Was bringen eigentlich....
... Lebensmittelspenden?
Im Grunde koennte diese Frage sehr schnell und sehr trivial beantwortet sein, allerdings wie in den meisten Faellen ebenso schnell wie falsch, denn das offensichtliche ist einmal mehr nicht unbedingt auch die richtigste Loesung. Natuerlich gibt man die Lebensmittel in hungernde Gebiete aus dem Grund, um die Menschen dort damit zu versorgen, damit sie nicht verhungern, keinen Hunger leiden oder damit die Kinder nicht darben muessen. So weit so klar.
Das Ganze hat dabei allerdings gleich zwei Probleme, die man dabei im Auge behalten sollte. Zum einen ist das ganz banale Verteilungsproblem, also das Problem, dass die gespendeten Lebensmittel, die dann verschenkt werden sollen, auch an die richtige Addresse kommen, dass diese nicht in dunklen Kanaelen versickern, dass sie nicht in Gebieten verteilt werden, in denen eigentlich gar kein grosser Hunger herrscht oder ganz schlicht nicht in den Gebieten eingesetzt werden, in denen die Not am groessten ist. Dabei sei nicht gesagt, dass es nicht durchaus Faelle gibt, in denen eine Versorgung von Quellen weit ausserhalb des betroffenen Gebietes nicht auch zwingend erforderlich sei n kann - so gibt es eine Region in Afrika, in das die Bevoelkerung des halben Nachbarlandes vor Vertreibung geflohen ist und seitdem auf Hilfe von aussen warten muss, welche seit einigen Jahrzehnten mittlerweile auf sich warten laesst. Nur ist dieser Fall eben nicht so populaer wie wenn Promis ein paar armen, hungernden Negerkindern mit dicken Wasserbaeuchen ein paar Reiskoerner hinwerfen. "Das Maximum an Spendenfreudigkeit wuerde man sicherlich ausloesen, wenn in der Fussgaengerzone neben einem Spendenstand ein Negerkind liver verhungert!" wie ein Kabaretist von einigen Jahren textete. Und so bitter es ist, das wuerde es wohl auch, denn die Menschen sehen nicht den Grund, aus dem das Kind keine Nahrung bekommen hat, sondern nur, dass es keine Nahrung bekommen hat. Ein kleiner, aber sehr feiner Unterschied.
Denn dass es nichts zu essen bekommen hat kann auch ein blinder erkennen. Doch was macht es morgen, wenn die Spenden ausbleiben, wenn das Geld fuer geschenktes Essen an andere, ebenfalls hungernde Kinder gegangen ist? Es wird ebenso weiterhungern wie zuvor. Und dass man mit keinem Geld der Welt diese Dinge beseitigen kann und auch dafuer sorgen kann, dass auch morgen noch etwas zu Essen fuer diese Kinder da ist, das ist fuer das gemeine, mitleidige Volk nicht so leicht zu erkennen.
Aber betrachten wir erst einmal, was an den geschenkten Lebensmitteln eigentlich so schlecht sein soll, beseitigen sie doch einen akuten Misstand da wo er auftritt. Oder etwa doch nicht? Kurzfristig mag dies sogar der Fall sein. Jedoch langfristig zerstoert man dadurch die Grundlage vieler anderer Menschen, die dann aehnlich hungern werden muessen, naemlich die der Lebensmittellieferanten. Denn eines darf man nicht vergessen - es gibt durchaus eine Versorgung dort wo es Hunger gibt, nur dass diese durch Misernten oder Wetter gestoert sind, was so viel heisst wie dass sich die Preise dem Markt angepasst haben und sich viele Menschen diese nicht mehr leisten koennen und folglich hungern muessen. In Europa ist dies ebenfalls sehr oft der Fall gewesen und dort hat auch niemand mit Geschenken geholfen. Folglich hat sich die Bevoelkerungsentwicklung der Entwicklung der Lebensmittelproduktion angepasst. Wer ernaehrt werden konnte, wer es sich leisten konnte, der konnte auch leben. Andere dann eben nicht. So ist der Lauf der Dinge.
Bloss dass in der dritten Welt dieser Lauf auf einmal keine Gueltigkeit mehr haben soll bloss weil es hierzulande eine Spendenindustrie gibt, die an den von mitfuehlenden Menschen gespendeten Dingen kraeftig verdienen will? Denn eines muss man ebenfalls bedenken - die Produzenten der ausgebliebenen Lebensmittel muessen mit dieser kleineren Menge eben auch ihren Lebensunterhalt bestreiten, muessen ebenso essen und ihre Steuern und Pacht bezahlen wie anderswo auch. Wenn jetzt also der Lastwagen mit kostenlosen Lebensmitteln kommt, wird sich jeder zweimal ueberlegen, ob er fuer die natuerlich vorkommenden Dinge ihren Preis bezahlt, oder ob er sie lieber geschenkt nimmt. Auf der Strecke bleibt hier kurzfristig der Bauer, dem die Preise durch diese Marktueberschwemmung zerstoert wurden. Einmal mag er dies noch ueberstehen koennen, wenn er glueck hat. Wenn nicht, dann wird er als Produzent von diesem Markt verschwunden sein und die Preise werden schon im Normalzustand einen weit hoeheren Wert haben, als sie es zuvor gehabt haetten, womit das Hungern fuer die aermliche Bevoelkerung zum Normalzustand wird, welche dann bereits auf Lebensmittelspenden angewiesen ist um ueberhaupt zu ueberleben.
Doch was koennte da die Loesung sein, wenn doch so offensichtlich alles falsch ist, was man bisher versucht hat - oder etwa nicht? Nun, man koennte beispielsweise die Lebensmittel bei den oertlichen Produzenten kaufen und dann an die Menschen verteilen, dadurch wuerden die Hungernden versorgt und der Marktpreis nicht zerstoert, die Bauern bekaemen ihr Geld und koennten im naechsten Jahr womoeglich besser und mehr produzieren, womit die Preise wiederum fallen wuerden - denn die Nachfrage bestimmt nunmal das Angebot bestimmt die Nachfrage.
Dennoch koennte auch dies nach hinten losgehen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit beziehungsweise die Gefahr dafuer doch wesentlich geringer ist. Denn der Bauer koennte sich daran gewoehnen, dass sein gesamtes Angebot zu dem Preis verkauft wird, welches er fuer richtig erachtet hat, da die Fremden mit gespendetem Geld ja alles aufgekauft hatten - und das womoeglich mehrere Jahre in Folge. Dass er seinen Preissetzungsfehler erst merkt wenn es bereits zu spaet ist und seine Kundschaft, die zu niedrigerem Preis wahrscheinlich gekauft haette, bereits weggehungert ist, ist da nicht unbedingt unmoeglich. Trotz dieser Gefahr wuerde sich auch in einem solchen Fall der Markt ganz von selbst regeln.
So grausam und Herzlos es auch auf den ersten Blick klingen mag, so sehr ist doch langfristig gesehen diese Art der Hilfe die rechte Form der Hilfe zur Selbsthilfe die einzige, welche leistbar ist, welche sogar fuer beide Seiten von Vorteil ist, denn das ehemals hungernde Gebiet wird langfristig sogar zum Absatzmarkt fuer technologiespielzeug aus westlicher Herstellung. Diese Menschen in voelliger Abhaengigkeit von unseren Lebensmittelgeschenkenzu halten ist also der grausamste Weg den man sich bei klarem Geiste nur vorzustellen vermag.