1001 Worte über ... die Zukunft des PCs als Spieleplattform
Alle Jahre wieder einmal kocht eine Diskussion hoch, die sich bloss selbst begründen kann und in ihrer Zielsetzung sicherlich nicht die Klärung dieser einen Frage hat, nämlich ob der PC als Plattform für Videospiele am Ende ist. Jedes Jahr brechen diese Diskussion Leute vom Zaun, deren Zielsetzung ähnlicher jedoch nicht sein könnte und die schon auf den zweiten Blick mit einer Bemerkung dieser Art unglaubwürdig werden.
Da sind zum einen die Hersteller reiner Videospielkonsolen. Natürlich möchten diese, dass sich neben den direkten Konkurrenzprodukten anderer Hersteller oder gar des eigenen Hauses, weniger Mitbewerber um den endlichen Kuchen der Videspielverkäufe drängen und somit ein grösseres Stück auch auf Sie fällt. Denn waren bisher Videospielkonsolen von ihrem Image und der Zielgruppendefinition der Spiele eher etwas für die jüngeren Spieler, so hat sich dies in den letzten Jahren drastisch geändert. Zwar sind die Eingabegeräte dieser Maschinen noch immer für viele der klassichen PC-Genres ungeeignet, doch wird man nicht müde, es dennoch zu versuchen solche Spiele auch auf die Konsolen zu bringen. So hebt sich nicht nur das durchschnittliche Freigabealter der veröffentlichten Spiele, sondern auch das Durchschnittsalter der Spieler selbst, wenn auch wiederum aus den unterschiedlichsten Beweggründen. Fällt der PC nun als Hauptspieleplattform weg, so haben auch diese Spieler keine andere Wahl mehr, als sich auch eine Konsole zu kaufen und stehen somit für das gesamte Angebot der dafür verfügbaren Spiele und Dienste offen, die zuvor schon aus Hardwaregründen verschlossen waren. Sie werden zu neuen Konsumenten welcher Konsole auch immer und unterliegen somit allen industriegewollten Einschränkungen, die damit einhergehen.
Und diese Einschränkungen bringen uns auch gleich zur zweiten Gruppe der Kritiker, die diese Bewegung ebenso herbeizuschreien versuchen. Die Entwickler der Spiele selbst sehen durch das Wegfallen einer der Plattformen, für die sie ihre Spiele entwickeln und anpassen müssen, natürlich eine Arbeitsaufwandsreduktion, die sicherlich nicht zu verachten ist. Nicht nur, dass sie eine Plattform weniger mit Marketing, Service, Support und Updates versorgen müssen, sie müssen natürlich auch weniger programmieren. Denn der PC ist als Plattform selbst bei weitem nicht so homogen wie eine XBox oder eine Playstation, in denen im Grunde immer der selbe, gleich schnelle Prozessor werkelt, mit ein und derselben Grafikkarte, der gleichen Speichergrösse und im grossen und Ganzen dem gleichen Display und den gleichen Eingabegeräten. Dass in einem PC verschiedene Grafikkarten Platz nehmen können, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs, denn es ist sicherlich jede beliebige Kombination von Speichergrösse, Prozessorleistung, Grafikkarte, Monitor, Festplatte und Soundkarte nicht nur vorstellbar, sondern bei der Menge der verkauften Maschinen sicherlich auch auffindbar. Eine jede dieser Kombinationen muss dabei sichergestellt werden zu funktionieren, denn der Käufer möchte natürlich einfach nur spielen. Dass all diese Komponenten auch noch unterschiedlich leistungsfähig sein werden, macht das ganze nicht einfacher. So wird man ein Spiel mit sehr detaillierter Grafik auf einer sehr schwachen Grafikkarte sicherlich nicht in voller Pracht geniessen können, da es entweder zu langsam oder aber aufgrund reduzierter Details sehr hässlich aussehen wird - aber es wird laufen. Der produktionstechnische Aufwand ist also mit der Programmierung eines Konsolenspiels in keiner Hinsicht zu vergleichen.
Hinzu kommt ein Problem, welches es in dieser Grössenordnung wohl in diesem Vergleich nur auf dem PC noch gibt, nämlich Raubkopien. Auf den Spielkonsolen gibt es so etwas praktisch nicht. Zwar gibt es durchaus Modifikationen an den Geräten, mit denen sich dann auch Kopien von Spielen betreiben lassen, doch greift dies stark in die Hardware ein, kostet erst einmal Geld und ist nicht nur ohne Garantie, sondern lässt die vorhandene auch noch gleich verfallen. Zudem sind die meisten Spielkonsolen dieser Tage auch noch onlinefähig, so dass sie im Extremfall auch noch vom Hersteller online abgeschaltet werden könnten - zumindest theoretisch. Beim PC ist dieser Schritt ein wesentlich kleinerer. Jeder PC wird heutzutage mit einem DVD-Brenner verkauft und auch die grössten Scheiben sind mit den richtigen Werkzeugen kopierbar, die ebenfalls im Internet zu finden sind. Läuft das Spiel nicht, so gibt es auch dafür Hilfsprogramme, die die Spiele im zweifelsfall so verändern, dass sie nicht merken dass sie unauthorisierte Kopien sind und zumindest offline
nicht mit dem Internet verbunden
funktionieren. Für den Hersteller bedeutet dies zusätzliche Kosten entweder für einen wirkungsvollen Kopierschutz - der nicht nur Geld kostet, sondern auch Käufer durch seine Nebenwirkungen bis hin zur Funktionsuntüchtigkeit vergrault - oder durch geringere Absatzzahlen aufgrund angeblich hoher Raubkopiezahlen
dies ist ein eigenes, sehr kompliziertes Thema das an anderer Stelle zu diskutieren ist!
. Bei den Spielkonsolen wird dies systemimmanent vom Hardwarehersteller zur Verfügung gestellt, ist also nicht nur billiger, sondern auch lauffähiger.
Doch bloss dadurch, dass man etwas immer und immer wieder wiederholt, wird es nicht automatisch zu einer Wahrheit. Denn die angeführten Argumente verkommen schon auf den ersten Blick zur Farce.
Zum einen meint man zu behaupten, dass die Hardware in ihrer Leistungsfähigkeit die des PCs übertrifft und ihm deshalb als beliebteste Zielplattform den Rang ablaufen wird. Wenn man sich jedoch anschaut, welche Konsolenhardware die meistverkaufte ist, so wird man feststellen, dass Nintendokonsolen alles andere als Leistungshämmer sind. Angefangen bei all den Gameboy-Ablegern, die für ihre Grösse sicherlich beachtliches leisten, aber auch dort nicht an der Leistungsspitze verkehren, bis hin zur Wii, die weniger durch brachiale Leistung als eher durch ein durchdachtes Konzept und neuartige Eingabegeräte sowie darauf abgestimmte Spiele brilliert. Auch ist es eben dieses Konzept, welches ihr die neuen, versprochenen Käuferschichten, nämlich ältere Menschen und vor allem Frauen, geöffnet hat, welche den leistungsbrachialen Monstern von Sony und Microsoft verwährt bleiben und sie eher unter "ferner-liefen" aufzählt. Es ist sicherlich nicht - und war auch noch nie - die Leistungsfähigkeit einer Plattform, die ein gutes Spiel ausmacht. Früher hat man sicherlich genauso fasziniert vor Frogger, Pac-Man oder SpaceWar gesessen, hat Pong gespielt oder den Troll per Telefon durchs Fernsehen gejagd wie man heutzutage Gothic3, Guildwars oder Overlord, QuakeWars, Crysis oder Second Sight spielt. Die wenigsten davon benötigen wirklich die neueste Hardware, doch jedes von ihnen setzt vor allem auf eine stimmige Atmosphäre, eine abgeschlossene, glaubwürdige Welt. Doch ganz abgesehen davon, dass die erfolgreichen Konsolen nicht die leistungsfähigsten sind, ist auch anders das Argument schlicht falsch, da die in Konsolen verbaute Hardware immer nur so gut sein kann wie verfügbar - und zwar zum Planungszeitpunkt verfügbar. Sie wird folglich immer mindestens ein halbes Jahr der aktuellen Technologie hinterherhinken, da die gleichen Chips dieser Hersteller natürlich auch für PC-Grafikkarten genutzt werden - man erfindet das Rad ja nicht zweimal. Wenn man obendrein bedenkt, dass Konsolen mehrere Jahre auf dem Markt verbringen, bevor ihre Ablösegeneration erscheint, so kann man sich ausrechnen, um wie viele Generationen eine vier Jahre alte Spielkonsole gerade aktueller PC-Technologie hinterher ist. Und dies trifft auf jede der erwähnten Komponenten zu. Selbst wenn man die durchschnittlichen, für Spiele verwendeten PC-Systeme betrachtet, liegt deren Leistung schon nach einem Jahr auf gleicher Höhe wie eine neue Konsole - dies hat die Hardware-Umfrage von Valve
Hersteller von Half-Life und Counterstrike, den meistgespielten Online-Shootern überhaupt
ergeben, die über Steam
Steam ist die Online-Vertriebs-Plattform von Valve, über die neben Half-Life, Counterstrike, Teamfortress2 und Portal auch Quakewars und andere gekauft und heruntergeladen werden können. Ein Steam-Konto ist plicht bei Half-Life-Installation!
automatisch die angeschlossenen Systeme testet und statistisch auswertet.
Ein anderes Argument ist, dass der PC keine Vorreiterrolle für neue Technologien habe und Innovationen vor allem auf den Konsolen Einzug hielten. Witzigerweise kommt dieses Argument ausgerechnet von den Herstellern, die noch niemals irgend eine Innovation in ihren Geräten untergebracht haben. Zwar bieten die beiden Grossen - Sony und Microsoft - durchaus integrierten Voice-Chat, Online-Foren und Web-Cameras, damit sich die Nutzer innerhalb von Online-Spielen unterhalten können, bieten die Möglichkeit auf Speicherkarten abzuspeichern oder Festplatten zu benutzen, Erweiterungspakete aus dem Internet herunterzuladen und einiges mehr, doch war bei diesen Dingen der PC als erstes da. Durch die Modularität des PCs war es noch nie ein Problem, neben einem Spiel auch ein Programm für Voice-Chat laufen zu lassen, konnte man schon immer Kameras nach belieben benutzen und war das Installieren von Erweiterungen auch im privaten Bereich kein Privileg bezahlender Kunden wie es bei den Konsolen oftmals der Fall ist. Dass obendrein die einzige Innovation Sonys, nämlich der EyeCam, nicht mit der Konsole geliefert wurde, sondern nur mit dem dazugehörigen Spiel verkauft wurde, zeugt auch nicht gerade von der Innovation der Plattform selbst, da man diese Hardware-Möglichkeit nicht allen Spieleherstellern für alle Nutzer zur Verfügung stellt. Beim PC ist man hingegen gewohnt, dass Peripherie zusätzlich angeschafft werden muss und hat sich darauf eingerichtet, damit arrangiert, sieht es nicht als Einschränkung sondern als Möglichkeit der Weiterentwicklung.
Zu allem Überfluss mischen sich seit neuestem auch noch diverse Spielezeitschriften in diese Pseudodiskussion ein. Jedoch sind deren Beweggründe wiederum völlig andere, als die der Hersteller der Geräte und ihrer Software. In der letzten Zeit haben alle Verlage mit herbem Auflagenschwund zu kämpfen, den sie auf die neue, omnipotente Informationsquelle zurückführen, das Internet und die kostenlosen Spieleseiten dort. Diese können wesentlich zeitnäher und umfassender berichten, als es ein papiergebundenes Medium jemals könnte und auch wenn die grossen Verlage noch die Marktmacht haben, die Bekanntmachung grosser Spielstarts für sich exklusiv zu pachten, so wird dieser Exklusivitätsstatus doch nur einen Tag lang halten können, da bereits zum Erscheinen des ersten Hefts Abschriften entsprechenden Materials auf vielen Webseiten landen werden und sich der Zeitschriftenkäufer fragen wird, warum er eigentlich so viel Geld für eine einzelne Meinung bezahlt hat. Auch sind die Heftbeilagen, also DVDs mit Video-Eigenkreationen, Bewegtbilder zu abgedruckten Tests und Vollversionen von älteren Spielen längst kein Kaufargument mehr, da man sich längst die ebenfalls enthaltenen Demoversionen neuer Spiele auf den Herstellerseiten selbst herunterladen konnte, so exklusiv sie auch einmal gewesen sein mochten. All dieses Unheil führt man auf die Allgegenwärtigkeit des Internets zurück, in welchem man natürlich auf seinem PC surft, an dem man wegen der Spiele ja sowieso den ganzen Tag sitzt. Spielt man hingegen nur an seiner Spielkonsole und dem Fernseher, so wird man sicherlich nicht im Internet surfen, da dies auf dem Fernseher einfach nicht so komfortabel funktioniert, wie auf einem PC-Bildschirm mit Maus und Tastatur. Folglich ist man weniger digital informiert und liest stattdessen lieber eine Zeitschrift mit den gleichen, aber teuer erkauften Informationen. So die Theorie, aufgrund derer man ebenfalls die Dominanz der Spielkonsole als Plattform der Wahl herbeizudiskutieren wünscht.
Doch die Argumente werden auch im nächsten Jahr nicht besser werden - allenfalls älter.