1001 Worte - über das Dilemma der Nicht-Schnäppchenjäger

Mit Neid schaue ich hin und wieder schon irgendwie auf das Werkzeug einiger Freunde, wenn ich sie mit ihrer hochwertigen Ausrüstung arbeiten oder sie auch bloss in der Ecke stehen sehe. Jedoch verschwindet ein Teil dieses Neides schnell wieder, wenn ich mir anhören kann dass ihr Ratschenkasten alleine so viel gekostet hat wie meine eigene gesamte Ausrüstung daheim.

Natürlich weiss ich, dass das seine von einem Markenhersteller mit - hoffentlich - entsprechender Qualität ist, dass jedes einzelne Teil für die ewigkeit gemacht ist und sicherlich länger halten wird wie die Lebensdauer all meiner Geräte zusammen. Natürlich weiss ich, dass echtes Profiwerkzeug gerne so viel kosten darf und dass es sich ernsthafter Arbeit damit alsbald bezahlt macht. Natürlich ärgere ich mich, wenn einer meiner Schleifaufsätze schon nach wenigen Minuten Einsatz seinen Geist aufgibt und bis zur Selbstzerstörung verbraucht ist. Und natürlich äregere ich mich, wenn sich meine Stichsäge dank eines abgenutzten Kleinteils der Unbrauchbarkeit übereignet hat. Doch dann kaufe ich mir eben eine neue Stichsäge, oder zwei oder drei, denn bis ich mit dem von mir gewählten Billigwerkzeug die Preismarke eines Markengerätes erreicht habe, wird bei dem von mir angesetzten Einsatzpensum einige Zeit ins Land gegangen sein.

Klar ist gutes Werkzeug auch seinen Preis wert. Aber für wen? Wenn ich an meinem Auto zweimal im Jahr die Reifen wechsele brauche ich sicherlich keinen einstellbaren Kraftschlüssel mit ölgehärteter Nuss für einige hundert Euro. Wenn ich hingegen einen Reifenwechselservice betreibe und am Tag zwei billige Nüsse verbrauchen würde weiss ich sehr bald, wo ich einen neue kaufen werde und wie viel ich dafür gerne ausgeben werde. Wenn ich zweimal im Jahr ein Brett absäge oder auch ein bisschen am Haus renoviere brauche ich sicherlich auch keine Säge mit einem durchhaltevermögen von einem Jahrzehnt durchgehenden Sägens.

Ein unberücksichtigter Punkt ist sicherlich auch, dass Werkzeug bei Privatmenschen nicht unbedingt von Natur aus alt wird. Es steht ewigkeiten in der Gegend herum, wird oftmals fehlerhaft gelagert, unsaschgemäss behandelt und sicherlich in den wenigsten Fällen geölt werden, wird mit aufgaben konfrontiert werden für die es nicht gedacht oder geschaffen wurde und somit überfordert bis zur mutwilligen Zerstörung. Zum einen weiss es der Nicht-Fachmann nun einmal nicht besser, zum anderen hat er jedoch auch meist nicht die Möglichkeiten, sich korrekt darum zu kümmern dass seine Ausrüstung pfleglich behaldelt wird wenn sie nicht benutzt wird. Da bleibt dann schonmal eine Bohrmaschine im Regen liegen die nicht wasserdicht ist oder eine Säge im feuchten Keller zurück bis sie vor Rost auseinanderfällt. Er hat auch nicht unbedingt das passende Pflegeöl zur Hand wenn er mit der Gelegenheitsarbeit fertig ist und schon gar keine Zeit oder gar Lust, sich am Abend dezidiert darum zu kümmern.

Hinzu kommen einige Faktoren, die der Markt selbst der Realität aufgezwungen hat, denn Markennamen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Ich erinnere mich noch gut an einen Warentest eines Akkuschraubers eines Markenherstellers gegen ein Noname-Produkt, welchen das Markengerät hoffnungslos verlor. Wenn also bereits die Leistungsdaten der Billigwaren nicht mehr unter ferner-liefen zu finden sind und der Preis entsprechend niedrig ausfällt, wird die Luft für ein Markengerät bereits recht dünn. Wenn ich dann noch bedenke, dass mit jüngst der Bosch-Hammer meines Vaters beim Bohren in einen Holzbalken durchgebrannt ist gibt es - zumindest für mich - kein Argument mehr, nicht zu einem Schnäppchen zu greifen.

Klar gibt es in jeder Baureihe einmal ein Montagsstück, aber gerade bei deutscher Wertarbeit sollte dies eben gerade nicht so sein, sollte sich der höhere Preis auch in absoluter Qualität bemerkbar machen. Wenn dann als nächstes die Billigware von Aldi besser durchhält könnte das Urteil eindeutiger nicht ausfallen.

Es gibt also bereits aus dieser Sicht kaum einen Grund für die breite Käufermasse, zu einem teureren aber dafür - hoffentlich - hochwertigeren Gerät zu greifen, wenn diese Qualität dann doch nur Glückssache bleibt, denn diese Glückssache findet sich ebenso bei der Billigware. Zwar ist mir meine erste Stichsäge mittlerweile - nach gut drei Jahren, einem Massivholzschrank, einer Decke, vier Massivholzregalen und, zur Elimination, einem Aluminiumbackblech - wie bereits beschrieben auf der Strecke geblieben, jedoch ist die zweite wesentlich haltbarer und sogar noch einmal vier Euro billiger, nämlich nur noch fünfzehn Euro, was mehr als nur ein Kampfpreis für ein solches Gerät ist und dabei ist dies Listenpreis und kein Supersonderangebot. Ähnlich verhält es sich mit einem Schleifgerät, einer Gärungssäge und einem Akku-Schlagbohrer, welche alle durchaus brauchbar ihren Dienst verrichten - immer im Hinterkopf behaltend, dass man diese Dinge als Privatmensch natürlich nicht jeden Tag bis zum Limit belastet oder auch nur benutzt. Doch selbst wenn sie sich bei der Arbeit selbst zerstören, für diese Preise kauft man einfach ein neues Gerät, denn dies ist immernoch billiger als die Markenware, deren Garantie garantiert abgelaufen sein wird wenn man sie nötig hat, den neher stirbt der Bosch-Hammer den Alterstod, als dass man ihn abnutzen könnte.

Und was bleibt als Lektion dieser kleinen Ausführungen? Nun, vielleicht dass man ruhig einige male einen Frosch küssen, also Müllware kaufen darf bis man darunter einen Prinzen findet anstatt gleich den Handwerker zu kaufen in der Hoffnung, dass er sich nicht als Frosch entpuppt.