Was bringen eigentlich...

... S.O.S. Kinderdoerfer?

Immer hoert man davon, wie viel Geld immer wieder in diese Einrichtungen geht, wie viele Kinder diese in diesem Jahr wieder aufgenommen haben und ihnen ein menschenwuerdigesLeben ermoeglichen wollen. Immer wieder sieht man auch Prominente Leute gleich im Dutzend dort auflaufen und sich mit einzelnen Kindern photografieren lassen, sich somit gerne die damit verbunde oeffentliche Wirkung entgegenbringen lassen. Wenn irgend jemand eine Meldung in einer Zeitung braucht, der das noetige Kleingeld dafuer hat, dann ist eine groessere Spende fuer solcherlei unterstuetzende Zwecke immer wieder eine gute Idee. Es verkommt fast schon zu einer Alibiaktion, sich fuer diese Kinderdoerfer zu engagieren, um das schlechte Gewissen der westlichen Welt zu beruhigen.

Natuerlich ist es auf den ersten Blick eine gute Sache, verzweifelten und einsamen, von den Eltern durch Schicksalsschlaege getrennten Kindern ein Zuhause, ein Essen und ein Dach ueber dem kopf zu bieten. Natuerlich ist es gut, ihnen die Chance auf eine zumindest geringfuegige Schulbildung zu geben und sie von der Strasse herunter zu holen, auf der sie misbraucht, geraubt, verkauft oder auf einer Fischerhuette mitten im Meer versklavt und bei Ableben unbekannt entsorgt wuerden. Natuerlich wuenscht man niemandem auf dieser Welt einen derartigen Start ins Leben und allzu offensichtlich ist dies ein Guter Ansatzpunkt, zumindest ein bisschen Hilfe zu leisten - Genau wie Lebensmittelspenden in die dritte Welt.

Doch was geschieht mit diesen Menschen, wenn sie einmal groesser geworden sind, wenn sie aus dem Kinderdorf herausgewachsen sind. Werden sie einfach vor die Tuer gesetzt, sobald sie ihre x-ten Geburtstag gefeiert haben? Wird es fuer sie arbeitsbeschaffungsmassnahmen geben? Wird es fuer sie einen Job im Rahmen des Kinderdorfes geben? Wohl eher nicht, denn dies waere wohl viel zu kostenintensiv. Verbleibt die erste Art, die Kinder wieder loszuwerden. Erfuellt dies den Gedanken eines SOS-Kinderdorfes denn wirklich? Wenn man mit den Kleinen fertig ist, die Grossen schnell wieder loswerden weil sie nicht mehr medienwirksam vermarktet werden koennen? Dies ist wohl die einzige Moeglichkeit, tatsaechlich mit diesen Massen an Kindern, die im Grunde wirklich Hilfe brauchen wueden, fertig zu werden.

Dies zeigt noch einen weiterren Schwachpunkt auf, denn wer und mit welchen Kriterien bestimmt denn, welche Kinder in ein solches Dorf aufgenommen werden sollen und welche nicht? Wie steht es denn mit den Drogenkindern in Kuala-Lumpur, mit den Strassenkindern von Bagdad oder all den Kindern, die als Zwangsfischer enden? Warum wird diesen nicht geholfen? Hilfe gebrauchen koennten sicherlich so viele Menschen auf dieser Welt, dass ganz natuerlich eine Grenze gesetzt werden muss. Koennte dies jedoch nicht viel besser auf anderem Wege geschehen? Koennte man nicht viel eher da ansetzen, wo den Menschen die Chance fehlt, als ihrem weiteren Leben tatsaechlich etwas machen zu koennen? Dort, wo den Kinder ihre eigentlich Chance genommen worden ist und sie erst in die Notlage gekommen sind in der sie dann in einem Kinderdorf haben enden muessen? Koennte man als westliche Welt nicht einfach auf Augenhoehe mit diesen Menschen verhandeln, anstelle sie als die Hilfsbeduerftigen zu behandeln? Koennte man diese Laender nicht einfach mal als gleichberechtigte Handelspartner behandeln, wie man dies mit anderen Industrienationen ja auch macht?

Doch was wirklich geschieht ist das genaue Gegenteil. Die westlichen Industrienationen schotten ihre Maerkte gegenueber Fremdeinfluessen von solchen in ihren Teilmaerkten schier uebermaechtigen Laendern derart ab, dass diese ihre fast einzigen, lohnenden Maerkte verlieren und kaum Gegenwert fuer ihre Produkte herausbekommen. Schutzzoelle und Sondersteuern sind eben ein ziemlich maechtiges Werkzeug innerhalb der EU. Doch was wird da eigentlich von unseren Maerkten ferngehalten? Es sind oftmals tatsaechlich Lebensmittel, also Korn oder Fleisch, welches angeblich nicht irgendwelchen wirren europaeischen Vorschriften genuegen und deshalb unsere hiesigen, horrend hohen Preise nicht kaputt machen sollen.

Dabei ist dies wirtschaftlich als auch gesellschaftlich gesehen vollkommenster Unsinn. All die Hilfen, die wir in die dritte Welt schicken waeren unnoetig, wenn es dort eine funktionierende, aufrecht stehende Wirtschaft gaebe, zu deren Erhalt wir durch die Absatzmoeglichkeit auf unseren hiesigen Maerkten fundamental ebenso beitragen koennten wir durch das Unterlassen von Nahrungsgeschenken in Hungerregionen, die dann doch nur die dortigen Lebensmittelproduzenten wirtschaftlich ruinieren - so grausam dies auch sein mag. Durch ihre Wirtschaft haetten sie also Arbeit, Geld, eine Perspektive, womoeglich sogar Bildung und auch wiederum die Moeglichkeit, sich um ihre Kinder auch laengerfristig zu kuemmern, was die Kinderdoerfer ueberfluessig machen wuerde - oder gibt es irgend ein S.O.S.-Kinderdorf in einer werstlichen Industrienation, in der die Kinderarmut laut statistik ja nicht unbedingt geringer ist?

Auf unserer Seite waere zum einen das Spendengeld als wirtschaftspotential, welches auf unseren Maerkten ausgegeben werden wuerde wieder frei geworden und wuerde hier fuer Wachstum sorgen. Staatliche Hilfsgelder, die in Entwicklungshilfe fliessen koennten eingespaart werden was die Steuerbelastung fuer uns senken wuerde. Stuetzsubventionen fuer Bauern waeren im Zuge der Marktoeffnung ebenso eingespaart worden, was dabei allerdings ein paar Bauern vor Probleme stellen wird. Die billigen, fremden Lebensmittel wuerden die Lebenshaltungskosten senken helfen und wiederum die Wirtschaft ankurbeln, die billiger produzieren kann wenn sie beispielsweise Wurst oder Brot daraus weiterverarbeitet.

Allerdings bekaemen die hiesigen Nahrungsproduzenten natuerlich ihre Maerkte durch niedrige Preise zerstoert - Fortschritt produziert die gleichen Nebeneffekte. Jedoch, genau wie bei technischem Fortschritt, wuerden neue Arbeitsplaetze in anderen Gebieten entstehen. War bei der technisierung und roboterisierung noch der monteur wegrationalisiert und dafuer zum qualifizierten Techniker, der die Roboter warten oder bauen musste umgewandelt worden, so koennten Bauern zu staatlichen Landschaftspflegern, Ferienhausvermietern, Reithoefen oder Biomasseproduzenten fuer Bioenergieproduktion werden, koennten ihre Felder fuer Solarzellen oder Windparks verpachten

wird schon haeufig gemacht!

und sich somit fast ohne Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen koennten. Es wuerden also andere Einkommensmoeglichkeiten entstanden sein, wenn die betroffenen bereit waeren, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Dass politisch hier genau das Problem auf unserer Seite liegt, denn diese Personengruppe ist natuerlich vor allem als Waehler fuer beschuetzende Politiker interessant, braucht kaum erwaehnt zu werden.

Und so wird auch morgen noch zu Spenden fuer Tropfen auf heisse Steine aufgerufen werden, denn auch die Spendenverwaltung ist zu einer Industrie geworden, die nicht zu geringe Gewinne einfaehrt, indem sie bloss ihre Verwaltungsangestellten bezahlt und die richtigen Firmen beauftragt, an Ort und Stelle die Hilfe zu leisten - oder wie sollten sonst die Doppelverglasten Thermofenster nach Simbabwe kommen?