1001 Worte...

... über die Perfidität des Creationismus.

Er hat viele Namen mittlerweile und doch ist es imer das gleiche, ja gar das selbe. Mal nennt er sich Creationismus, mal Intelligent Design, doch im Endeffekt ist es immer die Berufung auf eine externe Schöfungskraft, die all das geschaffen haben soll, was wir Menschen tatsächlich noch nicht erlebt haben, was sich der menschlichen Aufzeichnung entzieht. Im Mittelalter wurde das Alter der Welt auf etwa viertausend Jahre festgesetzt, weil sich dieses Alter aus der Bibel herausrechnen liesse wenn man die Generationen vor und nach Noah und Mose zusammenrechne. Der Bezug auf die Bibel wird in diesen Tagen zwar weniger deutlich, gemein bleibt jedoch die Ablehnung der Wissenschaft als beweisenden Faktor.

Dabei möchte dieses ach so neue Konzept des Intelligent Design dennoch so gerne auch als eine Wissenschaft anerkannt werden, möchte von sich sagen können, dass es mit wissenschaftlichen Methoden arbeite, dass es durch logische Argumentation die Grundfesten althergebrachter, wissenschaftlicher Dogmen über den Haufen rennen würde. Doch das erste, was dabei aus dem Munde des Wortführers kommt ist die Ablehnung der wissenschaftlichen Methodik weil sie zu kompliziert sei und die Einführung des creationistischen Schöpfungsaktes als wesentlich simplere Erklärung für all das, was durch die eben aus den Angeln gehobene wissenschatlichkeit angeblich nicht zu erklären war. Welch Fortschritt.

Im Konkreten hält man sich dabei gerne an der Darwinistischen Evolutionstheorie fest, die als blanker Unsinn tituliert wird ohne dies recht belegen zu können ausser durch deren angebliche Kompliziertheit. Darwin fand seinerzeit zu dieser Theorie, indem er durch den Vergleich der Schnabelausprägungen bei verwandten Vögeln, die er auf seinen Reisen fand, vermutete, dass es nicht nur eine Verwandschaftsbeziehung zwischen diesen Stämmen gebe, sondern auch dass diese sich teilweise aus anderen heraus entwickelt habe, aus denen dann wiederum in anderen Regionen andere Arten erwachsen waren. Das Konzept der Mutation und Evolution durch Auslese war geboren. Das Gegenargument der Verfechter des Intelligent Designs ist nun, dass dies unmöglich solch komplizierte Veränderungen erklären könne wie die Entwicklung von der Flosse zur Hand, oder auch auf kleinerem Massstab die Entwicklung der Antriebsflosse eines Flagellums eines Bakteriums. Dieser sieht in der Tat aus wie ein winziger Motor, dessen Zentrum sich in einem aktivem Ring dreht - bloss auf dem Massstab eines DNA-Moleküls. Dies so kleine und nicht mehr zu verändernde Etwas sei in dieser Form nicht durch die Entwicklung aus irgend etwas anderem heraus zu erklären, daher sei die gesamte Theorie der Evolution völliger Unfug.

Selbst, wenn sie mit diesem einen winzigen Bauteil eines winzigen Lebewesens tatsächlich etwas gefunden hätten, was sich aus nichts anderem heraus hätte entwickeln können, so wäre dies bestenfalls ein Argument gegen die Darwinistische Evolutionstheorie, jedoch noch lange kein Beweis für die Theorie des Intelligent Design, welches von einem umfassenden Schöpfungsakt zu einem festgelegten Zeitpunkt spricht - dem biblischen Schöpfungsakt eben. Wenn man eine Theorie über den Haufen wirft dann nur, um sie durch eine bessere Theorie zu ersetzen, welche dann - in wissenschaftlichem Sinne - nicht nur zu erklären hat, was die Vorgängerversion zu erklären vermochte, sondern darüber hinaus auch noch etwas mehr. Die Theorie des Intelligent Design jedoch erklärt überhaupt nichts, sondern führt dies auf eine externe Einflussnahme zurück, die obendrein auch noch einem ganzen Haufen anderer Theorien und auch faktischen, materiellen Beweisen widerspricht. So ist das angebliche Alter der Erde beispielsweise in keinerlei Einklang mit den Funden von Dinosauriern sowie deren Entwicklungsstammbaum, mit dem Zerfall der Elemente und dem Abkühlen der Erde als glühender Feuerball sowie die Prüfung all dieser Theorien über die Erdentstehung durch zurückrechnung des Alters des gesamten Universums anhand der galaktischen Hintergrundstrahlung. Die Wissenschaft bietet also durchaus schlüssige und vor allem Beweisbare Konzepte für vielerlei Vorgänge in der Natur an, die von den Anhängern des Intelligent Design schlicht über den Haufen geworfen werden um an ihrer Schöpfungsgeschichte festzuhalten. Ach wie wissenschaftlich.

Doch nicht einmal das vorgebrachte Beispiel des Motorbauteils beim Bakterium hält einer intensiveren Untersuchung stand. So ist zwar dieser Motor ohne irgend ein weiteres Bauteil durchaus nicht mehr funktionsfähig, jedoch finden sich die einzelnen Bauteile als funktionale Gruppen in anderer Funktion bei anderen Kleinstlebewesen wieder, so dass dieser Motor durchaus durch neukombination von Vorhandenem entstanden sein kann, was von Creationisten ausgeschlossen wird.

Das Argument der Unwahrscheinlichkeit verbleibt als fahler Nachgeschmack eines statistischen Tricks, denn es wird in die falsche Richtung gerechnet. Es wird von einem Zustand - dem Heute, hier und jetzt - ausgegangen und dann wird gewissermassen zurückgerechnet, wie wahrscheinlich es war dass genau dieser Zustand eintreffen könnte. Das ist so, als wenn man ein Kartenspiel ausgibt und danach ausrechnet wie Wahrscheinlich es war dass genau diese Situation gegeben worden ist. Man kann sich auch als mathematisch wenig begabter Mensch ausrechnen, dass es durchaus sehr unwahrscheinlich ist, und dass die Anzahl von ca. 32!/(3*10!*2)

Anzahl Gesamtmoeglichkeiten (beim Skat mit 32 Karten also 32Fakultaet, sprich 32*31*30*...*3*2*1) geteilt durch die Anzahl irrelevanter Reihenfolgen auf einer Hand (heisst, gegebene Ass, Koenig, Dame ist das gleiche wie gegebene Koenig, Dame, Ass ist das gleiche wie Dame, Koenig, Ass), sowie den Pott. Nur mit guten Taschenrechnern moeglich zu berechnen!

beim Skat eine durchaus grosse Zahl von Möglichkeiten ist. Dennoch ist dies völlig irrelevant, denn offenbar hat man diese mögliche Kartenverteilung gerade bekommen. Genauso ist es ja auch jede Woche mit dem Lotto. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit sechs richtige getippt zu haben ziemlich gering, doch offenbar schafft es fast jede Woche irgend jemand dennoch, oftmals sogar gleich mehrere Menschen gleichzeitig. Dass dies zu unwahrscheinlich ist ist ein ähnlich perfides Argument wie von Kompliziertheit des DNA

Desoxyribonukleinsaeure

-Aufbaus, welcher im Grunde nur wenigen Grundgesetzen gehorcht, die jedoch sehr viele Möglichkeiten und Ausprägungen zulassen. Das Brettspiel GO gehorcht ebenfalls extrem wenigen Gesetzen - im Vergleich zu Schach oder auch Dame - dennoch ist es derart schwierig, dass sich heutige Computer daran noch verschlucken. Warum soll es da unwahrscheinlich sein, dass etwas hochkomplexes aus simplen Einzelteilen entstanden sein soll. Die Entstehung derartiger Moleküle anzuzweifeln zeugt von ähnlicher Unwissenheit, denn es war bereits möglich eine Ursuppe im Labor zu simulieren, in der sich dann durchaus in sehr kurzer Zeit bereits einfache Aminosäuren, die die Bauteile der DNA sind, nachweisen liessen.

Wissenschaftliche Argumente scheinen für diese Menschen jedoch nicht viel zu zählen, alleine der Glaube soll hier die Berge versetzen. So ist es eine der Grundgesetze der Wissenschaft, dass eine wirklich gute Theorie auch einen Gegenbeweis mitbringen muss. Sie fundiert auf etwas, welches sich beweisen liess, welches vielleicht gar einen materiellen Beweis darstellt und weist darauf hin, dass sie nicht gilt, falls dieser oder jener Fall eintreten sollte. So beginnen viele mathematische Beweise mit Sätzen, die erst einmal die Gültigkeit des einen oder anderen bisher unbewiesenen, mathematischen Satzes voraussetzen, die Möglichkeit in Kauf nehmend, dass der gesamte Beweis hinfällig sein könnte, würde diese Grundlage einmal entfallen. Die Alternativtheorie des Intelligent Designs bietet dagegen nicht einmal eine Grundlage für deren Existenz an, geschweige denn eine von deren Vertretern akzeptierte Möglichkeit der Widerlegung. Wo bleibt da die Wissenschaftlichkeit?

Zu allem Überfluss versuchen diese Schöpfungsgläubige dann auch noch, sich in einen wissenschaftlichen Disput hineinzudrängen, versuchen einen Konflikt zu erzeugen wo keiner ist. Immer wieder hört man von Inkonsistenzen in der Evolutionstheorie und davon, dass diese unter Wissenschaftlern durchaus kontrovers diskutiert würden. Letzteres mag durchaus stimmen, doch ist es etwas anderes, wenn Wissenschaftler das Für und Wider einer theorie abwägen, womöglich eine erweiterte Gegentheorie versuchen zu realisieren oder ob jemand kommt und alles bisher erreichte über den Haufen wirft und durch etwas ersetzt, was schon im Mittelalter als veraltetes Unwissen galt. In einer Zeit, in der selbst die katholische Kirche höchstselbst von der Schöpfungsgeschichte der Genesis als bildhaft zu verstehender Erzählung spricht und die Darwinsche Evolutionstheorie wenn nicht direkt anerkennt so doch als legitime Möglichkeit duldet, scheint das Bild eines Pseudowissenschaftlers, der sich über seine eigene Unzulänglichkeit im wissenschaftlichen Gespräch brüskiert, geradezu als Anachronismus.

Was folgte war natürlich der Schritt in die Öffentlichkeit, die in ihrer Bildungslosigkeit und von natur aus Gottgläubigkeit für solch einfachen und kein Fachwissen voraussetzenden Thesen aufgeschlossen ist. Denn nichts ist einfacher als einfach das Vorhandensein von etwas hin und als Erklärung die simple Erschaffung durch jemand anderen in Kauf zu nehmen. Dies macht den Intelligent Designer sympathischer als die verbohrten Wissenschaftler in ihren Elfenbeintürmen. Zumindest kommen sie dem normalsterblichen oft so vor, da es diesen so gut wie Unmöglich ist zu verstehen, was in diesen Türmen vor sich geht weil sie nicht einmal die Grundlagen verstanden haben, wenn sie sie denn überhaupt in der Schule behandelten. Diese Kluft zwischen Unwissenheit und weit fortgeschrittener Wissenschaft verbreitert sich nur noch, wenn dann auf die angebliche Wissenschaftlichkeit des Creationismus' hingewiesen wird, bloss weil dieser von sich sagt eine Wissenschaft zu sein. Der potentiell ungebildete Durchschnittsbürger versteht nicht, dass es eben keine Wissenschaft sein kann, jegliche Möglichkeit der Erforschung, des Fortschrittes in der Wissensbildung, des Beweises oder gar des Gegenbeweises auszuschliessen.

Aus diesem Grunde verschliessen sich auch viele Wissenschaftler jeglicher öffentlicher Diskussion mit Vertretern des Creationismus', da sie diesen keine Plattform bieten möchten. Sie wollen ausschliessen, dass ein Normalsterblicher diese Unterhaltung sehen und glauben könnte, dass es sich um eine ernstzunehmende Diskussion unter Wissenschaftlern handele. Wenn sich schon richtige Wissenschaftler damit beschäftigen, dann muss ja wohl irgend etwas dran sein, dann muss es sich ja wohl doch um eine Wissenschaft handeln, dann ist der Intelligent-Design-Ansatz ja vielleicht doch richtig. Genau diese Schlussfolgerung wollen sie vermeiden - im Gegensatz zu ihre Kollegen die das genaue Gegenteil tun. Diese wollen gerade eben vermeiden, dass sie nachgesagt bekommen könnten, dass sie zu feige für einen ernsthaften Konflikt seien, dass sie nicht riskieren wollten, dass sie ihre heiligen Dogmen, ihre Evolutionstheorie, ihren Darwinismus widerlegt bekommen könnten. Sie wollen der Welt aufzeigen, um welchen Unfug es sich beim Creationismus eigentlich handelt und versuchen bei jeder öffentlichen Diskussion jedes Argument dieser Menschen zu entkräften, zu widerlegen und aufzuzeigen, dass die vorgebrachten Argumente gegen die Darwinistische Evolutionstheorie schlicht falsch sind. Wenn sie denn genügnd zu Wort kommen.

Sogar in Amerika, wo gegen die Verbreitung dieses Glaubens im Biologieunterricht geklagt worden war, gab es ein gerichtliches Urteil, welches das Intelligent Design zu einer Religion, zu einem Glauben und zu eben keiner Wissenschaft erklärt. Dennoch geht diese Bewegung weiter, die in den Reihen der tiefgläubigen Amerikaner ein dankbares Publikum gefunden hat, welches gerne der unverständlichen Technologie abschwören würde. An die übrigen Konsequenzen denken diese Menschen dabei jedoch nicht. Denn was würde wohl folgen, wenn das Intelligent Design tatsächlich die Darwinistische Evolutionstheorie verdrängen würde? Dies würde einem Rückfall in eine Zeit gleichkommen, in der die Religion die wahrheit der Wissenschaft bestimmt hat, in der die Worte der Bibel die einzige Wahrheit sein durften und alle Wissenschaft und jeglicher Fortschritt von den Glaubensführern bestimmt wurde - wenn überhaupt. In einer Zeit, die von ihrer hochtechnisierten, von wissenschaftlichem Fortschritt abhängigen Industrie abhängt ein durchaus fataler Schritt in die falsche Richtung, würden doch über kurz oder lang auch die entsprechend ausgebildeten Wissenschaftler fehlen, sollten die entsprechenden Themen auf der schwarzen Liste der Gläubigen landen. Das Wissen würde langfristig aussterben, wenn ersteinmal die entsprechenden Bücher verbrannt sind.

Und was passiert hierzulande? Sind wir gebildet genug um vor derlei Gedankengut gefeit zu sein? Zumindest haben wir einen Erzbischof, der von der Richtigkeit der Evolutionstheorie predigt. Doch es gibt auch Privatschulen, in denen die biblische Schöpfungsgeschichte als Stoff im Biologieunterricht unterrichtet wird - und zwar ausschliesslich. Diese jungen Menschen werden nicht nur mit Wissen infiziert, welches in den religionsunterricht gehörte, sondern sie bekommen ebenfalls Wissen vorenthalten, welches sie zumindest auf die gleiche Wissensstufe wie ihre Alterskollegen bringen könnte. Sie bekommen Chancen genommen die sie durch ordentliche Bildung erreichen könnten. Und ganz abgesehen davon wird ihnen auch noch eine Weltsicht injiziert, denn was der Lehrer verkündet wird zwarngläufig von den Kinden als richtig angesehen - denn er ist ja immerhin der Lehrer, der es schon richtig wissen wird.

Der Preis der Freiheit ist ewige Wachsamkeit. Gleiches gilt offensichtlich für die Bildung, die Wissenschaft und die Religion, vor allem dort, wo eine Vermischung droht zu beginnen. Hoffentlich sind zumindest wir gebildet genug, um in der breiten Masse vor solchem Gedankengut sicher sein zu können. Denn Bücherverbrennungen hatten wir schon einmal.