... ueber die Verlogenheit konservativer Drogenaufklaerung

Alle Jahre wieder kommt sie wieder, die Diskussion ueber die Legalisierung gewisser Dogen - oder besser dem, was im unaufgeklaerten Volksmund als solches bezeichnet wird. Niemals ist dabei von wirklich allen Drogen, nicht einmal von allen harten Drogen die Rede, wenn nach einem Verbot geschrieen wird, auch wird nicht unterschieden zwischen harten und weichen Drogen, es kommen immer nur die "boesen" Drogen ins Spiel.

Schaut man sich einmal die menschliche Kulturgeschichte an, so wird man sehr schnell darauf stossen, dass es zu keiner Zeit eine Periode gegeben hat, in der der Mensch ohne eine gewisse Art von Drogen ausgekommen waere. Immer waren sie Teil unseres Lebens, unserer Kultur, unserer Riten und Traditionen. Fast schon widerspruechlich kommt einem da der Schrei nach einem Verbot derselben vor wenn man in heutige Medien schaut. Die Argumentation dabei wiederholt sich staendig, und wird doch bei keinem mal richtiger. Luegen werden durch Wiederholungen nur in den Koepfen der unwissenden Zuhoerer zu Wahrheiten, nicht jedoch in der Realitaet.

Die boesen Drogen, das sind natuerlich die, die all jene zu sich nehmen, die man nicht mag. Das sind natuerlich in erster Linie die Abhaengigen, die einen in der Fussgaengerzone um Kleingeld anbetteln oder die zu Verbrechern werden, weil sie das Geld fuer ihre Drogen irgendwie beschaffen muessen. Es sind die Randgruppen, die unteren Schichten der Gesellschaft, die man in bester Moralapostelmanie vor sich selbst und vor den negativen Auswirkungen des angeblich mit dem Konsum verbundenen Realitaetsverlust schuetzen moechte. Die naechste Gruppe sind ebenfalls Leute, die man nicht mag, die jedoch auf der anderen Seite der Skala der Gesellschaft stehen. Diese Gruppe hat wiederum genuegend Macht oder Geld, um sich dem Arm des Gesetzes entziehen zu koennen sollten sie einmal angeschuldigt werden. Sie haben genuegend Geld, um sich qualitativ hochwertige Drogen leisten zu koennen, die die meisten der Nebenwirkungen der Gossedrogen nicht aufweisen, die ausschliesslich ihre beabsichtigte Wirkung entfalten und den Konsumenten nicht mit Streckmitteln vergiften oder gar so weit gestreckt wurden, dass man ihre Wirkung kaum mehr wahrnehmen kann. Fuer sie ist die Droge zu einem gesellschaftlichen Ereignis geworden, das negative daran einzig der Preis und die Ächtung des Restes der Gesellschaft.

Doch wie sieht es mit der Bevoelkerungsschicht dazwischen aus? Nimmt diese in guter Beispielfunktion keine Drogen? Hat sie verstanden, ueber was sie da reden und was sie da verbieten oder gar, wieso sie es verboten haben wollen? Das Widerspruechliche Verhalten dieser Gruppe wird am eindrucksvollsten deutlich, wenn in einer Schule eine anti-drogen-Veranstaltung fuer Schueler stattfindet, zu der auch ihre Eltern erscheinen koennen. Da werden den Jugendlichen Bilder von Drogentoten in ihrer gosse vorgefuehrt, werden ihnen Lebenswege ueber die Einstiegsdroge hin zu entsprechenden harten Drogen bis zur heroin-aidsverseuchten Endnadel gezeigt, um ihnen zu demonstrieren wo sie landen werden wenn sie sich ebenfalls dem Drogenrausch hingeben wuerden. Und im Hintergrund stehen die Eltern, teilweise mit Zigaretten in den Haenden, einem Glas Bier in der anderen und freuen sich darueber, dass ihre Sproesslinge endlich mal die ganze Wahrheit gesagt bekommen.

Die ganze Wahrheit? Wohl weniger, denn wo sind denn die Bilder von Raucherlungen und -beinen? Wo sind die Bilder von Verkehrstoten bei deren Ableben Alkohol im Spiel war. Wo sind die Berichte von all den Toten und Querschnittsgelaehmten, die durch einen Betrunkenen zustande gekommen sind, waehren dieser nicht einmal einen Kratzer davongetragen hat? Wo die Bilder von Kehlkopfkrebs oder Rauchbedingter Herzinfarkte bei Kreipenbedienungen, auch wenn sie nicht selbst rauchen? Daran hat niemand gedacht - erst recht nicht diejenigen Eltern, die ihre Moral vor ihren Kindern so hoch halten.

Alkohol und Zigaretten werden als sogenannte gesellschaftlich akzeptierte Drogen bezeichnet. Macht es sie dadurch besser? Nikotin ist das staerkste Nervengift, das die Menschheit kennt, sogar durch Nikotinpflaster zum abgewoehnen des rauchens kann man bloss vier gleichzeitig leidlich ueberleben. Alkohol zaehlt ebenfalls zu den harten Drogen, ohne dass dies jemals in Frage gestellt worden waere. Waehrend es taeglich hunderte Tote durch Alkoholbedingte Unfaelle oder gar Alkoholvergiftung oder Leberkrebs gibt, haelt sich die Todesrate bei den Geaechteten Drogen in Grenzen. Dennoch sind die Entziehungsanstalten voll von jungen Menschen, denen ein einziger Joint im falschen Moment zum Verhaengnis wurde. dort werden sie dann jedoch keinen einzigen Alkoholkranken antreffen, denn diese hat gefaelligst die entsprechende Familie aufzufangen - oder er hat eben pech gehabt.

Die Polizei macht natuerlich nur ihren Job und die Gesetzeslage ist entsprechend eindeutig. Wer als Jugendlicher mit einem Joint aufgegriffen wird muss eine entziehungskur machen, da fuehrt kein Weg dran vorbei. Die Polizei kennt natuerlich die beliebtesten Raucherplaetzchen und weiss auch, dass da nicht nur Tabak im Papier landet, entsprechend ist die Erfolgsquote an entsprechenden Orten. Oftmals wird gleich die gesamte Gruppe abgefuehrt, egal ob diejenigen ueberhaupt geraucht haben oder nur dabei standen - nachweisbar ist der Unterschied durch passivrauchen nicht. In Bezug auf Alkohol gibt es diese Regelungen nicht. Wenn die gleiche Gruppe mit hochprozentigen Alkoholika dort gestanden haette, waere die Polizei bestenfalls dann eingeschritten, wenn sie sie nichtangeschnallt in einem Auto erwischt haetten - und auch dann haette es keine Pflichtkur gegeben.

Die gesellschaftliche Akzeptanz hat dabei natuerlich auch ihre Grenzen. Wenn auf einer Party in froehlichen Kreis eine Flasche nach der anderen weggesoffen wird ist dies in der Runde noch akzeptabel. Wenn jedoch die gleiche Menge am Nebentisch ohne ein Wort zu verlieren vernichtet wird, so ist derjenige ein auszugrenzender Alkoholiker, vor allem dann, wenn er einige Tage zuvor noch am Nebentisch als Teil dieser Runde die gleichen Mengen mitgetrunken hat. In Bezug auf die Jugend ist die Argumentation aehnlich widerspruechlich, denn das muss man einem Jugendlichen erst einmal verstaendlich machen wieso sich seine Eltern jeden abend betrinken duerfen, er selbst aber nichtmal am Wochenende mit seinen Freunden einen heben duerfen sollte.

Doch was ist tatsaechlich so schlecht an den schlechten, so gut an den guten Drogen? Welches sind ueberhaupt gute Drogen? Was ist ueberhaupt Abhaengigkeit?

Wissenschaftlich betrachtet ist Abhaengigkeit die herausbildung eines Neuronenknotens im Gehirn, der dafuer sorgt, dass bei Anblick oder Mnemonisierung eines mit der entsprechenden Droge assoziierten Objektes oder auch bloss Bildes gewissermassen der Grad der Versuchung erhoeht wird, die Hemmschwelle zu diesem Stoff zu greifen verringert wird. Ähnlich des Experimentes mit dem Hund, seinem Futter und dem Glöckchen laeuft auch dem Schnitzel-Abhaengigen das Wasser im Mund zusammen, wenn man ihm bloss ein Bild eines solchen zeigt. Bei Zigaretten oder Alkohol wird dann das hochgefuehl, das man bei der ersten Zugarette, dem ersten Schluck hatte in Erinnerung gerufen. Dies funktioniert auch mit Spiel- oder Sexsuechtigen, von denen man nicht gerade sagen kann, dass sie einen bestimmten Stoff zu sich nehmen wuerden der ihre Sucht auf biologischer Ebene bedingen wuerde.

Jedoch gibt es ebenso keine einzige Droge, die die Bildung dieses Neuronenknotens mehr oder weniger beguenstigen wuerde, die quasi exakt dafuer zustaendig waere, dass sich dieser Knoten entwickelt. Nicht einmal bei Crack oder Speed, von denen allgemein gesagt wurde, dass man schon nach dem ersten Griff dazu in Abhaengigkeit verfallen wuerde, ist dies der Fall. So laesst sich der Probant auch teuschen, was "seine" Droge angeht. Wuerde man beispielsweise Orangensaft mit THC versetzen und es jemandem geben, der noch nie solchen Orangensaft getrunken hat, also auch nicht weiss, dass dies keine normale Reaktion darauf ist, und dies einige male Wiederholen, so wuerde dieser in gewisser Weise eine Sucht nach diesem Orangensaft entwickeln, die sogar so weit geht, dass er auch ohne die THC-Verseuchung entsprechende Hochgefuehle entwickelt, auch wenn diese ein wenig anders waeren als durch die Droge selbst, welche als Neurotransmitter wirkt.

Bei Alkoholkonsumenten und Rauchern gibt es diese Knoten ebenfalls. Macht es sie also nicht zu Drogenabhaengigen, bloss weil ihre Droge nicht illegalisiert ist? Macht es sie zu "besseren" Abhaengigen?

Die Verlogenheit beginnt nicht erst bei dem Schrei nach dem Verbot aller anderer Drogen, denn auch die Alkohol und Zigarettenindustrie mag keine weitere Konkurrenz auf ihrem Markt. Jedoch wird vor allem ein Argument immer wiederholt, das in Widerspruch zu allen Erkenntnissen aus der Geschichte des Drogenhandels steht, naemlich dass man es dadurch unterbinden koenne.

Zu Zeiten der Prohibition, also des Verbotes von Alkohol in den USA gab es nicht nur mehr Alkoholkonsum, sondern auch mehr Tote durch diesen Stoff, da dessen Qualitaet nicht mehr kontrolliert werden konnte. Der Schmuggler produzierte in Kellern mit verschmutzten Geraeten und mit Rohstoffen aus zweifelhafter Quelle und Qualitaet, aber zu geringsten Preisen um seinen steuerfreien Gewinn zu maximieren. Die Machtdemonstration der Quaeker und religioesen Fanatiker ging somit vollstaendig im Sinne der Volksgesundheit nach hinten los - und auch im Bezug auf die Staatsfinanzen, denn der Staat trat zuvor selbst auch als Produzent auf. Dieses Beispiel zeigt wunderbar deutlich zwei Dinge. Zum einen wurde das Verbot auf Draengen einer einezigen Gruppe maechtiger durchgesetzt aus dem einzigen Grund einer demonstration ihrer Macht, ohne nach Sinn und Zweck zu fragen und ohne die Argumentation zu ueberpruefen, bloss aus einer religioesen verbraemung heraus die irgendetwas dogmatisch deutungslastig vorzuschreiben schien. Das Verbot hatte also nicht wirklich den Sinn etwas positives zu bewirken sondern es sollte bloss verboten werden des verbietens willen. Zum anderen zeigt es aber auch, dass die Auswirkungen ganz im Gegenteil ein Zurueckgehen des Konsums gebracht haben, sondern eben ein Ansteigen desselben, denn nun wurde es bloss noch interessanter. Dadurch dass der Konsum obendrein nur teurer wurde, wanderte das Volksvermoegen auch noch unter der Theke in duestere Loecher jenseits der Staatsfinanzen, um dort dem Markt entzogen zu werden. Die Qualitaet konnte aufgrund des Verbotes nicht mehr kontrolliert werden weil es zum einen dem Verbot widersprochen haette, man jedoch zum anderen auch nicht mehr wusste, wo denn ueberhaupt der Alkohol her kam, wo denn ueberhaupt die Distillen standen und wer denn da ueberhaupt alles produzierte. Entsprechend viel Fuselanteil wurde dann unter die Bevoelkerung geschuettet mit den bekannten Auswirkungen.

Genau so verhaelt es sich auch mit den Drogen der moderne. Die Gruppe, die stetig nach dem Verbot und der staatsgewaltigen Unterdrueckung dergleichen schreit, will im gleichen Atemzug das Verbot ihrer eigenen Konsumgueter vermieden sehen, denn schlecht ist natuerlich nur alles andere, alles was man selbst nicht macht. Gefragt nach dem Sinn des Nichtverbotes gewisser anderer Gueter bekommt man dann platt gesagt, dass das ja auch schon mehr als genug waere und man noch mehr Drogen gar nicht brauche - als Argument in beide Richtungen benutzt. Dabei scheint das zweite Argument fuer einen kontrollierten Markt durch Zulassung bisher verbotener Substanzen an diesen Menschen vorbeizugehen und es wird das vorige Argument nur noch einmal wiederholt ohne auch nur im geringsten ueber ihre Dogmen nachzudenken. Ist das Qualitaetsproblem bei weichen Drogen wie THC, also Haschisch, Marihuana oder Hanf nicht so ausgepraegt, weil es sich nicht um ueberdosierbare Gifte handelt, sieht es bei den harten Drogen wie Heroin, Kokain und den Designerdrogen Crack, Speed und ihren Partyverwandten Pillen schon gaenzlich anders aus, bei denen man froh sein muss wenn eine Pille mal mehr enthaelt als Strichnin, Vanillinzucker, Puder oder Traubenzucker und Glasstaub, der einem die Kehle blutig reizt oder durch die Nase aufgenommen die Atemschleimhaeute zerstoert. Kommt eine neue Droge auf den Markt, so gibt es durchaus ein Phase, in der diese dann qualitativ - wenn auch nicht hochwertig so zumindest akzeptabel - ist. Doch nimmt diese Qualitaet dann bald so rapide ab, dass man die Verteiler dieser Produkte ganz banal wegen Koerperverletzung oder gar Mordversuch anklagen koennte und auf Drogengesetze gar verzichten koennte.

Doch so weit geht das Verstaendnis der Konservativen Front leider schon nicht mehr, schalten dort die Gehirne doch offensichtlich schon direkt nach dem blossen Wort Drogen auf Rot, Durchzug und Ausrasten - mit den entsprechenden Folgen fuer ihre Argumentationsversuche.