Ist wieder einmal eins da, ein richtig gutes Ballerspiel, das auch noch spass zu machen droht. Und wieder einmal sind es die Moralwächter, die glauben die Jugend beschützen zu müssen indem sie sie vor allem, was sie ihnen aufschwatzen nicht verstehen zu können, wegschliessen, die Augen vor allem grausamen dieser Welt einfach zu halten.
Na schön, bei manchen Computerspielen kann man diese Ängste durchaus nachvollziehen, aber diejenigen, die Verbindungen zwischen dem Gebrauch gewaltverherrlichender Computerspiele und dem abmetzeln seiner Klassenkameraden suchen, suchen sicherlich an der falschen Stelle. Warum sollte ein verunftbegabter, halbwegs intelligenter junger Mensch auf die Idee kommen, andere Menschen über die Klinge springen zu lassen, wenn er nicht sowieso ziemlich neben sich steht. Und wenn er dies tut, warum sollte dies ausgerechnet final und absolut durch diese Computerspiele ausgelöst worden sein?
Nach aussen hin sind wir ja alle sooo Jugendfreundlich, wollen unsere lieben kleinen immer hätcscheln und ihnen immer nur das Beste. Aber kann es das Beste sein, wenn man seine Augen vor allem verschliesst? So sind sie nunmal, die Eltern. Wenn die Kids sie in Ruhe lassen und nicht ständig auf der Pelle hängen, sind sie die liebsten und bravsten, die man sich wünschen kann. Was sie dann tatsächlich in den vier Wänden ihrer Kinderzimmer treiben ist dann völlig nebensächlich. Solange sie keine 0190er Nummern anwählen, wird sich auch kein Elternteil darüber aufregen, warum das Telefon ständig besetzt ist. Dass sie sich aber vielleicht gerade eine Bombembastelanleitung von einem Freund herunterladen um damit ihre gehassten Eltern auszulöschen, interessiert da nicht. Aber was haben sie auch anderes erwartet?
Was will man von Kindern erwarten, die mit den Schlümpfen und Teletubbies als einzige Spielkameraden gross geworden sind, ohne wirklich von ihren Eltern etwas erfahren zu haben die froh waren, wenn sie sie vor die Glotze packen konnten um wieder einmal ein paar Minuten Ruhre oder auch Zeit für sich selbst haben zu können. Was will man von Menschen erwarten, die ihre Kindheit praktisch ohne elterliche Zuwendung verbracht haben und jeden Tag in der Hoffnung leben mussten, vielleicht doch einmal eine Frage von ihrem eigenen Fleisch und Blut erklärt zu bekommen, oder vielleicht sogar bei den Hausaufgaben geholfen zu bekommen und nicht nur nachher für das Ergebnis bestraft zu werden.
Wenn man die Kinder betrachtet, sollte man die Eltern nicht ausser Acht lassen. Der Jugendschutz sollte nicht erst ausserhalb der Haustür anfangen und da auf biegen und brechen und vor allem auf Kosten der Rechte aller anderer Bürger das auszugleichen versuchen, was im Elternhaus versäumt wird. Denn ist nicht die Aufgabe von Eltern an sich, für zumindest ihre eigenen Kinder einfach mal da zu sein, ihnen zuzuhören und sich auch um deren Probleme zu kümmern, um das, worum sich ihre kleine Welt dreht. Die ersten Jahre des Lebens sind die wichtigsten, heisst es immer, aber was machen unsere Eltern daraus? Ein Spiessrutenlaufen von einer "gesellschaftlichen Verpflichung" zur nächsten, und immer ziehen die lieben Kleinen den kürzeren, immer sind sie die, die auf ihre Grundrechte als erste verzichten dürfen, die Grundrechte auf Elterliche Zuwendung.
Da ist es kein Wunder, wenn sie dann zu dem nächstbesten rennen, der sich um sie kümmert, der ihnen neue Dinge erzählt und ihrem verwirrten Geisst wenigstens ein bisschen Halt zu geben verspricht. Sie rennen zum nächstbesten Sektenführer oder auch zu denen, die einfach nur zu der Gruppe der Menschen zählen, deren Umgang sie von ihren Eltern immer verboten bekommen haben und sie dadurch erst richtig interessant gemacht haben. Oder natürlich sie fangen an, sich gegen ihre Erzeuger zu wenden, fangen an für ihren aufgestauten Frust über ihr eigenes Leben an denen auszulassen, die dafür tatsächlich auch verantwortlich sind - oder eben nicht, wie die zahlreichen Amokläufe durch die Klassen diverser Schulen zeigen. Und selbst wenn der Frust tatsächlich von diesen Klassen kommt, sofällt es doch in den Aufgabenbereich der Eltern die dort geschaffenen Probleme zu bearbeiten, zu verarbeiten. Aber das wäre natürich zu viel verlangt.
Da sieht man lieber nur das, was medientauglich ist, und das ist die Zuweisung der Schuld an die einzig wirklich Schuldigen nunmal offensichtlich nie. Vielmehr ist es da schon der Umgang, in den die Kids geraten sind, die ihnen dann auch Gewaltvideos, Pornos und natürlich gewaltverherrlichende Computer oder Videospiele zuschanzen, unmittelbar bevor sie dann mit Vaters Waffen auf die Allgemeinheit losgehen. Die Ermittler suchen auch nur nach dem, was sie finden wollen und somit dann auch finden, und für die Medien ist es wieder einmal ein gefundenes Fressen. Da aber für eine Indizierung ein Antrag gestellt werden muss, machen sich auf einmal ganze Scharen von verkrampft konservativen Eltern auf die Suche in den Spieleschränken ihrer Sprösslinge und sehen nur, was sie sehen wollen.
Und dann ist das Spiel indiziert. Jugendschutz hin oder her, wenn es indiziert ist, dann ist es auch für volljährige Erwachsene praktisch unmöglich, diesen Titel käuflich zu erstehen, möge das mit dem "unter dem Ladentisch" noch so fest im Gesetz stehen. Schonmal bei Karstadt einen Ladentisch gesehen? Noch viel schlimmer wird die bevormundung wenn der Grund für das Verbot nicht mehr Jugendschutz, sondern Verfassungsschutz ist, also das Spiel in irgend einer Weise Nazisymbole auf den Bildschirm bringt. In grauer Vorzeit hat es gereicht, wenn ein Level aus der Vogelperspektive wie ein Hakenkreuz aussah
DoomII, Level 1-5
, heute sind die grafischen Möglichkeiten etwas besser, aber der spielerische Kontext in dem diese auftauchen ebenso. Es macht nun einmal wenig Sinn Nazis zu metzeln, die ganze Hintergrundgeschichte auf dem dritten Reich aufzubauen, wenn man nicht ein einziges Hakenkreuz auf einer Fahne sieht, oder ein entsprechendes Symbol auf der Uniform des Kommandanten, und es macht erst recht keinen Sinn, wenn das Blut meiner Opfer auf einmal grün anstatt rot ist und sich die Leichen plötzlich in Luft auflösen. In jedem schlechten Actionstreifen sieht man bessere Szenen und mehr Blut als in allen Computerspielen zusammen, aber die Filme laufen ja im Abendprogramm im Fernsehen, können also doch gar nicht schuld sein, oder?
Zählt im Fernsehen jedoch der Zusammenhang, gilt dies bei Spielen noch lange nicht. Ein Spiel ist bloss ein Spiel und kein Film, der künstlerische Freiheit und -Schutz geniesst. Ein Spiel hat dann verloren. Aber das ist sicherlich ein anderes Thema.