Natürliche Auslese

Manchmal scheint mir das Leben sinnlos, leer zu sein, so viel schlechter als es einmal war. Oft schaue ich in die Runde, betrachte mir meine Mitmenschen und muss feststellen, dass viele von diesen früher, als wir noch auf den Bäumen lebten und so etwas, wie der Mensch an meinem Nachbartisch, dann mit Sicherheit aus dem Bet gefallen wäre. Es machte damals wie heute durchaus Sinn, diese Entkopplung. Gehen solche Menschen ihren Mitmenschen allenfalls auf den Geist, halten sie von ihren notwendigen Konzentrationsphasen durch fortwährendes Zucken mit irgendwelchen Körperteilen ab, versuchen sich mit irgend etwas zu beschäftigen, so war dies damals das Todesurteil für sie, denn wenn sie nachts im Schlaf eine falsche Bewegung machten so war der Weg nach unten sehr schnell zurückgelegt, der Weg auf den Boden der Tatsachen, auf dem Insekten, Reptilien und andere Raubtiere lauerten nicht der sanfteste. Nur die, die ihre Gebeine im Schlaf entkoppeln konnten, konnten überleben. Das war die notwendige, natürliche Auslese, die die Menschheit dieser Tage am Leben hielt und die, die dazu nicht fähig waren, ausssonderten.

Selbst später, als man sich schon auf dem Boden dieser Erde bewegte, andere Gegenden erobert hat, waren es die überlegenheitsmerkmale, die die einen überleben und die anderen verhungern liess. Denn zur Jagd gehörte nicht nur, dass man schnell laufen, feste zuschlagen und gut ziehlen konnte, sondrn eben auch, dass man dies alles planen konnte, dass man fährten lesen und Zeichen deuten, dass man fühlen konnte, wo etwas zu essen auf einen wartete. Sich nur von den Früchten irgendwelcher Bäume zu ernähren war damals wie heute nicht der Stein der weisen, denn wichtige Nahrungsbestandteile die der Körper brauchte, fehlten dadurch.

Doch je weiter die Zivilisierung voran schritt, sich 'weiter entwickelte', desto weniger kam es auf solche Merkmale an, desto weniger wurde von den notwendigen Überlebensmerkmalen unterschieden, desto weniger Menschen wurden ausgesondert aufgrund grundlegender, körperlicher oder instinktmässiger Merkmale. Vielmehr waren es immer die duemmeren, aber stärkeren, die durch ihre hinterhältigen Intrigen oder auch durch einfachste, körperliche Gewalt den ihnen geistig überlegenen, aber körperlich unterlegenen das Leben schwer machten, sie auf den Scheiterhaufen brachten oder einfach beiseite schafften. Dabei bekamen sie auch noch clerikale Unterstützung, denn natürlich waren die dummen und leichtgläubigen viel leichter für die Kirche unter Kontrolle zu halten, zu unterjochen, zu verängstigen und auszunutzen als die gefährlichen intelligenten, die daher nur allzu schnell zu Ketzern erklärt wurden, was dem gleichen Zweck diente.

Jetzt endlich, in aller jüngster Zeit, scheint sich das Blatt endlich wieder einmal gewendet zu haben, scheint es einen neuen Weg zu geben, den Menschen etwas von den Werten der natürlichen Auslese zurückgeben zu koennen. Noch haben wir dafür so primitive Ausdrücke wie Strassenverkehr oder öffentliches Leben, oder auch Untergrundaktivitäten, aber schon bald wird man erkennen, dass dies die neuen Wege der Natur sind.

Es scheint schon fast verwunderlich, dass sich Menschen gleicher Art immer zusammenzufinden scheinen, dass sie sich in Gruppen zusammenrotten und auch ihre Aktivitäten kollektivieren. Weniger verwunderlich scheint dabei vielmehr, dass diejenigen unter ihnen, die das grösste Gewaltpotential, das grösste Maul und die dümmsten, aber einfachsten und für die anderen somit verständlichsten Vorschläge haben, ihre Anführer sind, diejenigen sind, die das Sagen über die Gruppe haben und ihr Schicksal zu leiten haben. Eine Spielweise der Natur?

Die Natur wird sicher immer wieder neue Wege suchen, um das Unausweichliche in seinem Sinne zu beschleunigen. Und so ist es sicherlich im Grunde nur eine Frage der Sichtweise, wie man dies und das Spiel der Natur definiert. Denn natürlich kann man es auch so sehen, dass alles, was wir selbst erzeugen, dass alle von uns Generierten Hindernisse und Gefahren zu einem Weg, zu einer Entwicklung der Natur gehört. Dann ist sicherlich auch der moderne Strassenverkehr eine Art der natürlichen Auslese, auf die die Natur den Menschen danach auserwählt, ob und wie er sich in der von uns erzeugten, in der von uns sicherlich im Sinne des Laufs der Natur entwickelten Ordnung, der Zivilation wie wir sie nennen. Es ist ein Weg, den die Natur findet um das zu tun, was sie seit Äonen schon unternimmt um sich weiter zu entwickeln, um das, was sie hervorgebracht hat, auf dem rechten Weg zu halten, weiter zu entwickeln.

Natürlich kann man diesen Gedanken weiter verfolgen, kann einmal des Interesses halber darüber nachdenken, welche Resultate dies erzielen kann, welche Art von Auslese dies ezeugen könnte. Vielleicht ist da auch der Haken für das Verständniss, das wir aufbringen müssten um solch fundamentale Minimalprinzipien nachvollziehen zu können, denn zu primitiv scheinen uns diese Primitive auf den ersten Blick. Es wird auf den ersten Blick einmal mehr der Stärkere, der Schnellere, der Aufmerksamere überleben, der seine Umwelt mehr im Auge behalten kann und auf einmal mehr Adrenalin ausschuetten kann als seine Konkurrenten, die dann einen Autounfall nicht überleben, die nicht schnell genug einer Explosion entkommen können, die nicht schnell genug über die Strasse kommen oder auch ein Fahrzeug nicht kommen gesehen haben. Einmal mehr ist es der, dessen Stärken eher im Verborgenen lauern, dessen Überlegenheit sich auf die geistige Leistungsfähigkeit bezieht und der eher die Wissensch, die Grundlagenforschung seiner Welt weiterentwickelt als durch die Gegend zu rennen wie ein aufgescheuchtes Rind und seine Zeit mit der Sorge um seine Bauchmuskeln und seiner Wirkung auf die Frauen zu verschwenden. Jedoch kommt schon dabei ein anderer Punkt zum Vorschein, dass nämlich der, der bei solch kleineren Problemchen nicht überleben würde, auch den Anforderungen, die das andere Geschlecht an ihn stellen wird, nicht gewachsen sein wird und dass seine genetischen Anlagen, die seine geistige Überlegenheit kodieren, auf diese Weise verloren gehen werden.

Natürlich trägt diese Auslese viel mehr und vielfältigere Früchte als nur die, dass ihr ausgewachsene zum Opfer fallen. Vielmehr sind es glücklicherweise die schwachen, kranken und alten, die als erstes diesen gesteigerten Anforderungen an das tägliche Leben nicht mehr gewachsen sind. Wie viele alte Menschen können sich täglich nicht mehr auf den Beinen halten und fallen einfach auf der Strasse um, fallen einfach so vom Bürgersteig auf den Autoweg oder merken schon gar nicht mehr, wenn eine U-Bahn auf sie zu gerast kommt oder auch schon, wenn sie einfach auf die Gleise fallen, was sie natürlich nicht lange überleben. Und wie viele Kinder wohl auf der Strasse spielend von eben diesen Höllengeräten überrollt werden, während sie ihrem Ball nachlaufen und sich dabei in gefährlichere Gefilde begeben, brauche ich im Grunde kaum weiterzuführen.

Denn allzu schnell hat es auch die erwischt, die gar zu aktiv, gar zu sportlich sind und ihrem Ball hinterher laufen müssen. Jedoch wird dies auf der anderen Seite wohl in der Gruppe schon wieder anders aussehen, in der immer der schwächste auserkoren wird, das Spielzeug wieder zurück zu holen, was jedoch wieder voraussetzen würde, dass sich diese intelligenten Sonderlinge in solcherlei Gesellschaft wohl fühlen würden. Tun sie es nämlich nicht, ist dies allenfalls wieder einmal eine auslese unter den dummen kämpfern, bei denen auf diese Art der schwächste aussortiert wird.

Wie immer man es drehen und wenden mag, eines bleibt immer das Resultat. Wird es so weiter gehen, wird das Leben nicht sicherer werden für den Einzelnen, der Schutz vor dem terrorisierenden Pöbel braucht, so wird sich die Menschheit wohl kaum weiter entwickeln können, wird niemals intelligenter werden, denn die Intelligenz wird im wahrsten Sinne des Wortes herausgezüchtet.

Man betrachte sich nur die Familienentwicklung. Jene mit höherer Schulbildung, besserer Ausbildung oder besonderen Fähigkeiten haben kaum, wenn überhaupt, mehr als ein Kind, wohingegen das untere Ende der Bildungsscala offensichtlich nichts besseres mit seiner Zeit anzufangen weiss, als diese mit der Aufzucht von Nachwuchs zu verbringen, der dann auch in ausreichender Anzahl, also in zeitlich auslastenden Mass, vorhanden gemacht wird. Es ist eine einfache Rechnung, nach wie vielen Generationen auch das zufälligste Produkt menschlichen, geistigen Schaffensdranges auf diese Art in der Menge der minderbemittelten untergegangen sein wird.

Auf der anderen Seite ist es schier unberechenbar, wie lange es für diese Masse dauern wird, bis sie durchschnittlich auf dem Stand eines Abiturienten sind, bis sie die Fähigkeit des Begreifens entwickelt haben und nicht nur abgedroschene Parolen gröhlen können, bis sie zu einer wirklich eigenen Meinung fähig sein werden, wenn sie es erst einmal verloren haben.

Vielleicht sollte wirklich einmal wieder ein weiterer Pfad der neue, natürlichen Auslese beschritten werden. Vielleicht sollten wir wirklich einmal mehr unsere körperlich begabten Abkömmlinge das tun lassen, was sie wirklich können - Krieg führen.