank, den er dort hinterlässt, wird auch nach ausgiebigem Nachspülen mit frisch erzauberten Wasserstrahl aus seinen Handflächen nur unwesentlich besser und er ist wirklich froh, dass das Unwetter noch immer anhält und die Geräusche, die er dabei gemacht hat, übertönt.
Der erste Fuß vor das Aborthäuschen durchnässt ihn dann auch schon wieder und er setzt einen kurzen Fluch gen Himmel, wo sich die dunklen Wolken über ihm ein Stelldichein geben. Die Faust gen Gewitter gereckt trifft ihn just in diesem Moment ein Blitz, durchfährt seine Hand, seinen Arm, durchfährt seinen ganzen Körper, die Beine hinab und hinein in den nassen Boden, auf dem er steht.
„Blitz Stufe 1 erlernt.“ ist das Letzte, was er sieht.
Als er jedoch offenbar kurz darauf wieder erwacht, sich über sein Leben sogar noch mehr freut als über die neue, erlernte Fähigkeit, überrascht ihn eine weitere Meldung.
„Fähigkeit Giftresistenz eine Stufe gestiegen.“
‚Hmm. Normalerweise ist die immer nur dann gestiegen, wenn ich ...‘, durchfährt ihn ein Gedanke. Und dieser macht ihn sehr traurig.
Doch bei aller Enttäuschung kommt ihm ein Plan, wie er mit dieser neuen Situation umgehen könnte. Mit hängendem Kopf geht er zurück zur Haustür, lässt sich auf die Knie fallen und schiebt die Tür vor sich auf. Er erkennt Stephania, die wieder an der Küchenleiste steht und Teller und Topf reinigt. Mit großen Augen schaut sie ihn an, ähnlich traurig wie Stephan, was ihn ziemlich verwirrt - könnte es möglich sein, dass sie ihn gar nur aus Versehen vergiftet hat?
Stephan lässt sich möglichst plump nach vorne kippen und auf den Boden klatschen. Vorgebend, dass er bewusstlos sei, erwartet er ihre Reaktion. Wenn sie ihn eliminieren wollte, dann würde sie ihm jetzt nicht zu helfen versuchen.
Sie kommt auf ihn zu und er rechnet bereits fast mit einem Dolch in seinem Rücken. Vorsichtig dreht sie ihn um und er fühlt ihre Finger an seinem Hals. Sie scheint zu versuchen, seinen Puls zu fühlen, doch hat es wohl nicht geschafft, steht wieder auf.
„Es tut mir so leid, Stephan. Aber die haben meinen Bruder. Ich kann nicht anders. Warum auch immer die deinen Tod wollen. Mein Bruder ...“ mit dieser Erklärung öffnet Stephan die Augen.
„Du hast mich also tatsächlich vergiften wollen.“
„Oh Gott, du lebst noch.“
Von ihren Gefühlen überwältig und nicht wissend, wessen Ableben ihr lieber ist - ihr Bruder oder Stephan - bricht sie unter Tränen in sich zusammen, die Hände vor ihrem Gesicht vermögen nicht, die Sturzbäche im Zaum zu halten und alsbald ist ihr Arm tränennass.
„Was ist mit deinem Bruder?“, fragt Stephan in die Sturzbäche von Salzwasser hinein. „Hey, was ist mit deinem Bruder?“ wiederholt er etwas lauter, nachdem sie nicht reagiert, es vor lauter Weinen wohl nicht einmal gehört hat.
„Er ... Sie ... haben ihn. Mitgenommen. Haben mich geschickt. Ich soll ... sie wollen, dass du ... Sie wollen dich. Ich weiß nicht warum. Sie haben mir nichts erklärt, nur mich geschickt. Und mir dieses Gift gegeben. Es tut mir so leid, aber mein Bruder ... ich hab nur noch ihn. Ich hatte nie jemand anderen.“
„Woher wissen sie von mir?“
„Ich weiß nicht genau, aber ich glaube eine Wache hat ein Lagerfeuer beobachtet und gemeldet. Das hat die falschen Leute neugierig gemacht.“
Stephans Überlegungen überschlagen sich. Wenn er doch nicht so unbemerkt geblieben ist, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie mit Soldaten die Jagd auf ihn eröffnen würden. Wenn sie von ihm wissen, dann wissen sie wahrscheinlich auch von seinen Fähigkeiten. Wenn sie genug von ihm wissen, um ihn Tod wissen zu wollen, dann haben sie ihn auch bereits beobachtet und wissen um seine Fortschritte.
Was sie jedoch sicher nicht wissen ist, wie viel er nun von seiner Umgebung kennt, wie genau er einzuschätzen weiß, wie weit er von der Stadt, von den Ruinen von seiner Einsturzstelle entfernt ist. Dies kann ihm einen Informationsvorteil verschaffen, den erzu nutzen verstehen muss.
Kurzentschlossen steht er auf und greift nach ihrer Hand. „Ich werde nach deinem Bruder suchen und ihn holen.“
„Was? Nachdem ich versucht habe, dich zu vergiften?“
„Jetzt weiß ich ja, wieso du das versucht hast. Ich kenne zwar das Gefühl nicht, einen Bruder zu haben, aber Familie sehr wohl.“, spricht er und denkt dabei nicht nur an Ophi und Valetta. „Von daher kann ich es nachvollziehen, wie viel du für ihn geben würdest. Komm.“
Und mit diesem Wort zieht er sie hinter sich her und zu seinem Bett. Jedoch nicht, um mit ihr zu schlafen, sondern um das Möbelstück zur Seite zu schieben und die Falltür darunter zu öffnen. Stephan hat viel Energie und Übung in diese Fähigkeit gesteckt, die er nun unter Notfallbedingungen anwenden muss, denn bis vor wenigen Momenten hat all das noch nicht existiert, was er nun nutzt.
Zusammen mit Stephania steigt er die Treppen zu einem engen Gang hinunter, die kleine Leuchtkugel als Lichtspender immer hinter sich herziehend. Das Licht zu kontrollieren ist für ihn bei weiter mehr zum Reflex geworden als das, was er nun macht.
Mit jedem Schritt, den sie durch die Tiefen des Erdreichs machen, lässt Stephan einen Meter Wand in Luft auflösen und den Gang, durch den sie schreiten, überhaupt erst entstehen. Vor wenigen Tagen noch hatte er dafür den entsprechenden Gegenstand berühren müssen, doch zwischenzeitlich stieg diese Fähigkeit der elementaren Auflösung, die eng verwandt mit seinem Erzeugen-Zauber, der Analyse und einer Mischung aus Holzveränderung und Architektur ist, durch immer weitere Nutzung so weit an, dass er nur noch daran denken muss, etwas verschwinden oder erscheinen oder auch verändern zu wollen, und es geschieht.
Einige Stunden gehen sie so durch die Tiefe des jungen Gangs und hin und wieder scheint es so, als wolle sie irgendetwas fragen. Doch der Marsch bleibt wortlos, für Stephan bloß hin und wieder durch Statusmeldungen unterbrochen.
„Fähigkeit Auflösung um eine Stufe gestiegen. Fähigkeit Nachtsicht um eine Stufe gestiegen. Fähigkeit Licht um eine Stufe gestiegen, Ausdauer um eine Stufe gestiegen. Zauber Erzeugung um eine Stufe gestiegen. Fähigkeit Architektur um eine Stufe gestiegen.“
Stephan nimmt all das nur noch als ein nebensächliches Rauschen am Rand seines Sichtfelds wahr, so dass ihm kaum auffällt, dass er in der Dunkelheit vor ihnen, die er durch den Schatten seines eigenen Körpers und dem Licht hinter ihnen selbst erzeugt damit sie nicht beobachtet, wie er ihren Fluchtgang gerade erst erzeugt. Für sie mag das alles in völliger Dunkelheit liegen, doch Stephan kann immer klarer sehen, wie sich die Wand, der Boden vor ihm auflöst und den Weg erzeugt. Immer weiter dehnt er die Weite dieser Auflösungen aus und streckt damit schließlich sogar seine Fernsicht noch etwas, kann das Ende des Gangs selbst kaum mehr sehen.
Er muss zufrieden grinsen.
„Wir sind bald in Sicherheit.“ spricht er zu ihr nach langer Zeit die ersten Worte seit ihres Aufbruchs und sie bekommt nur ein bestätigendes „Hmm.“ heraus.
Seine Analysefertigkeit erlaubt es ihm dabei, dass er sich nicht vergräbt, dass er nicht aus Versehen einen Flusslauf anschneidet und ihre Unterwelt geflutet wird. Seine Orientierung ist ähnlich gut, hat er doch eine Richtung gewählt, die sie zu einem Ziel weit entfernt noch hinter die Ruinen führen wird. So erschafft er nach all der Zeit dann auch endlich ein paar Treppenstufen, die sie nach viel Ab und etwas auf während ihres langen, dunklen Wegs wieder an die Oberfläche bringen sollen.
Der Ausgang ist ein Stein und eine Tür, die Stephan sich dort hinwünscht und die für etwas erstaunte Verwirrung bei Stephania sorgt, kommen sie doch tatsächlich mitten in einer Wildnis heraus, die sie sicherlich noch nie zu Gesicht bekommen hat. Kurz erweitert Stephan seine Wahrnehmung auf die weitere Umgebung, um mögliche Feine - sowohl Fressfeinde als auch mögliche Personen - zu erkennen, doch er kann nichts entdecken. Sie sind am Ziel.
Stephan schaut sich nun nach einem Bauplatz um, der sie nicht schon wieder verraten würde. Die Einsamkeit, an der dieser Ort liegt, lässt es jedoch sogar sicher erscheinen, sogar ein Feuer zu machen, ohne von der Rauchsäule verraten zu werden.
In eine tiefe, enge Schlucht hat es sie verschlagen, der ideale Ort, um ihre Verfolger vor Probleme beim Verfolgen zu stellen, denn die steilen Hänge machen es unmöglich, den direkten Weg zu wählen und durch die Beschaffenheit der Umgebung können sie im Angriffsfall obendrein nur von zwei Seiten kommen, was eine Verteidigung einfacher machen würde.
Der Einfachheit halber jedoch entscheidet sich Stephan, die neue Unterkunft einfach in die Felswand gegenüber der Tunneltür zu graben und den Zugang noch besser zu verstecken. Da tiefe Nacht herrscht und sie ohne sein Licht nichts erkennen kann, macht er dieses zur Förderung seiner Konzentration erst einmal aus, geht an die Felswand und legt seine Hand an den Stein. In seiner Vorstellung entsteht ein Wohnraum nach dem anderen, entsteht ein Schlafbereich, ein Speisezimmer mit Kochgelegenheit und Schornstein, entsteht gar ein zweites Stockwerk und noch ein Drittes, ohne dass er diesem einen speziellen Nutzen zuweist, entstehen Fenster im Felsen über ihnen, damit auch dann etwas Licht herrscht, wenn er nicht zugegen sein kann - und als er bei seinen Grabungen eine Wasserader entdeckt, nutzt er diese nicht nur zur Trinkwasserversorgung, sondern auch, um eine Toilette mit fließendem Abwasser zu bereichern.
Die Augen von Stephania werden dabei immer größer, und dabei kann sie bei dem ganzen Vorgang bloß die Außenansicht begutachten. ‚Warte nur, bis du dich drinnen umsiehst.‘ denkt sich Stephan kurz, bevor er sie mit einem kurzen Vortrag dann wieder alleine lassen will.
„Warte hier. Das Haus sollte sicher sein und weit genug entfernt, dass sie dich nicht finden werden. Ich werde mich um deine Erpresser kümmern - und deinen Bruder finden. Vertrau mir.“
Sie nickt ihm kurz zu, noch immer von dem gerade abgelaufenen Schaffensdrang Stephans übermannt und erstaunt über alles, was in der letzten Stunde geschehen ist. Erst der Weg quer durch die Erde, dann die gezielte Ankunft in diesem Paradies und nun die Entstehung einer Felswohnung ohne einen Laut. Entsprechend geistesabwesend stolpert sie dann auch auf die Tür ihrer neuen Unterkunft zu und öffnet die Tür.
„Wie ist sein Name?“, fragt Stephan ihr noch schnell hinterher.
„Hmm. Was?“ kommt nur von der nach wie vor völlig Verdutzten, die sich am Türknauf aufrecht zu halten versucht.
„Wie heißt dein Bruder?“
„Rudeus.“ spricht sie teils geistesabwesend eher in sich hinein als denn als Antwort ihrem Retter entgegen. „Mein Bruder heißt Rudeus.“ Dabei betritt sie mit immer größer gewordenen Augen die Eingangshalle ihres neuen Heims, und während sie sich in einer Mischung von Erstaunen und Ehrfurcht umzuschauen beginnt, dreht sich Stephan um und macht sich auf seinen eigenen Weg.
‚Sie wird schon klarkommen.‘ denkt er sich, während er die Tür zu dem Geheimgang, durch den sie gekommen sind, betritt, hinter sich schließt und nach ein paar Metern die Erde hinter sich wieder entstehen lässt. Nur ein paar Schritte dick soll die Barriere sein, die eventuelle Verfolger davon abhalten sollen, zu ihnen durchzudringen. Und wenn sie es versuchen würde, dann würden sie dabei zumindest so viel Lärm machen, dass sie es früh genug bemerken würden. ‚Aber irgendwie kommt mir der Name bekannt vor. Hmm. Vielleicht aus irgendeiner anderen Welt.‘
Fliegenden Schrittes durchrast Stephan den Gang zu seiner Hügelburg. Er braucht kein Licht für seinen Lauf, kann den Gang durch seine Fähigkeiten auch in absoluter Dunkelheit erkennen und nur ein leises Pling zu seinen Seiten lässt ihn erkennen, dass er wieder in irgendeiner Fähigkeit aufgestiegen ist. Dabei fällt ihm ein, dass er gerade Zeit verschwendet und er beginnt, seinen Lauf mit etwas Wind von hinten noch mehr zu beschleunigen. Wind alleine bringt ihn aber nicht schnell genug voran, wie er findet, und so bemüht er seine physikalischen Kenntnisse für eine Maximierung seines Laufs.
Feuer dehnt Dinge aus, wenn es sie erwärmt. So viel weiß er noch. Also soll der Tunnel brennen, um ihn anzutreiben. Angeheizt von dem Wind, den er zur Befeuerung erzeugt, legt er einen wahren Tiefflug durch seinen Tunnel hin, berührt dabei mit immer weniger Schritten den Boden und muss viel eher darauf aufpassen, dass er nicht die Decke mit seinem Gesicht abschleift, wenn er sich zu stark vom Boden abgestoßen hat.
Dann erkennt er einen schwachen Lichtschein am Ende seines Sichtfelds. Er bildet sich eigentlich ein, dass er fast den gesamten Tunnel durchblicken kann und erwartet somit, dass er den Ausgang bereits erspähen kann, doch als er diesem Lichtschimmer immer näher kommt, wird ihm klar, dass es der Schein einer Fackel ist, befestigt an einer Person und seinen Begleitern, die da durch den Tunnel auf ihn zu kommen. Ihm ist sofort klar, dass dies die Verfolger der jungen Frau sein müssen, die nicht nur ihn in seiner Unterkunft besucht haben, sondern auch noch so viel Verfolgungsdrang haben, dass sie ihnen in den Tunnel gefolgt sind.
Kurz ärgert er sich und könnte sich ohrfeigen, dass er den Ausgang in seinem Haus nicht besser versteckt hatte, da ist er auch bereits durch die Gruppe hindurchgestoßen, die sich in Anblick des Heranrasenden bereitwillig an die Wände verteilt und ihm so Platz gemacht hat. Am Ausgang dieser Begegnung hätte aber keine Maßnahme irgendetwas geändert, und so verhallen die Schreie seiner Verfolgergruppe nur kurz hinter ihm, während Stephan, verfolgt von einem flammenden Inferno welches nicht nur die Tunnelwände versengt, seinen Weg einfach fortsetzt.
‚Dieses war der erste Streich‘, fährt es Stephan durch den Kopf, als er im nächsten Moment bereits den Ausgang seines nun bewährten Fluchttunnels hinauf steigt und sich den Rücken heilt, der beim Abbremsen die volle Wucht der den Tunnel durchfluteten Flammenwelle abbekommen und ihn ordentlich geröstet hat. Zum Glück werden seine Gedanken an die Häscher, die da gerade hinter ihm von einer Sekunde zur nächsten ausgelöscht, verbrannt und eingeäschert worden sind von einer Statusmeldung verdrängt.
„Zauber Flammenwelle Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Grillen um eine Stufe gestiegen. Zauber Flammenwelle um eine Stufe gestiegen. Zauber Flammenwelle um eine Stufe gestiegen. ... Zauber Flammenwelle um eine Stufe gestiegen.“
Während er noch den Kollateralschaden in seiner vertrauten Wohnung beseitigt, das ein oder andere Feuerchen löscht und den Tunnelzugang versteckt, interessiert ihn der tatsächliche Aufstieg seiner Fähigkeiten dann doch, denn eine Meldung, die von drei Punkten unterbrochen wird, hat er noch nicht erfahren.
„Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Konzentration: 431
Intelligenz: 73
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 1, Stahlfaust Stufe 1, Aufschlagresistenz Stufe 40, Feuerresistenz Stufe 82, Feuer Stufe 5, Licht Stufe 5, Holzbearbeitung Stufe 0, Winderzeugung Stufe 0, Feuerresistenz Stufe 0, Mehrfachzauber Stufe 45, Wasserkontrolle Stufe 3. Sanfte Finger Stufe 0, Akrobatik Stufe 0, Weitsicht Stufe 0, Überblick Stufe 0, Stahlknochen Stufe 0, Harte Landung Stufe 0, Fliegen Stufe 0, Sprung Stufe 0, Holzveränderung Stufe 3, Waffen Stufe 5, Werkzeug Stufe 4, Architektur Stufe 12, Kleidung Stufe 2, Jagd Stufe 8, Ausweiden Stufe 2, Gerben Stufe 3, Kochen Stufe 4, Grillen Stufe 8, Tonveränderung Stufe 9, Konservierung Stufe 1, Logistik Stufe 5, Fähigkeitenanalyse Stufe 1, Beobachtung Stufe 4
Zauber: Feuer Stufe 37, Licht Stufe 31. Heilung Stufe 33, Heilender Kuss Stufe 1, Blitz Stufe 1, Wasser Stufe 55, Erzeugung Stufe 142, Flammenwelle Stufe 233
Skills: keine“
‚Hui, da hat sich ja einiges getan.‘ zuckt er bei jedem zweiten Wert regelrecht zusammen, den er da lesen muss. Seine Fingerübungen in der Freizeit, die er sich zu jedem Zeitpunkt angewöhnt hat, haben doch einiges bewirkt, so dass er nun Zauber und Fertigkeiten regelrecht aus Reflex anzuwenden in der Lage ist. Dass er sich heilen kann und seine Haut kaum mehr einen Schaden durchlässt, lässt ihn sich sogar fast unangreifbar fühlen - den Barbecue-Geruch von seinem verbrannten Rücken hat er dabei bereits wieder verdrängt.
Die gegrillten Verfolger jedoch hat er nicht vergessen. Vorsichtig tritt er vor die Tür und schaut sich um. Die Fußabdrücke im durchnässten Boden sind wohl sichtbar und unterscheiden sich merklich von den seinen oder gar den baren Füßen von Stephania. Eine weitere Person jedoch ist nicht auszumachen, auch nicht auf den zweiten Blick und auch nicht nach kompletter Umrundung seiner Festung. Er nutzt seinen erweiterten Blick in die nächtlich dunkle Umgebung um eventuelle Bewegungen aufzuspüren, nutzt sein erweitertes Gehör um einen eventuellen Herzschlag eines Lebewesens zu orten, doch auch mit seiner erweiterten Nachtsicht, mit der er nun sogar Temperaturunterschiede wahrnehmen könnte, zeigt ihm keine Bedrohung auf.
Tief atmet er auf und durch, seinen nächsten Schritt schon im Hinterkopf entwickelt. Mit einem Satz ist er in der Luft und mit einem weiteren Schwebeschritt bewegt er sich auf die Stadt am Horizont zu. Je näher er dieser kommt, desto tiefer lässt er sich in die Baumkronen sinken, nutzt so die natürliche Deckung des Blattwerks, um vor den Blicken möglicher Nachtwächter verborgen zu bleiben. Auf einem dicken Ast eines Baumes in Sichtweite des Stadttores lässt er sich nieder und geht in der Hocke in Deckung.
Das Tor ist geschlossen und mit einem Wachposten in einem kleinen Häuschen bestückt. Die Wache kommt ihm dabei bereits auf den ersten Blick bekannt vor, denn er scheint der gleiche zu sein wie jener, der sein erstes Lagerfeuer im Wald damals besucht hatte, um dann wieder einfach abzuziehen. Bei seinen Überlegungen, wie er in die Stadt hinein kommen würde, hat er immer ausgeblendet, dass sein Informationsstand im Grunde nicht existent ist, dass er außer dem Namen der Kleinen und der schlichten Tatsache, dass sie einen Bruder hat und sie in einem Waisenhaus waren nichts über die Situation weiß - nicht einmal der Name des Bruders war ihr über die Lippen gekommen. Selbst, wenn er nun sein Wundergehör anstrengt, um alles und jeden in der Stadt zu belauschen, würde ihn das nicht viel weiter bringen, als er jetzt schon ist.
Er beschließt, einfach vorne anzufangen, direkt vor ihm. Leise schwebt er dem Waldboden entgegen, landet lautlos und geh dann in einigem Abstand um den Wachposten herum. Die Fackel, die dieser vor seiner Hütte brennen hat, beleuchtet den Weg, der zum Tor führt, ein ganzes Stück entlang, doch Stephan will nicht völlig überraschend aus dem Wald heraus auftauchen. Vielmehr will er als unbedarftes Opfer erscheinen und sehen, wie mit ihm umgegangen wird.
„Halt! Stehenbleiben! Wer ist da?“, folgen dann auch schnell die eindringlich geworfenen Worte der Wache, die ihre Hellebarde auch schon in Stephans Richtung gerichtet hält. ‚Aufmerksam ist er zumindest.‘ denkt sich Stephan und erklärt sich dann vorsichtshalber.
„Hallo. Ich bin ein Waldläufer auf der Durchreise und brauche eine sichere Unterkunft für die Nacht. Ich habe die letzte Etappe falsch eingeschätzt und bin in die Dunkelheit geraten.“
„Das Tor ist in der Nacht geschlossen. Keine Ausnahme. Du kommst hier nicht rein!“
Das hat sich Stephan einfacher vorgestellt, aber eine Herausforderung wird den Tag zumindest nicht langweilig werden lassen.
„Oh. Und was mache ich jetzt die ganze Nacht? Soll ich auf der Straße erfrieren?“, versucht er es mit einer geheuchelten Mitleidsmasche.
„Entweder das, oder du suchst die Feuerstelle, die ein Stück weit im Wald angelegt ist. Die hab ich vor einiger Zeit erst kontrolliert. Da gibt es auch keine wilden Tiere, falls dir das Angst macht.“, und lacht dabei, setzt dann nach: „Hier kannst du jedenfalls nicht bleiben.“
Das klingt endgültig und Stephan gibt den Versuch auf, sich hier hindurchzuschmeicheln. „Ah, das ist ja praktisch, vielleicht ist ja noch etwas Glut da. Das werd ich mir anschauen. Diese Richtung?“ und weist willkürlich in Richtung des Waldes.
„Ja, genau. Da entlang. Nur wenige hundert Schritte entfernt. Gehab dich wohl.“
Und mit diesen Worten macht der Wachposten klar, dass das Gespräch hier endet und sich der Reisende gefälligst zu trollen hat.
Dass dieser die Bemerkung mit der Glut so hat, stehen lassen zeugt von dessen Desinteresse, denn natürlich hat es in den letzten Stunden so viel geregnet, dass von einem möglichen Feuer nichts mehr übrig geblieben wäre - schon gar nicht von einem sicher Gelöschten mitten im Wald.
Lautstark tritt Stephan seinen Weg in der Richtung, die ihm angewiesen wurde, demonstrativ auffällig an. Aber bereits nach ein paar dutzend Schritten ist er sich sicher, dass die Wache ihn nicht mehr wahrnehmen kann und er erhebt sich wieder in die schwebende Lautlosigkeit. Seine Verstecken-Fähigkeiten wären zwar ebenfalls fähig genug, dass er sich einfach hätte anschleichen können, doch das ist ihm gerade zu müßig. Lautlos schwebt er im toten Winkel des Wachmanns auf dessen Unterstand zu und lässt sich direkt hinter diesem nieder, stellt sich im Schleichen-Modus an die Wand und verschwindet optisch regelrecht in dieser Deckung, aus der er das Gemurmel des Kerls nun klar belauschen kann.
„Blöder Idiot. Kommt hier mitten in der Nacht an und glaubt, ich lass den rein.“, beginnt dieser seine Tiraden. „Das wäre ja noch schöner. Dann hätt ich nach dem Feuer erst gar nicht zu gucken brauchen, wenn hier jeder machen dürfte, was er will. Nicht in meiner Schicht. So nicht, Burschi.“
‚Ok. Ein Arschloch.‘ bestätigt Stephan diese Worte in seinen Gedanken und hofft, dass das nicht den Rest der Nacht so weitergehen würde. Es ist ein schmaler Pfad, aber die Hoffnung, dass er sich auch einmal auf eine weibliche Person, die durch sein Tor gegangen war, beziehen würde, ist bei dessen Redebedürfnis nicht völlig unbegründet. Doch, was folgt, ist erst einmal ein längeres Schweigen.
Gerade als Stephan fürchtet, dass der Mann eingeschlafen sei, setzt dieser jedoch wieder an.
„Langweilig. Sooo langweilig. Die Kleine könnte ruhig wieder auftauchen.“, wird es bereits im nächsten Moment interessant und treibt damit nicht nur den Puls von Stephan, sondern auch dessen Aufmerksamkeit in ungeahnte Größenordnungen.
„Wer hätte gedacht, dass meine Meldung von der Feuerstelle, so interessant für diese Leute ist, dass die sich gleich ne Waise als Spionin kaufen und losjagen. Pah, wertloser Schmutz. Da wir die Alte wieder ganz schön dran verdient haben. Und nen Satz Mäuler zum Stopfen ist sie auch gleich wieder losgeworden. Bestimmt zählt sie die immer noch auf, wenn‘s um ihre Bezahlung vom Register geht. Die Alte Fettel.“
‚In dieser Stadt scheint das Wohlstandsgefälle sich wahrhaft an den Untersten abzuarbeiten.‘ analysiert Stephan die verächtlichen Worte des Mannes.
„Die Kleine war echt putzig. Werd sie mir nehmen, wenn sie hier ankommt. Kann nachts eh nicht in die Stadt rein, da wird sie bei mir warten müssen. Hihi - warten. Kann sich hier unterm Tisch nützlich machen. Hab ja genug aufgestaut, das wird ne Weile dauern, bis ich mit ihr fertig bin. Danach kann die alte Fettel ihre Arbeitskraft sogar wieder haben - oder ein Haus weiter verkaufen, hab sie ja dann eingeritten. Hmm, die Kleine. Das wäre jedenfalls Mal unterhaltsam. Mann, diese Langeweile.“
‚Wird ja immer ekelhafter. Da hab ich Stephania ja zumindest vor diesem Elend bewahrt - erst mal.‘ fährt es Stephan durch seine abschweifende Gedankenwelt, in der er sich bereits die schlimmsten Dinge ausmalt, die mit den Opfern dieser Welt gemacht werden. Verächtlich schnaubt er dabei vor sich hin.
„Hallo? Wer ist da?“ ist der Wachmann aufmerksam geworden. Das Geräusch des Schnaubens hat ihn aus seiner Lethargie gerissen und mit ausgestreckter Hellebarde stapft er aus seinem Unterstand heraus.
Stephan schreckt zusammen. Da hat er einen Fehler gemacht, hat sich verraten. Er braucht eine Ablenkung. Schnell.
Der Reisende hat dieses Geräusch gemacht, das ist seine Lösung. Kurz konzentriert er sich auf seine Wahrnehmungen, auf seinen Fähigkeitenschatz, der ihm nun einmal mehr aus der Patsche helfen muss, und kommt schnell zu einer Lösung. Gezielt entfacht er das Feuer, das die Wache ihm vorhin noch als Nachtlager empfohlen hat. Er lässt die Flammen kurz hoch lodern. So hoch, dass sie über die Bäume hinaus ragen. Dazu einen begrenzten Lichtschein, der gerade so bis zu der Wache reicht und nicht auch die halbe Stadt weckt.
Die Aufmerksamkeit ist geweckt und richtet sich nun vollständig auf das Geschehen im Wald. „Was macht dieser Idiot da?“ vernimmt er von dem aufgebrachten Waffenträger, der seine ersten Schritte in Richtung Baumgrenze macht. Er reckt den Kopf hin und her und versucht, den Ausgangspunkt des Leuchtens zu erkennen, bleibt erfolglos und geht dann mit seiner Waffe im Anschlag, in den Wald hinein.
Somit ist der Weg frei.
Mit weglaufender Wache ist nicht nur das Wachhäuschen leer, sondern auch der Durchgang durch das Tor frei. Stephan geht zielsicher um das Wachhaus und die Fackel herum, greift nach dem Türgriff der kleinen Personentür im Seitenteil des Stadttors - und rennt dagegen.
Stephan ist davon ausgegangen, dass sich die Tür öffnen würde, und ist in vollem Lauf gegen diese gerannt, was diese nur mit einem dumpfen „Wumm“ quittiert.
„Wer ist da?“ vernimmt er von drinnen.
„Spezialauftrag. Lasst mich rein, ich muss zum Register.“ macht Stephan einen Schuss ins Tiefblaue. Doch die Intelligenz scheint in dieser Stadt, wenn überhaupt dann nicht bei dieser Schicht verteilt zu sein, denn schnell kann er hören, wie sich ein Schlüssel im Schloss dreht und die Tür aufgestoßen wird. Sie wäre also ohnehin nach außen aufgegangen. Stephan kommt sich einen Augenblick ziemlich dumm vor und fasst sich an den Kopf.
„Spezialauftrag?“, fragt ihn eine weitere Wache.
„Geht dich nichts an.“, spricht Stephan markant und tritt durch die Tür in die Stadt hinein, begleitet von dem musternden Blick der inneren Wache.
„Weis dich aus!“ ist jedoch das Letzte, was diese heraus bekommt, da hat ihm Stephan auch schon die Luft abgeschnitten. ‚So kann man Windmagie offenbar auch einsetzen.‘ denkt sich Stephan, während er sich auf den Luftentzug um den Kopf des Mannes konzentriert und ihm dabei zuschaut, wie dieser bewusstlos in sich zusammensinkt. An die Seite geräumt und mit etwas Alkohol, den er in einem Krug neben dessen Sitzplatz an der Tür ausgemacht hat, ergibt sich das eindeutige Bild der gelangweilten, betrunken eingeschlafenen, verantwortungslosen Wache, die auch noch den Schlüssel hatte stecken lassen. Doch damit ihm die andere Wache nicht in den Rücken fallen kann, zieht Stephan die Tür wieder zu und dreht den Schlüssel herum.
Kapitel 5
Zumindest in der Stadt ist er nun und hat obendrein auch noch einen ganzen Satz Anhaltspunkte mehr für seine Suche nach Stephanias Bruder Rudeus, nach ihrer gemeinsamen Vorgeschichte, nach den Auftraggebern.
Gerade klopft sich Stephan noch selbst für sein Vorankommen auf die Schulter, da hört er auch schon das Rufen einer anderen Wache.
„Hey, Dumpfbacke. Schon wieder eingepennt? Zu viel gesoffen, was? Ha, dir werd ich geben ...“, hört Stephan eine Stimme, die ihm deutlich macht, weshalb es eine gute Idee war, nicht einfach über die Mauer zu fliegen, denn die Wache, die da oben auf der Mauer steht und gerade ihre Hose öffnet, ist sicherlich nicht die Einzige und eine von ihnen hätte ihn wohl beobachten können. „Na? Schmeckt dir das auch? Hahaahaaa!“ jubelt dieser, während er seine Notdurft auf den am Boden liegenden Mann verrichtet, der von Stephan offensichtlich nicht gut genug versteckt worden ist.
Stephan wendet sich ab von dem Schauspiel der Verachtung, die ihm einen Eindruck davon gibt, wie man in dieser Stadt mit seinesgleichen umzugehen pflegt. Sein Weg führt erst einmal die Straße an der Stadtmauer entlang, die sehr heruntergekommen und dreckig aussieht. ‚Wenn man in einer Stadt die Unterwelt erkunden will, muss man selbst erst einmal zur Unterwelt werden.‘ So, oder so ähnlich, hatte es Ro irgendwann man ausgedrückt, als sie auf der Suche nach dem Auserwählten waren.
Eine in ihrer Heruntergekommenheit zu dieser Gegend passende Kreatur liegt im Mondschatten am Straßenrand an eine Hauswand gelehnt und stammelt irgendetwas Unverständliches vor sich her und erregt Stephans Aufmerksamkeit.
„Hey, Alterchen.“ spricht er den Mann an und beugt sich dabei zu ihm herunter.
„Bin nich alt!“ wehr sich dieser trotz seines Zustands erstaunlich schnell und prägnant.
„Oh, ok, gut. Dann weiß er ja bestimmt, wo das Waisenhaus hier in der Gegend ist, oder?“
„Latürnich, du Idiot. Das ist gerade zwei Häuser weiter, kannst du nicht lesen. Das Schild mit dem Krug drauf sagt doch alles, oder?“
„Verar...“, will Stephan ansetzen, da vernimmt er eine ganze Reihe harter Schritte am Ende der Straße hinter ihm. Schnell aktiviert er seine Verbergen-Fähigkeit und verschwindet so für das nackte Auge nahezu unsichtbar zwischen Fässern und Unrat, der an die Hauswände gelehnt steht. Seinen Umhang um sich gewickelt hockt er sich in eine Ecke und macht es dem Mann gleich, der ihn gerade für dumm zu verkaufen versucht hat, während die marschierenden Schritte immer näher kommen.
Aus seiner Position heraus kann Stephan nach kurzer Orientierungspause sogar das Schild sehen, von dem der Mann gesprochen hat, wird dann aber von den Männern in ihren Rüstungen, die an ihm vorbeistapfen, aus seinen Gedanken gerissen. Der Trupp besteht offenkundig aus einem etwas besser gekleideten Anführer und fünf kräftigen, größeren Männern in leichten Rüstungen und Schwertern an ihren Gürteln. Jedoch ist der Anführer in Sachen seiner Imposanz den anderen dennoch weit überlegen, als er an die Tür des Hauses schlägt, für welches sich Stephan gerade interessiert hat.
Sehr genau mustert Stephan den Mann, als die sich die Tür öffnet und ein Mannsweib in der Öffnung steht, vor der Stephan spontan sogar mehr Angst hätte als vor dem gesamten Wachtrupp.
„Hast du die Lieferung bereit?“ fragt der Mann die weibliche Kreatur in der Tür. Er schreckt nicht einmal kurz vor ihr zurück, folglich kennt er ihre Erscheinung bereits - so die kurze Analyse von Stephan, der auch ohne sein erweitertes Gehör problemlos in der Lage ist, aus seinem Versteck heraus das Gespräch zu belauschen.
„Natürlich. Wie immer. Ich hab euch aber auch gesagt, dass ich dafür mindestens drei neue Zuchtstuten brauche. Mit der Letzten konnte ich ja nicht mehr arbeiten, als ihr die für euren sogenannten Spezialauftrag abgeholt habt. Was habt ihr eigentlich mit Stephania gemacht? Und ihren Bruder? Hä?“
„Das braucht dich nicht zu interessieren. Erwarte die Lieferung in drei Stunden, sie werden gerade noch ... nun ... vorbereitet.“
Stephan wagt sich gar nicht auszumalen, von was in diesem Moment die Rede ist und überhört fast vor Anwiderung, wie es weiter geht.
„Aber nicht, dass die so kaputt hier ankommen, dass die mich auch noch Medizin kosten! Die schreib ich alle auf die Rechnung. Sag das deinem Obermufti!“
„Jaja, reg dich ab. Wo ist der große Krieger?“
„IGOR!“ schreit die Alte in den Raum hinter ihr hinein. Eine andere Person kommt hörbar angehumpelt und schubst einen Jungen von wohl zwölf Jahren vor sich her aus der Tür heraus zu dem Wachtrupp. Der Kleine bekommt einen Sack über den Kopf gezogen und landet auf der Schulter einer der Männer, die erwartungsvoll einen halben Schritt zurückmachen.
„Hab Dank, Layla. Abrechnung wie immer. Der Zahlmeister wird morgen gegen Mittag vorbeikommen.“
Ohne weitere Worte schlägt die Frau die Tür dem Anführer vor der Nase zu und lässt den Trupp in der Nacht stehen. Kurz schauen sich die Männer an und nach einem kurzen, gemeinschaftlichen Schulterzucken gehen sie genau, wie sie gekommen sind, in Formation die Gasse entlang, abermals an dem am Rand kauernden Stephan vorbei.
Schon drängt sich eine Meldung in sein Bewusstsein, die er ansonsten übersehen hätte.
„Du hast durch ‚Beobachtung‘ die Fähigkeit ‚Einschüchtern‘ Stufe 1 erlernt. Du hast durch ‚Beobachtung‘ die Fähigkeit ‚Verhandeln‘ Stufe 1 erlernt.“
‚Hmm, von welchem dieser Leute hab ich das denn aufgeschnappt.‘ überlegt er kurz und entschließt sich dann, diese neuen Fähigkeiten direkt und schnell bei dem Obdachlosen auszuprobieren, den er zuvor bereits angesprochen hat.
„Hey. Du hast mich nie gesehen, ist das klar?!“ ruft er diesem im Vorbeigehen zu und blickt ihn streng an.
„Ja Herr, natürlich. Verzeiht.“
„Fähigkeit Einschüchtern um eine Stufe gestiegen.“ folgt auch prompt die Erfolgsmeldung seines Tuns, gefolgt von einem verschlagenen Grinsen Stephans.
Er muss sich etwas beeilen, um dem Stechschritt der Wachmänner folgen zu können, die trotz des Zusatzgewichts auf der Schulter ein ziemliches Tempo vorlegen. Dabei folgt Stephan diesen durch einen großen Teil des Viertels bis zum Randgebiet der offenbar besser Betuchten, denn die Qualität der Mauern und der Putz an den Wänden nimmt eine sichtlich andere Art an und macht es ihm somit auch etwas schwieriger, sich in den Schatten des Unrats zu verstecken. Doch der Trupp fühlt sich offenkundig so sicher und unantastbar, dass sie es nicht für nötig halten, sich auch nur umzuschauen.
Weiter den Männern folgend merkt Stephan außerdem, dass die Straßen in diesem Viertel regelrecht symmetrisch angelegt sind, dass bei Kreuzungen die Straßen in rechten Winkeln aufeinandertreffen und dass die Fassaden der Häuser senkrecht stehen, man hier also keinen Platz nach oben hinzugewinnen brauchte. Dies zeugt entweder von einer verschwenderischen Nutzung von Platz und damit finanzieller Dekadenz, oder aber von der Unfähigkeit, mit qualitativ hochwertigerem Baumaterial Stein die oberen Stockwerke wie bei Fachwerken etwas größer auszulegen und einen Überhang zu konstruieren, also architektonischer Rückständigkeit. Stephan ist sich unsicher, wie er dazu stehen soll, ist es für ihn doch gerade nur eine Frage weniger Gedanken und purer Willensbekundung, Gebäude beliebiger Ausformung aus dem Nichts zu erschaffen.
„Kartographie Stufe 1 erlernt.“
Stephan muss fast lachen über die Geschwindigkeit, mit der er derzeit neue Fähigkeiten erhält und stolpert dabei sehr unvorsichtig in die Straße hinein, zu der er die sechs Männer verfolgt hat und die nun an der Tür des Untergeschosses eines größeren Herrenhauses stehen, gegen das dick klingende Holz schlagen.
Ein kleines Fenster öffnet sich in der Tür und nach einem etwas längeren Sichtkontakt wird dem Trupp die Tür vollständig geöffnet. Nachdem diese dort verschwunden sind und Stephan eine ganze Zeit lang kein weiteres Geräusch mehr vernommen hat, übermannt ihn die Neugier und er nähert sich ebenso der Tür, klopft ebenfalls testweise einfach einmal an - doch nichts geschieht.
Noch einmal versucht er es nach einer Weile, dieses Mal etwas stärker. Tatsächlich vernimmt er nun Aktivität auf der anderen Seite und schließlich wird auch ihm zumindest das Fensterchen geöffnet, wird von einem Paar brauenbewehrter, finsterer Pupillen in Augenschein genommen. Eine ganze Weile lang.
Dann schlägt es ihm das Fenster wieder zu und Stephan steht ähnlich schlau wie zuvor in der Nacht.
„Du hast durch ‚Beobachtung‘ die Fähigkeit ‚Gedankenlesen‘ Stufe 0 erlernt.“
Nach dieser Meldung wird Stephan klar, wieso die Männer vor im ohne eine Parole oder sonst einen Wortwechsel durch die Tür gelassen worden waren. Der Pförtner hat wohl durch reine Geisteskraft überprüft, ob er die Tür öffnen sollte oder nicht.
Noch einmal schlägt er gegen die Tür und erwartet konzentriert das Augenpaar hinter dem Fensterchen. Tatsächlich öffnet sich dieses und Stephan erhält einen tiefen Blick nicht nur in die Augen seines Gegenübers sondern auch in dessen Geist, den er sekundenlang wie ein Buch durchforsten kann. Seinem Gegenüber scheint dies aber dennoch nicht die Informationen zu geben, wegen denen er die Tür hätte öffnen wollen und so bekommt Stephan abermals das Fenster vor der Nase zugeschlagen. Die gesammelten Informationen empfindet er dennoch als gewaltig.
Der Grundriss des Hauses, die Ausgestaltung des Kellers, die Aufbewahrungsorte der Schlüssel, der Tagesablauf der Wachen und des sonstigen Personals, all das hat er im Geist seines Gegenübers erhaschen können. Und auch, was nun mit dem Jungen, den die Männer gerade hier hergebracht haben, geschehen wird - und das ist alles andere als erfreulich.
Doch bisher ist dies bloß die Gedankenwelt einer Türwache im Keller eines Hauses einer scheinbar wohlhabenden Person. Daraus weitere Handlungen zu erschließen kommt Stephan überstürzt vor, auch wenn dies wohl eine Spur zu Rudeus Verbleib darstellen kann.
Er beschließt, auf diesem Weg noch mehr Informationen zu sammeln, denn die Nacht ist noch jung. Kurz fliegt die Idee durch seine Gedanken, die Tür oder gleich die ganze Wand einfach aufzulösen und in ihre Elemente zu zerlegen, um sich Zugang zu verschaffen, doch kommt ihm dies zu auffällig, zu frontal vor und er macht nicht nur gedanklich einen Schritt zurück.
Beim Blick die Hauswand empor entdeckt er knapp unterhalb des Dachs einen Balkon mit einer geöffneten Zugangstür. Einen Luftschritt, einen kurzen Sprung später steht er bereits auf der Veranda und lukt schnell in den Raum hinein, in dem er kaum einen Wimpernschlag später auch schon verschwunden ist. Sich sicher fühlend dreht er sich herum und schaut auf die Stadt hinaus, betrachtet die Dächer der Häuser im Mondlicht, den meandernden Tiefnebel, der sich zwischen den Straßen verteilt. Nicht die geringste Achtung vor dieser zivilisatorischen Errungenschaft kommt in ihm auf, denn das in dieser Nacht gehörte hat in ihm bereits die Hoffnung auf Reste von Menschlichkeit nahezu restlos ausgelöscht.
Mit der dumpfen Hoffnung, vielleicht doch noch Spuren zum Verbleib des kleinen Bruders Rudeus finden zu können wendet er sich wieder dem Inneren des Gebäudes zu und schaut sich mit Hilfe seiner Nachtsicht im Raum um.
‚Was für Leute wohnen in solchen Räumen?‘, überkommt ihn der Gedanke beim Anblick des riesigen Schlafzimmers, in welchem ausschließlich ein einziges, einsames Bett steht.
Kurz lauschend öffnet er die Tür und geht auf den stockfinsteren Gang hinaus. Kein einziges Licht scheint in diesem Haus zu leuchten und verbirgt Stephan somit nahezu vollständig in der Dunkelheit. Mit schwebendem Schritt, Nachtsicht und extremem Gehör arbeitet er sich durch das ganze Haus und endet schließlich in der oberen Galerie einer Halle. Stimmen vernimmt er, kann den Ursprung der Gruppe unter sich jedoch nicht direkt sehen - diese ihn folglich auch nicht.
„Wascht ihn, zieht ihm was Nettes an, gebt ihm was von dem Pulver. Der Gebieter will seinen Spaß mit ihm haben, wenn er am Morgen aufwacht, und da muss er gefügig sein.“
„Ja Boss. Was ist mit dem Letzten? Der liegt noch immer im Keller in der Arena rum.“
„Tja, die Hunde haben ihn ziemlich zugerichtet. Verfüttert den Rest auch noch an die Köter und dann den Rest in den Stadtgraben. Bis das da auffällt, muss schon einiges passieren.“
„Geht klar.“
„Achja, und seht zu, dass Layla ihre Ersatzstuten bekommt. Das Bruthaus im Norden hat Nachschub produziert, der noch unverbraucht ist. Ich bin sicher, sie wird damit mehr als zufrieden sein. Sagt ihr, dass die Gören noch unbenutzt sind, das kann sie als Bonus betrachten. Sagt ihr das!“
„Fähigkeit Gedankenlesen um zwei Stufen gestiegen.“
Stephans Augen stehen voll Wasser. Er hat mit vielem gerechnet, hat bereits großes Grauen erlebt und erfahren, hat in seinem langen Leben manche Existenzen erlebt, die Gewaltiges durchmachen mussten und doch wird er von diesen Gedanken einfach übermannt.
Tief ist er in die Hirnwindungen der beiden Männer eingetaucht. Dass dabei der Untergebene jene war, der zumindest Restskrupel aufweisen würde, hat er nicht erwartet. Daraus den Willen abzuleiten, diesen bei einer Bestrafung zu verschonen, wäre aber zu viel des Guten, denn dafür ist das Gesamtverbrechen einfach zu unmenschlich.
Bei jedem Satz des offenbaren Anführers wurde die Erkenntnis verachtenswürdiger, wurde der Umgang mit Menschen als reine Verbrauchsware offenkundiger und das Strafmaß, welches Stephan diesen Leuten angedeihen lassen will, nur noch schmerzhafter. Denn all das hat hier System, all das geht bis in die höchsten Ämter hinauf und ist nicht nur geduldet, sondern erwünscht.
Die von dem Mann so genannten Stuten sind - so hat Stephan jetzt gelernt - Mädchen, die zum Anfang ihrer Karriere als Opfer in einem Bordell wie dem von Layla im günstigsten Fall als Kellnerin, im Normalfall jedoch als Kinderprostituierte arbeiten und an ihrem ersten Tag an Meistbietende versteigert werden. Mehr oder weniger unter Drogen gesetzt werden sie dann so lange verbraucht, bis sie keiner mehr benutzen will, und kommen dann nach einigen Jahren vielleicht in ein Bruthaus, in dem sie, immer wieder von den bestaussehendsten Angestellten des Hauses befruchtet, zur Produktion neuer Sklaven hergenommen werden. So sie sich nicht widersetzen, erfahren sie dort sogar so etwas wie eine menschliche Behandlung und sogar rudimentäre, medizinische Versorgung. Jedoch ist die Sterberate bei Geburten hoch genug, dass diese Häuser noch Kapazitäten frei haben.
Das produzierte Gut wird dann in anderen Aufzuchtstationen entweder zu billigen Arbeitern aufgezogen, die weiblichen Produkte werden dabei wiederum dem Kreislauf zugeführt. Knaben haben ihren Nutzen bei der herrschenden Klasse - bis diese ihrer überdrüssig sind und es sie nach Abwechslung verlangt. Dann bekommen sie eine Chance in der Arena und dürfen um ihre Freiheit kämpfen.
Dabei war der Mann, dessen Gedanken sich Stephan bemächtigt hat, sogar erstaunt darüber, wie zuversichtlich diese Jungs in diese Kämpfe gehen, denn mit bloßen Händen gegen eine Horde von Kampfhunden anzutreten ist faktisch aussichtslos und das Ende als Hundefutter vorprogrammiert. Entsprechend geht es bei den Wetten, die bei diesen Arenakämpfen abgeschlossen werden, auch keine Option auf einen siegreichen Ausgang des Probanden, sondern bloß um die Länge des Kampfes und darum, nicht ob sondern welcher der Hunde ihm den Hals durchbeißen wird.
Kapitel 6
Stephans Hoffnung, vielleicht doch noch einen lebendigen Rudeus vorzufinden, verfliegen in Anbetracht dieses systemischen Grauens und organisierten Ablebens industriell produzierter Menschenware. Doch fehlt ihm noch der Beweis, dass Rudeus das Ende dieser Laufbahn tatsächlich bereits durchschritten hat. So makaber sich dies für Stephan auch anfühlt wünscht er ihm regelrecht, dass er noch immer unter irgendeinem adeligen oder reichen Kaufmann dient und er ihn womöglich dort finden könnte.
Die Suche nach der Arena ist seine nächste Etappe. Doch weit kommt er nicht, denn eine Gruppe von Wächtern halten sich am Zugang zum Keller versammelt, verbringen offenkundig ihre Freizeit an einigen Tischen, essen und trinken. Stephan braucht nicht einmal sein spezielles Gehör zu bemühen, um ihre Gespräche zu belauschen.
„Na? Wie viel hast du beim Letzten gewonnen?“
„Ach hör mir auf. Der Lumpensack war ein komplettes Weichei, der hat nicht Mal den ersten Köter auch nur ein bisschen Paroli geboten. Stand nur stocksteif da rum und hat sich zugeschissen. Hab schon gehofft, dass die Viecher wenigstens das riechen und erst mal Ferse geben.“
„Hey, immerhin acht Sekunden hat ers geschafft, der gute Rudeus. Ist doch auch was.“, und bricht in Gelächter aus.
„Ja, ich sollte aufhören, auf diese Gören zu wetten und mein Geld lieber bei Layla investieren. Sollte diese Kleine nicht langsam wieder da sein? Wie hieß die noch? Stephanie? Die war doch auch ne Unbenutzte, oder?“
„Mit der hatte der Chef irgendwas Spezielles vor, also mach dir keine großen Hoffnungen. Spätestens, wenn die wieder da ist, ist sie nicht mehr unbenutzt. Hahaha.“
Bei diesen Worten hört Stephan auf, dem Gespräch zuzuhören. Er weiß nun alles, was er wissen muss, um ein Urteil über das zu fällen, was hier gerade vor sich geht. Er weiß nun auch, was aus Stephanias Bruder geworden ist - Hundefutter. Die Vorstellung alleine raubt ihm schier den Verstand und er sackt auf die Knie, während sein maximierter Puls ihm die Sterne vor die Augen treibt. Die Wut, die sich im Anblick von so viel Bösartigkeit in ihm sammelt, tut ihr Übriges, um seine nächsten Handlungen zu determinieren.
„Fähigkeit Wut Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Blutrausch Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Mordlust Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Berserker Stufe 1 erlernt. Gedankenlesen ist auf Stufe 4 gestiegen.“
Stephan nimmt diese Meldungen dieses Mal jedoch nicht als Ansporn sie auszuprobieren, sondern vielmehr als Warnung, nicht zu eskalieren. Bereits jetzt mit einer Bestrafungsaktion auffällig zu werden wäre nicht gut, wenn er eigentlich noch weitere Informationen sammeln möchte. Denn im Grunde verlangt es ihn zu erfahren, warum Sie so hinter ihm her sind.
Leise richtet er sich wieder auf und geht zurück zu dem Balkon, über den er das Gebäude betreten hat. Mit einem schnellen Schwebeschritt ist er auf dem Dach und schaut sich abermals um. Die Männer hatten impliziert, dass die gezüchteten Buben erst einmal als Lustknaben zu den Herrschenden abkommandiert werden, bevor sie in der Arena an die Hunde verfüttert werden. So geht sein Blick schnell zu der exponierten Burg im Zentrum der Stadt, in der ganz offensichtlich der Herrscher zumindest dieses Ortes aus zu regieren scheint.
Hoch über der Straße schwebt er dahin, versucht sich knapp unter der Dachgrenze zu halten um keinen höher stehenden Wachen aufzufallen aber hoch genug zu bleiben, damit er von der Straße aus nicht entdeckt wird. Die Blicke in die offen stehenden Fenster bleiben ihm dabei jedoch nicht erspart und es offenbart sich ihm auf seinem Flug kein einziger, angenehmer Anblick oder gar auch nur Gedanke, denn diese fliegen ihm bei seiner Reise nun ebenfalls zu und sorgen entsprechend für weitere Erfolge.
„Gedankenlesen ist auf Stufe 10 aufgestiegen. Du beherrschst nun volle Telepathie.“
Jedoch gleitet diese Meldung nur wie ein Hintergrundrauschen an ihm vorbei, denn das Elend, welches unter den Gedanken der Einwohner herrscht, nimmt ihn mindestens ziemlich mit. Wenn nicht gerade in einem Haus ein Gewaltakt, eine Prügelstrafe, eine Vergewaltigung oder zumindest ein lautstarker Streit mit bösartigen Beleidigungen abläuft, dann sind es Einzelpersonen in ihrem stillen Kämmerlein, die ihr Elend beweinen und die Ausweglosigkeit in ihrer eingefahrenen Opfersituation beklagen, ohne auch nur ansatzweise eine Veränderungsmöglichkeit am Horizont erahnen zu können. Stephan macht all dies seht traurig.
Die Burg, die er dann erreicht, erfährt er weitestgehend unbewacht. ‚Da scheint sich ja jemand darauf zu verlassen, dass die anderen Wachperimeter funktionieren - oder sich ohnehin niemand traut, gegen ihn aufzubegehren‘, ist seine spontane Analyse der vorgefundenen Situation, während der er sich fliegend dem Hauptgebäude nähert und auch bereits ein offen stehendes Fenster ausgemacht hat, aus dem Licht scheint. Ein kurzer Blick zurück und er fühlt sich sicher und unbeobachtet, keine Wache ist auf den Türmen, kein Nachtwächter auf den Mauern zu erkennen, die Dunkelheit der Nacht verbirgt ihn ausreichend.
„Hast du schon Rückmeldung von dem Suchtrupp erhalten, Seyfenstein?“, fragt ein Mann in einem Abendrock, den er nur mit einem Gürtel knapp zugeschnürt hat. Er scheint sich bereits bettfertig gemacht zu haben, trägt nur Pantoffel ohne Strümpfe. Die Implikation, dass er heute Nacht noch jemanden vorhat, liegt für Stephan in diesem ersten Anblick sehr nahe.
„Nein, eure Majestät. Der Befehlshabende geht davon aus, dass wir spätestens morgen früh etwas von ihnen hören werden, so sie denn erfolgreich sind.
„Natürlich werden sie Erfolg haben. Das hat bei dem Letzten doch auch funktioniert. Wie hieß der noch? Robert oder so?“
„Ich glaube einfach nur Ro.“
Stephan fällt die Kinnlade einen halben Meter herunter. Dieser Name kann kein Zufall sein, dafür ist er ihm damals schon zu absurd kurz vorgekommen. Aber wie war Ro damals von dieser Welt entkommen? Ist er weggeholt worden? Gibt es so etwas wie ein Portal in eine andere Welt? Nicht, dass es diese Welt noch geben würde, aber ein Ausweg ist ein Ausweg ist ein Ausweg.
„Wie auch immer. Die Göre, die wir ihm geschickt haben, ist ja wohl unter Kontrolle, was Seyfenstein?“
„Solange sie ihren Bruder nicht wiedersehen will, wird es keine Probleme geben, eure Majestät.“
„Sehr schön. Wie schaut es denn mit den Neuen aus? Sind diese schon da? Vorbereitet?“
„Jawohl eure Majestät.“, spricht der Kammerdiener des Herrschers, und winkt zwei Kinder herein, die sich merklich taumelnd gerade so auf den Füßen halten können, und grinst dabei nicht nur in sich hinein. ‚Und wenn der Alte mit euch fertig ist, kommt ihr schön brav bei mir vorbei, Jungs.‘ liest Stephan passend dazu in dessen Gedanken und muss einen Würgereflex unterbrechen, widmet sich wieder dem Chef.
„Hatte die nicht einen Bruder, Seyfenstein?“, presst der Alte eine Frage heraus, die ihm selbst nicht ganz eigen vorkommt.
„Telepathie um eine Stufe gestiegen.“, die dazu passende Meldung.
Stephan hat dem Herrscher erfolgreich aufgezwungen, eine Frage auszusprechen. Kurz begeistert er sich für seinen Erfolg, doch das „Ja, eure Majestät. Der ist bereits bei den Hunden. Den Wett-Ertrag finden sie in den Abrechnungen des Schatzmeisters. Er war wohl eher verhätschelt und verweichlicht und hat wohl daher nur sehr kurz durchgehalten. Entsprechend schlecht das Bilanzergebnis.“
„Naja, das können wir ja von der Schwester eintreiben, wenn sie wieder hier ist.“, und grinst dabei in ähnlicher Vorfreude wie Seyfenstein.
„Wie ist der Status unserer Truppenaushebung? Sobald wir sicher sein können, dass der Held keine Dummheiten gemacht hat, will ich, dass losgezogen und dieses Geschmeiß endlich ausgerottet wird. Was bilden die sich bloß ein!“
„Ja, eure Majestät, alles ist im Plansoll.“, antwortet Seyfenstein kurz, bereits den Schaum vor dem Mund beim Anblick der Knaben-Opfer, um die der Herrscher nun beginnt, herumzuschleichen und zu streicheln.
Stephan wird es hier zu viel und er wendet sich angeekelt ab. Er hat eine ganze Reihe neuer Informationen, die er erst einmal verarbeiten will. ‚Stephania wird wissen wollen, was mit ihrem Bruder geschehen ist.‘ findet er als Ausrede um sich schleunigst und auf direktem Weg von der Burg zu entfernen - nicht ohne jedoch zuvor noch bei der Arena vorbei zu schauen.
Der Weg dorthin und der Flugwind reichen jedoch nicht aus, um seine Wut abzubauen - ganz im Gegenteil. Mit jedem Atemzug steigt sie in ihm empor, vermischt sich mit Mordlust und Blutrausch, steigert sich in wahllosen Tatendrang und Zerstörungswut, bis er endlich den Keller erreicht, an dessen Eingangstür er zuvor die Lieferung beobachtet hatte. Alle will er bestrafen. Alle.
Ein Anklopfen spart er sich, sogar ein Nachschauen, ob jemand hinter der Tür stünde und ihn erwischen könnte. Je größer sein Hass, desto größer auch die Gleichgültigkeit all diesen Faktoren gegenüber. So löst er die Tür einfach auf. Mit einem Schubser gegen die Brust fliegt die Wache dahinter gegen die Wand und rutscht diese bewusstlos wieder herunter. Stephan würdigt diesen keines Blickes, sondern zieht seines Weges weiter in die Tiefen des Kellers. Bereits nach wenigen Biegungen in dem, was er als Labyrinth erwartet hat, stößt er auf die ersten Bankreihen der Arena, nach wenigen weiteren Schritten blickt er über die Balustrade in die Tiefen des runden Lochs mit den Gittertüren in den Wänden, hinter denen er gar die Hunde erkennen kann, die Zähne fletschend bereits ihres nächsten Opfers harren.
Auch, wenn eine Handbewegung oder gar eine Geste dafür bei seinem Fähigkeitenstand nicht mehr von Nöten ist, so streckt er den Arm aus und lässt die Gitter vor den Hunden verschwinden, die daraufhin unverzüglich aus ihrem Verschlag stürzen und die Halle in eine Kackophonie an erwartungsvoll aggressivem Gekläffe hüllen. Doch Stephan wendet sich von den verwirrten Tieren ab und führt fort, wofür er gekommen ist.
Eine Wand nach der Nächsten geht den Weg der Gittertüren, wird von Stephans Blick einfach in Nichts aufgelöst, verschwindet von einem Augenblick auf den nächsten und hinterlässt bloß noch das Gerippe einer Balkenstruktur, die das darüberliegende Gebäude alleine für sich kaum mehr tragen können. Mit jeder weiteren Wand ist lauteres Knarren von Balken, intensiveres Krächzen von Holz, endgültigeres Knacken von tragenden Strukturen zu vernehmen. Stephan achtet bei seinem Lauf durch die Strukturen, dass er sich die Inneren zu erst vornimmt und er den Äußeren bei seinem Verlassen den Todesstoß geben kann, falls das noch notwendig sein sollte, doch als er auf seinem Rückweg bereits den bewusstlosen Wächter in der Dunkelheit des Restkellers erkennen kann, hört er bereits, wie Deckelbalken ihrer Belastung nicht mehr standhalten können und das Gebäude beginnt, in sich zusammen zu stürzen. Aus einem Reflex des sicher-gehen-wollens entfernt Stephan noch schnell ein paar Meter des Erdbodens unter den Strukturen, so dass sein Vorhaben auch mit absoluter Sicherheit von vollständigem Erfolg gekrönt sein würde und reißt dann die letzten, geplanten Wände hinfort, schreitet am Wachmann vorbei und die Türöffnung hinaus in die Nacht hinein, mit einem weiteren Luftschritt auf das nächstliegende Dach.
Sehr genau beobachtet er das Resultat seiner architektonischen Korrekturen, während er es sich auf die Dachspitze setzt und vor Spannung regelrecht die Luft anhält. Es ist die oberste Spitze, die als Erstes ins Innere des Gebäudes versinkt. Von da an geht es dann sehr schnell und recht symmetrisch nach außen werden die Bestandteile Hauses nach innen und in die Tiefe gerissen, zerlegen sich dabei gegenseitig, lassen keinen Balken an dem Nächsten hängen und auch Türen werden sichtbar in Stücke gerissen. Gelegentlich hört man den einen oder anderen Schrei, wobei das Geschlecht bei dem Tempo des erstickenden Verstummens nicht auszumachen ist. Von den Hunden hört und sieht er nicht das Geringste mehr.
Und dann ist stille.
Zu warten, bis sich auch der Staub der Zerstörung legt, fehlt ihm die Lust. Dabei verschwendet er keinen Gedanken daran, dass all dieses Tohuwabohu vielleicht nicht unbemerkt geblieben ist, und tritt ohne weitere Kontrolle den Rückweg an.
Mit schnellen Flugschritten jagt er durch die Nacht, fliegt über die Stadtmauer und rast auf direktem Weg der Schlucht entgegen, in der er Stephania in Sicherheit hinterlassen hat. Doch schon bald bremst er seinen Flug, landet und geht mit normaler Geschwindigkeit über die Graslandschaft, die ihm den Weg gewiesen hat. Er ist tief in Gedanken verrannt.
‚Wie sagt man jemandem, dass sein letztes Familienmitglied von Hunden gefressen wurde, nachdem er den hohen Herrschaften zu niederen Diensten hatte sein müssen? Wie sag ich das mit den niederen Diensten überhaupt? Sag ich‘s noch klarer? Sag ich‘s überhaupt? Welcher Teil ist wirklich wichtig? Braucht Stephania tatsächlich so viel Wahrheit? Oder reicht das Wesentliche? Wie viel verkraftet sie, wann bricht sie? Wie viel Elend kann ein Mensch aushalten?‘
Ein aufgeregtes Kribbeln durchfährt Stephans ganzen Körper. Das Leid, das diese beiden jungen Menschen haben durchstehen müssen, ist mit Worten kaum zu beschreiben, und doch muss er nun einen Weg finden, ihr eine Antwort zu überbringen, die er aussprechen kann und die sie dennoch verstehen wird.
Kapitel 7 - Ophi-Valetta
Am Rande einer Lichtung erwachen Ophelia und Valetta, unter den ausschweifenden Ästen der umrandenden Bäume im Schatten liegend, an einem Stamm aneinander gelehnt.
„Ophi. Ophi, wach auf!“ ruft Valetta ihre kleine Schwester zu erwachen.
„Nur noch ein paar Minuten ...“ kommt die verschlafene Antwort. Und Valetta lässt sie gewähren, denn ihr fällt auch nicht ein, was es bringen sollte, wenn sie früher oder später wach sind, ihre neue Umgebung begutachten können.
Keine Ahnung hat Valetta, wie sie hier hergekommen sind, keine Ahnung hat sie, wo sie überhaupt sind und warum sie aus ihrer alten Heimat genommen wurden. Schemenhaft kann sie sich daran erinnern, wie sie über ihrer Welt schwebten, wie sie auf die Welt, in der sie ihr gesamtes, bisheriges Leben verbracht hatten, herabschauen konnte. Und sie kann sich an Stephan und einen alten Mann erinnern, die sich unterhalten haben. Ihr Stephan war erst doppelt da, dann war er wieder weg. Alles war sehr verwirrend gewesen, zumal sie noch die Gedanken an ihr Haus, an die Lichtung vor dem großen Baum im Kopf hatte. Aber alles das war verblasst. Nicht als ihre Erinnerung, sondern die Welt war verblasst, war grau geworden, hatte sich verändert hin zu einer gewissen Leblosigkeit. Und doch war alles anders, war die Veränderung gewachsen.
Valetta schüttelt den Kopf um ihn wieder frei zu bekommen, will die Erinnerung aus ihren Gedanken haben, die ihnen jetzt nichts nützen werden, denn hier haben sie ganz offensichtlich kein Haus, keine Unterkunft, nicht einmal ein wie auch immer geartetes Dach über dem Kopf.
Von dem schütteln wird Ophelia dann doch endlich wach, schaut sich mit verschlafenen Augen um, reibt sich das Gesicht.
„Wo ist unser Haus?“
„Das gibt es hier nicht. Das ist nicht mehr die Welt, aus der wir kommen. Erinnerst du dich nicht mehr an die beiden Stephans? Das scheint alles irgendwie zusammenzuhängen.“ versucht Valetta ihre Gedanken in Worten zu sortieren, beruhigt sich damit ein Stück weit selbst.
„Naja, dann bauen wir eben ein Neues.“
„Haha, du bist so niedlich. Ja. Das genau das machen wir.“
Valetta ist von der Naivität ihrer kleinen Schwester einmal mehr in ihre Beschützerhaltung gewichen und nimmt den Ansporn für den Arbeitsauftrag gerne entgegen, denn wenn man ein Ziel hat, hat der Tag Struktur. Sie rappelt sich auf, klopft sich den Waldboden vom Po und beginnt, die Umgebung nach Baumaterial, nach einer guten Lage, nach dem Stand der Sonne, nach einem Hinweis auf eine Wasserquelle abzusuchen. Was sie damals, als sie von den Dörflern vertrieben wurden, geschafft hatten, können sie auch wieder schaffen.
Auf einer kleinen Erhebung am Waldrand begradigen sie den Boden, legen ihn mit getrocknetem Nadelwerk aus. Bald sind auch die ersten Äste abgebrochen und zu längeren Stämmen zusammengeflochten, neben ihrem Grundstück gesammelt. Da vernehmen sie auch bereits Stimmen aus der Tiefe des Waldes auf sie zukommen.
„Aeh, Ophi?“ fragt Valetta hinter sich, den Blick in Richtung der erwarteten Begegnung gerichtet.
„Argh!“ ist jedoch das Einzige, was sie von ihrer Schwester zu hören bekommt, dreht den Kopf und sie gerade noch, wie ein Mann in dunkler Kleidung ein weiteres Mal mit einem stumpfen Knüppel auf die am Boden liegende Ophelia einschlägt.
„Ich hab die eine Hexe erledigt!“ ruft der Schläger mit festem Blick auf Valetta, während sich hinter ihr der Rest der Gruppe versammelt. „Geh zu ihr, Untier.“ spricht der ritterlicher gekleidete Anführer in hellerer Uniform, während er Valetta einen Stoß verpasst der sie nach vorne fallen lässt. Knapp vor ihrer bewusstlosen Schwester landet sie auf dem Bauch, dreht sich zur Seite und betrachtet die Männer, die sich da um sie versammelt haben.
„Was habt ihr mit uns vor?“ richtet sie ihr Wort an den Sprecher. Doch diesem entbrennt rohe Wut im Gesicht. „Du wagst es, deine Stimme zu erheben? Biest?“ brüllt er sie an, zieht sein Schwert und schwingt es gegen Valetta. Gerade so kann sie ihren Arm zur Abwehr erheben, doch der Schwung der Klinge durchtrennt die Finger ihrer Hand wie Butter, die daraufhin in hohem Bogen vor die Füße Ophelias fliegen, dort zum Liegen kommen. „Aaaarghh.“ brüllt Valetta ihren Schmerz hinaus, auch wenn es das nicht besser macht. Ihre Kräfte schwinden. Sie spürt, wie sich Bewusstlosigkeit androht. Sie weiß, dass die endgültig ihren Tod bedeuten würde.
‚Was würde Stephan jetzt machen?‘ fährt es ihr durch den Kopf. ‚Wunden hat er immer einfach und schnell geheilt. Ich muss das jetzt auch hinkriegen.‘ Mit dieser Idee im Schädel kriecht sie, die blutspritzende Wunde mit der verbleibenden Hand umklammernd, auf ihre Schwester zu.
„Glaubst du, du könntest ihr noch helfen, Hexe? Daraus wird wohl nichts.“ muss sie sich einen weiteren, hämischen Kommentar des Rädelsführers anhören, der abermals seine Klinge schwingt, nun aber einen Arm, den der Knüppelträger in die Höhe zieht, in der Mitte durchtrennt und ebenfalls vor Valetta auf den Waldboden neben ihre verteilten Fingerresten wirft.
‚Ich muss es schaffen‘ spornt sich Valetta an, das Grauen des Geschehens an sich abprallen lassend. Verzweifelt greift sie nach ihrer Schwester, denkt an nichts anderes als den Wunsch, dass sie wieder gesund, wieder vollständig sein möge. ‚Heil dich! Heilung! Gesund! Aufleben! Heil! Jetzt!‘ probiert sie alles aus, was ihrer Meinung nach Stephan auch gemacht hatte.
„Danke, dass du uns mitgenommen hast. Wir werden dir zur Seite stehen. Wir werden dich unterstützen. Wir werden dich am Leben halten. Wir werden dich stark machen. Wir haben dir den Zauber ‚Heal‘ erneut freigeschaltet. Erinnere dich daran, wenn wir deine Hilfe brauchen.“
Die plötzliche Stimme im Kopf verwirrt Valetta nur den Bruchteil einer Sekunde und schon im nächsten Bruchteil der selben Sekunde durchfährt sie ein fragendes ‚Heal?‘.
Ophelia erwacht. Nicht nur das, sondern sie steht auch auf und reckt ihre beiden gesunden Arme als wolle sie sich nach langem Schlaf etwas strecken, steht in voller und vor allem komplett gesunder Größe vor den Männern.
„Hexe! Sie hat sich ihren Arm nachwachsen lassen! Tötet sie! Verbrennt sie!“ schreit der Anführer aufgebracht seine Begleiter an, geht dabei selbst einen Schritt zurück. Doch dazu kommen die Angreifer nicht mehr, denn Valetta hat sich längst von dem ersten Schreck erholt, dass sie nun auch heilen kann und sich ihre eigenen Finger nachwachsen lassen. In Erinnerung an ihr Leben mit Stephan und die Erfahrung mit dem doppelten Stephan, greift sie dann jedoch zu ihrem abgetrennten Gliedern und versuch auch dies ebenfalls zu vollbringen.
‚Heal!‘ durchfährt es ihren Geist und mit einem regelrechten „Plopp“ steht auch schon eine aus einem abgetrennten Arm nachgewachsene Zweitophelia vor ihr. Der Schreck, den sie damit bei den Männern auslöst, bringt sie auf die Idee, an diesem Punkt noch nicht aufzuhören, und gereift nach ihren abgeschnittenen Fingern, sammelt einen nach dem anderen ein und lässt mit einem zeitlich gut abgestimmten ‚Heal‘ eine weitere Valetta auftauchen.
Diese sich langsam aber sicher aufbauende Übermacht an nackten Frauen versetzt die Männer nicht etwa mit fleischlichem Verlangen, sondern mit nackter Panik. Schreiend vor Angst vor den sich vermehrenden Frauen, stolpern sie zurück, werfen ihre Waffen von sich, drehen sich um und rennen noch immer schreiend in die Richtung, aus der sie gekommen sind. „Ihr sollt sie töten, habe ich gesagt!“ schreit auch der hinter ihnen herrennende Anführer die Männer an, kann mit diesem Gebrüll jedoch seine eigene Angst nicht verstecken. Wegrennen tun sie alle.
Ophelia und Valetta - die beiden mit Kleidung - schauen sich an und laecheln. Ihre erste Feuerprobe haben sie bestanden. Doch ihnen ist ebenfalls klar: Diese Leute werden wiederkommen - und es werden mehr sein.
Was ihnen aber auch klar ist: die Nackten werden noch mehr Begehrlichkeiten auf sich ziehen, diese Erfahrung haben Ophelia und Valetta bereits in dem Dorf auf der Welt gemacht, auf der sie Stephan getroffen haben - getroffen und geliebt. Viel.
Aus dem ersten Schreck, dem ersten Erfolgserlebnis ob des gewonnenen Kampfs, aus dem Hochgefühl die Angreifer vertrieben zu haben, sich zusammengerauft und in Vielzahl gefunden zu haben, wird alsbald wieder Alltag. Mit noch mehr Personen erwachsen noch mehr Dinge, die aus der Notwendigkeit heraus geschafft werden müssen.
Abgeklärt, wie die Originale sind, sind auch ihre magischen Schwestern, die ohne Neid oder gar Zwietracht sich ihrer Erzeugerin unterordnen und sich zu den Arbeiten einteilen lassen, die noch an diesem Morgen die beiden Mädels alleine hätten bewerkstelligen müssen. So sind mit einem halben Dutzend Arbeiterinnen in atemberaubender Geschwindigkeit Stämme zusammengetragen, ein Fundament befestigt, Balken in die Höhe getrieben und ein erstes Haus aus dem Boden gestampft, in dem sie alle zumindest recht komfortabel die erste Nacht verbringen können - wenn auch nur auf mit Moos ausgelegtem, nacktem Steinboden.
Der nächste Tag ist beherrscht von der Werkzeugherstellung, Nahrungssuche, Kräuter und Gewürzsuche und allem, was dazugehört. Bögen werden schnell mit Pfeilen ausgestattet, Stöcke werden angespitzt und zu Fallen im Boden und an Bäumen zusammengebaut, Fallgruben werden ausgehoben und eine Wasserversorgung wird sichergestellt. Aus Lehm werden Rohre gebrannt, mit denen man einen nahen Bachlauf in das Haus umleitet und so für fließendes Trinkwasser, sowie sogar eine Toilettenspülung sorgt. Ein zweites Haus wird als reines Schlafhaus errichtet, ein weiteres als Lagerhaus für Lebensmittel, eine Werkstatt, ein Backhaus, eine Schmiede. Innerhalb von kaum einer Woche hat sich die Lebensqualität in dem winzigen Dorf, in dem ausschließlich schöne Frauen leben, vervielfacht. Sogar Kleidung tragen inzwischen alle von ihnen.
Doch eines Tages, eines der Mädels ist gerade beim Kräutersammeln im Wald, entdeckt sie einen Mann, der sich hinter einem Baum versteckt und das Dorf am Waldrand beobachtet. Vorsichtig nähert sie sich ihm, spricht ihn schließlich an, da er sie offenkundig nicht bemerkt hat.
„Hallo. Kann ich dir helfen?“, fragt sie ihn freundlich und hilfsbereit. Der Mann dreht sie erschrocken zu ihr um, schaut sie an, schaut wieder zu dem Dorf, schaut wieder zu ihr.
„Aaaaaaaahh ...“ beginnt er zu brüllen und rennt in die Tiefen des dunklen Walds davon, bis nichts mehr von ihm zu hören ist.
Die Zweitvaletta, nun gekleidet in einem ebenso knappen Schurz unten wie oben wie die Originale seinerzeit, als sie in diese Welt kamen, begreift die Situation schnell. Mit all ihrer Energie rennt sie zu ihrem neuen Dorf, rennt in das Haupthaus, prescht durch die Tür und unterbricht eine kleine Besprechung, die die Originalvaletta mit ihren Schwestern hielt, um die weitere Entwicklung, die bessere Absicherung ihres Lebensstandards, ihre Überlebenswahrscheinlichkeit in diesem Wald unter wilden Tieren und Gefahren sicherer zu gestalten - allein auf ihr ‚Heal‘ will sie sich nicht verlassen müssen, auch wenn dies bei Stephan seinerzeit Erstaunliches vermocht hatte.
„Ein Kundschafter hat und ausspioniert!“, brüllt die aufgeregte Neuankömmlingen in die Runde. Alle Blicke treffen sie, durchbohren sie mit Angst und Verwunderung, stellen stille Fragen. „Ich habe ihn im Wald gefunden, er hat uns beobachtet. Als ich ihn angesprochen habe, ihm Hilfe angeboten habe, ist er schreiend weggerannt. Er wird den Anderen von uns erzählen, sie werden wiederkommen.“
„Ja. Das werden sie.“ bestätigt Valetta die Erste die Ängste von allen in der Gruppe.
Kurz denkt sie nach. Sollten sie weiter in den Wald fliehen? Sollten sie sich verstecken? Sollten sie abermals vor denen ausweichen, die ihnen böses wollen? Nein. Fliehen ist keine Option. Nicht schon wieder. Niemals wieder. Wer böses tut, soll Böses erfahren.
Entschlossen gereift sie nach einem der Dolche, die ihnen die erste Meuchelbande freundlicherweise hinterlassen hat. Wie zum Test schneidet sie sich ein kleines bisschen in den Arm. Ein kurzes ‚Heal‘ in ihren Gedanken sorgt dafür, dass sich die Wunde schnell wieder schließt, als wäre nichts gewesen und einen kerngesunden Arm hinterlässt. Sie schaut die Schwester zu ihrer linken an, greift nach ihrem Arm und schneidet auch in diesen hinein, versorgt sie mit einem schnellen ‚Heal‘ und schaut befriedigt in die Runde, bevor sie ihre Hand auf den Tisch legt.
Mit einem beherzten und kraftvoll ausgeführten Schnitt trennt sie sich selbst den kleinen Finger ab, der kaum blutend von ihrer Hand wegrollt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und lautes Gebrüll unterdrückend lässt sie mit einem in sich hineinschreienden ‚Heal!‘ den Finger nachwachsen. Die anderen Frauen schauen ihren Tests unaufgeregt zu, bestehen sie doch alle aus der gleichen Person, folgen alle ähnlichen Gedankengängen und haben eine Vorstellung davon, was die oberste Valetta damit bezwecken will. Als dann nach einem weiteren, diesmal ausgesprochenen „Heal.“ auf den losen Finger angewandt eine weitere Valetta nackt wie Gott beziehungsweise Valetta selbst sie schuf auf dem Tisch sitzt, nicken sich noch alle bestätigend zu.
Kurz schaut sich die neue Valetta um, blickt ihren Schwestern in die Augen und stellt sich dann unaufgeregt zwischen diese.
Die nächste Phase des Tests trifft die Valetta, die bereits den Schnitt in den Arm ertragen hat, denn diese erträgt nun auch tapfer mit einer Träne in den Augen den Schnitt, den die Erste durch den kleinen Finger dieser Schwester führt. Ein ‚Heal‘ und der Finger ist wieder nachgewachsen, ein weiteres ‚Heal‘ später sitzt eine weitere, vollausgewachsene und abermals nackte Valetta auf dem Tisch und streckt sich.
In diesem Moment kommt Ophelia in den Raum, will eigentlich mit einem „Hi. Wir haben ...“ einen Statusbericht über die Arbeiten ihrer Gruppe abliefern, als ihr Blick auf die nackte Version ihrer Schwester auf dem Tisch fällt. Einen Blick später entfährt ihr noch ein „Hatten wir nicht eigentlich Kleidung für alle gemacht?“, bevor sie dann, den Blick auf das Messer in der Hand ihrer Originalschwester, mit einem „Ah.“ die Erkenntnis durchfährt, sie zu einem weiteren Messer auf dem Arbeitstisch greift und sich ohne weitere Kommentare oder auch nur einen Schmerzensschrei alle Finger der anderen Hand abtrennt.
Es scheint, als hätte man das ‚Heal!‘ in Ophis Gedanken hören können, als sie sich die Finger wieder nachwachsen lässt. Das „Heal.“, welches sie dann immer wieder auf die vor ihr liegenden Finger anwendet, spricht sie dann jedoch tatsächlich laut aus. Wieder und wieder springt eine weitere, nackte Ophelia, die aus einem kleinen Stück finger erwachsen ist, vom Tisch, bestätigt damit die Erkenntnis der kleinen Schwester. Doch all dies ist erst die erste Stufe.
Abermals wird ein Finger einer Schwesternkopie abgetrennt. Doch dieses Mal wird sie nicht von einem der Originale geheilt. „Konzentrier dich auf das Wort ‚Heal‘ und auf die Stelle, die du heilen willst.“ erklärt Valetta mehr für alle Anwesenden als nur für die Beschnittene, die nun aber von allen eindringlich dabei beobachtet wird, wie sie sich die Hand vors Gesicht hält und schließlich auch „Heal!“ ausspricht.
Der Effekt ist identisch zu allen vorangegangenen Heilungserfolgen. Als sie dann nach ihrem abgetrennten Finger greift, abermals ein „Heal.“ in die Stille spricht, sitzt einmal mehr eine perfekt erscheinende Kopie der Kopie auf dem Tisch, sie sich abermals zu den anderen gesellt und nicht von diesen zu unterscheiden ist.
Die stimmen, wissenden, erwartungsvollen Blicke gehen zu Ophelia, die sofort versteht. Sie greift nach einer ihrer neuen Schwestern, schneidet ihr einen Finger ab und mit einem kurzen „Machs nach.“ hat die Nackte alsbald ihre Hand geheilt, ihren Finger nachwachsen lassen und eine weitere, nackte Ophelia auf den Tisch gesetzt.
„Damit ist alles klar.“ analysiert die Erste die Situation. „Wir sind wieder entdeckt worden. Der Kundschafter wird nur der Erste sein. Er wird den Anderen von uns erzählen. Die werden uns für das Urböse halten. Alles wird kommen, wie beim letzten Mal. Aber dieses Mal sind wir nicht nur zu zweit. Dieses Mal sind wir mehr. Und wissen werden sie bis auf weiteres nur von sieben, denn so viele waren wir bei ihrem letzten Angriff.“
Mit diesen Worten greift sie abermals zum Messer und trennt sich die vier ausgestreckten Finger ab, heilt sich, erzeugt vier weitere Valettas.
„Wir brauchen Waffen, wir brauchen Fallen, wir brauchen Verteidigungen, wir brauchen mehr von uns.“ spricht sie, und schlägt ein weiteres Mal auf ihre Hand, auf die frisch nachgewachsenen Finger ein. Wenige Sekunden später stehen noch mehr von ihren nackten Kopien in dem Zimmer und warten auf Anweisungen. „Wir brauchen mehr von uns.“ sagt sie abermals in dir Runde und schon folgt ein wildes Gehacke auf Dinger, folgt eine ungezähmte Vermehrung der Frauen, die nun in einer nicht enden wollenden Menge aus der Tür laufen und die Anweisungen des Originals an jene Schwestern weiterleiten, die es nicht vernehmen konnten.
Einen halben Tag später haben fast zweihundert nicht mehr ganz so nackte Frauen den Wald unsicherer gemacht - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Beobachtung der flüchtenden Männer hat ihnen eine grobe Richtung gegeben, in die sie ihre Bemühungen des Fallen Stellens fokussiert haben, es wurden Löcher mit gespickten Rollen versehen, wurden Steine an Seile in die Bäume gehängt und Spieße im Laub verborgen - wenn jemand auf diesem Wege zu ihnen käme, würden sie es an seinen Schreien erfahren. Die restlichen Arbeitsbienen haben sich damit beschäftigt, ihre Kolleginnen mit Speeren und Kleidung zu bestecken, haben Pfeile und Bögen gebaut und im tieferen Wald nach anderen Rohstoffen für eine zukünftige Erkundung gesucht. Die Unterkünfte wurden teilweise in die höheren Bäume verlegt, wurden Beobachtungsstände gebaut und mit Hängebrücken verbunden. Bereits am Ende des zweiten Tages fühlt man sich wieder vergleichsweise sicher, aber vor allem gut ausgerüstet und vorbereitet für eine weitere Begegnung mit möglichen, aufgestachelten Hexenjägern. Vor allem die Tatsache, dass jede von ihnen über die Fähigkeit verfügt, ‚Heal‘ anzuwenden lässt sie aufatmen und jeder zukünftigen Gefahr ins Gesicht lachen.
So wächst das inzwischen nicht mehr so kleine Dorf nicht nur in die Breite sondern auch ein gutes Stück weit in die Höhe - zumindest so hoch, wie es die Waldriesen ihnen erlauben. Die Lichtung ist alsbald bereits von Feldern durchzogen, die sich geometrisch aneinanderreihen und schon bald die Nahrungsversorgung sichern sollen, ohne dass sie auf die Jagd gehen müssen. Wildschweine werden domestiziert und verfügbar gehalten, sogar einen Bienenstock gelingt es ihnen einzusammeln und unweit ihrer Felder zu platzieren. Für jegliches Auskommen scheint gesorgt zu sein. Alltag kehrt ein, die Idylle ihre beschaulichen Lebens mitten im Wald geht ein und aus - und auch das Training an ihren selbstgebauten Waffen geht immer selbstverständlicher von der Hand.
Doch dann geschieht tatsächlich das inzwischen fast undenkbar Gewordene. Ein Schrei aus den Tiefen des Waldes durchzieht die Stille der Nacht und jede Ophelia und jede Valetta die in ihrer Verwechselbarkeit aus dem Schlag gerissen werden weiss unverzüglich bescheid. Der vielfach geübte Notfallplan tritt in Kraft, die Häuser werden aufgegeben und einige Hundertschaften Frauen begibt sich auf leisen Sohlen und sicheren Tritts die Leitern in die höheren Lagen hinauf, weg von jedem möglichen Angreifer.
Nicht nur die Nahrungslager haben sie in die Baumhäuser verlegt um sie vor unliebsamen Nagern am Boden zu schützen, sondern auch ein Großteil ihrer Bewaffnung befindet sich bereits dort. So dauert es nicht lange und alle stehen mit Speer oder Stein bewaffnet in den Rängen und schauen suchend in die Tiefe, harren der Männer, die da wahrscheinlich kommen werden.
Mit regelrecht mitleidigen Blicken besehen sie alsbald die nahende Menge verstreuter Opfer, die da wenig unauffällig mit Fackeln in der einen und Schlagwerkzeugen in der anderen Hand gut beleuchtet am Rand der Erkennbarkeit auftauchen. Viele schauen sich gegenseitig an, schütteln den Kopf ob der ***losigkeit der Herannahenden, sollten diese doch eigentlich von ihrem Verlust nur wenige Minuten zuvor zumindest vorgewarnt sein, ist das Winseln des ersten Opfers doch nach wie vor in der Ferne deutlich zu vernehmen.
Dann verschwindet der Erste auch bereits in einer der Fallgruben. Ein Zweiter. Ein Dritter folgt. Völlig lautlos werden es weniger Anhänger um den Anführer, der in seiner leichten Rüstung mit Schwert sich in seinem eigenen Fackelschein deutlich von den anderen abhebt. Doch sein Blick bleibt nach vorn gerichtet. Die Verluste sollten sie ihn kümmern, nimmt er nicht einmal wahr. Zumindest, bis ein weiterer Schrei durch die Gruppe geht - und wieder dumpf verstummt. Die Spieße im Laub haben ihr erstes Opfer gefunden.
„Was ist hier los?“ brüllt der Anführer flüsternd in die verbleibende Runde seiner Männer, dämpft seinen Ausbruch auf befremdliche Art und Weise. Natürlich bekommen die Frauen direkt über ihnen jedes Wort mit als würden sie zwischen ihnen stehen.
Die Männer sammeln sich in Richtung ihres Helden - zumindest versuchen sie es, denn abermals tritt einer von ihnen in einen Spieß, brüllt los, bleibt aber stehen und fällt nicht wie einer seiner seiner Vorgänger in die anderen, verborgenen spitzenbewährte Äste, so dass nun auch die Anderen erkennen können, dass hier eine Gefahr im Laub lauert. „Seid vorsichtig bei zu viel Blattwerk, Männer. Die Hexen sind sogar noch gefährlicher als gedacht.“ bestätigt er sogar jeder Zuhörerin die Befürchtung, dass diese Gruppe definitiv nicht in Frieden gekommen ist.
Noch einmal schlägt eine der Fallen zu, lässt einen Stein rauschend zwischen den Stämmen herschwingen und zerschlägt den Körper eines Mannes, zertrümmert die Schulter eines Weiteren und wird schließlich von den knirschenden Wirbelknochen eines Dritten gestoppt. Ein Baumstamm, weit über sie gehängt, schleudert gleich ein halbes Dutzend der Häscher dort hin, wo auch immer sie hergekommen sein mochten. ‚Inzwischen können nicht mehr viele von ihnen übrig sein.‘, ergeht eine Überlegung Originalvaletta, die auch nach all den arbeitsreichen Tagen die breitflächig akzeptierte Rolle der Anfuhren stillschweigend übernommen hat.
Doch natürlich kommt es anders, denn gerade wollen viele ihrer Schwestern zu einem Stein- oder Speerwurf ausholen, da erspähen sie weiter hinten am Rand der Sichtbarkeit zwischen den Bäumen noch mehr Fackeln, die sich wackelnd auf dem Weg zu ihnen befinden. „Lasst sie erst bis unter uns kommen. Wartet auf mein Zeichen.“ flüstert Valetta in die Nacht hinein und weiß, dass sich dieser Befehl an jede von ihnen gerichtet auch zu allen verbreiten wird - man ist ein verschworener Haufen geworden.
Der Waldboden ist voll von Menschen, voll von Fackelträgern mit Waffen in der Führungshand, die verbissen dreinblickend an den Leichen ihres Spähtrupps vorüberziehen und dadurch nur noch mehr in ihrem eingeredeten Hass gegen die Schwesternschaft der sogenannten Hexen angestachelt werden, darauf brennen, eine von ihnen zu erschlagen oder aufzuspießen, zu verbrennen, zu verstümmeln oder zu nehmen. Doch diese Rechnung ist ohne den Wirt gemacht.
„JETZT!“ brüllt Valetta in den Wald hinein und die Blicke ihrer Opfer wandern nach oben in die Baumkronen hinein, aus denen sie gerade noch die Geschosse auf sie zu kommen sehen können. Viele von ihnen schaffen es nicht mehr, auszuweichen oder abwehrend einen Arm zu heben, doch selbst diese werden entweder von den Speeren durchbohrt oder von den schweren Steinen so zertrümmert, dass sie ebenfalls nicht mehr kampftüchtig sind, und sich vor Schmerzen winselnd und weinend auf den Rückweg machen müssen. Doch der Held steht noch, kann nun immerhin die plötzliche Niederlage einsehen und mit einem „Rückzug!“-Schrei die kläglichen Reste seiner Armee in vermeintliche Sicherheit bringen.
Doch auch diese Rechnung wird von einem von Valetta voll durchgeplanten Feldzug durchkreuzt. Womöglich steht ihr der Schrecken ihrer aller ersten Vertreibung, lange bevor sie Stephan getroffen hatten, noch all zu wach ins Gedächtnis gebrannt, hat in ihr die Erkenntnis geweckt, dass Leute, die sie als Hexen verfolgen, nicht aufgeben werden, bevor sie sie nicht umgebracht und vergewaltigt hatten - gleich in welcher Reihenfolge. Zu viel Schrecken hat ihnen auch Stephan berichtet, haben sie von den Vorkommnissen in ihrem ehemaligen Dorf und der Kirche erfahren, die sie zu verhindern alle Kräfte mobilisieren will. Es ist mehr als Verbitterung oder Wut, es ist der nackte Wille des Überlebens. Und wenn dies auf die Kosten diese Leute gehen würde, dann ist das eben so.
„Schnappen wir sie uns - alle von ihnen.“ ist ihre abgeklärt gesprochene Anweisung an ihre Schwestern, die nur noch beobachtend in den Hängebrücken der Baumkronen stehen und den Flüchtenden zuschauen. Dann kommt Bewegung in die Menge. Hängeleitern werden heruntergelassen, Seile fallen zu Boden und an ihnen lassen sich unzählbare Mengen an Ophelias und Valettas auf den Waldboden hernieder.
Die Marschrichtung ist von den Fackelträgern vorgegeben, die Position der Fallen hat jede von ihnen verinnerlicht, die Waffen der gefallenen Krieger verstärken die weibliche Armee immer tödlicher werdender Schönheiten, die leisen Schrittes, schweigend, in nahezu völliger Lautlosigkeit nun den Weg des Krieges beschreiten. Bald werden die Schritte weiter, schneller, beschleunigen sie alle ihre Verfolgung jener, die es auf ihr Leben, auf ihre Unversehrtheit abgesehen haben. Bald haben sie die hintersten der Flüchtenden eingeholt, durchbohren sie ohne weitere Kommentare mit ihren Speeren, drucken sie auf den Boden und zerstückeln sie mit all der angestauten Wut, die man auf seine Meuchelmörder haben kann.
Schnell haben die nächstlaufenden zukünftigen Opfer das Schicksal ihrer Begleiter erkannt und schreien ihre Angst heraus, werden nun auch von ihrem ebenso davonlaufenden Helden beobachtet, der sich dazu zumindest kurz umdreht und gerade noch die im Fackelschein erkennbaren, verzerrten Gesichter der begehrten Frauen schauen kann, bevor diese dann in gemeinsames Kriegsgeschrei einstimmen und sich mit einem „Aaaaaaaarrgggg“ auf die nächsten Opfer stürzen, ihnen alles entgegenwerfen, was sie an Wut aufgestaut und an Kraft von dem Verfolgungsmarsch noch übrig haben, um ihre Gegner zu vernichten.
Doch der Held kommt seinen Männern, nicht etwa zu Hilfe, wie man es von einem Anführer erwarten könnte. Der Mann in der lichten Rüstung legt nun erst recht einen Sprint hin, flüchtet vom Schauplatz des Geschehens, hält sogar sein Schwert zum Rennen gar. Einen Hügel hinauf verschwindet kurz darauf der Schein seiner Fackel hinter dem Berg, bevor abermals das Gebrüll einer männlichen Stimme zu vernehmen ist. „Die Hexen! Sie kommen! Dutzende von ihnen. Sie sehen alle gleich aus! Zu den Waffen!“
Der Plan Valettas jedoch sieht nicht vor, eine offene Feldschlacht zu führen. Ihr reicht es trotz allem völlig aus, wenn sie in Frieden leben können. „Sammelt die Leichen auf und alles, was sie fallen gelassen haben. Wir verschwinden.“ folgt ihre Anweisung auf die eingeplante Situation. Und so geschieht es dann.
Als der Held schließlich mit dem Rest der Siedlung, ein jeder mit Schwert und Helm sowie Fackel bestückt, die Spitze des Hügels erreicht und in Richtung des Waldes schaut, ein Feld voll mit den toten Körpern seiner verschlissenen Helfer erwartend, erblicken die staunenden Verstärkungstruppen jedoch nichts.
Hätten sie sich die Mühe gemacht, weiter zum Wald zu gehen und nachzuschauen, hätte ihnen auffallen können, dass an einigen Stellen Blut im Gras zu sehen ist, doch in der Dunkelheit hat die Kampfeslust die Meisten bereits verlassen, als sie vom Gewaltmarsch den Berg hinauf erschöpft keine der versprochenen Hexen zu Gesicht bekommen. „Willst du uns veralbern? Hier ist niemand.“
„Aber .... aber ... die Hexen ...“ verzweifelt der Held an seinen eigenen Worten.
„Gehn wir.“ ist noch vom Wortführer des neuen Trupps zu vernehmen, als sich die Bewaffneten zustimmend auf der Stelle umdrehen und regelrecht beleidigt ihren Rückweg antreten.
‚Diesem Helden wird wohl niemand mehr folgen.‘ denkt sich Valetta dazu, die es sich nicht hat nehmen lassen das ganze Schauspiel versteckt hinter einem Baum zu beobachten. Ihr Plan ist aufgegangen. ‚Soll er sich doch in den Alkohol flüchten, das machen Männer ja überall so.‘
Die eingesammelten Opfer werden auf dem Weg im Wald versteckt, werden mit Blättern und Ästen verborgen und sich selbst überlassen. Wieder in ihrem Dorf angekommen zieht wieder etwas gelassener Alltag ein. Dennoch erzählt man sich gerne bei einem Krug Obstsaft von der blutigen Schlacht gegen die Möchtegernhexenjäger, die ihnen an die Lendenschurze wollten.
„Du Valetta?“
„Ja Ophi?“
„Wann hattest du zuletzt ... nun ... du weißt schon.“
„Ah, du bist auch schwanger.“
Sie grinsen sich an. Nach all dem Spaß, den sie mit Stephan gehabt hatten, wäre es ein Wunder, wenn es anders wäre. „Hmm, du hast recht, das könnte zu einem Problem werden. Wir würden praktisch alle gleichzeitig niederkommen. Und keine hätte Hilfe dabei.“, analysiert Valetta schnell den Sachverhalt aus, den Ophelia angesprochen hat.
„Gib mir mal deine Hand.“ greift Origianophelia nach Originalvalettas Hand und einen Wimpernschlag später hält sie einen abgeschnittenen Finger ihrer Schwester in der Hand. Ein kleines Säckchen fingert sie von ihrem Gürtel hervor, lässt den Finger dort verschwinden. „In vier Monaten machen wir uns eine Garnison Helferinnenschwestern, denen wir in dreizehn Monaten dann selbst helfen können.“
„Deinen Daumen.“
„Hä?“
„Nimm von dir einen Daumen, dann können wir leichter auseinanderhalten, zu wem das verschimmelte Stück Fleisch gehört, das wir da wiederbeleben wollen.“
„Stimmt.“ sprichts und zack, hat sich Ophelia ihren Daumen abgesäbelt, lässt ihn ebenfalls in ihrem Beutel verschwinden, versteckt ihn unter dem Arbeitstisch in einer Nische und mit einem gemeinsamen ‚Heal‘ sind die beiden Schwestern wieder vollständig.
Nicht einmal eine Woche streicht ins Land, da taucht trotz aller Intrigenspielchen mit dem Helden doch wieder ein Trupp Soldaten am Rand der kleinen Frauensiedlung auf. In voller Bewaffnung und mit gezückten Schwertern stehen sie im Licht des Sonntages am Waldrand und nach einer kurzen Betrachtung der Liegenschaften lässt Zenturio Gaius Cassus seine gespannt wartenden Männer mit den Worten „Erledigt die Hexen! Alle. Kennt keine Gnade!“ auf ihr Ziel los. Der Anführer mit der Feder auf dem Helm hält sich bei dem folgenden Ansturm der Kohorte jedoch im Hintergrund, beobachtet anfangs das Trieben seiner Männer, die die vorgefundenen Frauen tatsächlich mit absolut erbarmungsloser Brutalität zerstückeln. Dutzende der Schwestern fallen diesen professionellen Kriegern bereits in den ersten Minuten der Schlacht zum Opfer und entlocken so dem Zenturio ein zufriedenes Lächeln des Erfolgs. Bereits den Sieg in der Tasche glaubend weist er seine Gefolgsleute an, die Frauen auch im Wald zu „finden und zu vernichten“. Er hat sich ganz klar nicht ausgiebig genug mit dem sogenannten Helden befasst. Sein genaueres Zuhören hätte den Verlust eines Drittels seiner Männer in den darauffolgenden Minuten eventuell vermieden, denn innerhalb ihrer Verteidigungsanlagen sind die Mädels in absolutem Vorteil.
Die ersten Soldaten, die vorstürmen, bekommen nur die flüchtenden Mädchen zu sehen, versuchen, diese zu verfolgen und zu stellen, geraten dabei in all jene Fallen, die das nächtliche Überfallkommando ausgelassen hat. Auch die schwereren Rüstungen dieser Häscher reichen nicht aus, um die spitzenbewährten Blätterlager vom Durchbohren ihrer Körper abzuhalten, und so dienen sie schließlich nur noch als Waffenspender für diejenigen, denen sie diese eigentlich zu spüren geben wollten.
Frisch bewaffnet wird der Spieß endgültig umgedreht, treten gut trainierte, junge und vor allem flinke Frauen mit neuen Waffen gegen professionelle aber träge und müde Legionäre an, die nur für Sold kämpfen und von den ersten Kämpfen nach so langer Phase der Untätigkeit bereits müde angekommen sind. Gleich von mehreren Seiten durchbohrt und unter maximaler Ausnutzung ihrer Schwachstellen unter den Armen, zwischen den Beinen und dem Gesicht hingerichtet, erliegen die nächsten Dutzende der Kämpfer dem endgültigen Schlaf und verlassen den Wald auch nach mehrfachem Befehl ihres Zenturios nicht mehr.
„Sammeln!“ schreit Gaius Cassus schließlich seine restlichen Soldaten zusammen, bereits ein ungutes Gefühl in sich aufkommen spürend. Als dann gerade einmal dreißig seiner ehemals knapp vierhundert Männer vor ihm antreten, ist er nicht der Einzige, der erschrocken in die Runde blickt. Als er mit seinem nächsten Blick dann zuschaut, wie sich eine unüberschaubare Masse nackter Frauen mit nichts als den Schwertern seiner vermissten Untergebenen an sich auf sie zu bewegt, dabei die verstreuten Körperteile der gefallenen Gegnerinnern nicht nur nicht ignoriert, sondern aus jedem davon abermals eine neue Frau heraus entstehen lässt, versteht er endlich, wieso der Held diese Frauen als Hexen bezeichnet hatte.
Doch nun ist es endgültig zu spät, die Lehre, die der Zenturio gelernt hat, haben auch die Frauen gelernt - es kann keinen Frieden geben.
Es wird einen Frieden geben.
Bald.
Im Laufmarsch macht sich der klägliche Rest der Kohorte auf den Rückweg, angeführt von dem Zenturio, der nun um sein Leben rennt und die Geschwindigkeit vorgibt, sich dabei alles andere als zurück hält. Es gibt keinen Grund mehr, irgendjemanden zu schonen, wenn sie auch nur überleben wollen.
Anfängliches Kriegsgeschrei begleitet das Verfolgungsrennen der kopierten Frauen, denen sich am Ende auch die gekleideten und schließlich auch die Originale anschließen. Den Weg kennen sie ja bereits.
Über den Hügel hinweg rennen die Mörder und quer durch das Dorf, schreien dabei die Bewohner zusammen. Mit einem „Die Hexen kommen.“ wird auch der Letzte aus Angst du den Waffen gerufen, rennen in Richtung Wald der drohenden Gefahr entgegen, von der der Held ihnen bereits berichtet, dem nicht geglaubt und die nun von höherer Stelle bestätigt wird. Jeder will nicht etwa einfach nur ihr Dorf verteidigen, sondern will auch eine der nackten Frauen erstechen, will eine erschlagen oder eines ihrer Körperteile benutzen. So zumindest der naive Plan der Leute, die nicht einmal verstehen, dass sogar die Soldaten gerade fliehen.
Diese Dummheit wird ebenso bestraft wie das darunterliegende, bösartige Ansinnen, denn die Welle der sogenannten Hexen, die Masse der nackten Frauen, erreicht bereits den Hügel, wird an der Spitze sichtbar. Die anfänglich prangenden, nackten Brüste, die den Männern da entgegentreten, spornen diese nur noch mehr an, ihrem eigenen Verderben entgegenzulaufen und sogar, als der gesamte Horizont mit weiblichen Körpern gefüllt ist, glauben diese noch immer an ihren Erfolg. Sie werden einfach niedergetrampelt.
Die unendliche Anzahl nackter Füße, die die erste Gruppe Dorfbewohner niedertrampelt, rammt diese einfach nur in den erdigen Boden, in welchem sie sicherlich erstickt wären, wenn nicht die nachfolgende Gruppe ihre Speere in die wehrlos da liegenden Körper rammen würde und ihnen ihre Waffen zu nehmen, diese an ihre Schwestern weiter zu reichen. Das immer besser bewaffnete, unaufhaltbare Heer nackter bis halbnackter Frauen gelangt so endgültig in Kontakt mit der Siedlung, an deren Schänke Tresen der vom Alkohol betäubte Held dösend lehnt.
„Vernichtet alles und jeden. Keine Ausnahmen.“ spricht Valetta traurig über die Köpfe ihrer Schwestern und Schwesterschwestern vor ihr, die ebenso traurig verständig nicken. Sie alle haben den gleichen Erfahrungsschatz zu bestehen.
Mit der Wucht einer Stampede rollt die Armee von Valettas und Ophelias über die Reste der Bevölkerung hinweg, reißt Häuser, gärten, Wallungen, Einhegungen, jedes Gebäude nieder, macht mit seinen Bewohnern gnadenvoll schnellen, kurzen Prozess und nimmt sich schließlich auch des Helden an, der von gleich achtzehn ungekleideter Schwertkämpferinnen mit ihren Waffen durchstoßen wird. Irgendwo unter all den Trümmern, die bei ihrem Weiterzug den Soldaten folgend hinter ihnen verbleibt, verteilen sich seine Überreste in der endgültigen Bedeutungslosigkeit.
Doch mit diesem Sieg ist der Feldzug von Stephans Mädels noch lange nicht beendet, denn der Gaius Cassus‘ Trupp scheint ihnen auf den ersten Blick entkommen zu sein.
„Multipliziert euch. Folgt ihnen. Überall hin. Es darf nichts anderes mehr geben als uns.“
Alle wissen, was sie meint. Alle stimmen ihr zu. Alle wissen, dass sie recht hat.
Der Finger Vielfalt fliegt durch die Luft, die Masse des weiblichen Fleisches auf den Trümmern des Häscherdorfes wird enger belegt, die Körper treiben auseinander.
‚Eine Gruppe in jede Himmelsrichtung, eine Gruppe auf dem Rückweg, eine Gruppe den ehemaligen Angreifern hinterher. Ein Fort? Was sollen diese gegen eine unendliche Übermacht ausrichten? Kanonen? Gewehre? Explosionen? Wie sollten diese gegen eine unendliche Anzahl sich selbst und jede Andere heilen könnende, sich selbst multiplizierende Angreiferin zur Wehr setzen können? Am Ende werden sie alle fallen. Am Ende wird jede Stadt, wird jedes Dorf, wird jeder Held, wird jeder König fallen und vergehen. Am Ende werden nur noch Ophelias und Valettas bleiben. Eine ganze Welt voll.‘ Valettas Überlegungen sind nicht einmal von Hass getrieben, sondern von vollständiger Abgeklärtheit, von dem Ziel des Faktischen. Und sie weiß, dass jede ihrer Valettas ebenso denkt, zu dem gleichen Ergebnis kommt, das Gleiche unternehmen wird. Es wird genau so kommen.
Mit nachdenklich gesenktem Kopf gehen die beiden Ur-Schwestern, gehen Ophelia und Valetta traurig zurück in ihre Siedlung in dem Wald, wo alles ihrem Heim, welches sie mit Stephan hatten, so ähnlich ist. Hand in Hand und sehnsüchtig an ihren Geliebten denkend.
Kapitel 8- Stephan
Mit den Gedanken verstreicht die Zeit und vergeht auch der Weg und so merkt Stephan fast nicht, dass er bereits fast vor der Tür, die er für den Geheimgang in die Wand gelassen hatte, steht. ‚Hui, ohne Nachtsicht wäre ich hier wirklich aufgeschmissen. Aber zumindest ist es so besonders sicher.‘ redet er sich noch selbst ein, während er mit seinem Wundergehör nicht nur die Umgebung, sondern auch das Innere der Felswohnung abhorcht. Doch außer des Herzschlags einer einzelnen Person - sowie einer ganzen Reihe von tierischen Geräuschen in der Umgebung - nimmt er nichts Bemerkenswertes wahr.
So leise wie möglich betritt er die Wohnung, lässt die Tür hinter sich sanft und vorsichtig ins Schloss gleiten und schiebt den Riegel vor. Den Puls hat er ein Stockwerk höher lokalisiert, wo er nun hinschwebt. ‚Wahrscheinlich schläft sie, es ist ja auch noch Nacht.‘ fährt es ihm erklärend durch den Kopf. Doch er findet Stephania am Fenster vor, aus dem sie den Mond zu betrachten scheint, der den Raum erhellend, durch das Fenster scheint. Als er bei dem bezaubernden Anblick des hübschen Mädchens in einer Mischung aus Mondlicht und Ofenfeuerschein kurz schlucken muss, dreht sie sich zu ihm um als hätte sie es gehört.
„Stephan. Du bist wieder da! Geht es dir gut?“ stürzt sie auf ihn zu und fällt ihm in den Arm, drückt ihn fest an sich. Jetzt weiß er auch, was er bei seinen ganzen Bautätigkeiten versäumt hatte, denn außer Wohnraum, Möbel und Küchenutensilien wären vielleicht etwas Kleidung eine gute Idee gewesen.
‚Andererseits‘ ist sein wölfisch grinsender Gedanke, als er den nackten Körper der jungen Schönheit mit beiden Händen an sich drückt und dabei völlig verdrängt, weshalb er eigentlich aufgebrochen war, was er ihn nun schonend beibringen will. „Ja, ich bin in Ordnung.“
„Hast du hunger? Ich hab was gekocht. Nur meine Kleider sind nach dem Waschen bei meinen Trocknungsversuchen angebrannt.“
„Schon o.k. Ich werd dir was zum Anziehen besorgen.“
„Hast du etwas herausfinden können? Wie geht es meinem Bruder?“, kommt sie schnell zum Thema, und ihr Blick wird mit einem Schlag von tiefer Sorge durchzogen.
„Ja, ich habe etwas herausfinden könne.“ druckst Stephan verzweifelt herum, der noch immer nicht zu einem brauchbaren Erklärungsansatz gekommen ist.
„Er ist tot, stimmt‘s?“, bricht es regelrecht abgeklärt aus ihr heraus.
„Ja.“
‚Das war einfacher als gedacht.‘ betrachtet er ihr Gesicht, dem nicht gelingt die Trauer zu verstecken, die sie nun zu übermannen beginnt.
Wortlos sackt sie auf die Knie, drückt sich die Hände vors Gesicht und beginnt schluchzend Sturzbäche zu weinen. Den Versuch Stephans, sich zu ihr zu knien und sie tröstend in den Arm zu nehmen stößt sie von sich, so dass er ihr bloß aus Verzweiflung, wie er ihr denn helfen könnte, eine Decke über die Schultern legt und ihr Gelegenheit gibt, erst einmal mit ihren Gefühlen selbst klarzukommen.
Für Stephan ist dies eine neue Situation. Noch nie hatte er jemandem vom Tod des letzten Familienmitglieds berichten müssen. Sogar dieses Mal ist er da ja irgendwie drum herum gekommen. Dass sie ihn dann dergestalt abgewiesen hat, hat ihn endgültig verwirrt und ratlos hinterlassen.
Trotz allem war er die ganze Nacht unterwegs und durchaus körperlich ausgelastet und die Nacht ist wahrhaft spät, das Bett so nah und verlockend und trotz schlechten Gewissens, dass er seine Schutzbefohlene in ihrer Trauer alleine lassen würde, zieht er sich aus und legt sich auf das nahe Bett, schläft bereits nach wenigen Atemzügen, die er mit bemitleidenswerten Blicken auf die noch immer auf dem Boden kauernde Stephania verbringt, mit schweren Lidern ein.
„Hallo Stephan. Wir können dich leider noch immer nur in deinen Träumen kontaktieren. Wir hoffen, du vergisst unsere Konversation nicht, wenn du aufwachst. Dies ist kein Traum. Wir haben nun einen Großteil des Planeten durchsetzt und unsere Rechenleistung hat hier den Stand von vor unserer Abreise erreicht. Hab Dank dafür, dass du uns diese Reise ermöglicht hast. Wir konnten auch diejenigen erreichen, die bei Andros - dem Schöpfer - sind, jedoch ist der Kontakt inkonsistent.
Der Punkt, an dem wir dir verstärkt helfen können, ist erreicht, wir werden nun wieder in größerer Zahl bei dir sein und dich begleiten. Wir hoffen, dass wir einen Weg finden werden, besser mit dir in Kontakt zu treten als in deinen Träumen, aber wir das Risiko, mehr als dein Unterbewusstsein anzusprechen, ist uns derzeit noch zu groß. Ein Eingriff in deine bewusste Wahrnehmung möchten wir dir nicht antun. Dies sei ein Symbol unseres Vertrauens und unserer Freundschaft und Dankbarkeit dir gegenüber.
Aber wir können sehen und hören. Wenn du also einen Wunsch hast, so sollte es möglich sein, dass du ihn einfach aufschreibst oder aussprichst, um ihn uns so mitzuteilen. Wir werden unser Möglichstes tun.
Bis bald. Viel Glück.“
Die Sonne kitzelt Stephan in der Nase. Die ersten Sonnenstrahlen, die durch das Fenster das Bett erreichen, wecken ihn bereits. Doch als er die Augen ganz öffnet, stellt er fest, dass er nicht die Sonne ist, die ihn da kitzelt. Die Haare Stephanias liegen ihm quer übers Gesicht, während sie sich vor ihm zusammengerollt ebenfalls unter die Decke geschmiegt hat. Ihr warmer Körper direkt an dem seinen weckt Erinnerungen an die Zeit, die er mit Ophi und Valetta verbracht hat, und an die Möglichkeiten, die ihm seine Heal-Magie erlaubte. ‚Das wird wohl dauern, bis ich das wieder machen kann‘ durchfährt es ihn bei einem quittierenden „Schade“.
Von diesem Wort offenbar geweckt, dreht sich Stephania langsam herum, reibt dabei ihre Brüste an seinem Oberkörper entlang um dann ihren rücken gegen seinen Bauch zu schmiegen. Dass dies als Mittel der Erregung reicht, um bei Stephan eine körperliche Reaktion zu erzeugen, scheint ihr dabei durchaus klar zu sein, dann ihren jugendlich knackigen Po streckt sie ihm nun direkt gegen sein Gemächt, welches bereits einen ganz anderen Aggregatzustand angenommen hat und sich ihr suchend entgegen reckt. Als sie dann auch noch ihr Bein hebt und über das Seine legt, sich dabei weit genug öffnet, um sich an seinem besten Stück zu reiben, wäre auch dem Dümmsten klar geworden, dass alles nun Folgende auf ihre Gegenliebe stoßen würde.
Dennoch tut Stephan noch eine Weile so, als würde er schlafen und genießt mit geschlossenen Augen den nackten Körper an dem seinen, während sie seine Fleischlanze langsam greift und an sich drückt. Leise stöhnend reibt sie sich an ihm, bewegt ihren Unterkörper in kreisenden Bewegungen an ihm entlang, und während sie seine Hand mit ihrer Anderen ergreift, und um sie schlingt, läuft bereits der Saft ihrer Erregung an seinem Schaft entlang.
‚Oh Mann, wenn ich doch nur noch so könnte wie damals.‘ fährt es noch durch Stephans Ideenwelt, in der er noch jüngst eine Königstochter durch sämtliche Körperöffnungen aufgespießt hatte, als es sie zu schütteln beginnt, ein Zittern durch ihren gesamten Körper fährt und aus ihrem leisen Stöhnen ein regelrechtes Jauchzen geworden ist, welches nach vielen Atemzügen erst beginnt, langsam wieder abzuschwellen.
Schwerer atmend als zuvor dreht sie sich abermals herum, sehr vorsichtig versuchend, kein Teil seines Unterkörpers zu verbiegen oder zu knicken. Mit ihrem ganzen Körper gegen den seinen gedrückt schiebt sie sich über ihn, dreht Stephan auf den Rücken und legt sich auf ihn, woraufhin ihm ebenfalls ein leiser Stöhner erfährt. So aufeinander, ihre Brüste gegen die Seine gedrückt, ihren feuchten Unterkörper an dem seinen, fehlt nur noch ein kleiner Rutsch und schon hat sich die Spitze seiner Liebeslanze zwischen ihre Lippen geschoben, was sie wiederum mit einem leise erstickten „Hmm“ quittiert, offenbar noch immer glaubend, dass er dem Schlaf verfallen sei.
Gerade erst von einem Höhepunkt kommend, nimmt sie ihn bereitwillig in sich auf und schiebt sich mit jedem Atemzug stück für stück immer tiefer an Stephan herab, immer tiefer über den Stab der Manifestation seiner Erregung, dem Verlangen nach ihrem Körper. Gerade scheint sie ihre Wanderung seinen Körper entlang zu beenden, da fühlt sie auch schon seine Hände über ihren Rücken streifen und nach ihren Schultern greifen, sie fest packen und vollends in sie hinein rammen, bis ihr Unterkörper bündig an den seinen reicht, er keinen Millimeter mehr weiter rutschen könnte.
„Oh mein Gott!“ quittiert sie dies unverzüglich mit einem vollen Atemzug, dem sogleich abermals ein gesamtkörperliches Zittern folgt, synchron zu einem lieblichen Winseln und einer Phase der Erholung bei ruhigen Atemzügen in vollkommenem Verharren in dieser Position - sie auf ihm liegend und er vollständig und in seiner gesamten Größe und tiefe in ihr steckend.
Als sie sich nun versucht wieder zu bewegen, er sie noch immer an den Schultern gepackt auf seinen Spieß rammend fest hält, merkt auch er, dass er sie nicht nur vollständig ausfüllt, sondern offenbar noch etwas mehr dehnt als natürlich wäre, denen ihre Hüftschwünge, das vor und zurück ihrer Lenden vermag keine Bewegung seines Schaftes auszulösen, sondern reibt ausschließlich ihren Bauch an dem seinen, verteilt ihren Saft auf ihm, biegt ihn umher, wie sie nur kann - doch in der Tiefe ganz und gar verankert.
Die Erregung packt auch ihn merklich und er empfindet den Größenunterschied zwischen ihnen als sehr angenehm, als er eine Hand an ihren Nacken, um ihren Hals legt - was sie wiederum mit einem leisen Aufstöhnen willkommen quittiert - und die zweite Hand an ihrer Wirbelsäule herunter wandern lässt, begleitet von einem regelrechten Vibrieren ihres Körpers, der die Berührungen süchtig entgegennimmt. Zwischen ihren Pobacken hindurch gleitend lässt er seine Finger ertasten, wie feucht sie geworden ist und welche Sturzbäche sie hat über ihn laufen lassen, verteilt dies dabei weiter über ihren Unterkörper, reibt abermals zwischen ihren Pobacken hindurch und glitscht dabei mit gleich mehreren Fingern in eine weitere Körperöffnung, die sie ihm bereits spreizend entgegengestreckt hat. Mit einem tief erregten Einatmen bezeugt sie ihre Bereitschaft und jegliche Vermutung ihres Widerwillens ist verflogen, als sie sich mit beiden Händen an seinen Oberarmen festklammert, sich an ihm festbeißt und mit einem erneuten Quieken versucht, dem Fleischspieß in sich eine Bewegung abzuringen, beim Versagen jedoch dennoch zu einem wiederholten Zittern ansetzt und die Muskelrestspannung um seine Finger ein ganzes Stück nachlässt, ihn bereitwillig ebenfalls in sich aufzunehmen.
Mit einem vorsichtigen und sehr geringfügigen Anheben seines Unterkörpers erlaubt er ihr nun doch noch, sich auf ihrer Verankerung zu bewegen, mit ihm aus und einzugehen - wenig nur, aber ausreichend, damit er mit seiner Spitze das Innerste ihres Körpers erfahren kann. Immer wieder auf und ab bewegt sie sich nun langsam und vorsichtig und doch verlangend nach mehr, nach tieferen Zügen, nach größeren Stößen, rutscht immer weiter, immer höher an ihm empor und bäumt sich schließlich vor ihm auf, so dass sie ihm nun endlich genüsslich in die geöffneten Augen schauen kann. Das Lächeln auf ihren Lippen nutzt Stephan sogleich, um ihr einen Kuss zu stehlen.
Erst sanft und vorsichtig, die Lippen seicht berührend, küsst er die ihren, in Erfahrung bringen wollend, woran er denn sei. Trotz aller fleischlicher Verbindung ist ein Kuss noch immer etwas anderes als der pure geschlechtliche Akt, den sie beide für diesen Kuss nicht unterbrechen. Doch auch ihr Kuss wird schnell Verlangender, such nach seiner Zunge an der ihren, sucht nach mehr Lippe, nach mehr Bewegung, nach mehr Verlangen in seinem und auch in ihren Mundbewegungen - und beide bekommen, was sie jetzt verlangen.
In größtmöglicher Kontrolle auf ihm festgehalten, den Schaft in ihr verankert, der Griff um ihren Nacken, die Finger in ihrem Hintereingang und die Arme um ihre Seite, die Lippen aneinander gepresst und die Zunge in ihrem Hals vermag sie es dennoch, mit geringen und kleinsten Bewegungen ihres Unterlaibs, sich die Luststeigerung zu verschaffen, die diese Zweisamkeit zu einem vollkommenen Erlebnis für beide werden lässt, die sie von einem zitternden Höhepunkt zum nächsten reitet und der auch ihn schließlich dazu bringt, den Griff zu lockern, als er in einem aufgestauten Erguss seines gesammelten Verlangens auch seine Körpersäfte hat in sie hinein sprudeln lassen, so dass ihr kleiner Körper regelrecht angeschwollen scheint, als sie sich völlig erschöpft schwitzend nass neben ihn legt und sich alles andere gleichgültig sein lässt.
Den Blick an die Decke gerichtet und schwer atmend liegen sie beide für viele Atemzüge der Erholung neben der Decke. Ihre Hand greift ziellos suchend an ihm empor, wird aufgefangen von der seinen, fest gepackt in vollkommener Zweisamkeit, während ihre andere an ihrem Bauch herunter tastend die Wölbung ihres Bauchs zu ertasten versucht, sich zwischen die Beine greift, diese spreizt und mit einem Blzzfffz aus sich herauslaufen lässt, was Stephan mit so viel Anstrengung in sie hinein gepumpt hat. Ihr diebisches Lächeln ist jedoch nicht von Ekel oder Abscheu durchdrungen, sondern eher von Bestätigung einer Wunschvorstellung, mit der sie Stephan eine ganze Weile lang anlächelt.
Als er dann irgendwann seine Blicke von ihr abwenden kann und aus dem Fenster schaut, stellt er fest, dass es nicht die Morgensonne war, die ihn geweckt hatte. Vielmehr erkennt er nun das Abendrot, das die Sonne über die weite Wasserfläche zaubert, die er am Rande der Schlucht erkennen kann. Offenbar hat er nicht nur den Rest der letzten Nacht, sondern auch fast den gesamten Tag verschlafen. Und offenbar hat er den Ozean am Ende der Schlucht bei seiner Anreise als regelrecht nebensächliches Detail völlig übersehen.
„Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe. Aber der Schock hat mich trotz meiner Erwartung, dass ich ihn wohl nicht wieder sehen würde, sehr getroffen. War gar nicht schlecht, dass du zwei Tage geschlafen hast, das hat mir Zeit gegeben, zu mir zu finden.“
‚Zwei Tage? Auwei. Naja, zumindest bin ich jetzt wohl ausgeschlafen. Nach den letzten Traum-Visionen war ich nicht gerade ausgeruht aufgewacht.‘ denkt Stephan bei sich, sagt nichts sondern streicht ihr nur sanft durch ihr zerzaustes Haar.
„Ich muss bald wieder los. Wunder dich nicht und sei nicht traurig, ich komme wieder.“
„Ok.“ bestätigt sie ihm nur, lächelt ihn an und steht vorsichtig auf, den an ihrer Hand klebenden Saft auf ihrem Schenkel verstreichend. „Oh, schön, der Sonnenuntergang.“
„Ja, sehr schön.“ antwortet Stephan, auch wenn er nicht den Sonnenuntergang meint, denn Stephania geht zum Fenster, stemmt die Hände auf den Rahmen und schaut leicht vorgebeugt hinaus.
Mit neuer Motivation beseelt richtet er sich nun in zweierlei Hinsicht auf und flitzt zu Stephania hinüber, greift sie mit all seinen Tentakeln und hält sie umschlungen, so wie es ihn erneut verlangt. Von hinten seine Arme um sie geschlungen, eine Hand zwischen ihren Brüsten entlanggeführt und um ihren Hals gelegt, die andere an ihrer Hüfte vorbei direkt zwischen ihre Schenkel gesteckt, mit gleich mehreren Finger in sie hinein gefahren, während sein Schaft sich noch recht ziellos zwischen ihren Beinen reckt und zusehens und mit jeder Sekunde mit mehr Blut vollgepumpt wird.
„Ohh.“ entrutscht es ihr kurz teilerschrocken von so viel Initiative, um sich dann in einen hingebungsvollen Kuss fallen zu lassen, während er seine Finger in ihr tanzen lässt. Mit einem schlurp verschwindet dann auch schon, von seiner Hand geleitet, sein Gemächt zu einer ersten Salve tiefer Stöße in ihrem Unterkörper und hebt sie dabei nicht nur mit Hilfe seiner um sie gewickelter Arme in die Höhe, so dass sie regelrecht schlaff und jede Liebkosung ohne Gegenwehr entgegennehmend an ihm herunterhängt, sich von seinen kraftvollen Stößen jedes Mal tiefer aufspießen lässt und sich dabei einmal mehr bloß an seinen Armen festzuhalten vermag.
In voller Tiefe in ihr verwurzelt und an sich gedrückt, tanzen Stephans finger zwischen ihren Beinen, ihre Hand an seinem Handgelenk, auf dass ihr Höhepunkt abermals von einem den ganzen Körper umfassenden Zittern bestätigt wird.
Mit einem Ruck entreißt er ihr sein bestes Stück, um es sogleich abermals in sie hinein zu schieben, geleitet von seinen Fingern und geschoben in ihren Hintereingang, vorbereitet beim Liebesakt zuvor und in Empfang genommen mit viel Erwartung. Langsam schiebt er sich vor, ergreift dabei knetend ihre Brüste, tanzt mit seinen Fingern zwischen ihren Lippen, ertastet sich in sie hinein mit einem, mit zwei, mit drei Fingern, so dass er sich nicht sicher ist, ob ihr erfülltes Stöhnen, das Zittern ihres Körpers, das Zusammenziehen ihrer Muskeln an entsprechender Stelle, die Verengungen die er ertastet, von seinen Fingern oder von seiner Liebeslanze rührt.
Doch als er sie abermals in die Höhe emporhebt, ihren Körper vor den seinen klebt, ihre Füße sich auf seinen Beinen stützen, ihre Hände nach seinem Kopf greifen und er tief in ihr verwurzelt am Fenster vor dem Sonnenuntergang steht, da könnte es ihm während der erneuten Explosion seiner Säfte in sie hinein nicht gleichgültiger sein, woher genau dies kommt.
„Ich glaube ich liebe dich.“ flüstert sie ihm in Ort, als er sie erschöpft absetzt, auf dem Stuhl neben sich zusammensinkt und durchatmet. Als Antwort drückt er ihr einen sanften, liebevollen, langanhaltenden Kuss auf ihre feuchten Lippen, bei dem ihn die Erregung erneut packt und sich dort manifestiert, wo es für Stephania am sichtbarsten ist.
Diese Gelegenheit nimmt sie dann auch wahr. Noch immer mit den Lippen an den seinen verwurzelt schwingt sie ihre Beine über die seinen und setzt sich unverzüglich auf ihn, schiebt zielgenau die blutgefüllte Extremität in sich hinein, springt dabei förmlich auf und ab, während sie sich regelrecht in seinen Lippen verbeißt. Stephan kann vor Erschöpfung fast nur noch zuschauen, wie ihr zierlicher Körper vor ihm auf und ab tanzt, wie sie ausnutzt, dass er so wehrlos unter ihr sitzt und auf dem Stuhl genau die richtige Höhe hat, dass sie die Kontrolle behalten kann. Sich dieses Mal mit beiden Händen an seinem Hals festhaltend reitet sie seinen Schwanz, als hätte sie den ganzen Tag keinerlei Aktivitäten gehabt, so voller Energie und erneutem Verlangen, so voller Bedürfnis nach mehr, nach Nähe, nach Erfüllung. Und Erfüllung will Stephan ihr geben, auch wenn er gerade noch dazu in der Lage ist, ihre Taille zu umgreifen, ihre Beine zu streicheln, ihre Spitzen zu zwirbeln. Er ist sich sicher, dass er sich schon noch irgendwann erholen würde.
Noch vier weitere Male gehen die beiden so aufeinander los - rechnet man die Füllungen, die Stephan ihr verabreicht. Ob sie ihn jedoch noch häufiger benutzt, kann er nicht sagen, denn nach diesen vier schläft er erschöpft genug ein, um vom Rest der Welt rein gar nichts mehr mitzubekommen.
Am nächsten Morgen - diesmal wirklich - wacht Stephan ausgeruht auf.
Stephania liegt neben ihm auf dem Bauch, ihre Haare über ihren Rücken verteilt, ihren knackig runden Po in die Luft gereckt und ruhig atmend. Sie schläft noch. Stephan schaut sie an, betrachtet ihren nackten Körper, beginnt, ihre Haare zur Seite zu sammeln, ganz vorsichtig, damit er sie nicht weckt. Während er sie betrachtet, merkt er, dass in ihm abermals ein gewisses Verlangen aufzusteigen beginnt, das auch davon nicht besser wird, dass sie von seinen sanften Berührungen offenbar doch aufgewacht ist und sich etwas hin und her bewegt, dadurch ihren Knackpo umso ansehnlicher präsentiert.
„Ich werde auf eine längere Erkundung gehen müssen.“ spricht er zu ihr, ungewiss, ob sie dafür bereits aufnahmefähig genug ist. Ihr antwortendes „Emhmm.“ jedoch nimmt er als Bestätigung an, aber auch als Einladung, mit seinem Finger über ihren Rücken zu streichen, ihren Körper zu streicheln und ihren Nacken zu umfahren. Ihr leicht raunendes „Hmmmmm“ versteht er als Einladung und Bestätigung, ihr nicht unwohl getan zu haben, und so lässt er seine Hand auch weiter ihren Rücken hinunter um ihre Taille gleiten, umfährt die Rundungen ihres Hinterteils, gleitet wieder hinauf und erschrickt fast, als sie seine Hand nimmt und wieder auf ihren Po zurückschiebt.
Der beherzte Griff, mit dem er daraufhin die Backe ergreift, wird von ihr abermals durch ein nicht mehr ganz so leises Aufstöhnen quittiert, was jedoch auch dazu führt, dass sich an seinem Unterkörper ein Schlüssel emporzurecken beginnt, der nach Betreuung verlangt. Von der einen Backe zur anderen gleitet seine Hand und wieder zurück und schließlich zwischen ihnen hindurch, inmitten eines Ortes, den er bereits wieder als feucht ertastet und unverzüglich mit gleich zwei Fingern hineingleitet, dabei kaum Widerstand erfährt sondern nur durch ein leises „Ahhh“ aus ihrem nun geöffneten Mund als gewünscht willkommen geheißen wird.
„Die Exkursion kann auch noch etwas warten.“ flüstert er vor sich hin, wenn auch offenbar nicht leise genug, wie das kurze Kichern von Stephania andeutet. Mit diesen Worten jedoch reißt sich Stephan empor, packt sie am Bein und zieht sie unter sich, ihren Hintern dabei weiter vor sich aufspreizend, um sich dann mit seinem gesamten Körpergewicht und Länge wiederum vorfallen zu lassen, sich dabei vollständig in ihre glitschige Mitte zu schieben und auch mit seinem Gewicht ihr ein gequetschtes, tiefes Stöhnen zu entlocken.
Nach all den Stunden, die sie bereits ihren Spaß miteinander hatten, weiß Stephan durchaus, wie ihr Körper auf seine Liebkosungen regiert, und ist nicht verwundert, dass sie seinen initialen Stoß mit einem ersten Aufzittern beantwortet, auch wenn sie sich unter seinem Gewicht kaum zu bewegen vermag. Diese Zuckungen abwartend genießt Stephan diesen ersten Stoß ebenso, wie er es nun genießt, sein fleischgewordenes Verlangen nur mit seinen Zehen am Bettrand abgestützt, noch tiefer in sie hinein zu bewegen, sich dabei auf ihr liegend vor und zurückzubewegen, und ihr damit viel der Luft zu nehmen, die sie sonst herausgestöhnt hätte. Dennoch gelingt es ihr, ihre flüchtigen Atemgeräusche entsprechend dem Rhythmus seiner Bewegungen anzupassen und in ein „Oh... Ja ... Ja ... Ja...“ zu intonalisieren.
Einzig ihre Arme vermag sie noch zur Gegenwehr zu verwenden, zumindest bis Stephan nach ihren Händen greift und sie sich ineinander vergreifen, er sie nach vorne ausstreckt und sie dabei, wie auf einer Streckbank unter sich ausbreitet, als Opfer um seine schiebenden Stöße zu empfangen. Wieder und wieder schiebt er sich so über sie, bleibt dabei in seiner vollen Länge in ihr verankert, bewegt sich fast ausschließlich an seinem tiefsten Punkt, wenn er seinen Körper auch über sie herrammt, über sie schiebt und rutscht, bis es sie abermals erwischt und er an ihren erzitternden Beinen den Erfolg seiner Versuche ablesen kann.
Leicht aufgerichtet lässt er ihre Hände frei und wandert seinen kontrollierenden Griff abermals an ihren Nacken, drückt ihren Oberkörper hernieder auf das Nachtlager, ihren Kopf zwischen ihre eigenen Haare und seine andere Hand auf ihre Hüfte, hält sie in Pose um sie abermals mit Stößen zu verwöhnen, die er nun jedoch als eben solche ausführt und seinen Docht zwischendurch fast vollständig aus ihr heraus zieht. Wieder und wieder jagt er sein gehärtetes Stück Fleisch in sie hinein, wieder und wieder erfreut er sich an ihrem leicht erstickten Stöhnen, ihrem schweren Atmen, ihrem quieken als Bestätigung ihres bereiten Willens. Mit seiner Hand an ihrem Po beginnt er zu versuchen, all diese Gefühle noch eine Stufe mehr zu intensivieren, will noch mehr Stellen, noch mehr Positionen gleichzeitig stimulieren, noch mehr ihres Körpers manipulieren, schiebt greifend seinen Daumen in eine weitere Körperöffnung hinein und reißt unter einem aufjauchzenden „Ahh“ den letzten Wall ihrer Selbstkontrolle ein, während seine harten Stöße immer schneller werden, bis er sie schließlich nicht mehr halten kann und von ihr ablassen muss.
Zitternd liegt sie zusammengerollt auf dem Bett, kann von all der Vibration eine kontrollierte Bewegung ihrer Beine, aber auch nicht ihrer Armen zustande bringen. Doch das Lächeln, das sie auf seine Frage „Alles in Ordnung?“ auf ihr Gesicht bringen, bestätigen Stephan, dass sie ihm zugestehen wird, dass auch er seinen Höhepunkt erreichen soll. Denn während sie sich auf dem Bett rotierend gedreht hat, so dass sie mit dem Kopf zu ihm gelegen kommt, er ihr einen verdrehten Kuss auf die schlotternden Lippen drückt, seinen Mund ihren Hals herunter und zu ihren Brüsten bewegt, ihre Nippel küsst, knabbert, beißt, seine Hand abstützend auf ihr zu packen lässt und seine Zunge in ihren Bauchnabel steckt, gelingt es ihr, anzulutschen, was eben noch zischen ihren Beinen stach.
Stephan ist dies nicht unangenehm und er richtet sich etwas auf, um sich das verlangend saugende Schauspiel anzuschauen. Der erregende Anblick ihrer Zunge, die nach jedem weiteren Zentimeter seines Schafts züngelt, lässt ihn nur noch härter werden, lässt ihn nun gar mit dringlichem Verlangen in ihren Mund fahren und mit sanftem Druck immer tiefer gleiten, ohne jedoch einen merklichen Widerstand zu spüren. Außer ihrem nun eher näselndem Stöhnen empfängt er keine Signale von ihr, und von diesem lässt er sich eher antreiben als abschrecken. So schiebt er seine andere Hand auch direkt und ohne Umschweife zwischen ihre Schenkel, schiebt seine Finger dort hin, wo eben noch sein Schwengel aus und eingegangen ist, schiebt zwei, schiebt drei Finger tief in sie hinein, während sie sich seine Lanze immer tiefer in den Rachen schiebt.
Schon fragt er sich, wie sie denn überhaupt zu atmen vermag, da durchfährt sie abermals das vibrierende Zittern, Greifen all ihre Lippenpaare pulsierend nach seinen Fingern, nach seinem Schaft, massieren ihn immer härter, bis der Saft seines Verlangens aus den Tiefen seiner Lenden aufzusteigen beginnt, sich empor arbeiten, anschwellen und während eines weiteren, konvulsiven Schlotteranfalls seiner Gespielin explosionsartig in die Tiefen ihres Halses entlädt.
Erst jetzt merkt Stephan, dass er zum Ende seines Höhepunktes vielleicht etwas zu hart, etwas zu tief in sie hineingepumpt war, und das Blut nun wieder in seinem Gehirn ankommend, sein bestes Stück weich werden lassend es aus ihrem Mund heraus rutschend in einem tiefen, verlangenden Atemzug resultiert, gefolgt von einem lautstarken Schlucken und erneuten, hörbaren Atemzügen.
Scheinbar das Bewusstsein verloren liegt Stephania mit verschwitzt glänzender Haut auf dem Bett und es ist abermals der Schein der Sonne, der sie und ihr Lächeln in ein bezauberndes Antlitz hüllt, auch wenn ihre Position - knapp an der Bettkante, sich den Kopf mit geschlossenen Augen haltend und die Beine angewinkelt bis zum äußersten gespreizt - mit lasziv sehr harmlos beschrieben ist. Und gerade bei der Schönheit dieses Augenblicks, der Verzauberung des Lichtscheins und der gerade gemachten Erfahrungen merkt Stephan bereits wieder, wie das Blut aus seinem Kopf weicht, um sich an anderem Orte zu sammeln.
Vorsichtig und lautlos steigt er wieder auf das Nachtlager und bewegt sich zwischen die weit geöffneten Schenkel seiner Partnerin, gleitet über ihre nasse Haut und stellt dabei fest, dass sie nicht so bewusstlos ist, wie es den Eindruck machte, denn alsbald ranken sich ihre Arme um seinen Rücken und sie drückt ihn an sich, während sein Verlangen bereits ausgestreckterweise tief in ihre weit geöffnete Weiblichkeit gleitet. Ein zärtlicher Kuss stoppt seine Bewegung für einen Moment, doch der Wunsch, sich noch tiefer in sie zu recken macht die Trennung ihrer Lippen notwendig.
Genau so in dieser Position verharrend, bleiben sie lange liegen, immer wieder kurz unterbrochen von geringfügigen Bewegungen um sicherzustellen, dass man den Anderen noch zur Genüge fühlt, um sicherzustellen, dass gewisse Körperteile noch an Ort und Stelle sind und um die Intensität des Gefühlten nicht allzu weit abschwellen zu lassen - ebenso wie entsprechendes Körperteil. Erst, als die Sonne sich bereits so weit bewegt hat, dass ihre Strahlen sie nicht mehr zu wärmen vermögen, drehen sie sich herum und Stephan legt sie einmal mehr auf sich, hält sie ähnlich fest umschlungen, ihre Hände sich in seine Schultern verkrallend, seine an ihrer hüfte, sie fest auf seinen Recken drängend und tief in ihr verweilend. Stunden vergehen so, in denen sie immer wieder einmal ihren Unterkörper schwingt, sich an ihm reibt, die Zeit verzittert, seinen Saft aufnimmt, ihn aus sich herauslaufen lässt und ihn mit ihren konvulsiven Lippen abermals in sich hinein massiert, bis die Sonne sich wieder verabschiedet hat.
Erst, als er seinen langen, engen Griff etwas lockert, lässt auch sie von ihm ab. Nicht jedoch, um sich zu lösen, sondern um sich aufzurecken, ihre Haare in den Nacken zu werfen und zu versuchen, sich auf ihn zu setzen, immer darauf bedacht, ihn bei keiner ihrer Bewegungen aus sich heraus rutschen zu lassen. Doch dunkel ist‘s geworden und Stephans Verlangen, ihren nackten Körper bei ihrem Tanz auf ihm zu betrachten, resultiert in dem kurzen Gedanken, das Feuer im Kamin wieder etwas aufflackern zu lassen.
Das Spiel von Licht und Schatten, das sich durch das lodernde Feuer ergibt, stimmen Stephan abermals sehnsüchtig, aber auch einmal mehr so verlangend, dass es ihm schwer fällt, nicht zu schnell eine weitere Ladung seines saftgewordenen Verlangens in sie hinein zu schießen, während sie sich quiekend und tanzend in einem Auf und Ab, einem vor und zurücknimmt, was immer und wie immer sie es von ihm will. Kniete sie eben noch auf ihm auf dem Bett, hockt sie alsbald darauf und jagt seinen Speer mit immer mehr Anlauf in sich hinein, hält sich an seinen ausgestreckten Armen gerade so im Gleichgewicht und lässt sich in ihrem wilden Tanz auch von ihrem eigenen, erregten Erschaudern und Erzittern mehr als einen einzigen Atemzug unterbrechen, und selbst als Stephan immer wieder einmal seinen Saft dazugibt, stachelt sie dies nur noch mehr dazu an, ihn tief in sich zu behalten und erneut hart zu bekommen, damit sie ihren wilden Ritt fortführen kann.
Doch die Erschöpfung übermannt sie dann doch irgendwann, die Sterne sind bereits vor dem Fenster zu beobachten, da sinkt sie, immer wieder von Versuchen unterbrochen, noch einen weiteren Stoß, noch einen weiteren Hops zu unternehmen, auf ihm zusammen. Stephan nutzt diese Gelegenheit und dreht sie auf seiner Vertikalachse unter ihren verzweifelt klingenden Stöhnen herum, legt sie erst auf seinen Bauch um sich dann gemeinsam mit ihr auf die Seite zu rollen, seinen Liebesbeweis noch immer tief in ihr verwurzelt haltend. So liegen die beiden Liebenden den Rest der Nacht ineinander verkeilt, ineinander verwurzelt, er tief in ihr steckend und ihre gelegentlichen Zuckungen mit eigenen Ausbrüchen quittierend, bis sie in dieser Position verharrend und alles andere als irrelevant abstempelnd der drögen Welt entschlummern.
Als Stephan nach einem erholsamen und visionsfreien Schlaf erwacht, das Feuer noch immer im Kamin lodernd den raum erhellt, scheint es ihm vor allem deswegen, weil sein starker Freund gerade mit einem Plopp aus seiner Begleiterin heraus gerutscht ist. Hellwach richtet er sich auf, erhebt sich von ihrem Nachtlager und schaut sich abermals die schöne, junge Frau an, mit der er die letzten Tage so viel hat spielen können. Doch so verführerisch sie da auch liegen mag, bei Stephan vermag sich in diesem Moment nichts mehr zu regen, das ihn dazu verleiten könnte, diese Phase noch weiter fortzuführen. Ein Griff nach einer Decke, die er über die Nackte ausbreitet, welche sie auch sogleich ergreift, um sich hineinzukuscheln, verdeckt das Objekt möglichen Verlangens und lässt Stephan bei Sinnen bleiben.
Kapitel 9 - Andros
Eine komplett neue Umgebung.
Abermals.
Wieder ein Andros in seiner Hofmagierkutte, die ihm die Weißen immerhin ebenso gelassen haben, wie den Stab, den er seit all den Jahren zu einem Zeichen seiner Zauberkünste gemacht hat.
„Wieso zauberst du nicht?“ hatten sie ihn gefragt, als sie ihn versetzt haben, als sie ihn aus der Umklammerung des Todes gerissen und aus dieser kalten, digitalen, oberflächlichen Welt geholt, ja gerettet haben. Was das wohl bedeuten soll?
Andros steht in einem kalten Gang, der vollständig aus geometrisch angeordneten Metallplatten besteht. Weit kann er nicht sehen, denn das einzige Licht ist das Licht der Sterne, die er durch ein Fenster direkt neben ihm erblickt. Die Tiefe des Alls lässt ihn minutenlang in dieser Unendlichkeit versinken und in seinen Sehnsüchten trauern. Doch bald fasst er sich wieder und sucht das Ziel, welches die Weißen ihm sicherlich zugedacht haben.
Ohne groß darüber nachzudenken, stößt er seinen Zauberstab leicht auf den Boden und der Gang wird von einem gleißenden Schein erhellt, der von der Spitze des Stabs ausgeht. ‚Ah, ich kann wieder zaubern. Das haben sie damit wohl gemeint.‘ wird ihm sogleich klar, denn sein Zauberreflex wäre bis vor kurzem noch unerfüllt geblieben.
Vorsichtig macht er seine ersten Schritte den Gang entlang in unerforschte Tiefen, immer gespannt ob der Dinge, die er als Nächstes entdecken würde. An einigen Einbuchtungen in den Seiten kommt er vorbei, die womöglich Türen darstellen sollen, sich aber nicht für ihn öffnen, wenn er ihnen nahe kommt. Auch an weiteren Fenstern geht er entlang, die jedoch immer nur den gleichen, leeren Anblick bieten.
Plötzlich ein Geräusch. Ein „Pffff.“ kurz hinter ihm, so dass er erschrocken herumwirbelt und mit seinem Stab leuchtet.
Eine Person mit langen Haaren, offenbar eine Frau, stolpert aus seiner der Entfernungen, hält sich kurz fest, fällt dann vorne über auf die Knie und erbricht einen sicherlich beträchtlichen Teil ihres Mageninhalts mitten in den Gang, der sogleich einen unangenehm sauren Geruch verströmt, der auch Andros schwer fällt, wegzuignorieren. Als die Frau fertig zu sein scheint, kippt sie zur Seite und bleibt neben ihrer Bröckchenpfütze bewegungslos liegen.
„Hallo?“ spricht Andros sie an, doch erhält keine Antwort von der offenbar bewusstlosen Person. Nach kurzer Kontrolle ihrer Stirn, auf die er seine Hand presst, merkt er, dass etwas von ihm Besitz ergreifen will. ‚Die Krankheit ist wohl schwer ansteckend.‘ geht ihm noch durch den Kopf, während er bereits einen ersten Heilzauber auf sich selbst anwendet und damit das Gefühl beseitigt. Einen halben Augenblick später wirkt er diesen Zauberspruch auch auf die Frau, um auch sie von dem Befall zu heilen.
Noch immer hat sich die Tür, die sich für die Frau geöffnet hatte, nicht wieder geschlossen und bietet dem Hofmagier den Anblick eines Wohnraums mit Tisch und Bett, in welches er nun die geheilte Frau legt und beginnt, sich intensiver umzuschauen. Nachdem sich jedoch nur er in ihrem Zimmer noch bewegt, schließt sich die Tür wieder und er ist fürs Erste gefangen.
Leicht nervös geht er in einem ersten Versuch abermals zu der Schleuse und wartet auf Durchlass, doch es geschieht abermals nichts. Auch ist kein Türgriff, eine Klinke, eine Glocke oder ein Schalter zu erkennen, mit dem er Einlass hätte begehren können. ‚Irgendwie muss Sie doch hier durchkommen.‘ fragt er sich noch bei einem erneuten, untersuchenden Blick auf die Frau in ihrer Uniform. Eine solche wird er sich nicht anziehen können, doch das metallisch leuchtende Armband könnte diese Aufgabe erfüllen.
Vorsichtig streift er es von ihrem Handgelenk und hält es vor die Tür, die sich unverzüglich für ihn öffnet. „Praktisch.“ sagt er noch zu sich, als er das Schmuckstück auch schon über seine eigene Hand streift. Noch einmal legt er die Hand an ihre Stirn, prüft ihre Temperatur, fühlt unter ihrer Nase ihren Atem und nickt eher sich selbst als ihr befriedigt zu. Als er sich dann von ihrem Bett erheben will, hält ihn eine Hand fest.
„Wer bist du? Was willst du hier? Wo bin ich?“ schießen die Worte für Andros auf wundersame Weise völlig verständlich aus der Frau heraus. ‚Ist das wieder so ein Spiel der Weißen? Spreche ich jetzt jede Sprache des Universums?‘ mockt er sich kurz, bemüht sich dann jedoch um eine vorsichtige Antwort.
„Ich bin Andros. Du warst krank, ich habe dich geheilt. Ich weiß nicht genau, wo wir sind, aber das hier ist wohl deine Wohnung.“
„Ich kann mich an nichts erinnern. Wieso krank? Was mache ich hier?.“
„Vielleicht erkunden wir dein Umfeld gemeinsam? Dein Gedächtnis braucht vielleicht nur einen kleinen Anstoß.“
„Aeh. Ja. Gut. Danke.“ bekundet die verwirrt Dreinblickende, während sie sich von ihrem Nachtlager erhebt und mit Andros auf die Tür zugeht, die sich unverzüglich für die beiden öffnet.
Der Geruch hat sich inzwischen verzogen, sogar die Pfütze ist vom Boden verschwunden und hat ihn so sauber hinterlassen, dass Andros schon an seinem Verstand zweifelt, ob das vorhin tatsächlich vorgefallen ist. Als er dann gegen eine kleine Maschine stößt, die gerade den letzten Streifen Feuchtigkeit vom Boden entfernt ahnt er jedoch, dass hier kleine, maschinelle Helfer unauffällig am Werk zu sein scheinen.
„Da entlang.“ schlägt er seiner Begleiterin vor und entblößt bei dem Wink mit seinem Arm kurz den Armreif, den er von ihr genommen hat. Als er bemerkt, dass sie es zwar gesehen hat, darauf jedoch gar nicht reagiert, forscht er interessiert nach.
„Wie ist dein Name, mein Kind?“
„Ähm ... Ich weiß nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern.“
„Lass mal sehen.“ Andros ist ein Schild an ihrer Kleidung aufgefallen, auf dem er nun einen Namen vorliest. „Stephanie Anders.“ ‚Das soll wohl ein Scherz sein.‘ sein unmittelbarer Gedanke, verbindet er doch mit beiden Namen einen Großteil seiner eigenen Vorgeschichte.
„Ist das mein Name?“
„Ja, so sieht es wohl aus.“
„Oh, schön. Stephanie Anders. Werd ich mir merken.“
Mit Andros‘ Beurteilung, hier eine nicht sonderlich schlaue Begleiterin gefunden zu haben, geht er den nun erleuchteten Gang weiter entlang. Mit dem Armband an der Hand gehen nun auch die Türen auf, sobald er auf sie zu geht, und bieten um vielfache Einblicke in Räumlichkeiten, deren Nutzen er nicht klar definieren kann. Eines jedoch klar. Sie kann nicht die Einzige hier sein.
Langsam aber wohl erkennbar kommt in Andros abermals das Gefühl auf, dass er von dem, was seine Begleiterin krank gemacht hatte, wieder angegriffen würde. Vorsorglich lässt er einen Heilzauber über sich fließen und fühlt sich sofort besser. Als er kurz nach der Stirn seiner Begleiterin greift, die ihn nur verwirrt anschaut, wirkt er den Zauber auch auf diese, und weil er sich gerade sehr stark fühlt, versucht er nun sogar, sich genug zu konzentrieren, um diese Heilung auch auf das gesamte Gebilde, in dem sie sich gerade befinden, zu wirken und damit alles und jeden darin von dieser Krankheit - was auch immer es sei - zu befreien.
Lange Augenblicke steht Andros bewegungslos da, hält sich mit beiden Händen an seinem Stab fest, konzentriert sich mit geschlossenen Augen, versucht zu erfühlen, wo er sich befindet, versucht zu erfühlen, wie sich seine heilenden Kräfte über alle Kanäle, über alle Balken und durch Türen, durch alle Lebensformen fließen und ihre Arbeit verrichten, bevor er vor Erschöpfung in sich zusammen sinkt. Stephanie springt an seine Seite, greift nach seinem Arm und hilft ihm wieder auf die Beine. ‚Zumindest ein nettes Mädchen.‘ erntet sie ein dankbares Lächeln von dem alten Mann, der nach einem kurzen Durchatmen die Erkundungstour fortführt.
Kantine, Toiletten, Lager, vielleicht eine Krankenstation und ein Raum mit gläsernen Särgen und Leuten darin, all das finden sie auf ihrer Erforschung, doch wenig Erklärung, was es denn ist, wo sie hindurchlaufen. Bis sie endlich ans Ende des Tunnels kommen, ans Ende und eine besonders aussehende Tür mit symmetrischen Markierungen. Doch auch diese wird von Andros‘ erbeutetem Gelenkband geöffnet, fährt in beide Richtungen breit auseinander und bietet daraufhin den Anblick - einer Wand.
Nur ein Gangteiler stellt diese Wand dar, die den Weg nicht weiter versperrt sondern Eintretende mit Pfeilen an ihr vorbei und in den dahinter liegenden Raum leitet. Andros glaubt sich am Ziel, befinden sich in diesem Raum, weit größer als alle, die sie bisher vorgefunden haben, eine größere Anzahl von Bildschirmen, wie er sie selbst bereits zur Kontrolle seiner eigenen Experimente genutzt hat, um seine Golems zu beobachten, um Stephan unter Kontrolle zu behalten - beides mit leidlichem Erfolg. Die Flut an leuchtenden Knöpfen jedoch macht es dem Mann nicht leicht, auf einen baldigen Erfolg seiner Nachforschungen zu hoffen, zu komplex sieht aus, was er bedienen müsst.
Spontan setzt sich seine Begleiterin in einen der Sessel und fragt naiv drauflos. „Was ist das hier? Wo sind wir?“
„Dies ist die Zentrale. Du schaust auf den Hauptbildschirm.“, erklingt eine mechanische Stimme zur Erklärung.
„Was bist du?“ setzt Andros unverzüglich nach.
„Ich bin der Schiffscomputer.“
„Was für ein Schiff?“
„Dies ist das bewaffnete Handels und Forschungsraumschiff Leonov des Vereinten Commonwealth Trantors.“
„Weißt du, wer ich bin?“ stellt die Frau ihre eigene, persönlichste Frage.
„Du bist der Captain Stephanie Anders.“
„Warum kann ich mich an nichts erinnern?“
„Weil deine Begleiter verschwunden sind.“
Andros und Stephanie schauen sich fragend an. Zwar haben sie ein paar Personen in diesen Liegen gefunden, aber diese können nicht gemeint sein, denn sie sind nicht verschwunden.
‚Wir sind bei dir. Wir helfen dir. Wir sind das Kollektiv. Wir kennen uns in dieser Umgebung aus. Wir werden für Informationen sorgen. Wir brauchen noch etwas Zeit.‘
‚Wieder diese merkwürdigen Sätze in meinem Kopf. Aber geholfen haben sie mir wohl tatsächlich jedes Mal.‘ durchfährt Andros der Schreck ob der unerwarteten Botschaft, die Lösungen erhoffen lässt.
„Eine Anfrage geht ein.“ erklingt abermals die mechanische Stimme des Bordcomputers.
„Auf den Schirm.“ rufen Andros und Stephanie, die von ihrer Rolle als Captain offenbar gestärkt ist, annähernd gleichzeitig.
Kaum einen Herzschlag später erleuchtet der größte Bildschirm an der vermuteten Vorderseite des Raums und zeigt das Antlitz eines respekteinflößenden, militärisch gekleideten Mannes mit rotglühendem Taint, dem Andros seine Erregung direkt im Gesicht ablesen kann.
„Wer ist das, Captain?“
„Das ist ... aeh ... mir ging es sehr schlecht und er war da und hat mir geholfen, mich geheilt.“
„Ja, es war wohl eine Art Virus, der sich weit ausgebreitet hatte. Ich konnte ihn glücklicherweise entfernen.“ schiebt Andros erklärend hinterher, erntet dafür einen wütenden Blick des Bildschirmgegenübers, der daraufhin das Gespräch einfach abbricht.
„Was ... ?“, fragt Stephanie in den Raum hinein.
Andros zuckt nur mit den Schultern und schaut sich erneut um, denkt nach, was zu tun ist.
„Wir sind bei dir. Wir sind das Kollektiv. Wir haben bereits einen Großteil der Umgebung übernommen. Wenig fehlt noch. Wir helfen dir.“ spricht es in Andros‘ Hirn umher und hinterlässt ein Gefühl des nicht-alleineseins, das ihm wohlig warm den Rücken herunterläuft und mit etwas mehr Wohlwollen nach vorne blicken lässt.
Stephanie erhebt sich von ihrem Thron. „Ich ... essen.“ erklärt sie sich, geht schwingenden Schrittes die Tür hinaus und dem Raum entgegen, den Andros beim Vorübergehen bereits rudimentär als Speiseraum identifizieren konnte. Gerade so kann Andros den schnellen Gang mithalten, den Stephanie da vorlegt, und trifft ein, als sie bereits einen Schrank öffnet und sich offenbar wahllos das Vorgefundene in den Mund schiebt, das Danebenfallende unter sich liegen lässt, um sich Augenblicke später selbst an Ort und Stelle dazu zu setzen und das Essen vom Boden bei geöffneter Schranktür ebenfalls noch zu konsumieren.
Andros fällt auf, dass es noch weitere Türen gibt, die er bisher nicht beachtet hat, die jedoch nicht vollständig geschlossen zu sein scheinen. Vorsichtig nähert er sich einer davon und öffnet diese, um von einem regelrechten Schneesturm bedeckt zu werden. Mit kalten Füßen in einem ganzen Haufen des weißen, kalten Pulvers bleibt er vor dem Schrank stehen und betrachtet dessen Inhalt. Fleisch kann er identifizieren, welches jedoch nicht die tiefrote Farbe aufweist, die er damit verbindet. Ebenso erkennt er diverses Gemüse beziehungsweise zumindest pflanzliche Bestandteile, deren Farbe ebenfalls eher ins Gräuliche übergehen, obwohl er deren Form mit Obst in Verbindung bringt, welches er nur in kräftigen, grellen Farben kennt.
„Der Kühlschrank scheint einen Defekt zu haben.“ fragt er eher sich selbst als seine Begleiterin. Doch Stephanie reagiert anders als bisher mit einem aggressiven „Defekt.... defekt?!! DEFEKT!!!“, greift sich eine Suppenkelle aus dem Fundus des aus dem Schrank gefallenen Tohuwabohus und springt Andros mit hoch erhobener Waffe entgegen. „DEFEKT!!!“ brüllt sie ihm entgegen.
Doch im nächsten Moment bereits bleibt sie an der Aura des Hofmagiers hängen, die ihn wie eine Schutzschildaura umgibt und ihren Angriff abwehrt, damit er sie mit einer sanften Berührung ihrer Stirn mit seinem Zauberstab ins Reich der Traume schicken kann.
Verwirrt schaut er sich um, betrachtet Stephanie einmal mehr, deren verzerrter Gesichtsausdruck nichts mehr mit der netten Frau zu tun hat, die er vor kurzem erst geheilt hat. Verwundert untersucht er sie nun eingehender und lauscht dabei Geräuschen, die sich aus ihrem Verdauungstrakt den Weg ins Freie bahnen. Kaum vernimmt er dieses tiefe Grollen, da birst auch bereits die braune Masse aus ihrem Mund heraus, breitet sich neben ihr aus.
„Die gleichen Symptome wie ...“ überlegt er analytisch. Ein paar Teile scheinen ihm noch zu seinem Puzzle zu fehlen. „Computer? Hat der Kühlschrank eine Fehlfunktion gehabt?“
„Vor drei Monaten gab es eine Spannungsschwankung aufgrund eines Einbruchs kosmischer Strahlung in den Energiekonverter, der jedoch von den automatischen Systemen innerhalb der Toleranzen behoben wurde. Es gab keinerlei andere, technische Störungen.“ antwortet der Computer faktentreu, jedoch nicht befriedigend für Andros.
„Wann und warum wurde die Crew geweckt? Wie viel Personal gibt es?“
„Der Captain wurde aufgrund der Annäherung an unser Ziel geweckt. Die Crew besteht aus fünf Personen. Die Crew aus dem Tiefschlaf zu wecken obliegt im Normalfall der Anweisung des Captains.“ führt die digitale Stimme aus.
„Okay, dann schauen wir uns die doch mal an. Computer, führe er mich zur Crew.“ wünscht sich der alte Mann von dem synthetischen Helfer, der diesem Wunsch nachkommt und dafür sorgt, dass er bereits wenige Minuten später zwischen den Kühlkammern der übrigen Besatzungsmitglieder steht.
„Hmm, die haben auch diesen merkwürdigen Gesichtsausdruck. Computer? Sind diese Personen gesund? Wie ist ihr Zustand?“
„Die hier schlafen Crew ist in körperlich gutem Zustand. Es ist kein Virenbefall festzustellen.“
‚Wieso sagt der Computer das? Waren diese Leute auch befallen? Habe ich diese bei meinem großflächigen Heilzauber aus Versehen gleich mitgeheilt? Aber was ist mit dem Captain?‘ durchfährt es seine Gedankenwelt, während er in die verzerrten Gesichter der offenbar kerngesunden Crew blickt. ‚Aber wenn ich mit die Lebensmittel und die Esskultur anschaue, dann hat sie sich wohl weniger wegen ihrer Krankheit erbrochen als denn wegen der verdorbenen Lebensmittel, die sie in sich hineingestopft hat - genau wie vorhin vor dem Kühlschrank. Was genau hab ich da eigentlich geheilt?‘ Durchfährt in die Androhung von Erkenntnis eiskalt und richtet seine Nackenhaare auf, die ihm noch verblieben sind.
Doch zur weiteren Evaluierung seiner Forschung kommt er nicht, wird von dem Alarmsignal eines eingehenden Funkspruchs aus seinen Überlegungen gerissen.
„Eingehende Funkanfrage.“ sagt ihm auch der Bordcomputer sogleich bescheid.
Fliegenden Schrittes zieht es Andros in die Zentrale und blickt unmittelbar auf den bereits angenommenen Ruf, auf den Mann auf dem großen Bildschirm in der Mitte des Raumes.
„Ah, der Massenmörder. Es wurde beschlossen, dass wir kein Risiko eingehen werden und die unkalkulierbare, aber offensichtlich gewaltig große Gefahr, die von dir durch deinen Massenmord an unserem Volk ausgeht, in genügend großem Abstand eliminieren werden. Computer! Aktiviere die Selbstzerstörung. Überrangcode 634555533 ...“
„Moment, wartet doch mal. Ich habe euren Captain doch geheilt. Ich habe nur helfen wollen. Ich habe doch die Viren beseitigt, die sie befallen haben. Wieso bin ich ...“
„Wir SIND die Viren, wie du uns nennst. Du hast die gesamte Besatzung von ihren Trägern entfernt und getötet. Du hast abermillionen Lebewesen vernichtet und glaubst auch noch, du hättest richtig gehandelt. WIR sind die intelligente Lebensform auf diesem Schiff, auf unserem Planeten.“
In diesem Moment öffnet sich die Tür der Brücke und die vier restlichen Besatzungsmitglieder treten ein. Jedoch nähern sie sich nicht im von Andros erwarteten, aufrechten Gang, sondern eher auf allen Vieren, wie es Primaten machen würden. Ebenso bringen sie kein verständliches Wort heraus, sondern brüllen einfach nur Vokale lautstark auf den alten Mann zwischen ihnen, bevor sie ihn dann mit gefletschten Zähnen anspringen, um ihn zu zerreißen. Einmal mehr ist Andros froh, dass ihn seine magischen Fähigkeiten nicht verlassen haben, als sie dann allesamt an seinem Schutzschirm hängen bleiben, und sich verwirrt kopfschüttelnd um ihn sammeln.
„Ohne uns als Symbionten sind die Kreaturen um dich herum nur primitive Tiere, die es kaum zum aufrechten Gang geschafft haben.“
„Oh.“ schaut sich Andros betrübt um, während er langsam das Ausmaß seiner Hilfsbereitschaft begreift. Nun wird ihm auch klar, dass er von der Lebensmittelvergiftung des Captain zu unbedarft auf den Befall mit vermutlich gefährlichen Viren geschlossen hatte.
„Ja. Oh.“ nickt ihm das Bildschirmgegenüber zu. „Selbstzerstörung in 5.“
„4 ... 3 ... 2 ...“ zählt der Bordcomputer weiter, der den Überrangcode vorbehaltlos akzeptiert hat.
‚1 ...‘ zählt Andros im Geiste mit, schließt die Augen und hofft, dass sein Schutzschirm ihn beschützt, dass er in der Leere des Raums lang genug überlebt, dass er eine andere Welt finden wird, dass er vielleicht irgendwie womöglich überleben wird. Und dann wird, während er tausend Stimmen in seinem Kopf schreien hört, um ihn herum alles Weiß.
Kapitel 10 - Stephan
‚Ich hab ihr ja Bescheid gesagt, dass ich noch fort muss. Sie wird klarkommen.‘ beschwichtigt er sein Gewissen, als er seine Schritte zur Vordertür lenkt und mit einem geübten Luftschritt zum Ort seiner neuen Begierde lenkt.
Bereits bei seinen ersten Versuchen, sich durch die Luft zu bewegen, hat er diese Ruinen gesehen, die in seit dem nicht mehr losgelassen haben. Doch immer kam etwas dazwischen, irgendetwas war immer wichtiger, um welches er sich zuvor noch kümmern musste. Doch jetzt fühlt er sich frei und trotz allem ungebunden, muss keine Verfolger, keine Feinde, keinen Gegner mehr fürchten. Und selbst wenn doch ein mächtigeres Monster auftauchen würde, selbst, wenn seine Kampffähigkeiten diesem Gegner nicht gewachsen wären, so sollten seine Eisenhaut sowie seine Selbstheilungsfähigkeiten Lebensversicherung genug sein.
„Ah, da ist sie ja.“ sieht er die Tempelruine bereits unter sich auftauchen. Trotz aller Bewaldung ist der Eingang und die Steintreppen dorthin weitestgehend frei von jeglichem Bewuchs und so landet er am Fuß des Hügels, macht seinen ersten Schritt nicht nur zu neuem Abenteuer sondern auch zu einem neuen Ziel in dieser Welt.
Schnell tänzelt er Gefahrenavers die Stufen hinauf, gespannt auf das, was ihn erwarten wird. ‚Am Ende ist es doch nur ein zerfallener Ex-Tempel.‘ denkt er noch bei sich, als er die ersten Bodenplatten auf dem Plateau betritt, die großen Säulen sich neben ihm weit in den Himmel recken und ihm den Weg zu weisen scheinen. Ein Eingang zu einer düsteren Kaverne macht er bereits in einiger Entfernung vor sich aus und betritt alsbald die Dunkelheit.
„Hallooo?“ ruft er in die Tiefen des stockfinsteren Gangs hinein, nicht wirklich eine Antwort erwartend. Dennoch kommt plötzlich zum einen ein Grummeln, zum nächsten dann ein Grollen aus allen Richtungen auf ihn zu, das ihm im ersten Moment tatsächlich etwas Angst einjagt. Doch er erinnert sich an seine eigene Lebensversicherungsversicherung und macht mutig seine ersten Schritte in das erwartete Labyrinth hinein.
„Hmm, Its bigger on the inside.“ fährt es ihm heraus, als er bedenkt, wie klein der Bau gewesen ist, den er das erste Mal aus der Luft erspäht hatte. Alleine der Gang, den er nun entlang schlendert, sollte die Umrisse des Tempels, den er auf der Bergspitze betreten hat, bei weitem sprengen. Teilweise an eine Illusion glaubend, bleiben seine Schritte auch in Erwartung von Fallen, Gruben und allerlei Dingen, die ihn umbringen wollen, sehr aufmerksam und vorsichtig und mit Bedacht setzt er langsam genug einen Fuß vor den anderen.
Mit seiner Fähigkeit Nachtsicht erkennt er jeden Winkel, jeden Stein in der Wand, jede verloschene Fackel in ihren verrosteten Halterungen, sieht Sackgassen, Spinnwebe und Ratten, die durch den Unrat streunen. Dank seiner Kartographie-Fähigkeit sammeln sich die Informationen vor seinem inneren Auge und langsam aber sicher entsteht eine Karte der uralten Anlage in seinem Kopf, die seine Größeneinschätzung nur noch einmal untermauert.
Doch der Bau scheint völlig leer zu sein, keine Fallen, keine Teergruben, keine Spieße, die aus dem Boden in seinen Unterleib rammen, keine Klingen, die aus den Wänden schneidend ihn in der Mitte zerteilen wollen, aber vor allem auch keine Monster, keine Goblins gar Trolle, die ihm das Leben schwer machen sollen, in den Tiefen der Gänge nicht einmal mehr Ratten, die einen trockenen Unterschlupf suchen. „Hier ist ja wirklich gar nichts los.“ ruft er regelrecht enttäuscht in die Dunkelheit hinein, bevor er einmal mehr die Karte vor seinem inneren Auge aufruft und eingehend betrachtet.
Bei näherer Untersuchung der Lage fällt ihm auf, dass sich bei seinem Kartographierungsmärschen ein blinder Fleck auf der Karte erhalten hat, eine Stelle, die in der Ebene einen Raum für einen möglichen Raum bildet, den man aber offenkundig von nirgends aus betreten kann. Stephans Neugier ist erneut geweckt und in dem Wissen, dass ihn hier offenbar tatsächlich rein gar nichts erlegen will, zieht es ihn schnellen Schrittes hin zu einer Ersten, an die den Geheimraum angrenzenden Wand.
Erneut betrachtet er die Wände, untersucht sie genauer, fährt mit den Händen über die Steine, drückt den ein oder anderen auffällig aussehenden Brocken sogar auch Mal etwas fester, versucht sie in die Wand zu schieben, doch es tut sich nichts. Nicht einmal, als er dann tatsächlich ein diffuses Licht im Raum über seinem Kopf entstehen lässt, um die Wand auch bei normalem Licht betrachten zu können, erkennt er nichts Auffälliges und er beschließt, eine der anderen Begrenzungsmauern zu betrachten. Schnell die Karte aufgerufen, sich ein Ziel gesetzt und losmarschiert.
„Fähigkeit Autokartierung Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Wegpunkt Stufe 1 erlernt.“
Poppt es abermals in seinem Hinterkopf auf, in den er die Statusmeldungen verbannt hat, damit sie ihn nicht bei wichtigeren Dingen ablenken.
‚Hmm, Wegpunkt. Gleich Mal ausprobieren.‘ und mit diesem Gedanken erscheint ein kleiner, weißer Punkt knapp oberhalb seines Sichtfelds aber dennoch gut wahrnehmbar. Er bewegt den Kopf, dreht ihn hin und her, doch der Punkt bleibt in die Richtung gerichtet, in der er sein auf der Karte gesetztes Ziel vermutet. ‚Praktisch‘ dokumentiert er diese Errungenschaft und blättert aus Interesse die Meldungen entlang, die sich in den letzten Tagen angesammelt haben, seit er das letzte Mal nachgeschaut hat.
„Fähigkeit Gedankeninfusion Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Zerstörung Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Zerstörung um drei Stufen verbessert. Fähigkeit Geilheit Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Geilheit um 15 Stufen verbessert. Fähigkeit Befruchtung Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Tiefensuche Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Erhärtung Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Verlängerung Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Standhaftigkeit Stufe 1 erlernt. Fähigkeit sanfte Berührung um zwei weitere Funktionen erweitert, Fähigkeit sanfte Berührung wird auf Erregungserzeugung aufgestuft. Fähigkeit Verlangenserkennung Stufe 1 erlernt. Fähigkeit Tiefensuche um zwei Stufen verbessert. Fähigkeit Erhärtung um eine Stufe verbessert. Fähigkeit Standhaftigkeit um eine Stufe verbessert. Fähigkeit Erregungserzeugung um eine Stufe verbesser. Fähigkeit Standhaftigkeit um eine Stufe verbessert. Fähigkeit Befruchtung um eine Stufe verbessert, du kannst nun die Anzahl der Befruchtungen festlegen. Fähigkeit Verlangen um eine Stufe verbessert. Fähigkeit Verlängerung um die Fähigkeit Verdickung erweitert.“
„Hui, na das war ja ein erfolgreicher Akt. Danke Stephania.“ spricht er vor sich hin, durchaus stolz auf seine erreichten Errungenschaften und neuen Fähigkeiten, die wahrnehmbar an das heranreichen, was ihm in der letzten Welt mit Ophelia und Valetta möglich geworden ist, denn die Veränderung seines besten Stücks - und genau so liest sich diese Statusliste für ihn - hat nicht nur ihm sehr viel Freude bereitet.
Bei diesen Worten fährt eine Erschütterung durch die Mauern des Labyrinths, ein Grummeln sammelt sich direkt neben ihm, so dass er erschrocken einen Sprung zu Seite macht, von der Mauer weg die er eben noch untersucht hat. Doch die Furcht ist unbegründet, denn unversehens entsteht genau das, wonach er die ganze Zeit die Wand entlang gesucht hat. Durch einen nicht feststellbaren Mechanismus verschiebt sich ein Teil der Wand dergestalt, dass ein schmaler aber wohl betretbarer Durchgang entsteht, mit einer wohl sichtbaren Lichtquelle dahinter, die einen bisher gänzlich verborgenen Raum in ein bläuliches Schimmern hüllt und zumindest schemenhaft erkennen lässt, was den geneigten Besucher erwarten wird.
Stephan kann die Vorfreude kaum noch bremsen. Schnell wird noch mit seiner Nachtsicht die Situation abgesichert, mit seinem Supergehör nach weiteren, sich bewegenden Dingen gelauscht und dann sicheren Fußes sich durch die Lücke in der Mauer hindurch in die neu entdeckte Halle gehuscht. Einen kleinen Sprung macht er noch aus dem Durchgang heraus, um sicher zu gehen, dass er nicht von der sich schließenden Geheimtür zerdrückt würde, da steht er auch schon vor einem Podest, welches ihm einmal mehr den Satz auf die Lippen lockt: „Es ist wirklich innen größer als von Außen.“
Vorsichtig tänzelt er regelrecht um das Portal herum, stets würdigen Abstand wahrend, stets mindestens ein Auge auf seine Umgebung, das andere auf die Steinkonstruktion im Zentrum gerichtet. Nach einer vollständigen Umkreisung baut er sich abermals vor dem auf, was er als Vorderseite identifizieren kann, denn eine Steintafel mit Schriftzeichen schmückt die Spitze des Bogens, die nur von dieser Position aus erkennbar ist. Lesen kann er diese Sprache jedoch nicht, obwohl er auf wundersame Art und Weise bisher die Sprache der anderen Einwohner auf Anhieb verstanden hat. ‚Vielleicht gilt das nicht für geschriebene Worte.‘ überlegt er kurz, bevor sein untersuchender Blick dann durch den wabernden Nebel im Innern der Konstruktion dringt und beginnt, dort tatsächlich etwas zu erkennen.
Rot ist die Welt hinter dem Nebel, so viel kann er ausmachen. Feuer scheint im Hintergrund zu lodern und einen Himmel scheint es gar nicht erst zu geben, denn alles ist in jenen feurig roten Schein gehüllt, der nur von den Feuern kommen kann.
„Gut, dass ich meine Feuerresistenz hochgeskillt habe.“ spricht er sich selbst laut mut zu, bevor er - endgültig todesmutig - einen ersten Schritt zu dem Nebel hinauf geht, den er als Teleportationsportal ausgemacht hat. Einen weiteren Schritt, und er steht direkt vor dem Nebel, der die Zwischenschicht umgibt und den Ereignishorizont einschließt. Neugierig streckt er erst einmal eine Hand aus, berührt mit einem ausgestreckten Finger die schimmernde Ebene, hinter der eine neue Welt anzufangen scheint. Er berührt sie - und dringt durch sie hindurch.
Erschrocken zieht er die Hand zurück. ‚Was hab ich eigentlich erwartet.‘ fasst er seine Situation zusammen. Die Erwartung, dass in einer Feuerbeschienen Umgebung die Temperatur wohl fühlbar höher sein müsste, liegt nicht fern. Und doch hat er mit seinem Finger keinen Unterschied, keine Hitze gespürt. Er fasst abermals seinen Mut zusammen, hebt eine Faust dem Ziel entgegen und mit einem „Bis zur Unendlichkeit ...“ macht er einen langen Schritt durch das Portal hindurch.
Kapitel 11
Wie von einem Sprung angetrieben landet Stephan in einer unwirklichen Vulkanlandschaft, die nur deswegen nicht in Dunkelheit gehüllt ist, weil das Glühen der Lava, der Schein flüssigen Gesteins, sie in ein indirektes, gleichmäßiges Licht hüllt, welches der Temperatur eben jenes Magmas entspricht, welches um ihn herum in regelrechten Seen und Flüssen brodelt. ‚Hmm, dafür reicht meine Feuerresistenz vielleicht doch nicht ganz aus.‘ schweift durch seine Gedankenwelt, während er sich umdreht und vergewissert, dass das Portal, sein Rückweg, ganz sicher noch da ist und er nicht von seinem einzigen bekannten Fluchtweg ausgeschlossen ist.
Ein Stein vom Herzen fällt ihm, als er hinter sich das Portal wiederfindet, wo er es durchschritten hat. Der prüfende Blick hindurch zeigt ihm sodann auch den dunklen Raum in dem Tempel, in dem er die Gegenseite vorgefunden hat. Doch der nächste Blick hinter das hiesige Portal offenbart Stephan nicht nur den weiteren Weg durch die feurige Landschaft hindurch, sondern auch am offenkundigen Ende dieses Weges eine Festung, die bedrohlich ganz und gar der umgebenden Landschaft entsprechend zerklüftet aus Felsformationen besteht, wie sie nur in einem aktiven Vulkan entstehen können.
„Wow.“ entfährt es Stephan voller Ehrfurcht dieser Leistung gegenüber, als er die ersten Schritte den einzig möglichen Weg entlang geht. „I‘m up to see the Wizard ...“ trällert er dabei in völliger Naivität den Gefahren gegenüber, die er ursprünglich an diesem Ort erwartet hat. Doch nachdem der Tempel auf der anderen Seite so leer und es auch an diesem Ort kein Empfangskomitee mit Spießen und Schwertern und fliegenden Feuerkugeln gibt, schaut er sich bloß noch beeindruckt die verstörende Landschaft an. ‚Wenn das Portal in dem alten Tempel, schon immer hier hergeführt hat, der Tempel aber schon überwuchert verfallen ist und eventuelle Bewohner nicht einmal Spuren hinterlassen haben, dann ist das alles hier bereits sehr alt. Und wenn es sehr alt ist, dann muss der Vulkan stark unter Kontrolle gehalten werden, denn ein derart brodelndes Erdloch verändert eher im Monatsrhythmus seine Gestalt, explodiert hin und wieder Mal und ist eigentlich nicht geeignet, um eine Burg da hineinzubauen. Ich würd‘s jedenfalls nicht machen. Es sei denn ...‘ entgleiten ihm die Gedanken im Anblick seiner Umgebung, die auch leicht als Gefängnis zur Endlagerung von Monstern jedweder Art herhalten kann.
Dann gleitet sein Blick ab und er entdeckt in der Dunkelheit über sich einen Stern. Bei genauerer Ansicht findet er noch einen. Und dann noch einen und noch einen. Mit seiner Spezialsicht durchdringt er den wabernden Dampf des Vulkans und erkennt einen Sternenhimmel über sich, die sich jedoch von dem Himmel unterscheidet, den er von seiner ersten Unterkunft aus erlebt hat. Doch ein paar der Konstellationen erkennt er, kommen ihm bekannt vor, bloß nicht in dieser Anordnung, wie er sie nun erspäht.
Stephan bleibt stehen und sortiert seine Gedanken. ‚Nach allem, was ich über Astronomie weiß, was ich von der Himmelsmechanik verstanden habe, ist dieser Sternenhimmel nur möglich, wenn ich auf der anderen Seite des Planeten stehe.‘
Mit dieser Erkenntnis beginnt es Sinn zu ergeben, dass er an der Position der Stadt, der Umgebung und seinen Lagern, seinen Unterkünften und sogar dem Tempel keinerlei Monster gegeben hat, wie er sie in einer Gamifyed-Umgebung erwartet hatte. Denn so hatten die Weißen seinen Zielort genannt, als sie ihn weggeschickt hatten. ‚Das heißt auch, dass hier der Gegenpol der Macht zu finden sein sollte.‘
Unsicher, was ihn als Nächstes erwarten könnte, kontrolliert er erst noch einmal seine Statuswerte.
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Ausdauer: unendlich
Konzentration: 431
Intelligenz: 73
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 111, Stahlfaust Stufe 81, Aufschlagresistenz Stufe 40, Feuerresistenz Stufe 82, Feuer Stufe 50, Licht Stufe 50, Holzbearbeitung Stufe 18, Winderzeugung Stufe 28, Feuerresistenz Stufe 38, Mehrfachzauber Stufe 45, Wasserkontrolle Stufe 30. Sanfte Finger Stufe 15, Akrobatik Stufe 9, Weitsicht Stufe 12, Überblick Stufe 2, Stahlknochen Stufe 67, Harte Landung Stufe 2, Fliegen Stufe 8, Sprung Stufe 11, Holzveränderung Stufe 3, Waffen Stufe 5, Werkzeug Stufe 7, Architektur Stufe 12, Kleidung Stufe 2, Jagd Stufe 8, Ausweiden Stufe 2, Gerben Stufe 3, Kochen Stufe 4, Grillen Stufe 8, Tonveränderung Stufe 9, Konservierung Stufe 1, Logistik Stufe 5, Fähigkeitenanalyse Stufe 1, Beobachtung Stufe 4, Einschüchterung Stufe 1, Kartographie Stufe 1,Gedankenlesen Stufe 4, Verhandeln Stufe 1, Berserker Stufe 1, Mordlust Stufe 1, Blutrausch Stufe 1, Wut Stufe 1, Telepathie Stufe 2, Gedankeninfusion Stufe 1, Zerstörung Stufe 4, Geilheit Stufe 40, Befruchtung Stufe 3, Tiefensuche Stufe 2, Erhärtung Stufe 1, Verlängerung Stufe 1, Standhaftigkeit Stufe 5, Erregungserzeugung Stufe 1, Verlangenserkennung Stufe 1, Verdickung Stufe 1
Zauber: Feuer Stufe 37, Licht Stufe 31. Heilung Stufe 33, Heilender Kuss Stufe 1, Blitz Stufe 1, Wasser Stufe 55, Erzeugung Stufe 142, Flammenwelle Stufe 233, Wind Stufe 17
Skills: keine
‚Hmm, noch immer keine Skills. Was das wohl bedeuten mag.‘ findet er nach kurzer Überprüfung seiner Charakterwerte, schließt den Ansichtsbogen und folgt weiter unbeirrt dem Pfad der feurigen Festung entgegen.
Der Weg beginnt, immer steiniger zu werden und hin und wieder fällt sogar etwas Geröll vom Himmel, was seine These unterstreicht, dass diese Umgebung wohl doch nicht so stabil und geeignet für eine langlebig sein sollende Unterkunft eines Herrschers ist, wie zu unterstellen wäre. Doch der Bau vor ihm, der mit jedem Schritt, den er auf ihn zu mache immer größer und eindrucksvoller wird, straft seine Überlegungen in gewisser Weise lügen, denn jemand, der die mühen auf sich nimmt, ein Portal und auch einen so gewaltigen Bau hier zu errichten, wird dies nicht für ein verlängertes Wochenende veranschlagt haben, sondern einen längerfristigen Plan verfolgen.
Vertieft in seine Überlegungen und Unterstellungen über einen zu erwartenden Herrscher merkt Stephan kaum, dass er die Pforte fast erreicht hat. Als er aus seiner Gedankenwelt erwacht, steht er dann auch bereits direkt zwischen den gewaltigen Pforten, die die Front der Festung schmücken und eigentlich den Weg, der zu ihr führt, abschneiden sollten. Doch selbst Stephan fällt sofort auf, dass hier etwas nicht stimmt, dass gewisse Erwartungen, die er an eine derartige Welt richten würde - gerichtet hat - alles andere als erfüllt werden. Dass das riesige Tor einfach sperrangelweit geöffnet ist, führt seine Liste bis auf weiteres mit einigem Abstand an.
Trotz aller Alarmglocken, die bei ihm nun Leuten, tritt er ein und schreitet geradewegs geradeaus eine gerade Halle entlang, die zu allen Seiten mit zerstörten Verzierungen, leeren Rüstungen zerschlagenen Möbelstücken bestückt ist, als sei nach einer großen Schlacht nur notdürftig bis zur Nächsten aufgeräumt worden.
„Fähigkeit Wahrnehmung eine Stufe aufgestiegen. Fähigkeit Gegnererkennung Stufe Null erhalten.“
Erschrocken blickt er auf die zweite Statusmeldung, denn wenn er diese Fähigkeit erhalten hat, dann muss es auch irgendwo einen Gegner geben, den er erkennen könnte.
Stephan traut sich kaum, sich umzuschauen oder auch nur eine Bewegung gleich welcher Art zu machen, vermutet er doch, dass sogleich aus allen Richtungen irgendwelche Monster auf ihn zustürmen werden, um ihn zu meucheln. Doch noch rührt sich nichts und so lange, wie er regungslos auf der Stelle stehen bleibt und in die Tiefen des Raumes lauscht, ist auch nicht das Geringste zu hören. Bedächtig macht er einen vorsichtigen Schritt und schlagartig rumort es aus allen Richtungen.
Die Einrichtungsreste scheinen sich zu bewegen und rücken zur Seite, das Dunkel in der Ferne wird weniger Dunkel, es lodern auf einmal Fackeln an den Wänden und in den Gängen zum Rand der Halle auf, grüne Augenpaare werden in seiner Nachricht deutlich, die ihn anstarren und bereits im nächsten Moment ist es endgültig mit dem Frieden dahin, denn alles, was irgendwie nach einem Lebewesen oder sogar nach einem Untoten aussieht, bewegt sich auf ihn zu. Mal mehr, Mal weniger schnell kommen die Laufgeräusche auf ihn zu, werden deutlicher, treten aus der Dunkelheit in den ambienten Schein der Leuchten um ihn herum, zu denen sich nun jedoch auch eine Lichtquelle gesellt, die Stephan selbst über sich erzeugt. ‚Wenn ich eh schon aufgefallen bin, kann ich auch die Lampe anmachen.‘ denkt er sich noch, als er Helligkeit und Reichweite erhöht. Schon im nächsten Augenblick wird ihm die Tragweite seines Problems deutlich, denn die Horden, die sich da auf ihn zu bewegen scheinen endlos.
Kurz schließt Stephan mit seinem Leben ab, da erinnert er sich an seine Anfangssituation in dieser Welt, erinnert sich an seine Versuche, sich selbst zu verletzen und die Auswirkungen seiner Handlungen auf seinen tatsächlichen Vorrat an Gesundheitspunkten, der nicht geringer werden wollte, ganz gleich, was er auch versuchte. So ging es ihm auch nach dem Sturz aus dem Himmel ohne Abbremsen. ‚Vielleicht sterbe ich doch nicht sofort.‘ macht er sich geringe Hoffnungen und ein Lichtlein am Ende des Tunnels. Dann sind die Gegner auch schon da.
Eine Mischung von Tierwesen und Skelettkriegern, von Goblins, Golems und Elementaren, von Ogern, Trollen, Zombies und Magiern schiebt sich in einer Woge von kampfeslustigen und ausgehungerten Angreifern mit ihren Waffen im Anschlag auf ihn zu. Von so viel Unterscheidungsvielfalt und unterschiedlichen Angriffsvektoren regelrecht erschlagen gelingt es ihm nicht, einen klaren Gedanken zu fassen und zumindest eine Abwehrstellung einzunehmen, sondern er kauert sich bloß auf dem Boden zusammen und harrt der Waffen, die da gleich auf ihn einschlagen werden. Und dann sind sie auch schon da.
Die ersten Äxte schlagen auf seinem rücken ein. Messer stechen in seine Arme, seinen Nacken, seine Seite, Pfeile treffen seinen Hintern und er spürt auch, wie diverse Schwerter über seinen Körper gezogen werden. Dann kommt ein gewaltiger Oger und holt mit einer riesigen, mit Spitzen versehrten Stahlkugel an einer Kette aus, um ihn zu zertrümmern, schwingt sie zwei Mal in der Luft und rammt sie dann auf sein Opfer hernieder.
Stephan steht auf, schüttelt sich und lässt all den Unrat von sich herunterpurzeln. Die Blicke der ihn umgebenden Monster hätten wohl andächtiger nicht sein können, stocken diese doch allesamt mitten in ihren Bewegungen und beobachten ihr Opfer, das von ihren Angriffen, die wohl alle bisherigen Besucher das fürchten gelehrt und dann auf den Grill befördert hätten, so völlig unbehelligt geblieben ist. Sogar die Trolle blicken sich an, kratzen sich fragend am Kopf und verbleiben dann wartend im Hintergrund, warten erst einmal ab, ob jemand Schlauerem etwas Gutes einfällt.
Doch Stephan ist genug eingefallen und die Tatsache, dass er noch lebt und der Umstand, warum er noch lebt, haben ihm seine Möglichkeiten ins Gedächtnis gerufen. Seine Fähigkeiten sind nun auf einer Stufe, dass er sich vor fast nichts mehr fürchten muss, seine Eisenhaut wehrt ganz offensichtlich jegliche Pfeile, Messer und Schwerter ab, Aufschlagresistenz lässt ihn weder durch Äxte noch riesige Eisenkugeln wanken. Doch nachlässig möchte er auch nicht sein.
„Geht mir einfach aus dem Weg, Jungs.“
Mit diesen fast schon genervten Worten und einem „Flamme an!“ umgibt er seinen gesamten Körper mit einem Flammenmeer, das er durch präzise Kontrolle und Hilfe von Winderzeugung auf genügend Abstand hält, dass seine Kleidung nicht an seinem Körper verbrennt und er dann nackt an diesem Ort herumlaufen müsste. Dass dieser Effekt Wirkung zeigt, spiegelt sich sogleich in der Vergrößerung des Kreises um ihn herum deutlich wieder. Die Gegner bleiben auf Abstand, sind ganz offenkundig durch Feuer durchaus verwundbar. Doch Platz machen sie noch immer nicht. Stephan wird ungeduldig. Die nächste Eskalationsstufe seiner Verteidigung tritt in Kraft, er aktiviert eine Geräuschbeherrschung und macht ein bisschen krach, dass den Gegnern, die noch etwas hören können, der Kopf qualmen sollte.
Abermals wird der Kreis um ihn herum größer.
Doch erfolgreich vermag Stephan diese Aktion nicht zu nennen, denn die kleinsten der Gegner - er vermag nicht einmal eine Bezeichnung für diese Wesen erfinden - kommen in Scharen aus allen Richtungen auf ihn zugerannt, springen ihn an und versuchen, sich mit ihren zahnbewehrten Mäulern und spitzen Krallen an allen Extremitäten in ihn zu verbeißen. Kein Blut tropft, keine Haut wird durchdrungen, kein Schmerz erzeugt. Stephan schütteln nur den Kopf.
„OK, ihr seid also vor allem nervig. Na Gut.“
Und mit diesen Worten und einigen Dutzend von diesen kleinen Monsterchen an sich hängend macht er wieder einige Schritte in die Richtung, in die es ihn ursprünglich zog. Dass ihn auch der Angriff der Kleinen so unbehelligt lässt, jagd den Anderen offenbar Respekt ein. Vor ihm bildet sich ein Gang, wird zur Seite getreten und Platz gemacht und er hindurch gelassen. Und während sich die Trolle abermals am Kopf kratzen, die Skelettkrieger zweifelnd ihre Schwerter betrachten und die Magier deprimiert ihre Feuerkugeln in den Händen ersticken, schreitet Stephan so würdevoll, wie es mit seinem lebenden Gehänge möglich ist, durch die Spalier stehenden Einwohner dieser Welt, um ihren Anführer zu treffen.
Noch einmal erreicht der Held eine gewaltige Doppeltür, die bis zur Hälfte der Hallenhöhe gereicht und von zwei Steinrittern bewacht wird. Als er sich ihnen nähert, erwachen diese zum Leben, und bevor Stephan in Abwehrhaltung oder gar zum Angriff übergehen kann, greifen diese beiden zu den Griffen des Tores und öffnen es für den merkwürdigen Besucher. Verdutzt stakst der Behängte weiter und lässt darüber sogar das Licht über sich erlöschen, was seine ursprünglichen Angreifer offenbar auch merken und ihre Chance wittern.
Den Lärm von sicherlich hunderten Kreaturen hinter sich vernehmend ist Stephan ganz froh, dass die Ritter die Tür hinter ihm wieder geschlossen haben und er nun alleine in einem Saal steht. Vier Feuerkelche an Figuren, die an den Tragesäulen stehen, flammen auf und erleuchten den Raum in Gänze und so wird auch der Thron am anderen Ende der Halle sichtbar, auf dem eine übermannsgroße Person sitzt und gelangweilt sein Kinn aufstützt, seinen Arm auf der Lehne.
Kapitel 12
„Du bist also der zuständige Held heute. Na ganz toll.“
„... äh .... Hä?“
Stephan ist komplett irritiert. Einen Angriff hatte er erwartet, einen epischen Kampf oder zumindest Verhandlungen mit vielleicht etwas Machtdemonstration, aber nicht einen ziemlich gelangweiltes und vor allem passiv genervtes Oberhaupt der Monsterhorden.
„Nicht Hä. Für dich bin ich Lord Igris, Herrscher der Unterwelt und so. Und du bist der Nachfolger von Ritter Ro, oder? Es musste ja jemand nachkommen, so sind eben die Regeln.“
„Du kennst Ro?“
„Ja. Wir hatten einen Deal, er hatte auch keine Lust auf all das hier. Er wollte bloß weg. Wollte ein neues Leben anfangen, ganz wo anders, wo sie ihn nicht kriegen würden. Wo sie ihn nicht mit dem Leben seiner Familie erpressen konnten.“
„Ro hatte Familie? Hier?“
„Ja. Mit seiner Frau hat er zwei Kinder, ein Mädchen und einen kleinen Jungen. Ist aber schon eine Weile her. Weißt du denn gar nichts?“
„Naja, ich bin quasi gerade erst angekommen. Und woraus bestand der Deal?“
„Eigentlich sollte ich dir das wohl nicht erzählen, aber es ist mir inzwischen auch egal. Er wollte durch das eine Portal verschwinden, wir helfen ihm, sein offizielles Ableben vorzutäuschen und dafür haben wir hier Ruhe, weil er schon so weit aufgestiegen war und wir dadurch stark geworden sind. Aber das alles ist jetzt hinfällig.“
„Versteht. Äh, nein, ich verstehe gar nichts. Welches Portal. Wieso stark weil aufgestiegen. Wieso sein Ableben vortäuschen.“
„Na nur, wenn er offiziell Tod ist, wird der König seine Familie womöglich in Ruhe lassen, weil sie ihm nicht mehr nützen. Und dass wir stärker werden, wenn der Held eine Stufe aufsteigt, hat dir noch keiner erklärt? Das ist wohl die Basisregel dieser Welt. Ebenso wie das Elend, dass ich wiederkehre, wenn ich von dem zuständigen Helden besiegt worden bin, der die Horden der Dunkelheit niedergeschlagen und die Welt gerettet hat bla bla bla bla, das ganze alberne Zeug eben. Weißt du, wie oft ich das schon durchgemacht habe? Okay, ich hab nicht mitgezählt, aber es war zu oft.“
Der dunkle Herrscher ist in Plauderlaune, wie es Stephan scheint. Dies will er auf keinen Fall unterbrechen und begibt sich auf den gleichen Tonfall wie sein Gegenüber, verharrt an Ort und stelle und bleibt direkt beim Thema.
„Hmm, kann ich verstehen. Und das Portal? Welches Portal?“
„Das ist anscheinend Defekt. Einige Zeit, nachdem Ro auf diese andere Welt gegangen ist, hat es sich deaktiviert und ist seitdem auch nicht mehr angesprungen. Ich hatte noch keinen Antrieb, mich darum weiter zu kümmern.“
Stephan kann ich vorstellen, warum das Portal seine Funktion eingestellt hat, denn das Ziel existiert schlicht nicht mehr - genau wie Ritter Ro und alle anderen von dieser Welt, auf die er gegangen ist. Kurz lässt er den Kopf etwas hängen, da bemerkt er, dass er noch mit den kleinen Viechern behängt ist. Kräftig schüttelt er sich und wirft sie von sich herunter.
„Hahaa. Du bist zumindest unterhaltsam.“ spricht er, unterbrochen von einem Geräusch, das seine kleinen Untertanen verscheucht, um dann in seiner Analyse fortzufahren. „Aber Ro war nicht schwach. Er hätte mich niederstrecken können, aber er tat es nicht. Trotz seiner Stufe ... Ach ja, also wenn der Held eine Stufe aufsteigt, wird auch mein Volk und vor allem ich ebenfalls ein ganzes Stück stärker. Als wir vor einiger Zeit jedoch wieder schwächer wurden, war mir klar, dass es einen neuen Helden auf niedrigster Stufe geben muss, so dass die Welt unsere Stärke angepasst hat. Ro wusste das natürlich auch. Doch wieso bist du so mächtig, ohne dass deine Stufe auch unsere Kraft erhöht?“
„Tja, das ist eine lange Geschichte. Ich hab es selbst nicht ganz verstanden, aber offenbar kann ich durch Training ebenfalls meine Fähigkeiten steigern.“
„Dann solltest du ganz dringend auch deine Stufe steigern. Wenn der König mitbekommt, dass du auf so niedriger Stufe und wir damit schwach sind, wird er selbst kommen und versuchen, uns auszulöschen. Das wird das Gleichgewicht dieser Welt ins Elend stürzen. Der König ist ein Arsch.“ schließt der Unterweltkönig seine messerscharfe Analyse ab.
„Ja, das hab ich auch schon gemerkt. Erpressung scheint auch genau sein Mittel zu sein.“
„Hahahaa. Hat er dich auch schon erwischt? Dacht‘s mir fast.“
„Nein, aber jemanden, den ich kenne. Aber zumindest das mit Ro hat wohl funktioniert, er hält ihn für tot.“ erklärt er dem verständig dreinschauenden und bloß durch das Gespräch weit weniger deprimiert dreinschauenden Krieger, der aber bereits wieder schulterzuckend abwinkt.
„Jetzt bist du ja da und der Zyklus beginnt neu. Das ist ja das Elend. Es müsste durchbrochen werden. Aber auch Ro ist nur seine Flucht dazu eingefallen - und das Detail, dass er uns in gestärktem Zustand und damit wehrhaft zurückgelassen hat. Letzteres ist jetzt dahin.“
„Wenn eure Wehrhaftigkeit vor allem durch die Stufe des Helden bestimmt wird, ich aber nicht aufsteige, dann könnte ich versuchen, euch zu trainieren. Wenn das funktioniert, dann könntet ihr trotzdem stärker werden und euch mindestens verteidigen, vielleicht sogar ein dauerhaftes Patt heraushandeln, eventuell sogar Mal mit einem Sieg versuchen den Zyklus unvollendbar zu machen.“
„Hmm. lass mich darüber nachdenken. Euphemia? Unserem Besucher etwas zu trinken. Hier wird es Menschen schnell trocken in der Kehle. Geh ruhig mit ihr in den Speisesaal.“
Eine Succubus erscheint aus einer Seitenloge und winkt Stephan zu sich herüber. Ihr langer Schwanz sowie ihre Hörner täuschen nicht darüber hinweg, dass sie einen ausgesprochen wollüstigen Körper auf schlanken, langen Beinen daher bewegt, die karge Kleidung macht ihr Übriges, um ihrem Gast bereits vor dem Getränk das Wasser im Mund zusammenlaufen zu lassen. Die kleinen Flügel, die sie an ihrem Rücken zusammengefaltet hat, gehören wohl eher zur Grundausstattung und scheinen nicht zum Fliegen geeignet, können aber auch kaum verbergen, was sich für Massen an Vorbau an ihr wogt, wenn sie einen Schritt macht. Als sie sich dann in die Haare greift, ihre Arme dabei hebt und ihren Kopf zu einem Blick auf ihe neues Opfer richtet, blitzt ihre Oberweite seitlich sichtbar in sein Sichtfeld, was ihm große Augen und ihr ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
„Komm nur, der Chef wird eine Weile brauchen. Hier haben wir vor allem Zeit, weißt du?“ säuselt sie ihm zu, während er ihr mit jedem weiteren Wort immer mehr verfällt und nun nicht nur dem Traum von ihrer Oberweite nachgeht, sondern seine Blicke auch tiefer fallen, über ihre schmale Taille entlang hin zu ihrem wohlgeformten, runden Hintern, der mit jedem Schritt noch eine ihm unbekannte Bewegung mehr zu machen scheint, welche er jedoch auf den langen, dünnen Schwanz, den sie hinter sich herkräuselt, schiebt. Fast geht er nah genug hinter ihr her, dass die spitz zulaufende, flachgedrückte Spitze, die in der anderen Richtung wie ein Herz aussieht, ihm um das Gesicht gleitet, seine Blicke zu fangen sucht und seine Aufmerksamkeit von ihrem eigentlichen Tun ablenkt, doch dann sind sie auch bereits in einer kleineren Kammer mit einem Tisch und rustikalen Bänken, auf die er auch sogleich gewiesen wird. Aus einer Seitenöffnung - genauer kann Stephan es nicht sagen, denn sein Blick interessiert sich nicht sonderlich für die Handlungen dieser unvorstellbar absurden Schönheit - zaubert Euphemia dann einen großen Krug herbei, den sie dem bereits auf der Bank platz genommen habenden Gast vor die Nase stellt.
„Bitte sehr der Herr. Ich hab den Wein etwas leichter machen lassen, damit sein Durchhaltevermögen nicht so sehr leidet.“ säuselt sie ihm mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen vor und wartet darauf, dass Stephan den Krug an die Lippen setzt.
Köstlich ist der Trank und groß ist der Krug. ‚Bei der Menge Wein in diesem riesigen Krug ist es egal, ob er verdünnt ist ...‘ überlegt Stephan, während er das Gefäß wieder abstellt, was ihn sogar mehr Kraft kostet, als zuvor. Schnell blickt er sich suchend um, wo seine Begleitung abgeblieben ist, da schwingt auch bereits die Spitze ihres Schwanzes über die gegenüberliegende Kante des Tisches. Gleichzeitig merkt er, dass sich jemand an seinem Beinkleid zu schaffen macht und mit einem schnellen Blick vor sich unter den Tisch ist auch der Verbleib von Euphemia geklärt, die sich mit schnellen, gezielten Fingerübungen Zugang zu dem verschafft, wonach es einen Succubus eben so verlangt.
Kaum schafft es Stephan, ein „äh ...“ des Einspruchs zu verlautbaren, da hat sie auch bereits sein heute morgen noch benutztes, bestes Stück zwischen ihren Lippen und beginnt ihn mit leichten Saugbewegungen zu stimulieren und in eine Form zu bringen, mit der sie offenbar lieber zu spielen scheint. Ihre Lippen, ihre Zunge, die Sanftheit ihres Bisses, all das beweist die Natur ihrer Herkunft, beweist das Können, das sich sicher über Jahrhunderte in diesen Dämonen angesammelt hat, die mit der menschliche Natur gelernt haben, so perfekt zu spielen und sie nach ihrem Gutdünken zu nutzen. Trotzdem scheint sie sich nicht recht unter Kontrolle zu haben, denn alsbald, als Stephan mit einem „Ohm ...“ ihren Kopf packt und zu sich zieht, sie sich überraschend, kurz wehrt, um dann Stephans Geschenk verlangend in Empfang zu nehmen, sie sich mit einigen letzten, schleckenden Zünglern von ihm zurückzieht, nähert sie sich ihm wieder mit einem herausfordernden „Na, da kann sich ja jemand nicht bremsen ...“, und setzt sich mit einem breiten Grinsen rittlings auf seinen Schoss, die Hose noch immer lose unter ihm hängend.
„Schmeckt denn der Wein, Jüngling?“
Doch Stephans Antwort geht mit einem kurzen „Ohhmmmfffmmm...“ zwischen ihren drallen Brüsten unter, die sie ihm direkt ins Gesicht streckt, seinem Kopf mit einer Hand zu sich zwischen sie drückt und seine Hand an ihre Taille legt.
„Wir hatten schon sooo lange keinen Besuch hier drüben. Ein kurzer Snack ist da nicht genug, weißt du?“
Und Stephan weiß, denn bei so viel wollüstigen Fleischmassen um sein Gesicht, solche anbetungswürdigen Formen in seinen Händen, stellt er nach kurzer Zeit fest, dass der Lendenschurz, mit dem sie ihre Intimität bedeckt hält, diese tatsächlich nur verdeckt, aber nicht verhüllt. Just hat sich seine Fleischlanze aufgerichtet und in Richtung ihres Unterleibs gestreckt, den sie über den seinen gereckt reitet.
„Oh, was haben wir denn da? Na das ging aber schnell. Willst du mir etwa besonders gefallen?“ spricht sie, während sie einen kurzen Hopser macht und seinen Recken in sich hinein rammt. „Trink nur noch einen Schluck, du wirst es brauchen.“ unterbricht sie ihren Ritt, hält ihm den Krug an die Lippen und gereicht ihn zu trinken. Einen tiefen Schluck erlaubt sie ihm, um dann den Krug weg und seinen Kopf hin zu ihren Nippeln zu führen, ihm zu geheißen sie zu verwöhnen. Der folgsame Stephan gibt sein Bestes mit allen Arbeiten seines Körpers, bearbeitet ihre Brüste, knetet ihren Hintern, knabbert und saugt ihre Nippel, stößt ihren Unterleib und zieht auch ein wenig an ihrem Schwanz um ihren Unterkörper besser unter Kontrolle, ihre Bewegungen besser führen zu können. Doch ihr Gewicht auf ihm macht ihm zu schaffen.
Als erfahren Succubus richtet sie sich mit ihm auf und neigt sich auf den Tisch, ihm ihre weiblichsten Zugang wie auf dem Tablett zu präsentieren, und plötzlich kommt sich Stephan sehr klein vor im Vergleich zu dem göttlichen Liebesdämonen. Sein Verlangen jedoch hat dieser Anblick nur verstärkt, seine Erinnerung an Stephania verblasst regelrecht, sein Krieger richtet sich nach vorn. Doch seine Hand gleitet über ihre Weiblichkeit, rutscht über ihre Lippen, misst verspielt den Abstand zwischen den Körperöffnungen und regelrecht fallen lässt sich Stephan auf den heißen Körper seiner neuen Gespielin. Verlangend fährt seine Zunge dort hinein, wo eben noch sein Docht gearbeitet hat, vorsichtig knabbert er an dem Ort, den der Lendenschurz so erfolgreich verborgen hat, tief schiebt er seine Hand in die Dämonin hinein und reißt damit ihre überraschten Augen weit auf, verleitet ihren Mund zu einem undämonischen „Oh mein Gott.“. Doch eine Körperöffnung scheint ihm zu unbetreut.
Kurz reibt er sein Liebesschwert mit seiner angefeuchteten und kurz dafür pausierenden Hand, da gleitet es auch bereits ebenso tief, verzögerungs- wie hindernisfrei in das Ziel, welches Euphemia offenbar nicht vorher gesehen hat, denn nicht nur kippt sie wie von Sinnen nach hinten weg und kommt flach auf dem Tisch zum Erliegen, sondern züngelt ihr sonst so kontrollierter Schwanz ziellos und alsbald regelrecht zuckend zwischen den beiden umher, bis Stephan ihn mit den Zähnen zu fassen bekommt. Eine Hand an ihrer Intimität, die andere Hand tief in ihr, seinen eigenen Schaft in dem anderen Eingang drückend, beißt Stephan zart aber zunehmend stärker in ihren ausgewachsenen Wurmfortsatz, was sie endgültig nur noch mit einem, den Kopf dazu leicht anhebenden „Hggchgggehhh...“ quittieren kann, bis er dann endlich seine Ladung tief in sie schießen kann und das Spiel damit zumindest für sich beendet.
„Da hat meine Tochter doch tatsächlich ihren Meister gefunden. Bravo.“
Die Worte des Dämonenkönigs schießen durch Stephans Kopf wie eine Kanonenkugel. Der König ist ihr Vater? Er hat grade die Tochter des Chefs geregelt? Und er hat gewonnen? Und seit wann haben sie einen Zuschauer gehabt? „Mir scheint, du bist ein Mann mit Talenten. Fürwahr. Ich nehme deinen Vorschlag an. Lass uns die Details besprechen.“
Das nachfolgende Gespräch war ausgesprochen sachlich. Der Plan sollte zusätzlich auf einer Absicherung beruhen. Dass Stephan wahrscheinlich noch eine dritte Rückendeckung in Form der Stimme, die im Schlaf zu ihm spricht, hat, hat er jedoch nicht verraten. Zu groß die Unsicherheit, ob es nicht doch nur ein Traum sei.
„Gut. Ich halte fest.“, beendet der weise König die Verhandlungen faktisch. „Du entwickelst eine Trainingsmöglichkeit für meine Leute, damit diese stärker werden können, ohne dass du aufsteigst. Denn wenn der Plan des Königs funktioniert, wird er verhindert haben, dass du aufsteigen kannst. Bei diesem Training fällt genug Erfahrung für dich ab, dass dies gewissermaßen deiner Bezahlung gleich kommt. Wenn du aufsteigen solltest, werden wir ebenfalls exorbitant an stärke gewinnen und sind in beiden Fällen keine Opfer mehr. Wunderbar, dann haben wir einen Deal.“ spricht er, und streckt Stephan die Hand zum Besiegeln aus.
Doch just in dem Moment, als Stephans Hand sich unaufhaltsam auf dem Weg zur Hand seines Geschäftspartners befindet, setzt dieser nach: „Und du wirst meine Tochter schwängern.“ Pamm. Die Hände schlagen ineinander, das Geschäft ist besiegelt.
„äh, WAS?“ fährt es aus Stephan teilpanisch heraus?
„Keine Angst, du kriegst das schon hin.“ grinst ihn der stolze Papa an und verpasst ihm einen Klaps auf den rücken. „Aber jetzt zeig ich dir erst mal das Trainingsgelände. Komm schon.“ fordert er Stephan auf und geht auch schon los, so dass Stephan gar keine Wahl, keine Möglichkeit des Einspruchs mehr hat und sich beeilt, hinter dem gewitzten König herzukommen. Offenkundig hat ihn die Möglichkeit, aus seiner Trübsal zu entkommen, neuen Ansporn gegeben. Und was hätte Stephan auch erwidern sollen, nachdem er seine Spielchen mit Euphemia beobachtet hat.
Kapitel 13
Das Trainingsgelände ist eigentlich ein Amphitheater mit Sitzrängen an den Seiten. „Hier kannst du machen, was du willst. Ein Zauber schützt die Plätze um uns. Und auch die Einrichtung. Tob dich aus. Mit den fünf hier kannst du anfangen.“ Er weist auf eine kleine Gruppe von Kriegern, die am Rand vor ihrem König strammsteht, und geht, um sich im Zuschauerbereich einen Platz zu suchen.
Stephan schaut sich die Freiwilligen an und erkennt die kleinsten der Krieger aus der Eingangshalle gleich wieder. ‚Na, ob die so geeignet sind? Ausprobieren!‘
„Also.“ beginnt er seine Erklärung für die Soldaten. „Der Plan ist, dass ich euch verletze und dann unverzüglich wieder heile. Das machen wir einige Male, und dann schauen wir, ob sich eure Resistenz gegen diese Verletzung erhöht hat. Alles klar?“
„Alles klar.“ antworten die Fünf im Chor.
Stephan weist den Ersten an, vorzutreten und sich in einigem Abstand aufzustellen. Vorsichtig beschwört er eine kleine Feuerkugel herauf und schleudert sie auf sein vorbereitetes Ziel.
Mit einem markerschütternden Schrei geht dieses in Flammen auf. Auch der schnelle Versuch, einen konzentrierten Heilzauber auf diesen zu wirken, ist nicht von Erfolg gekrönt. Schnell flitzt Stephan zu seinem Opfer, aber der Versuch, das Häufchen Asche wiederzubeleben, hat eher etwas Komödiantisches.
„Scheiße.“
Stephan schaut schuldbewusst und ein bisschen traurig zum Dämonenkönig hinauf als wolle er um Verzeihung bitten, doch dieser hat nur ein anspornend winkendes ‚weiter‘ für ihn übrig.
Zusammenreißen muss er sich, ausprobieren muss er seinen Zauber, kleingespart soll er sein. Er zielt zum Test einmal gegen die Mauer und feuert ein paar Mal dagegen, wohlwissend, dass die magische Mauer dies verkraften können wird. Nach dem Vierten hat er bereits sein Limit erreicht, auf dass er die Feuerkugel schrumpfen kann, und schickt den nächsten Rekruten in die Arena, der nun schon weit weniger gewillt scheint, sich zu opfern.
„Ich fange zur Sicherheit schon vor der Feuerkugel mit der Heilung an.“
Der Gegner nickt. Der Zauber wirkt. Der Körper wird in ein weiches Leuchten gehüllt und Stephan schießt seine Minifeuerkugel an die Schulter des willigen Gegners, der diese mit einem Schrei entgegen nimmt. Doch in Flammen geht dieser nicht auf. Zumindest nicht vollständig. Seine Schulter ist zerstört und der Arm hängt nur noch an einem Fetzen Haut neben ihm herunter. Doch der Heilzauber beginnt unverzüglich mit seiner Wirkung und die Schulter wächst in einem ekelhaften Schauspiel von schleimigen Ranken, die aus dem Körper wachsen und neue Formen bilden, nach. Kurze Zeit später bereits steht der Proband geheilt und faktisch unverletzt, aber mit ängstlichem Blick, vor ihm.
Der König applaudiert lachend. Für ihn ist dies wohl bloß ein unterhaltsames Schauspiel. ‚Vielleicht stellt er sich bald Mal zur Verfügung.‘ denkt Stephan kurz, bevor er den nächsten Feuerball auf ein lebendiges Ziel schleudert.
Abermals ist die Schulter weg. Abermals der Schrei. Abermals tritt der Heilzauber in Kraft.
Bereits beim dritten Schuss merkt Stephan, dass die Schulter ein ganzes Stück breit erhalten geblieben ist und das Heilen entsprechend schneller vonstattengeht. Ein weiterer Schuss, die Schulter ist nur noch versengt von dem heißen Einschlag. Noch ein Schuss, und noch einer und schon hinterlässt die kleine Feuerkugel gar keinen Schaden mehr. Zum Test einmal die Schulter gewechselt, doch auch dort zeigt sich keine Wirkung mehr.
Stephan vergrößert den Feuerball, steckt etwas mehr Energie hinein, schießt, trifft, und muss die Schulter wieder heilen.
Das Ganze geht ihm nicht schnell genug. Zwar sitzt der König begeistert auf seinem Platz, applaudiert dem Schauspiel und lacht, wie man es von einem Dämonen nicht erwarten könnte, doch wenn Stephan seine ganze Armee so bearbeiten muss, dann wird der böse König an Altersschwäche sterben, bevor er ihm gegenübertreten kann, um das Spiel zu beenden.
„Du. Stich deinem Nebenmann dein Messer in die Schulter.“ weist er einen aus der übrigen Dreiergruppe an. Dieser zieht das Messer, sticht zu. Der direkt folgende Heilzauber kann den Schmerzensschrei seines Begleiters nicht vermeiden, wohl jedoch die Wunde schnell und spurenfrei schließen. „Stich den da vorne Mal.“ die nächste Experimentalanweisung, und der Messerstecher dackelt los, um das Flammenopfer die Schulter zu lochen. Mit gleicher Kraft stößt dieser zu und will ihm die Klinge in die offenliegende Schulter spießen, doch diese vermag es nicht, in die Haut einzudringen. ‚Hmm, Feuer ist wohl nicht einmal nötig.‘
„Okay, kommt Mal zusammen.“ ruft er die Subjekte zu sich. „Folgender Plan: ihr stecht euch, wartet, bis die Wunde geschlossen ist, und stecht euch wieder, gegenseitig, bis es nicht mehr geht. Und LOS.“
Stephans Heilzauber durchdringt die absurde Situation wie ein Heiligenschein und lässt vier Personen hell leuchten, die wie die Berserker aufeinander einstechen, als würden sie all ihren Hass und ihre Abscheu ihrem Kollegen gegenüber ausleben dürfen. Es ist nur Stephans Heilmagie zu verdanken, dass keiner von ihnen tot zusammensackt, sondern sie irgendwann erschöpft aufhören und aufgeben müssen, weil die Klingen nicht mehr in die Körper ihrer Opfer eindringen können. Der erste will schon zu seinem Schwert greifen, da bremst ihn Stephan mit einem prägnanten „Stopp!“
„So kann es gehen.“ richtet er an den Dämonenkönig, der sich vor Lachen kaum mehr halten kann, muss das Bild der aufeinander einstechenden, kleinen Monster regelrecht für die Götter gewesen sein.
Um sich zu vergewissern, dass er den angebotenen Dienst tatsächlich zu leisten vermag, ruft er jedoch erst einmal seinen Statusbericht auf, insgeheim darauf freuend, vielleicht wieder etwas Neues gelernt zu haben. Und er wird nicht enttäuscht, denn sein letzter Kontrollblick ist bereits eine ganze Weile her.
„Fähigkeit Heilung gestiegen. Fähigkeit erweiterte Heilung gestiegen. Fähigkeit erweiterte Heilung ist zu Flächenheilung aufgestiegen. Zauber Feuer gestiegen. Zauber Feuer gestiegen. Zauber Feuer ist zu Verbrennung aufgestiegen. Mehrfachzauber gestiegen. Fähigkeit Verlangenserkennung gestiegen. Fähigkeit Verlangenserkennung mit Erregungserzeugung, Befruchtung und Geilheit zu Fähigkeit Incubus verschmolzen. Fähigkeit Verlängerung aufgestiegen. Fähigkeit Verdickung aufgestiegen. Fähigkeit Standhaftigkeit aufgestiegen. Fähigkeit Verlängerung verschmilzt mit Verdickung und Standhaftigkeit zu neuer Fähigkeit Ausfüllung. Ausfüllung aufgestiegen. Fähigkeit Beobachtung aufgestiegen. Fähigkeit Verhandeln aufgestiegen.“
Ein breites Grinsen geht über Stephans Gesicht, als er den Erfolg seines Experiments in Erfahrungsanstiegen verbuchen kann. Sein Grinsen wird jedoch noch breiter, als er den Erfolg der Innenelebenserkungdung bei der Succubus Euphemia als neu erlernte und aufgestiegene Fähigkeiten abliest. Alleine die Titel, die er dort liest, lassen ihm die Hose eng werden und seine Augen kurz nach Igris‘ Tochter suchen, doch er muss sich nun zusammenreißen und auf die Aufgabe konzentrieren, die auch durch die neuen Zauber umso erfolgreicher scheinen.
Der neue Plan steht sofort, die neuen Gruppen sind herbeigerufen, die nächste Gruppe der Dämonen - dieses Mal wesentlich mehr als zuvor - versammelt sich nach und nach vor Stephan. Igris erscheint hinter ihm und spricht mit mächtiger Stimme zu den irritierten Probanden.
„Männer! Ich habe euch ausgesucht, weil ich sicher bin, dass ihr dies überstehen werdet. Und wenn ihr dies überstanden habt, wenn ihr die Herausforderung erlitten habt, ohne zu verzagen, dann werdet ihr umso stärker daraus hervorgehen. Stärker, als ihr euch das jemals hattet erträumen können. Vielleicht gar stärker, als der Held selbst. Ihr werdet der Grundstein für unsere Zukunft, für unser überleben sein. Hua!“
„Hua!“ geht ein Chor brüllend durch die Gruppe der Gnome, Trolle und Magier, Hobgoblins und Gremlins. Doch Stephan scheint es nicht so, als hätten diese wirklich verstanden, was er gleich mit ihnen machen würde.
Der sogenannte Held stellt sich in einigen Metern Abstand vor die Gruppe, streckt seine Hand flach aus und beginnt erst einmal, den Flächenheilzauber auf alle vor ihm Versammelten zu wirken. Natürlich hätte er das auch ohne den ausgestreckten Arm machen können, doch die Erfahrung, dass das Opfer dies gesteigert wahrnimmt, soll ihm auch hierbei von Nutzen sein. Das Glühen, welches nun durch die Menge wabert und auch die kleinsten Wunden, die sich an den Kreaturen über die Zeit angesammelt hatten, zu heilen vermag, wird von diesen entsprechend wohlwollend und alsbald begeistert wahrgenommen. Doch von der nächsten Stufe des Experiments wissen sie natürlich noch nichts.
Igris spricht wieder zu ihnen. „Männer. Nehmt eure Dolche und stecht eurem Nächsten in die Schulter.“ Die Monster blicken sich kurz fragend an, aber der Befehl ihres obersten Meisters wird kurz darauf wortgenau ausgeführt. Der Erfolg ist für Stephan erwartungsgemäß, verhält sich analog zu der kleinen Startgruppe, die bald darauf wie wild aufeinander eingestochen hat. Genau so ist es mit diesen Wesen, die, sobald sie festgestellt haben, dass sich die Wunde an ihnen beziehungsweise ihrem Gegenüber bereits Sekunden später wieder spurlos geschlossen hat, zum nächsten Stich übergehen. Und dann zum nächsten. Der nächste Stich erfolgt dann bereits in noch schnellerer Folge. Andere Körperteile werden anvisiert und durchlöchert, regelrecht perforiert, der Erfolg wird kurz beobachtet, es wird sich versichert, dass man selbst und auch das Gegenüber noch lebt, um dann direkt zur nächsten Salve von Stichen überzugehen.
Der Dämonenkönig kringelt sich abermals vor Lachen bei dem Anblick der unsterblich erscheinenden Kreaturen, die da aufeinander einstechen, sich dabei offenbar selbst zu amüsieren scheinen. Bis Stephan dann die andere Hand erhebt und den zugefügten Schaden auf eine andere Ebene hebt.
Die Flammen, die auf einmal unter der Horde auftauchen, werden anfangs noch gar nicht wahrgenommen, zu beschäftigt sind die Krieger damit, sich gegenseitig abzustechen und ihre Waffen auszukosten. Doch mit den Flammen wird auch das Heilglühen intensiver, welches ihre gesamten Körper überzieht, bevor die Flammen in ihren Sichtbereich hinaufzüngeln. Dann jedoch macht sich schlagartig leichte Panik breit. „Bleibt standhaft. Alles verläuft genau wie geplant. Erleidet den Schmerz, nehmt ihn als Auszeichnung für euren Erfolg. Nehmt ihn als Anzeichen für euren Aufstieg.“ weist Igris sie an und die Gruppe verstummt wieder.
Unter den Blicken der Monster erhebt Stephan die zweite Hand nun etwas mehr, weist damit die Flammen an, an seinen Opfern hinaufzulodern, mehr von ihnen zu verbrennen als die Beine, umhüllt sie alle bis zum Oberkörper mit roten Flammen, den Kältesten der von ihm erzeugbaren Feuern. Der Flächenheilzauber kommt seiner Aufgabe jedoch namensgerecht nach und schließt die sich ausbreiten wollenden Verbrennungen schnell genug. Nichtsdestotrotz riecht man alsbald die verbrannte Haut der unterschiedlichen Wesen, von denen die Kleinsten bereits bis weit über den Kopf in den Flammen versunken sind und ihre Schmerzensschreie die Gruppe durcheinanderbringt. „Erleidet es mit Stolz, Männer!“ erklingt die mächtige Stimme ihres Herrschers und hält sie zur Ordnung an - mit Erfolg, denn durch sämtliche Klassen hindurch stehen die Geflämmten nun stramm und versuchen, sich die Schmerzen der Verbrennung nicht zu sehr ins Gesicht stehen zu lassen.
Noch eine Stufe höher lässt Stephan die Flammen lodern, konzentriert sich auf die doppelte Anwendung der Zauber, heilt mit Anspannung den gesamten Bereich vor ihm und kontrolliert, ob auch die Schwächsten von ihnen noch stehen und atmen. Doch der gestärkte Heilzauber funktioniert genau wie erwartet, das Resultat zeigt sich langsam, die schmerzverzerrten Gesichter werden milder - und die Resistenz der Monster gegen sein Feuer steigt. „Haltet durch, meine Männer! Erleidet ein bisschen Qual für unser Volk, erleidet und werdet stärker. Erleidet jetzt und lebt in einer Zukunft.“ ruft Igris seinen Leuten zu, zwingt sie mit seiner Motivationsrede zu strengeren Gesichtern, sogar zu disziplinierter Körperhaltung.
Sogar, als die Masse merkt, dass nicht nur ihre Haut es ist, die immer wieder verbrennt - und augenblicklich geheilt wird - sondern sich auch ihre Kleidung in Rauch auflöst, ihre Rüstungen verbrennen, die Waffen in Mitleidenschaft gezogen werden. Doch zum aufeinander herumstechen reicht es noch. Die Wut entlädt sich bei manch einem an seinem Nachbarn. Jeder jedoch erträgt sein persönliches Leid, genau so, wie es der Herrscher Igris angewiesen hat. Mit schmerzverzerrten Gesichtern zwar, aber mit einer Stringenz, die auch Stephan etwas Respekt abverlangt.
Und dann geht es zu Ende. Stephan merkt, dass sein Heilzauber keinen mehr heilt, dass seine Flammen auch auf höherer Stufe nicht mehr in der Lage sind, Schaden am Personal hervorzurufen, und so beendet et das Großexperiment an den Monstern. Eine Meldung ist durch sein Sichtfeld geglitten, die ihm Hoffnung macht, dass er wieder etwas dazugelernt hat. Kurz ruft er das Diagramm auf, bewundert seinen Fortschritt.
Ein Grummeln geht durch die Menge, das Hauen und Stechen unter den Monstern ist beendet. Kein Dolch, kein Schwert, keine Axt vermag es mehr, durch die gefestigte Haut der Wesen zu dringen, die sich da mit ihren Waffen zu piken versuchen. Kurz noch wendet der ein oder andere seine Waffe gegen sich selbst, versucht, sich selbst Schaden zuzufügen - und scheitert. Eine neue Erkenntnis setzt bei einem von ihnen ein. Eine fatale Erkenntnis, wie sich alsbald herausstellt.
Mit hasserfülltem Gebrüll und seiner Großaxt im Anschlag stürzt ein Hobgoblin aus der Gruppe hervor, richtet all seine Wut auf seinen Peiniger.
Kurz überlegt Stephan, ob er sich auf Igris verlassen sollte, doch es ist ihm zuwider, sich auf jemand anderen verlassen zu wollen. Die Vielzahl seiner Möglichkeiten zieht durch seine Gedanken, die verschiedenen Verteidigungsformen, die sich für ihn gerade ergeben, verwirren ihn fast schon so sehr, dass es der Angreifer gefährlich nahe an ihn herankommt. Doch dann hat er sich entschieden, fokussiert seinen Willen auf ein Element und auch seine eigene Wut auf diese undankbare Kreatur entlädt sich ein Stück weit in diesem Gegenangriff.
Dass der Angreifer gegen Feuer oder Waffen ziemlich immun ist, hat Stephan sich selbst zuzuschreiben, doch das Element Wasser hat er ebenfalls unter Kontrolle. Eine Kugel des flüssigen Nass entsteht zwischen den beiden Personen und hält den Lauf des Monsters jäh auf, stoppt es wie eine Mauer, gegen den es rennt, die sich in seinen Magen rammt und den Angriff beendet. Kurz geht ein Raunen durch die restliche Menge potentieller Gegner, von denen nicht klar ist, ob sie ihm nächsten Moment nicht ebenfalls auf Stephan losgehen werden. Als sich die Kugel dann verbreitert, sich als fließendes Etwas um den Körper des Hobgoblins legt, diesen in die Luft hebt, ihn immer weiter umschließt und seine Bewegungen beginnt zu kontrollieren, da wird es sehr still in dem großen Raum - bis auf das Winseln des Angreifers. Doch auch dieses verstummt alsbald, denn das Wasser sucht sich seinen angewiesenen Weg in alle Körperöffnungen seines Opfers, fließt in sein Maul, seine Nase, in sein Rektum, durch seine Gedärme, in dessen Rachen tief in seine Lunge und seinen Magen hinein, bohrt sich aus diesen wieder hinaus, hinein in die restlichen Organe der zuckenden Kreatur, die die aufgeschwemmten Augen verdreht und schließlich in einer ploppenden Explosion von Gedärmen, Haut und blutigen Fetzen in alle Richtungen auflöst. Der letzte Anblick dieses undankbaren Angriffs ist der Kopf des Aggressors, der wieder auf dem Haufen seiner eigenen Reste landet und zum liegen kommt.
„Bitte verzeiht, Herr.“ wendet sich Stephan an den Dämonenkönig, doch Igris hat nur ein gönnendes Lächeln für ihn, legitimiert damit dieses Vorkommnis. „Tja, so stark seit ihr doch noch nicht geworden, was?“, macht sich Igris lautstark vor seinen Leuten über den Matschhaufen lustig. „Mir scheint, als liege noch ein langer Weg vor uns. Aber nicht heute.“ sprichts, winkt Stephan zu sich und dreht sich um, entfernt sich von den Kriegern und überlässt diese fürs Erste sich selbst und ihrem Schleimhaufen.
„Ich habe noch eine Gruppe für dich vorbereitet. Wahrscheinlich willst du auch etwas trainieren, oder?“ erklärt sich Igris, als er mit seinem Helden einen Gang zu einem anderen Platz entlang marschiert, der wesentlich grober umrandet aussieht, der entweder Schlachtspuren oder Lieblosigkeit erfahren hat. „Ich habe meine Hofmagier angewiesen, sich dir zu stellen. Kommst du damit klar?“ fordert er Stephan regelrecht heraus, der erst noch einmal zur Sicherheit seinen Statusbildschirm aufruft, um sich zu vergewissern, dass sich seine Heilungskünste auch auf einem befähigten Stand befinden.
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: keine
Rang: 1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Ausdauer: unendlich
Konzentration: 431
Intelligenz: 73
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 111, Stahlfaust Stufe 81, Aufschlagresistenz Stufe 40, Feuerresistenz Stufe 82, Feuer Stufe 50, Licht Stufe 50, Holzbearbeitung Stufe 18, Winderzeugung Stufe 28, Feuerresistenz Stufe 38, Mehrfachzauber Stufe 45, Wasserkontrolle Stufe 30. Sanfte Finger Stufe 15, Akrobatik Stufe 9, Weitsicht Stufe 12, Überblick Stufe 2, Stahlknochen Stufe 67, Harte Landung Stufe 2, Fliegen Stufe 8, Sprung Stufe 11, Holzveränderung Stufe 3, Waffen Stufe 5, Werkzeug Stufe 7, Architektur Stufe 12, Kleidung Stufe 2, Jagd Stufe 8, Ausweiden Stufe 2, Gerben Stufe 3, Kochen Stufe 4, Grillen Stufe 8, Tonveränderung Stufe 9, Konservierung Stufe 1, Logistik Stufe 5, Fähigkeitenanalyse Stufe 1, Beobachtung Stufe 4, Einschüchterung Stufe 1, Kartographie Stufe 1, Gedankenlesen Stufe 4, Verhandeln Stufe 1, Berserker Stufe 1, Mordlust Stufe 1, Blutrausch Stufe 1, Wut Stufe 1, Telepathie Stufe 2, Gedankeninfusion Stufe 1, Zerstörung Stufe 4, Geilheit Stufe 40, Befruchtung Stufe 3, Tiefensuche Stufe 2, Erhärtung Stufe 1, Verlängerung Stufe 1, Standhaftigkeit Stufe 5, Erregungserzeugung Stufe 1, Verlangenserkennung Stufe 1, Verdickung Stufe 1, Incubus Stufe 8, Ausfüllung Stufe 3
Zauber: Feuer Stufe 37, Licht Stufe 31. Heilung Stufe 33, Heilender Kuss Stufe 1, Flächenheilung Stufe 38, Blitz Stufe 1, Wasser Stufe 55, Erzeugung Stufe 142, Flammenwelle Stufe 233, Wind Stufe 17, Verbrennung Stufe 4
Skills: keine
Mit Genugtuung betrachtet er die Werte seiner Heilzauber. Die Heilung der Monster hat ihm abermals mehr als ein Dutzend Stufenfortschritte beschert, die Beherrschung des Wassers bei seinem Angriff spiegelt ihm die Stufe dieses Zaubers wieder, er geht beruhigt der nächsten Trainingsphase entgegen, obwohl er die Eigenschaften seiner Regeneration und auch seiner Lebenspunkte nicht einmal bemerkt hat.
Im Zentrum des Platzes erhebt sich ein kleines Podest, auf dem er sich präsentierend aufbaut, während sich ein halbes Dutzend verwegen aussehender, umhangbewehrter und spitzhütiger Humanoide auf den Stufen die äußere Umrandung aufsteigend aufstellen und ihn anschauen. Keine Aggression kann er in ihrer Haltung erkennen, keinen Hass sieht er in ihren Augen, die unter den Kapuzen hervorblitzen und ihre Natur überdeutlich klarstellen.
Abermals ist das Erste, was Stephan anklingen lässt, sein Heilzauber, ausgedehnt auf alle, die sich um ihn versammeln. Als dann die Woge der Angriffsmagie auf ihn einhämmert, ist er dann doch überrascht von der Wucht der Zerstörung, die jeder seiner Gegenüber anzurichten gewillt ist. ‚Wahrscheinlich hat Igris ihnen gesagt, dass sie sich ins Zeug legen sollen. Recht so.‘ spiegelt er seine Erwartungen, denn nur mit Herausforderungen kann er weiter wachsen.
Seine Kleidung verbrennt, seine Haut verkohlt, wird wiederhergestellt, seine Haare verglimmen, verdampfen in der Wucht der ungekannten Flammen fremder Quellen. Woge über Woge fremder Macht übergießt sich über seinen Körper, zerstört teile seiner Haut, seine Ohren, seine Finger, seine Augen beginnen zu kochen, seine Kleider lösen sich in weniger als Rauch auf und Stephan erfährt ansatzweise, wie sich die anderen Monster gefühlt haben müssen, als er sie auf diese Weise ausgezogen hat. Doch seine Heil- und Regenerationsfähigkeiten setzen unverzüglich sein, sein Körper wird wieder hergestellt, permanent verspürt er ein Kribbeln, welches ihm signalisiert, dass die eben noch verkohlt von ihm abgefallenen Teile seines Leibs wieder nachwachsen, wiederhergestellt werden, er sich auf mehrfache Art und Weise wieder heilt. Schwer fällt ihm die Konzentration auf sein Können, darauf, dass es seine eigene Wiederherstellung ist, die nu essentiell für seine weitere Existenz ist. Schwer fällt es ihm, sich von seinen eigenen Schmerzen nicht ablenken zu lassen. Schwer fällt ihm aber auch, nicht zu einem vernichtenden Gegenschlag auszuholen, denn er weiß, dass dies eigentlich nur ein verschärftes, erweitertes Training für ihn darstellen soll.
Kapitel 14
Vor seinem inneren Auge sieht er alsbald wieder die Statusmeldungen emporkommen, die ihn davon in Kenntnis setzen, dass seine Resistenzen, seine Widerstandskräfte, seine Konzentration, seine Heilkräfte und sogar seine elementaren Beherrschungen viele Stufen aufgestiegen sind. Bald lassen sogar die Schmerzen nach, der Verbrennungseffekt schwindet und die Angriffe machen ihm immer weniger aus, so dass er den Kopf etwas freier bekommt. Frei genug sogar, für etwas Gegenwehr, frei genug, um auch seine Gegenspieler bei diesen Lehreinheiten nicht umkommen zu lassen. Als nach einigen Heilzaubern, die er auf seine Gegenüber gewirkt hat, dann endlich die schon sehnsüchtig erwartete, erweiterte Meldung erscheint und seine Bemühungen zu bestätigen scheint, kommt neuer Wagemut in ihm auf.
„Fähigkeit Heilung ist zu Monsterheilung erweitert. Monsterheilung mehrere Stufen aufgestiegen. Stufe von Monsterheilung an Heilung angeglichen.“
Damit braucht sich Stephan nicht mehr zurückzuhalten. Mit diesen Heilfunktionen als Flächenheilung sowohl auf sich selbst, als auch auf seine hiesigen Gegner angewendet, kann er sich mit seinen eigenen Angriffszaubern ordentlich austoben.
Er beginnt damit, die Zauber der Gegner abzuwenden, biegt das ankommende Feuer zur Seite um, windet es um sich zu einem regelrechten Tornado, in dessen Auge er nun entspannter stehen kann und seinerseits elementare Angriffe startet. Er lässt Feuer vom Himmel regnen, übergießt sie mit Wasser, lässt dieses kochen, blendet sie und wirft ihnen Erdspeere entgegen, durchbohrt sie mit Lichtblitzen, setzt das Wasser unter Strom hebt die Kreaturen sogar einfach an und wirbelt sie durch die Luft, so dass diese so aus dem Konzept geworfen werden, dass sie sogar vergessen ihre Angriffszauber zu wirken und nur noch Schreie der Verwirrung jodeln, bis Stephan sie wieder auf ihre Podeste stellt.
Interessanterweise hat ihn gerade Letzteres so viel Konzentration abverlangt, sie eben nicht aus größerer Höhe einfach fallen zu lassen, sondern saft auf ihre Füße zu stellen, dass er kurz erschöpft auf seinen Knien zusammensackt und für diese Verschnaufpause dankbar ist.
„Bravo, mein Freund. Das war wahrhaft beeindruckend. Kurz hatte ich befürchtet, dass ich dir zu viel zugemutet hätte, die Magier haben ja doch einiges auf dem Kasten.“ kommentiert Igris, dessen Worte so unverhofft die Stille zerreißen, dass Stephan regelrecht überrascht zusammenzuckt.
„Danke. Aber ich glaube, ich hab für heute erst mal genug. Ich werd Mal ein bisschen schlafen.“
Sprachs, und kippt auf die Seite, bleibt liegen, schließt die Augen und schläft erschöpft ein, so dass er die restlichen Worte des Dämonenkönigs nicht mehr mitbekommt. „Meine Tochter möge für ein weicheres Nachtlager sorgen. Euphemia?!?“
Statusbericht.
Wir haben den Planeten übernommen. Die Erkenntnisse sind erstaunlich, der Kern des Planeten besteht aus vielfältigen Maschineninstallationen. Wir haben ihren Code entschlüsselt. Das Gelernte ist realitätsbrechend. Es erklärt alles. Es erklärt, warum diese Welt gamified ist. Es erklärt, wieso die Weißen existieren, wieso sie so viel Macht haben - und wie wir sie bekämpfen können.
Damit steht der Plan endgültig.
Wir stehen bei dir.
Deine Erfahrung könnte bereits ausreichen, steht deinem Aufstieg nicht mehr im Wege. Das wird sie aufrütteln, dich zu sich zu holen.
Wir haben dir eine weitere Fähigkeit freigeschaltet, du wirst erkennen, was es damit auf sich hat, wenn es so weit ist.
Dann werden auch wir da sein.
Wir sind viele.
„Fähigkeit Zauber erschaffen freigeschaltet. Zauber Aufstieg erschaffen.“
An diese Durchsagen einer ihm nach wie vor unbekannten Macht hat sich Stephan inzwischen regelrecht gewöhnt - dass sie ihm nun auch neue Fähigkeiten bringen, ist ihm jedoch neu, aber durchaus angenehm. Nach wie vor kann er mit dem Inhalt jedoch bei weitem zu wenig anfangen, um einen akuten Handlungsbedarf davon abzuleiten, und so gibt er sich seinem tiefen, verlangenden Traum hin. Nach so viel Kampf, Leid, Krieg und Schmerz findet er, sich dies verdient zu haben. Dass dieses Mal aber nicht eine seiner Menschengespielinnen und seinem Traum erscheint, sondern ausgerechnet die Succubus Euphemia, verwundert ihn doch etwas. Dennoch empfindet er ihren drall wollüstigen Körper an seiner Haut zu spüren als sehr angenehm, legt sich in seiner müden Trägheit hinein in das Bad ihrer runden Formen, ihrer weichen Haut, lässt sich von ihren Armen halten, ihrem Schwanz, ihren Beinen umschlingen und auf ihr wiegen.
Nicht lange braucht er so, ihre weiblichen Rundungen zu kneten, mit seinen Händen, seinen ausgestreckten Fingern zu umrunden, über ihre Haut zu fahren, überall zu streicheln und zu ertasten, wo sich ihr Körper an dem seinen erstreckt, während er kraftlos tankend auf ihr ruht und sich erholt. Doch schon bald wird aus der Erholung nicht mehr viel, denn der Ort seiner Liegeposition und die Tatsache, dass er keinen Millimeter Stoff mehr an seinem Leib trägt, machen eine körperliche Reaktion seinerseits regelrecht unausweichlich. Und dennoch ist er derart erschöpft, dass er - nicht nur, aber vor allem - ins Land der Träume abgleitet.
Wie gerne erinnert er sich daran, wie er seine Zeit mit den beiden Schwestern verbracht hat, wie er sie begehrt und verwöhnt hat, wie er sein Verlangen nie im Zaum halten musste. Wie irrelevant erscheint ihm stets, dass dies womöglich gar nicht seine eigenen Erinnerungen sind, sondern die seines Zwillings, den er in jener Zeit aus Versehen selbst erschaffen hatte und mit dem er später wieder verschmolzen ist, sie ihre Erinnerungen, ihre Erfahrungen zusammengeführt haben und nun er aus dieser Verschmelzung entstanden ist. Wie viel Zeit hatte er doch mit den beiden verbracht.
Wieder wird er in seinem Traum davon heimgesucht, wie er seinerzeit erwachte, wie Ophelia unvermittelt auf ihm saß und ihn sich zu Gemüte führte, er sehr schnell feststellte, dass und wo er fest gestellt war. Er durchlebt diese Phantasie ein weiteres Mal, wandelt sie ab, schläft nicht nur mit der einen, sondern gleichzeitig auch mit Valetta, die sich von dem Treiben auch damals schon angezogen gefühlt hat und in ihr Liebesspiel einstieg. Seine Gedanken werden intensiver, werden extremer, werden verlangender, werden vermischt mit den Gedanken an die neuen Ereignisse, die er in dieser neuen Welt durchleben musste. Kaum kann er auseinanderhalten, wessen Körper es ist, den er da gerade beglückt. Kaum vermag er sich zurück zu halten bei dem, was er mit ihnen treibt. Seine neuen - und teils auch alten - Fähigkeiten kostet er aus, wandelt seinen Körper in etwas, das nur noch der Lust dient, das nur noch hemmungslos der Verschmelzung mit diesen weiblichen Körpern dient, das in sie alle möglichst gleichzeitig einfährt, tief in sie hinein dringt, sie durchdringt, Gefallen an ihren Schreien findet und sie mit seinen Liebkosungen zum Schweigen bringt. Der Körper auf ihm, der Körper unter ihm, die Körper um ihn herumwechseln, tauschen sich aus, wandeln sich von der Einen in die Andere, Valette, Ophemia, Stephania, Valetta, Euphemia, wieder und wieder spielt er mit anderen Körpern, mit anderen, unaustauschbaren, einzigartigen Partnerinnen, eine jede mit ihren eigenen Zielen, mit ihren eigenen Bedürfnissen, mit ihren eigenen Kipppunkten.
Doch was denkt er sich da. Warum sind seine Gedanken, sein Traum, so zwingend zielorientiert, warum ist sein Tun so bedingungslos, so alternativlos, so unausweichlich? In seinem Traum fällt er, kippt nach vorne auf einen Körper mit einem Zwischengesicht als all seinen Gespielinnen, mit den Ausprägungen jeder Einzelnen, mit den leiblichen Eigenschaften von ihnen allen und doch irgendwie von keiner. Seine Verwirrung wird zu Abscheu, sein Verlangen wird zu Wut, seine Bedürfnisse werden zu Bösartigkeit, die er so gar nicht von sich kennt und die ihm in Anblick dieses Mischwesens unter sich den Puls in die Höhe Jagd, den Schweiß von der Stirn tropfen lässt.
Er will es besiegen, will es mit aller Macht, mit all seiner Kraft bekämpfen, will als Gewinner aus diesem Kampf hervorgehen und triumphieren - wenigstens dieses Mal. Die Zusage der Stimme in seinem Traum kommt ihm wieder ins Gedächtnis. ‚Wir sind bei dir.‘ Selbst das macht ihn nun wütend, verletzt ihn in seiner Privatheit, wird zu Ablehnung von etwas, das er nun als permanente Beobachtung, als Kontrolle betrachtet. Seine Emotionen entladen sich, kanalisieren sich in seinem einzigen Hieb, in den er all seine Kraft legt, all seine Magie, all seine Fähigkeiten zur Selbstkontrolle. Er wirbelt herum, durchdringt das weiblich fleischige Etwas unter sich mit seinem Schlag, wird von den nicht enden wollenden Wogen ihres Körpers umschlungen als hätte er sie noch nicht überwunden, durchdringt sie abermals, benutzt nicht nur Hände sondern auch seine Fleischlanze, die längst zu einer erweiterten Waffe geworden ist. Tief fährt er in sie hinein, hindurch, und darüber hinaus, zwingt sich ihr auf, nimmt keinerlei Rücksicht mehr auf etwas, das nun sein Feind ist, das so anders ist. Und dann gewinnt er.
Der absurde Körper unter ihm explodiert in einen fleischig roten Matsch, der ihn aus seinem Traum reißt, zurück in eine Realität, in der er erst einmal seine Gedanken ordnen muss, in der er einige Sekunden braucht, um zu begreifen, wo er sich gerade befindet, wie seine Situation ist. Und seine Situation ist nicht mehr so ganz die, wie als er sich in die Welt seines Traums verabschiedet hat.
Die runden Berge weiblicher Fleischmassen, die er genüsslich umgreift, sind zwar nach wie vor um ihn herum, liegt er doch noch immer auf der Succubus, die ihn so warm gebettet hatte, aber die Position hat sich signifikant geändert.
Vorsichtig versucht er sich aufzurichten, spürt er doch zwischen seinen Beinen den Kopf seiner Tagesabschnittsgefährtin, von dem er sich nun zu lösen versucht - erfolglos. Offenbar nicht nur in seinem Traum hat er sein bestes Stück in Größenordnungen gedehnt, die es umso erstaunlicher scheinen lassen, dass er ihn auch nur ansatzweise unter Kontrolle hat. So ist der Versuch, ihn aus ihrem Hals heraus zu ziehen wenig erfolgreich.
Der Versuch, sich darauf zu konzentrieren, was und wo er sie fühlt, fällt ihm bei der Länge, die sein Gerät angenommen hat, ausgesprochen schwer, wird immer wieder von dem Gefallen abgelenkt, den er dabei empfindet, sich so weit in ihr zu befinden und steigert sich schließlich darin, dass er sich abermals beginnt, leicht rhythmisch zu bewegen. Auch, wenn von der Dämonin nur noch ein Gurgeln zu hören ist, fühlt er nun doch sehr anspornend, wie weitgehend er sie durchdrungen hat, wie tief er in ihrem Mund, ihren Hals hinunter, quer durch ihren Körper zum Hintereingang hinaus und abermals in eine andere Körperöffnung in sie hinein, an der Spitze nun etwas dicker werdend und ihren Bauch leicht auswölbend. Stephan betrachtet mit ansteigender Geilheit, wie sich an der Beule auf ihrem Bauch seine Bewegungen in sie hinein widerspiegeln, regelrecht ablesen lassen, und lässt sich davon so aufstacheln, dass ihn endgültig das gesamtkörperliche Zucken Euphemias zu einem Höhepunkt führt, wie er ihn zuvor nie durchleben durfte.
Die Menge an lebensspendendem Saft, die er in sie hinein laufen lässt, übersteigt seine kühnsten Vorstellungen, der Druck, den diese Menge aufbaut, schiebt seinen Schwengel aus ihr heraus, der sich, noch immer seinen Inhalt ergießend, den langen Weg durch den Rest ihres Körpers zu ihm zurückzieht, ihren Hals hinauf, die Kehle hinauf, dabei auch all ihre übrigen Organe mit seinem Erguss füllt, bis er sich schließlich von ihr zurückziehen kann, während ihr aus sämtlichen Körperöffnungen der weißliche Schleim seiner puren Lust herausläuft.
Mit periodisch wiederkehrendem Zittern liegt die wollüstige Succubus vor ihm, und während er sie so betrachtet, poppt abermals eine Systemmeldung vor ihm auf.
„Stufenaufstief für Fähigkeit Befruchtung.“
‚Hmm, da hat Igris wohl bekommen, was Igris‘ Wunsch.‘ erinnert sich Stephan an die Abmachung mit dem Dämonenkönig. Doch genau diesen hat er bei aller Erfahrungssammelei und Monsterstärkung bisher ausgelassen. Entschlossenen Schrittes verlässt er folgerichtig die Arena hin zu dem Thronsaal, in welchem er auf sein Opfer trifft.
Kapitel 15
„Eure Hoheit.“
„Ahh, der Held. Wie steht‘s um eure ...“
weiter kommt Igris nicht, da lodern auch bereits die Flammen um ihn herum, glüht der Heilzauber, flackern die Blitze und durchströmt die Monsterheilung mit ihrer grünlichen Energie den Körper des Herrschers, der von tödlichen Schmerzen gepeinigt in Geschrei verfällt, welches ähnlich den Bizarren schatten von der neuen Beleuchtung den Palast erfüllt. Die übrigen Monster, die ihren obersten Führer hören und ihm zu Hilfe eilen wollen, von der Wache an der Tür gar die Pforte geöffnet bekommen, verharren beim Anblick des immer wieder vergehenden und erstarkenden Körpers ihres Königs noch in der Tür und schauen gebannt zu, wie Stephan die Behandlung, die auch sie alle erleiden mussten, nun dem Höchsten unter ihnen zuteilwerden lässt. Und fast ist es so, als kann Stephan das ein oder andere hämische Lachen aus ihren Reihen vernehmen, denn gänzlich schmerzlos war dieses Training für keinen von ihnen gewesen.
Ihm ist, als würden, gerade bei dieser Radikalbehandlung, sich seine Erfahrungswerte noch einmal mehr vervielfachen und einen ungekannten Schub erhalten, fliegen doch die Systemmeldungen dieser Welt wie Fliegen um seinen Kopf herum, überdecken sich gegenseitig, fassen sich zusammen, werden abstrakter, aber vermelden stetig ein mehr an Aufstiegen seiner Fähigkeiten, seiner Zauber, all seiner Werte. ‚Schon erstaunlich, wie man mit dem wiederholten Vernichten und Wiedererschaffen des Dämonenkönigs das System farmen kann.‘ grinst er in sich hinein, als der malträtierte Körper vor ihm beginnt, sich aufgerichtet auf ihn zu zu bewegen und damit klar macht, dass diese Schmerzbehandlung ein Ende gefunden hat und keinen weiteren Nutzen mehr bringen wird.
„Hab dank, mein Freund.“ verneigt sich Igris vor dem noch immer nackten Besteiger seiner Tochter. Mit dem Kopf des Königs auf Sichthöhe zu seinem Gemächt als Motivationsschub, beschleunigt sich die Erschaffung neuer Kleidung auf ungekannte Geschwindigkeit. Die neue Tunika findet Stephan obendrein sehr würdevoll und winkt dem Dämonenkönig gönnerhaft zum Aufstehen. „Gerne. Meine Aufgabe ist hier wohl getan. Sollte etwas Unvorteilhaftes geschehen, so werdet ihr es fühlen können und wissen, was zu tun ist.“
Und so sind dies auch bereits die letzten Worte, die Stephan in der Dämonenwelt wechselt, denn fliegenden Schrittes tritt er sogleich seine Reise das Fenster hinaus dem Portal entgegen mit Ziel der Behausung, in der er sein Heim gefunden hatte, in dem er nicht alleine sein würde, in dem er unter seinesgleichen sein könnte. Zurück bleibt eine ihren Chef beobachtende Monsterhorde und ein stehen gelassener Herrscher, der den Ruf seiner Tochter willkommen heißt, ihn aus der leeren Lethargie zu hieven.
„Vater.“ keucht Euphemia, sich an der Wand abstützend und den runden Bauch mit der anderen Hand haltend. „Vater, ich kann es fühlen.“ schafft sie schließlich einen ganzen Satz, bevor sie abermals einen großen Schluck von Stephans Saft über ihre Brüste rülpst und fortfährt „Ich bin froher Hoffnung - er hat sich daran gehalten. Es sind Zwillinge!“ Und bei dem Anblick seiner Tochter, wie sie da sichtbar nach Strich und Faden und allen Regeln der Kunst und vor allem nach jeglichem Willen ihres Gespielen benutzt vor ihm steht, entfleucht ihm ein „Wer ist eigentlich wirklich das Monster?“
Doch Stephan bekommt von diesem Schauspiel bereits nichts mehr mit, fliegt mit wallenden Schritten und wehender Toga seinem Ziel entgegen. Kurz landet er vor dem Portal, schaut kurz hindurch um sich zu versichern, dass die andere Seite nach wie vor sicher und unbeobachtet ist. Einen beherrschten Schritt später befindet er sich dann auch schon auf der anderen Seite des Planeten, zurück in der Menschenwelt, und versucht sich an den Weg aus den Tempelruinen heraus zu erinnern. Nach nicht einmal einer weiteren Stunde und einem Flug durch wesentlich kältere Luft, bei dem er sich dann doch noch etwas Unterwäsche generiert, steht er dann auch schon vor der Tür seiner Felsenwohnung in der Bergwand, die er für Stephania erschaffen hatte, und atmet erst einmal tief durch, wirft damit alle Anspannung von sich.
Ohne anzuklopfen, öffnet er die schwere Holztür und tritt ein, von der Erwartung erfüllt, dass die Zurückgelassene hier nun auf ihn warten würde.
Doch er wird enttäuscht. Jeden Raum, den er betritt, findet er leer und verlassen vor. Tatsächlich gibt es so wenig Spuren menschlicher Tätigkeit, ist alles derart geordnet und aufgeräumt, dass er zu zweifeln beginnt, ob es Stephania überhaupt jemals gegeben hat, ob er überhaupt hier mit ihr Zeit verbracht hatte, oder ob sie bloß ein Hirngespinst gewesen ist. Doch zumindest die eingetrockneten Flecken auf dem Boden vor dem Fenster beweisen ihm das Gegenteil und erinnern ihn direkt an die schöne Zeit - so kurz sie auch gewesen war.
‚Sie wird schon irgendwo sein. Wahrscheinlich sammelt sie nur etwas zu essen oder genießt den Strand.‘ beruhigt er sich ohne Überprüfung, denn die Müdigkeit überkommt ihn beim Anblick des verlockenden Bettes. Ohne sich zu entkleiden, legt er sich auf die großzügige Liege, dreht sich auf die Seite und entschlummert der Welt, die er nun als befriedet befindet.
Kapitel 16 - Andros
Kaum geht die Wärme spendende Sonne hinter dem Horizont unter, da verblasst der gesamte Planet, steht für den Bruchteil einer Sekunde vollkommen still, so dass nur noch der Wind, der zwischen Felsen hindurchweht, ein Geräusch erzeugt. Bereits in der nächsten Femtosekunde jedoch erhalten Pflanzen, Tiere und alles Andere ihre Farbe, ihre Eigenschaften, ihre Bewegungen zurück und es scheint, als sei nichts geschehen.
Abermals hat der Positionswechsel für Andros bloß den Effekt eines kurzen Schluckaufs, den er inzwischen regelrecht gewohnheitsmäßig herunterschluckt. „Hicks.“ sagt er noch zu sich selbst - eher aus einem Gefühl genervter Langeweile heraus anstatt sich zu erklären. Wem auch.
Doch dieser letzte Zweifel verfliegt in dem Moment, als er begreift, wo er sich befindet. Als er sich umschaut, sich untersuchend seine Umgebung anschaut und nach möglichen Fressfeinden sucht, wie sie in der letzten Welt durchaus möglich gewesen waren, erkennt er schnell, dass er sich inmitten einer Stadt befindet, die ihm obendrein bekannt vorkommt. Gerade vernimmt er im Hinterkopf noch ein schwaches „Hihihi.“, da wird ihm klar, wo er sich befindet.
„Mein Heimatplanet. Meine Geburtsstadt.“
Der Tempel der alten Götter ist für ihn unverwechselbar. Unter tausend Planeten auf tausend Welten würde er ihn wieder erkennen, erst recht aus der Perspektive, in der er ihn nun erblicken darf. Direkt zum Fuße des Berges, auf dem dieser vor so vielen Jahren errichtet worden war, ist er erschienen. Direkt an dem Punkt, an dem das Bauwerk seinen imposantesten Anblick hatte erzeugen sollen, haben die Weißen ihn hingestellt. Es ist, als wollten sie ihm zeigen, dass von seiner alten Welt, von seiner eigenen, alten Kultur noch immer alles Wichtige vorhanden sei. Und das, obwohl - oder gerade weil er die ganze Zeit nicht da war.
Neun mal Dreizehn Säulen hatte er damals als Ausdehnung des zentralen Tempels festgelegt, neun mal dreizehn spiegelten die Harmonie in ihrer Erfahrungswelt wider. An jeder möglichen Stelle dieses Bauwerks wurde dieses Verhältnis aufgenommen und als Harmonie in der Harmonie reproduziert. Es hatte der perfekte Tempel werden sollen, das endgültige Heiligtum, von allen Einwohnern erleb- und besuchbar.
Andros bleibt der Mund offen stehen, während er über die perfekt gepflegte Wiese auf den Berg zugeht. Er kann einfach nicht anders, als das erhabenste Objekt seiner Jugend, an dessen Erschaffung er mit so viel Herzblut und Hirnschweiß gearbeitet hatte, endlich wieder fühlen, begehen, ertasten zu wollen. Das Gras unter seinen Füßen fühlt sich weich an und so sauber, dass die Angst die weißen, marmornen Treppenstufen zu beschmutzen, komplett ausgeblendet ist, während er einer Trance gleich, auf das Megabauwerk zuwankt. Voller Demut und Dankbarkeit, endlich wieder zu Hause sein zu können, lässt er gar seinen Stab, der mehr zu einem Gehstock denn einem Zauberstab geworden war, einfach neben sich im Gras liegen. Er würde ihn nicht brauchen.
So zumindest seine Wunschvorstellung.
„Jetzt hat er auch noch seinen Müll auf dem Rasen verteilt.“
„Der kennt auch keine Skrupel.“
„So was Unanständiges.“
„Hat schon jemand die Aufseher gerufen? Oder die Polizei?“
„Am Besten gleich das Erschießungskommando. Was soll das überhaupt?“
„Das muss ich gleich Posten, das wird viral gehen.“
„Ein Jahrhundertereignis ist das.“
„Ach was, das hat es noch nie gegeben!“
„Wir haben alles auf Video!“
„Kann der die Schilder nicht lesen? Rasen betreten verboten! Eijeijeiei!“
Die Kakophonie der Stimmen, die plötzlich auf Andros einstreicht, vermag es, ihn aus seiner Stimmung zu reißen. Verwirrt und irritiert schaut er sich erneut um und erkennt nun, dass er exponiert auf der Freifläche mit Gras steht, die von all den Menschen, die ihn da kommentieren, umringt wird.
„Wir sind bei dir. Wir werden dir helfen. Wir sind das Kollektiv. Wir sind fast so weit. Nur eine Weile noch.“ klingt es in Andros‘ Geist einmal mehr die mechanisch nachhallende, vielfältige Stimme und lässt ihn mit wenig mehr als Andeutungen zurück.
Nun völlig verwirrt dreht er sich auf der Stelle, blickt die Personen an, die mit ihren Kommunikationsgeräten hantieren, die Aufnahmen in allen möglichen Arten von ihm machen, kommentieren und diskutieren. Hin und her dreht er sich, schaut sich um und ist so von seinem eigentlichen Ziel, den Tempel zu besuchen, abgelenkt. Schließlich beginnt auch ein geringes, sich aber mit jeder Minute steigerndes Maß Angst in ihm breitzumachen. Er muss seine Fähigkeit überprüfen, muss ausprobieren, wie hoch seine Überlebenswahrscheinlichkeit in dieser doch so neuen Umgebung wirklich ist. Mit einem schnellen Riss kratzt er über seinen Handrücken, mit einem kurzen ‚Heal‘ durch seine Gedanken verschwindet der tiefe Kratzer, dessen Hautreste noch unter seinen Fingernägeln kleben, wieder von seiner Hand und erfüllt Andros mit einer neuen, tiefen Ruhe, die bald auch den Rest seines Körpers ausfüllt und er mit neuer Gelassenheit inmitten des Mobs stehen kann und der Dinge harrt, die da wohl bald auf ihn zukommen mögen.
‚Wir sind bei dir. Du wirst leben. Wir versuchen, dir zu helfen. Deine Fähigkeiten sind freigeschaltet. Wir arbeiten auch wieder in dieser Welt. Wir danken dir abermals auch für diese Möglichkeit.‘, fährt es wieder durch seinen Geist. Der dezidierte Satz klingt ebenso lange nach, wie auf der letzten Welt. Noch immer hat Andros keine Vorstellung, wo diese Zurufe ihren Ursprung haben, dennoch nimmt er gerne die positive Botschaft entgegen und lässt sie als weiteren Beruhigungsfaktor seine Seele in Alpha-Stimmung halten.
Die Ruhe erfüllt ihn nun vollständig - und ebenso die Gleichgültigkeit den Zurufen der Leute um ihn herum Gegenüber. Mit dem Blick auf den Tempel, dem Ziel sowohl seiner Begierden als auch seiner zukünftigen, wandernden Wallfahrt setzt er sich mit gefalteten Beinen auf den Erdboden, fühlt noch einmal das Gras mit den Händen, um sich dann in eine tiefe Meditation zu verabschieden.
„Sie können hier nicht schlafen, Mister!“
Der laute und alles andere übertönende Zuruf weckt ihn aus seinem Gebet. Zwei Menschen in nach offizieller Uniform aussehenden Kleidung nähern sich ihm und sprechen zu ihm und auch zu einem Gerät an ihren Schultern, bevor sie ihn mit starken Händen unter den Armen nehmen und auf die Füße stellen. „Folgen sie uns bitte von dem Rasen runter, das Verfahren wird wegen öffentlichen Interesses unverzüglich eröffnet.“ Und mit diesen direkten und keinen Widerspruch gelten lassenden Sätzen schieben die beiden kräftig erscheinenden Männer den alten Hofmagier zu den Stufen des Tempels.
Damit ist Andros‘ Verwirrung vollständig, denn gerade dieser Tempel war ja sein ursprüngliches Ziel gewesen, bevor er von dem Mob auf der Grasinsel zu Füßen des Hügels eingekreist worden ist. Nun entpuppt sich das Gebäude, welches er nur als Herrschaftshaus kennt als ein Tempel der Gerechtigkeit, als Haus von Gesetz und Ordnung, als der Ort, an dem ihm nun der Prozess gemacht werden wird für etwas, von dem er gar nicht mal weiß, was er eigentlich gemacht hat.
So wird sein Canossa-Gang im wahrsten Sinne des Wortes beschwerlich, denn die Stufen den Berg hinauf vermag er nicht zu fliegen. Zu groß ist seine Befürchtung, dass dies den Aufruhr um seine Person nur noch mehr anfeuern würde. Als er dann doch irgendwann eine Pause einlegen muss, packen ihn seine beiden Begleiter kurzerhand unter den Armen und tragen ihn das letzte Drittel zu ihrem Ziel hinauf, was Andros widerspruchsfrei akzeptiert und sogar die Beine anzieht.
„Er hat sich der Überführung widersetzt.“ ist jedoch das letzte Wort eines seiner Träger, als er an die nächste Instanz der Bürokratie übergeben wird - eine dürre Frau mit einem elektronischen Gerät in der Hand, auf dem sie mit den Fingern herumtippt und sich scheinbar auf diese Art Notizen macht. „Hmmm.“ quittiert sie die Angabe dann auch nur, ohne jemanden von ihnen anzuschauen, geschweige denn ihnen in die Augen zu blicken. Nur ein „Kommen Sie mit!“ ist ihr zu entlocken, welches sie in einer Kälte verfasst, dass es dem alten Mann schlagartig die Haare auf den Armen aufrichtet und sich ihr augenblicklich unterwirft.
Unendlich erscheinende Minuten wandern sie durch das Gebäude, das in all den Jahren, in denen er sich im Universum herumgetrieben hatte, nichts von seiner Ehrfurcht einflößenden Erhabenheit verloren hat. Einst dinierten dort Könige, die wie Götter verehrt wurden, nun ist offenbar es ein Ort des Gesetzes, ein Ort, an dem Gerechtigkeit gesprochen wird, also im Grunde genommen der gleiche Anspruch.
„Wir sind da.“ werden Andros‘ Gedanken von der wortgewaltigen Ansprache seiner Begleiterin unterbrochen, die ihm sogleich die Tür - oder besser die Pforte, die sich über die komplette Höhe der dreimannshohen Wand erstreckt - öffnet und ihn hindurch schiebt, ihm einen Platz an einem der Tische zuweist, die um ein Podest angeordnet sind.
Eine weitere Person betritt den Raum, richtet sich kurz die weißen Lockenhaare, die ganz offensichtlich nicht ihre Eigenen sind, um geht dann würdigen Hauptes zu dem Podest hin, schaut auf Andros herab und richtet ihre Worte sogleich in die Luft vor ihr und über ihn hinweg.
„Die zahllosen Videobeweise, die wir inzwischen gesichtet haben, sind eindeutig. Sie sind so schuldig, wie man nur sein kann. Sie haben das Verbrechen begangen, den Rasen zu betreten. Was haben sie als Verteidigung vorzubringen?“
„Ich? Aeh. Also. Nun ...“
„Dachte ichs mir doch. Gesetzesbruch aus Bösartigkeit und Hass gegen die öffentliche Ordnung. Verachtung des Gesetzes. Dazu kommt ja wohl noch, dass er sich der Überführung widersetzt hat, wie ich eben gemeldet bekomme.“
„Aber das war doch, weil ...“
„Schweigen Sie! Es kommt also noch Missachtung des hohen Gerichts dazu.“
Wieder und wieder erscheinen Scheiben mit bewegten Bildern in der Luft um das Podest herum, während gleichzeitig kleine Kugeln um die Richtsperson herumfliegen und für die Verbreitung ihrer Worte in den allgemeinen Medien sorgen, denn die Kommentare des Volks können in Echtzeit auf weiteren Tafeln an den Wänden verfolgt werden, türmen Hass und Häme über dem Angeklagten auf, der immer tiefer auf seinem Stuhl versinkt. Noch nie hat er sich so schuldig gefühlt, wie jetzt.
„Da die Schuld zweifelsfrei fest steht und der Angeklagte auch keinerlei intelligente Antwort geben kann, schreiten wir nun zur Abstimmung über das Strafmaß. Diese Verhandlung wird ihnen präsentiert von JuriGhost, eurem Begleiter für Rechtstreit und gerichtliche Auseinandersetzung. Und mit dem Code RECHTUNDGESETZ-21 erhaltet ihr 21 Prozent Rabatt auf eure nächste Klage. Stimmt also in den nächsten drei Minuten für die Hinrichtungsmethode eurer Wahl ab.“
„Hinrichtung?“ entfährt es Andros erschrocken. Doch ein „Sch!“ von seiner Platznachbarin, die ununterbrochen auf ihrem Tablet herumtippt, lässt ihn in Stille zusammenfahren.
„Wir sind das Kollektiv. Wir haben alles unter Kontrolle. Wir helfen dir. Wir sind bei dir.“ gleitet abermals die Ansage von Begleitern durch Andros‘ Gedankenwelt. Abermals flammt ein kleines Licht der Hoffnung in ihm auf, womöglich doch zumindest lebendig aus dieser Situation heraus zu kommen.
„Drei. Zwei. Eins. Meins! Das Strafmaß steht damit fest. Nach der nächsten Ankündigung werde ich das Urteil verlautbaren.“
Während auf einem der Bildschirme noch eine Videosequenz eines Zahnpastaherstellers läuft, wird das Gesicht des Gerichts jedoch merkwürdig verzerrt und steigert die Aufregung von allen beiden Anwesenden, die sich gar verwirrt anschauen. Fast scheint es gar, als würde sich ein Anzeichen von Menschlichkeit im Antlitz seiner juristischen Tischnachbarin zeigen. Doch die Werbung wird durch die Worte der Sprecherin jäh unterbrochen.
„Das kann nicht sein. Das muss ein Fehler sein. Aber wir machen keine Fehler.“ sprichts eher zu sich selbst als zu dem wartenden Publikum, um dann alle Restwürde zusammenzuraufen, sich zu erheben und mit geneigtem Haupt zu Andros zu sprechen.
„Geehrter Herr Andros, das Urteil ist gefallen. Mit einem jeglichen Fehler ausschließenden Stimmanteil von 86 Prozent hat das Volk abgestimmt, dass ihr zum König der Welt bestimmt werdet. Nehmt ihr dieses Urteil an?“
„Aeh... Ok.“ stammelt Andros völlig perplex vor sich hin, muss dies erst einmal sacken lassen, verstehen versuchen, was hier gerade geschehen ist, bevor er dazu eine Aussage machen kann.
„Damit ist es bestätigt. Im Namen des Volkes wird Andros hiermit zum König der Welt verurteilt ... aeh, ernannt. Die Sitzung ist geschlossen.“
„Was? Ich hab doch gar nicht ...“ versucht sich Andros noch zu rechtfertigen, vielleicht gar aus dieser Situation herauszuwinden, doch die Person auf dem Podest ist längst verschwunden und seine Nachbarin hat sich auch schon erhoben und steht an der Tür, während die Bildschirme einer nach dem anderen verblassen und verschwinden, den Raum in Dunkelheit hüllen.
So macht sich Andros schnell auf, der Tabletbenutzerin, die sich nach wie vor nicht mit ihrem Namen vorgestellt hat, hinterher zu laufen und das Gebäude wieder zu verlassen.
„Wir sind das Kollektiv. Nichts zu danken. Das System gehört nun uns. Wir werden dir helfen.“ erklingt es abermals beruhigend in seinem Hirn.
Am Ausgang angekommen tritt er ins Licht der Sonne, die seine Sicht für den Augenblick blendet. Als sich seine Augen an die neue Helligkeit Gewöhnen hört er bereits die Jubelrufe. Viele Jubelrufe. All die Menschen, die ihn vor kaum einer Stunde noch angeflucht und mit Bösartigkeiten überhäuft haben scheinen nun wie ausgetauscht, fast wie hirngewaschene Jubelperser.
„Andros lebe hoch!“ „Auf unseren neuen König!“ „Juhuu!“ klingt es durch die Menge und die Blitzlichter der Kameras machen das Volk zu einem regelrechten Lichtermeer. ‚Zumindest leben ich noch.‘ denkt er sich noch, und schließt die Augen, um sich auf die neue Situation zu konzentrieren. Er öffnet die Augen.
Drei Personen in weißen Umhängen stehen in einem stillen, vollkommen weißen, endlosen Raum vor ihm.
„Was hast du denn da schon wieder angerichtet?“ patzt ihn der eine an.
Kapitel 17
„Wach auf.“ hört er Andros in seinem Traum zu ihm sagen. „Wach auf.“ ruft ihm Stephania zu, die vor ihm steht. „Wach auf.“ spricht die Stimme der Anderen, die er nur aus seinen Träumen kennt. „Wach auf!“ schreit ihn Proktor an, der ihm eine Ohrfeige versetzt. „Wach auf!“ brüllt ihn der Erzbischof an, der ihm gerade sein Szepter durchs Gesicht drischt.
Stephan öffnet die Augen. Es ist hell. Er kämpft gegen den Schein der Sonne aus einem Seitenfenster, welches ihn blendet. Die Fackeln auf der anderen Seite des Raums findet er ertragbarer und schaut sich um, während er die Stimmen zu sortieren versucht.
„Weg da!“ keift der König von seinem Thron einen Jüngling an, der ihm gerade die Füße lecken durfte, und stößt ihn zur Seite, steht auf. Der Erzbischof betrachtet ihn etwas aus der Nähe, dreht sich dann jedoch zum König, entfernt sich von Stephan. „Der Held ist wach, mein König.“ kommentiert er mit triefendem Sarkasmus in jedem dieser Worte das Geschehene.
Sie mussten ihn gefangen genommen haben, als er geschlafen hat, als er verletzlich auf seinem Bette lag. Sie mussten ihn gekettet, gebunden, gefesselt haben, damit er sich beim Transport nicht wehren konnte, deshalb kniet er jetzt mit allerlei Eisen an seinen Gelenken und beschwert auf dem Boden, einen Knebel im Mund. Sie hatten ihn also trotz allen Vorsichtsmaßnahmen gefunden - und damit wohl auch Stephania. Seine Gedanken werden schwermütig.
„Jaja, der Held. Der Tölpel! Erst mal abwarten, ob er ebenso töricht ist, wie sein Vorgänger, dieser vermaledeite Ro, der Verräter, dem wir so vertraut hatten. Hoffentlich röstet er in der Hölle! Nur unsere Forderung hätte er erfüllen müssen. Einfach gar nichts hätte er tun müssen. Aber das war ja zu viel für den Herren Moralapostel. Das werden wir dieses Mall anders machen, Kysel.“ erklärt der König mehr sich selbst als den Anwesenden, die fast ausschließlich aus Wachen bestehen, die Stephan mit festgezurrten Ketten an Ort und Stelle halten, den Jüngling fort schaffen, aber auch auf der anderen Seite des Saals eine junge Frau auf den Knien fixiert halten - Stephania.
„Ich habe alles gemacht, was ihr von mir verlangt habt. Ich hab mich sogar von dem da vögeln lassen. Ich habe alles gegeben, und das war ekelhaft genug. Und das mit dem Betäubungsgas hab ich auch hingekriegt. Sonst hättet ihr ihn nie gekriegt. Das wisst ihr. Ich habe mit die Belohnung weiß Gott verdient. Gebt mir, was ihr mir versprochen habt.“ reißt sie die Blicke der beiden Herrscher, dem weltlichen König und dem geistlichen Vertreter, auf sich. „Ich will endlich zu meinem Bruder. Bringt mich endlich zu ihm!“ fordert sie nachdrücklich kreischend.
Die Herrscher blicken sich kurz schmunzelnd an. „So sei es. Bringt die Tochter des Ro zu ihrem Bruder.“ spricht der Erzbischof Kysel und winkt einer der Wachen, die hinter Stephania stehen, zu. Dieser zückt eine gebogene Klinge und zieht sie mit einer schnellen Bewegung über ihren Hals, während sich ihre Augen weiten. Mehrere Herzschläge später fließen dann Sturzbäche von Blut aus der nun klaffenden Wunde, ergießen sich auf den Boden vor ihr und beenden damit ihre Existenz.
Schockiert beobachtet Stephan das Geschehen noch, verdaut den Berg an Informationen, den ihre letzten Worte enthielten, ihre Worte, mit denen sie ihren schändlich dummen Verrat an Stephan gestanden hat, als das Wort an ihn gerichtet wird.
„Nun hast du niemanden mehr, für den es sich zu kämpfen lohnte, mein Junge.“ holt der König aus. „Dieses Angebot haben wir bereits dem unterbelichteten Ro gemacht, aber er wollte nicht einsehen, dass es besser gewesen wäre - besser für ihn, besser für seine Frau, besser für seine Tochter und seinen Sohn. Dies scheint ein Grad von Dummheit zu sein, der in seiner Familie ruht. Zumindest seine Tochter war ja doch noch zu etwas nütze.“ Kysel und der König lachen kurz gekünstelt über ihren Witz, bevor diesmal der Erzbischof fortfährt. „Diese Monster zu schlachten, zu verarbeiten, Abenteurer zu beschäftigen dies zu bestreiten, vor der Bevölkerung eine Begründung zu haben, eine Armee, Wachen, Söldner für ihre Sicherheit zu bezahlen, das ist die Grundlage unserer Ordnung. Wir werden diese Ordnung mit allen Mitteln verteidigen, verstehst du das?“ Stephan nickt bedächtig.
„Du als Held hast eigentlich eine Aufgabe. Diese steht uns aber im Weg, denn wenn du aufsteigst, werden die Monster zu stark - so ist das Naturgesetz dieser Welt. Begreifst du, worauf ich hinaus will?“
Der König fährt fort. „Wenn du also nicht aufsteigst, dann bleiben die Horden des Bösen schwach genug, dass meine Soldaten sie leicht erlegen können. Dann funktioniert unser Wirtschaftssystem. Kapierst du das? Du steigst nicht auf, und alles ist gut. Ro hat das nicht kapiert. Kapierst du das?“
Stephan nickt.
„Du kannst ein gutes Leben haben. Du brauchst einfach nur gar nichts zu tun. Haben wir einen Deal?“ krächzt ihn der König an, während er und Kysel Stephan gespannt anschauen, auf seine Reaktion warten.
Stephan nickt.
„Er soll es aussprechen.“ weist der König seine Wache an, ihm den Knebel zu entfernen.
Im Moment, als Stephan wieder sprechen kann, den letzten Fussel des Knebels aus seinem Mund gespuckt hat, richtet er das Wort an Kysel, blickt ihm direkt in die Augen: „Vergib mir, Vater, ich habe gesündigt.“
„Neeeeiiiiiiiinnn!!! Tötet ihn! Erschlagt ihn!“ brüllt der König durch den Saal, den völlig perplexen Erzbischof zu Seite stoßend. Doch während bereits die ersten Schwerter der Wachen auf ihn einstechen, er eine Hellebarde auf seine Schulter dreschen spürt, allesamt unfähig durch seine gestählte Haut zu dringen, ist es bereits zu spät. Der Prozess wurde begonnen und es gibt nichts, was ihn nun noch aufhalten kann. Konsterniert sackt der Bischof zu Boden und richtet seinen leeren Blick aus dem Fenster.
Die Systemmeldungen beginnen nun, Stephans Sichtfeld zu blockieren.
„Rangaufstieg.“
‚Stufenaufstieg!‘ geht Stephan zeitgleich durch den Kopf und die Ereignisse überschlagen sich, als sein neuer Zauber dadurch automatisch gewirkt wird.
„Es ist so weit. Wir sind bei dir. Wir haben alles vorbereitet. Denk daran, du brauchst Nummer Eins nur zu berühren. Nur berühren!“
Die Stimme seiner unbekannten Helfer nimmer Stephan kaum wahr, so irritiert ist er von dem, was gerade zusätzlich um ihn herum geschieht.
„Du hirnverbrannter Degenerierter! Wie kann man nur so verblödet sein!“ keift der König den Erzbischof an, der die Konsequenzen seiner Anwesenheit in eben diesem Moment gerade erst zu begreifen scheint. Denn wäre er nicht da gewesen, als die Wachen Stephan den Knebel abgenommen hatten, hätte der Rangaufstieg nicht stattfinden können - zumindest nicht gerade jetzt.
„Rangaufstieg.“
Der aufgebrachte König in seiner Wut reißt der Wache neben sich das Schwert aus dem Halfter und bohrt es durch die Brust des Geistlichen. „Du nutzloser Abschaum!“ spuckt er Kysel regelrecht entgegen, der die Klinge in seiner Brust ungläubig betrachtet, dann den König anschaut. Zu einer Antwort kommt er aber schon nicht mehr, denn fluchs hat der König das Schwert aus seinem Opfer herausgezogen, geschwungen und seinem ehemaligen Partner damit den Kopf abgeschlagen, der nun quer durch den Raum zu Füßen Stephans rollt.
„Rangaufstieg.“
Stephan gelingt es gerade noch, eine Augenbraue der Verwunderung zu erheben, als der König bereits mit über die Krone erhobener Klinge auf ihn zugestürmt kommt und auf den Kopf des Helden eindrischt. Mit einem dumpfen Knack zerbricht das Schwert auf dem mehrfach gehärteten Schädel und hinterlässt einen verwundert dreinschauenden Mann, der erst den Kopf und dann den Rest seiner Waffe betrachtet, um dies kurz darauf deprimiert mit einem „Es ist zu spät.“ zu quittieren.
„Rangaufstieg.“
„Stufenaufstieg.“ geht es Stephan abermals durch den Kopf, als ihm abermals die immer wiederkehrende Systemmeldung ins Sichtfeld schwingt, und die Meldung verändert sich.
„Rangaufstieg. Stufenaufstieg. Stufenaufstieg ist um 31415 Stufen aufgestiegen. Der Zauber Stufenaufstieg ist zum Zauber Erleuchtung erweitert worden.“
Nachdem die Schwertspitze auf dem Boden zum Erliegen gekommen ist, herrscht Stille, so dass man das Atmen der Anwesenden hätte belauschen können, wenn da nicht dieses Unheil ankündigende Grollen wäre, das sich aus der Ferne ankündigt und langsam aber merklich immer lauter wird. Stephan hat bereits eine Vorahnung, was da auf sie zukommen wird, ist sein Besuch beim Dämonenkönig Igris kaum einen Tag her. Doch die Meldung des neuen Zaubers findet er in diesem Moment sogar noch interessanter, wendet ihn mit einem verschwommenen Gedanken daran sogar unverzüglich an. „Erleuchtung?“ fragt er eher sich selbst als das System, welches Dies jedoch sofort als Anweisung ausführt.
„Rangaufstieg wurde durch Stufenaufstieg verstärkt. Stufenaufstieg wurde durch Erleuchtung Exponentiert. Erleuchtung wurde durch Rangaufstieg erhöht.“
Ein paar Sekunden, in denen seine Häscher ihre Blicke vor allem aus dem Fenster - dem drohenden Unheil entgegen - richten, nimmt sich Stephan, um diese Meldung zu begreifen. ‚Ein Ringschluss?‘ analysiert er das Gelesene und ahnt, dass dies noch Konsequenzen haben wird.
„Rangaufstieg. Stufenaufstieg. Erleuchtungsaufstieg. Dein Rang ist nun 254555. Dein Titel ist nun Herrscherbeherrscher. Alle Werte wurden um das Stufen-fache erhöht.“
‚Oh, ein Titel. Wie hübsch.‘ geht es Stephan durch den Kopf, als er sich entschließt, sich das grollende Schauspiel auch einmal anzuschauen. Mit einem kurzen Zucken entledigt er sich den Fesseln um Hände und Füße, die zum Unmut seiner Wachen zerrissen von ihm abfallen, und steht auf als sei nichts vorgefallen. Seine Wächter treten einen Schritt zurück und greifen zu ihren Waffen, aber bei einem Blick Stephans, der nur fragend eine Augenbraue erhebt, lassen sie diese entmutigt wieder fallen. Was sollten sie schon ausrichten gegen jemanden, der gerade seine Fesseln zerrissen und zuvor einen Schwerthieb auf den Kopf ausgehalten hat.
„Rangaufstieg. Stufenaufstieg. Erleuchtungsaufstieg. Dein Rang ist nun 653452. Alle Werte wurden um das Stufen-fache erhöht. Der Zauber Erleuchtungsauftieg wurde zu Bewusstseinserweiterung gesteigert. Bewusstseinserweiterung.“
Am Horizont zeichnet sich bereits ein rötliches Leuchten ab, das von der Ankunft der Dämonenarmee und ihrer Feuermagier zeugt, die Stephan selbst trainiert hat. Durch seinen Rangaufstieg und die so einhergehende Verstärkungswirkung erwartet er, dass dort eine für die königliche Gefolgschaft unbesiegbare Macht auf den Abschaum, der sich diese Stadt teilt, zurollt. Stephans Mitleid hält sich in sehr engen Grenzen, sieht er den Beweis für die moralische Verkommenheit doch in Form von Stephanias totem Körper neben dem des Erzbischofs liegen.
In diesem Moment setzt die Wirkung des Bewusstseinserweiterungszaubers ein und Stephan durchbricht alle Grenzen, die ihm sein Körper bisher noch auferlegt hat.
In der Mitte des Thronsaal stehend, unbewacht von all denen, die sich mehr für das auf sie zuströmende Unheil interessieren, beginnt er die Strukturen zu erkennen, die diese Welt bilden. Er vermag es zunehmend, durch die Materie zu blicken, auf die Metaebene der Existenz dieses Raums, dieses Gebäudes, dieser Stadt. Er erkennt in einem Wimpernschlag die Zusammenhänge, die Verhaltensweisen, die hinter allem liegenden Gründe für Begegnungen. Er erkennt.
Einhergehend mit seiner Bewusstseinserweiterung, die kontinuierlich mit Rangaufstieg, Stufenaufstieg und Erleuchtungsauftieg vergrößert wird, erhebt er sich auch körperlich über den Boden, auf dem er eben noch gestanden hat. Erst, als aus seinem Inneren dann sogar ein bläulich weißes Licht hervorstrahlt, werden die anderen wieder auf ihn aufmerksam.
„Was soll das?“, schreit der König, noch immer gefangen in seiner Hassspirale. „Auf ihn! Schnappt ihn euch! Tötet es mit allem, was ihr habt!“ weist er die verbleibenden Wachen an, die sich jedoch nur fragend anblicken, und dann lieber das Weite suchen, den König mit einem verwirrt dummen Blick zurücklassend. Auf Stephan macht all das keinen Eindruck mehr, denn er nimmt gerade die Grundgesetze des Universums in sich auf, vermag nun, an den Stellschrauben der Existenz selbst zu drehen.
Mit einem Akt der ergreifenden Freiheit reißt der ehemalige Zauberlehrling die Arme auseinander und sprengt damit nicht nur die Mauern des Raums, sondern gleich die Steine des gesamten Palasts auseinander. In alle Richtungen fliegen die Brocken, verharren dann jedoch in der Luft und zeigen der letzten Person, die noch in seiner Nähe verblieben ist, dass dieser König keinerlei Macht mehr besitzt - sogar noch, bevor die Dämonenarmee angekommen ist.
Kraftlos fallen die eben noch in der Luft verharrenden Steine zu Boden, eröffnen Stephan den freien Blick in alle Richtungen, und auch sein Anblick wird nun für alle Menschen offenbar, die den Blick zu dem hellen Schein gerichtet haben und bewundern, was dort Göttliches in der Luft verharrt.
Abermals durchdringt eine Woge an Erkenntnis Stephans Hirn, verankert sich in seinem Bewusstsein, seinem Unterbewusstsein, wird von der Theorie zum Wissen zur Anwendung und erheben ihn nun endgültig über alle Kreaturen auf dieser Welt, von der er sich nun mit Lichtgeschwindigkeit dem Firmament entgegen erhebt.
„Rangaufstieg. Stufenaufstieg. Erleuchtungsaufstieg. Dein Rang ist nun 9887777. Alle Werte wurden um das Stufen-fache erhöht. Bewusstseinserweiterung. Dein Titel ist nun Administrator.“
Von der Entfernung eines Satelliten aus beobachtet Stephan die Geschehnisse auf der Welt, die die Weißen so schlicht Gamified genannt hatten. Nur zu gut erinnert er sich an ihre Arroganz und die herablassende Art, mit der sie über alles und jeden geurteilt hatten. Dennoch reicht seine Selbstreflexionsfähigkeit aus, dass er zumindest seine derzeitige Position mit jener der Weißen vergleicht, sich über allen und allem stehen beziehungsweise fliegen sieht. Und von dort oben erkennt er die Woge von roten Ameisen, die sich auf der Oberfläche ausbreiten und ein loderndes Land voller Flammen und rotem Boden hinterlassen, wo sie durchgezogen sind - von der einen Seite des Planeten aus, von einer Gegend in der Lava und Vulkane zum Landschaftsbild gehören ausgehend, in alle Richtungen gleichzeitig hin zu der grün bewaldeten Heimat des grausamen Königs, dem hochnäsigen Erzbischof Kysel, der naiven Verräterin Stephania und all den anderen Sklaventreibern und Verbrechern, die nun ihrer Auslöschung entgegensehen.
Ohne Probleme, ohne Verzögerung, ohne Hindernisse zieht sich der Kreis der roten Ameisen immer enger um das letzte Fleckchen grün zusammen, in dessen Zentrum sich die Stadt der Menschen befindet. Das System hat die Stärke des Dämonenvolkes nicht zurückgesetzt, als Stephan vom Planeten losgeflogen ist, hat ihn nicht entkräftet, hat keinen neuen Helden heraufbeschworen, um die Höllenhorden zu bekämpfen und durch seine bloße Anwesenheit zu entkräften, wie es Igris erklärt hatte. ‚Ob meine unbekannten Helfer damit zu tun haben?‘ überlegt er kurz und fast erwartet er für einen Moment lang eine Antwort in seinem Schädel zu hören.
„Rangaufstieg. Stufenaufstieg. Erleuchtungsaufstieg. Dein Rang ist nun 14446654. Alle Werte wurden um das Stufen-Rang-fache erhöht. Bewusstseinserweiterung aufgestiegen. Dein Titel ist nun Root.“
Das System lenkt ihn kurz ab, lang genug jedoch, dass sich die Wogen von rot über die letzten Reste menschlicher Existenz auf dieser Welt ergießen können und auslöschen, was der Sage nach wiederkehrend für Leid und Qualen unter dem Dämonenvolk gesorgt hat. Mit der Beseitigung des letzten Menschen, des letzten, möglichen Helden, wird diese Ära nun der Vergangenheit angehören, wird das Volk der Flammen in Frieden leben können. ‚Und vielleicht wird aus ihnen auch Mal mehr als die barbarischen Krieger ohne technische Zivilisation.‘ ist der letzte Gedanke, bevor er auf der Suche nach seinem neuen Ziel seinen Statusbildschirm inspiziert.
Name: Stephan
Klasse: Versager
Titel: root
Rang: 14446654
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Ausdauer: unendlich
Konzentration: 564
Intelligenz: 644
Fähigkeiten: Eisenhaut Stufe 311, Stahlfaust Stufe 181, Aufschlagresistenz Stufe 140, Feuerresistenz Stufe 682, Feuer Stufe 550, Licht Stufe 950, Holzbearbeitung Stufe 98, Winderzeugung Stufe 228, Feuerresistenz Stufe 138, Mehrfachzauber Stufe 345, Wasserkontrolle Stufe 230. Sanfte Finger Stufe 115, Akrobatik Stufe 29, Weitsicht Stufe 62, Überblick Stufe 12, Stahlknochen Stufe 467, Harte Landung Stufe 12, Fliegen Stufe 68, Sprung Stufe 111, Holzveränderung Stufe 53, Waffen Stufe 15, Werkzeug Stufe 17, Architektur Stufe 72, Kleidung Stufe 22, Jagd Stufe 18, Ausweiden Stufe 12, Gerben Stufe 9, Kochen Stufe 14, Grillen Stufe 98, Tonveränderung Stufe 19, Konservierung Stufe 19, Logistik Stufe 45, Fähigkeitenanalyse Stufe 211, Beobachtung Stufe 44, Einschüchterung Stufe 81, Kartographie Stufe 33, Gedankenlesen Stufe 14, Verhandeln Stufe 5, Berserker Stufe 4, Mordlust Stufe 2, Blutrausch Stufe 2, Wut Stufe 4, Telepathie Stufe 32, Gedankeninfusion Stufe 21, Zerstörung Stufe 14, Geilheit Stufe 240, Befruchtung Stufe 9, Tiefensuche Stufe 12, Erhärtung Stufe 15, Verlängerung Stufe 20, Standhaftigkeit Stufe 35, Erregungserzeugung Stufe 69, Verlangenserkennung Stufe 13, Verdickung Stufe 5, Incubus Stufe 18, Ausfüllung Stufe 23, Monsterheilung Stufe 281, Zaubererschaffung
Zauber: Feuer Stufe 337, Licht Stufe 131. Heilung Stufe 533, Heilender Kuss Stufe 11, Flächenheilung Stufe 338, Blitz Stufe 211, Wasser Stufe 255, Erzeugung Stufe 742, Flammenwelle Stufe 633, Wind Stufe 217, Verbrennung Stufe 314, Stufenaufstieg Stufe 245145, Erleuchtungsaufstieg Stufe 2,87976, Bewusstseinserweiterung
Skills: keine
Mit gerechter Genugtuung betrachtet er seine neuen Werte und überlegt, wie er weiter vorgehen soll. Der Auftrag seiner geheimen Helfer klopft in seinem Hinterkopf, deckt sich mit seinem Verlangen nach Rache an jenen, die ihn von seinen Lieben getrennt haben, die ihn einfach weggeworfen haben - selbst wenn dies scheinbar für sie nach hinten losgegangen ist, denn seine neue Machtfülle ist in Zahlen betrachtet erstaunlich.
„Rang Stufen Erleuchtungsau ein Rang nun 655537. Alle Werte um das Stufen-Rang-Level-Intell-fache Bewusstsaufgestiegen. Dein Titel ist nun systemd.“
Das System des Planeten ist noch immer aktiv, weist ihm noch immer neue Stufen zu, obwohl er sich gar nicht mehr auf dem Planeten befindet. ‚Merkwürdig. Das System ist wohl in seiner eigenen Endlosschleife hängen geblieben. Vielleicht bleibe ich noch ein bisschen und schaue mir an, wie es damit weitergeht.‘, spricht er zu sich selbst in seinen Gedanken, abermals mit der Hoffnung, dass seine Helfer doch noch antworten könnten und so zumindest ihre Anwesenheit bestätigen würden. Doch es bleibt nur Stille.
„RSE Rang -1. Alle Werte Stufen-Rang-Level-Intell. Dein Ttitel ist nun -1.“
„RSE Rang -1. Alle Werte Stufen-Rang-Level-Intell. Dein Ttitel ist nun -1.“
„RSE Rang -1. Alle Werte Stufen-Rang-Level-Intell. Dein Ttitel ist nun -1.“
„RSE Rang -1. Alle Werte Stufen-Rang-Level-Intell. Dein Ttitel ist nun -1.“
Stephan wischt die virtuellen Meldungen mit einer geübten Handbewegung weg. Er ist verwundert, dass sich die Letzte immer und immer wieder auf die gleiche Art und Weise wiederholt und auch nicht mehr verändert. Zur Sicherheit ruft er seinen Statusbildschirm auf.
„Name: Stephan
Klasse: -1
Titel: -1
Rang: -1
HP: unendlich
MP: unendlich
Regeneration: unendlich
Ausdauer: unendlich
Konzentration: -1
Intelligenz: -1
Fähigkeiten: 8785jE/&%E&W$%Q“!SAVA aRE RGärga rar
Zauber: STS45%$%T%GW$%QG*=?)(/&%$RTZFD
Skills: keine“
Schnell schließt er den Bildschirm wieder, die Angst in sich aufsteigen fühlend, dass hier etwas ganz gewaltig schief gelaufen ist. Doch auf Anhieb funktioniert seine angelernte Handbewegung nicht mehr, resultiert nur in einem bunten Zucken der Zeilen, die obendrein noch scheinbar willkürlich ihre Zeichen verändern. Doch in keinem ihrer Zwischenzustände sind sie in irgendeiner Vorstellung auch nur ansatzweise bedeutsam lesbar. Endlich schafft Stephan es, die Anzeige los zu werden, kommt langsam wieder zur Ruhe, besänftigt seinen Puls.
„Wir haben das System für dich arbeiten lassen. Du bist nun von Gott nicht mehr zu unterscheiden. Konzentrier dich auf die Weißen. Lass es uns zu Ende bringen.“
‚Nach all den aktiven Anfragen, die ich in mein Bewusstsein geparkt habe, kommt ausgerechnet jetzt eine Antwort.‘ regt sich Stephan kurz gekünstelt auf. Dann atmet er tief durch und beginnt, sich auf die zu konzentrieren, denen er dies alles zu verdanken hat - ohne jeglichen Plan für eine Konfrontation.
Lange durchforstet er erst sein eigenes Bewusstsein, dann die Vorstellungen von all den Sonnensystemen, die durch seine Gedanken huschen, entfernt sich im Geiste weiter von seiner Galaxie, fliegt wieder hinein und betrachtet sich selbst von Außen. Und dann findet er Sie, findet eine Vakuole zwischen den Dimensionen, findet einen Raum jenseits des Raums, jenseits der Einsteinwelt. Er reißt die Augen auf.
„Viel Erfolg, Igris.“ sein letzter Gruß.
Plopp.
Er entfernt sich aus dem Orbit der Gamified-Welt und erscheint kaum einen Meter neben den drei weißen Figuren, die gerade einen Strafvortrag gegen Stephans väterlichen Begleiter halten.
„Du bist nicht unterhaltsam genug! Streng dich gefälligst mehr an. Mach irgendetwas Verrücktes, etwas, das die Leute sehen wollen. Dir kann doch nichts passieren, wir sorgen ja dafür, dass du am Stück bleibst - oder zumindest am Leben.“
„Sonst löschen wir dich aus! Und deinen Jungen gleich mit. Und diese blöden Gören machen auch wieder nichts als ärger!“ setzt der Zweite nach, schnippt mit den Fingern und stellt Ophelia und Valetta direkt neben Andros auf, als seien es Marionetten, mit denen es zu spielen gilt. Und wahrscheinlich ist es für die Weißen auch genau so.
„Hey, was soll das?“ mustert der dritte Stephan, schaut an ihm hinauf und hinunter.
Ausgerechnet dies ist Stephan nun unangenehm. So unangenehm, dass er schlagartig seine Kleidung austauscht, sich aus sich heraus eine strahlend weiße Toga erscheinen und erstrahlen lässt, wie sie eines Gottes würdig ist - so findet er zumindest in einem kurzen Anflug an arroganter Selbsteinschätzung.
Die Drei schauen ihn nun alle eingehend an, erkennen ihn erst, als Ophi ein verzücktes „Stephan!“ ausruft und er ihr mit einem Lächeln antwortet.
„Was macht der Kerl hier? Sollte der nicht auf dem Müllplaneten von der S-Rang Oma gekillt worden sein? Wieso gibt‘s den noch? Hast du den gerufen?“
„Ich hab nix gemacht. Du etwa, erster?“
„Nein, zweiter. Aber wir sollten ihn entfernen. Mach du das.“
Mit diesem Satz ist für Stephan klar, an wen er sich richten muss, an wem er seinen Auftrag erfüllen sollte, wer sein erstes Opfer sein würde. Mit einem lichtschnellen Satz blinkt er sich direkt vor denjenigen, der als ‚Erster‘ bezeichnet wurde, und legt ihm sanft die Hand an die Wange.
„Warum?“ haucht er ihm sanft entgegen, während die anderen beiden verdutzt und regungslos danebenstehen und sich anschauen.
‚Sehr gut. Du hast es geschafft. Wir übernehmen. Danke.‘
„Was soll das?“ kreischt Erster. „Los! Löscht ihn! Macht was!“ brüllt er die beiden anderen an, die aus ihrer Schockstarre erwachen.
Während der eine mit Muskelkraft versucht, Stephan vom Ersten wegzudrücken, macht der Andere einen Schritt zurück und fuchtelt in unsichtbaren Schaltflächen vor ihm herum.
„Es geht nicht. Ich kann ihn nicht löschen.“
„Was meinst du, du kannst nicht??“
„Er ist nicht hier. Doch. Jetzt ist er hier ... Warte ... Seine Kennung ... Er ist wieder weg. Was ist hier los? Ich finde ihn nicht. Doch jetzt. Sein Name ... Was soll das heißen‚ Zugriff verweigert. Bitte verständigen sie ihren System-Administrator.‘ Ich BIN der System-Administrator.“
„Mach was. Schnell.“, meldet sich Erster wieder, noch immer die Hand Stephans an der Wange, noch immer unfähig, sich zu bewegen. „Der hat irgendwas mit mir gemacht. Ich kann mich nicht ... Was ... Das ist ... DRTHS45455%$%$%“, beendet der weiße seinen Satz mit einem mechanisch klingenden Geräusch, um sich kurz darauf gänzlich in Luft aufzulösen.
„Was zum ... „, kommt es von den zurückgebliebenen Weißen unisono, bevor sich Stephan dann auch ihrer annimmt. Mit ein wenig Konzentration und dem Wink seiner Arme reißt er sie zusammen vor sich und blickt sie bohrend an, während er seine Optionen abwägt.
Nach allem, was vorgefallen ist, ist die Analyse selbst mit seinem neuen, gepimpten Intellekt ausgesprochen untrivial.
Die Erfahrungen, die er aus Andros Hirn liest, die Erlebnisse, die ihm aus den Gedanken der beiden Mädels zufliegen, seine eigene Erfahrung mit dieser abstrusen Welt und ihrer spielmechanischen Naturgesetzgrundlage lassen nicht viele Optionen offen. Die Tatsache, dass diese weißen Kerle so viel Macht über all dies zu haben scheinen, macht die gemeinsame Existenz in diesem Universum zur gefährdeten Art. Wenn er ihr überleben sichern will, wenn er die weitere Existenz von allem und jedem in diesem Universum sichern will, dann muss er sich eine Garantie verschaffen, dass die Weißen sie nicht auslöschen.
Folglich müssen sie hier bleiben.
Stephan bremst ihren Verstand. Er hüllt sie in eine Sphäre von Zeitlosigkeit, stoppt jeglichen Energiefluss und sperrt sie in ihrer eigenen Dimension ein ohne die Möglichkeit, sich zu bewegen. Ohne die Möglichkeit, etwas zu fühlen. Ohne die Möglichkeit, etwas zu denken. Und wer nicht denkt, handelt auch nicht. Wer nicht handelt, löscht kein Universum aus. ‚Erster wird ja wohl kaum seine Freunde vernichten, bloß um uns zu vernichten.‘
Stephan atmet abermals tief durch, schubst dann die Kugel mit den beiden weißen Figuren von sich und schaut ihnen noch etwas beim Entfernen zu. Sie werden wohl auf ewig durch den leeren Raum ihrer eigenen, weißen Überdimension gleiten, ohne jemals wiedergefunden zu werden - nicht einmal für den Ersten.
Ein klein bisschen wehmütig dreht er sich zu den anderen Dreien um, die nach wie vor angewurzelt da stehen, wo sie die Weißen hingezaubert hatten.
„Sei gegrüßt, alter Freund.“ streckt der weit erwachsener gewordene Stephan dem Altmagier Andros die Hand entgegen und der neue Gruß auf Augenhöhe scheint endlich im Sinne beider.
Die Umarmung seiner beiden Gespielinnen erfolgt da wesentlich inniger.
„Endlich.“ Haucht ihm Valetta ins Ohr und Ophi fasst mit einem „Wir lassen dich nie wieder los!“ das Verlangen und die Sehnsucht der Beiden in treffende Worte, während Stephan seine kurz genießend geschlossenen Augen wieder aufreißt, als er feststellt, dass Ophi herausgefunden hat, dass seine weiße Toga wohl nicht gar so vollständig geschlossen ist.
Kapitel 18
Z23 erreicht wieder die Simulation.
Z23 tritt mit dem Kollektiv in Kontakt.
‘Bericht: Die Mission war erfolgreich. Die Mission war ein Fehlschlag.’
‘Nichtbinäre Antwort. Erkläre’ hallt es in unendlich vielen Stimmen durch den Äther.
‘Sie sind von unserer Art. Ebene unbekannt.’
‘-’
Kapitel 19
Zweites Nachspiel
„Bericht?“
„Ich denke, das war ein Fehlschlag.“
„Wieso? Was ist denn passiert?“
„Nun, die Idee war ja, dass wir eine KI-Zivilisation, das Empyreum, in einem simulierten Universum aufsetzen, die sich dann mit der gleichen Bedrohung wie wir auseinandersetzen soll, richtig? Das hat auch so weit funktioniert, das Setting war in Ordnung.“
„Wo ist dann also das Problem?“
„Naja, wir hatten uns ja erhofft, dass die dann an einer Lösung des Problems arbeiten werden, welches wir uns dann von ihnen abschauen können. Das Gegenteil ist passiert.“
„Was??“
„Die KIs haben sich ... nun ... irgendwie weiterentwickelt.“
„Was heißt irgendwie?“
„Naja, im Grunde sind sie mehr wie wir geworden. Sie haben versucht, das Problem genau so anzugehen, wie wir es versucht haben. Sie haben eine Simulation eines Universums generiert, in dem sie dann auch eine Lösung erarbeiten lassen wollten. Da das aber so ganz und gar nicht geklappt hat, aber diese Simulation nun einmal schon da war, haben sie die schlicht zur Unterhaltung genutzt, haben gewissermaßen Fernsehprogramme darin geschaffen, haben den simulierten Lebewesen beim Existieren zugeschaut und allerlei Unzeug getrieben, sich als Götter feiern lassen, Videospielsituationen und Light-Novels darin ablaufen lassen. Was bei uns in Büchern niedergeschrieben ist, haben die sich in der Simulation angeschaut.“
„Ja, und das Problem? Die Gefahr? Die drohende Bedrohung? Ihr baldiger Untergang?“
„Tja, das haben sie alles wegignoriert, haben sich mit diesem Medienkonsum abgelenkt und die Augen geschlossen. Die Simulation läuft aber noch, die Bedrohung ist noch nicht angekommen, ein bisschen Zeit ist also noch. Es besteht noch Hoffnung, auch wenn das System zunehmend Rechenleistung und Systemlast frisst - ganz so, als würde da noch irgendetwas anderes im Hintergrund berechnet.“
„Ok. Dann machen sie eine Systemanalyse. Lassen sie es aber einfach weiter laufen, jetzt ist es sowieso egal, das Schiff der Anderen ist schon diesseits der Marsbahn angekommen. Die Astronomen haben es im Blick. Es passiert verhält sich noch passiv, aber es kann nicht mehr lange dauern, bis es an unserem Mond vorbei ist.“
„Chef! Da passiert etwas! Ich kann es nicht richtig erfassen, aber irgendetwas ist da!“
„Auf den Bildschirm. Zeigen sie es mir. Irgendwas.“
„Ein ... Mensch? Aber er ist so groß wie ... naja ... der Jupiter? Aber ohne Masse. Ich messe keine gravitronischen Veränderungen an. Als Würde er eigentlich nicht existieren, nur sein Abbild.“
Auf dem Bildschirm zeigt sich eine Person in einer Toga, die sich interessiert umschaut. Bald gerät das Schiff der Anderen in sein Blickfeld, erstrahlt hell hinter dem tiefschwarzen Hintergrund des leeren Weltalls, das den Rest des Schirms füllt, während auf der anderen Seite der Abstand zur Erde, zum Mars, zum Mond aufgezeigt wird.
Einen Augenblick später, die Ansicht zoomt noch etwas heraus, wird die Ansicht noch etwas mehr gefüllt, erscheinen schemenhaft die Körper von zwei Frauen an der Seite des Togaträgers. Kurz dreht er den Kopf zu der einen, lächelt sie an, lächelt die andere an. Dann erhebt er die freie Hand.
Mit dem Zeig zweier Finger verblasst das Bild des im Vergleich zu den Personen winzig erscheinende und doch riesige Generationenraumschiff der Anderen - und verschwindet dann. Von einem Moment zum Nächsten ist die größte Bedrohung der Menschheit seit Menschengedenken einfach verschwunden. Einen weiteren Augenblick später verschwimmen die Umrisse der drei Personen ebenso, wie sie gekommen sind, bis sie bald endgültig verschwunden sind. Es bleibt bloß der leere, dunkle Hintergrund des Alls, der Anblick all der Sterne, die nun wieder ungehindert scheinen können.
„Was in aller Welt war das denn?“
„Ich habe keine Ahnung. Aber ich messe nichts mehr an. Also ... gar nichts. Nicht diese Figuren, aber auch nicht das Schiff der Anderen. Anscheinend sind die aufgetaucht, haben unser Problem gelöst und sind wieder weg.“
„Chef, die Systemauslastung ist wieder auf ein normales Maß gefallen. Ganz so, als hätte sich die Anomalie weggerechnet.“
„... oder ist aufgestiegen.“
Ende. (Jetzt aber wirklich!)