zur Freiheit der Informationen.

Eine Tageszeitung aus dem Mülleimer holen und lesen, ist das eigentlich legal? Wenn es nach dem Willen der Produzenten ginge wäre es das frühestens dann, wenn die Informationen nicht mehr aktuell sind, völlig veraltet oder die nächste Version schon auf dem Markt ist. Und überhaupt sollte man es nur einmal lesen können wenn man nur einmal dafür bezahlt hat. Und selbstverständlich nur in der einen Form, beim Platznachbarn mitzulesen sollte sowieso unmöglich gemacht werden.

Leider machen dies die Hersteller mittlerweile tatsächlich, zumindest bei ohnehin schon digitalen Inhalten und Medien. Die DVD, die man nur einmal abspielen kann und die sich nach diesem mal selbst zerstört gibt es dabei genau so, wie das eBuch, das sich nur auf einem einzigen Gerät anschauen und lesen lässt, aber nicht einmal auf ein anderes Medium zwecks Datensicherung übertragen lässt. Nur bei Audio-Dateien ist der Weg für die Medienkonzerne nicht so weit offen, da hier die Konkurrenz von nicht kontrollierbaren Formen zu gross ist.

Das alles erinnert irgendwie ein bisschen an diese Mini-Micro-Donkeykong-Videospiele, die nur ein einziges Spiel anzeigten, drei Knöpfe hatten und mit deren Gepiepse man seine Eltern auf längeren Autofahrten sogar mit Garantie zum Wahnsinn treiben konnte. Aber diese Dinger wollte ja damals auch schon keiner haben, da die Verwendungsmöglichkeiten einfach zu eingeschränkt waren. Dass sich da die eBook-Hersteller wundern, warum sich ihre Produkte nicht so recht verkaufen mögen verwirrt da schon ein wenig. Und selbst im Audio-Bereich sind schon die ersten CDs aufgetaucht, die dieses Prinzip verwirklichen. Nicht nur, dass sie so verschlüsselt sind, dass sie nicht mehr von jedem CD-Player abspielbar sind, der Hersteller gibt aus Freundlichkeit auch noch einen Code auf jede CD, mit der man sich die Musik dann als Datei auf den heimischen Rechner ziehen kann. Allerdings nur in Formaten, mit denen man wiederum nichts anfangen kann, da diese ebenso unfreundlich verschlüsselt sind wie die CD. Wieder Sackgasse.

Es ist schon abstrus. Da haben wir die grösste Bibliothek der Welt erschaffen, setzen aber alles daran, diese so schnell wie möglich wieder zu zerstören oder zumindest so einzuschränken, dass sie irgendwo zwischen Wertlos und Überteuert ist. Und von wem lassen wir uns dies diktieren? Von denen, denen wir die Rechte gegeben haben das zu veröffentlichen, was wir, die kreativen Köpfe der Welt, selbst geschaffen haben. Man sollte meinen, dass dann zumindest diese zumindest einen Vorzugspreis bekommen.

Aber weit gefehlt. Nun, wovon rede ich eigentlich? Da gibt es Wissenschaftliche Zeitschriften, die ihre Inhalte grundsätzlich von veröffentlichen Professoren und Doktoranden bekommen, die ihre Arbeiten mit Kollegen auf aller Welt auf diesem Weg austauschen. Die Wissenden stellen ihre Arbeiten für die Verlage kostenlos zur Verfügung, konnten sich dabei bisher im Gegenzug auch immer auf faire Endproduktpreise verlassen, die sich jede Uni-Bibliothek leisten konnte. Doch auf einmal kommen die Verlage auf die Idee, eben diese Preise zu erhöhen. Man lasse sich dies einmal auf der Zunge zergehen, sie erhöhen den Preis für ein Produkt für die Leute, von denen dieses Produkt lebt und ohne die dieses niemals zustande kommen könnte.

Nicht nur, dass dies auch noch lange so funktioniert hat können sich viele Bibliotheken dies einfach nicht mehr in dem Umfang wie bisher leisten, können ihren Professoren und Studenten nicht mehr den vollen Umfang an Wissensquellen bieten wie bisher.

Wenn die Wissensmisere unserer Lande schon so abstruse Ausmasse annimmt, wie sieht dies aber in Ländern aus, wo die Bildzeitung schon zum Statussymbol aufgestiegen ist? Länder, in denen sich die wenigsten Menschen überhaupt eine Schulbildung leisten können, sie gar nicht erst in die Lage versetzt werden, irgend etwas zu lesen? Tja, diese Entwicklungsländer wie Indien, China oder Taiwan bleiben dann wohl auf der Strecke, bekommen allenfalls veraltetes Wissen über die Welt, über die Wissenschaft.

Dabei sollte es genau diese Bildung sein, die den Menschen dieser Länder ermöglichen könnte, ihren Status dahingehend zu verbessern, die sie in die Lage versetzen könnte, ihre Probleme aus eigener Kraft zu lösen. Wenn man nämlich den Überblick hat über das, was man machen kann, hat man auch den Überblick über das, was man falsch gemacht hat und was andere falsch machen, was man besser machen kann und was man schon richtig macht. Man kann seinen Karren selbst aus dem Dreck fahren und braucht dafür keine "Entwicklungshelfer", so gut gemeint das auch immer sein mag.

Entwicklungshilfe wäre in jedem Fall die Erschaffung der Möglichkeit von erweiterter Bildung, der Schaffung von mehr Wissen und der Fähigkeit, sich diese selbst zu beschaffen. Doch woher sollten dies diese Menschen nehmen? Wo sollten sie, wenn sie sich eine Schule leisten könnten, die Materialien, die Bücher, die Quellen dessen nehmen, was sie lernen wollten? Im Grunde liegt ja alles vor. Irgendwo in den schier unendlichen Weiten des Internet findet sich für praktisch alles eine Anleitung, findet sich für absolut jeden Vorgang eine Erklärung und für jede wissenschaftliche Errungenschaft eine bauanleitung. Sei es nun eine Anleitung zum kochen oder zum Bau eines Fusionsreaktors, alles liegt in gut lesbarer Form vor. Niemand wird davon abgehalten, sich dieses durchzulesen und davon zu lernen, was man machen kann wenn man kann.

Natürlich nur, solange es noch nicht als eBook verfügbar ist. Dann nämlich ist es entweder illegal diesen Inhalt kostenfrei ins Netz zu stellen oder aber er kosten eben Geld. Geld, das sowieso die wenigsten für etwas bezahlen wollen, in das sie zuvor nicht einmal einen Blick haben werfen können um sich ein Bild von dem zu machen, was sie erwartet, wie bei einem normalen Buch, das man ja auch mal schnell durchblättern kann, oder auch auf dem Klo lesen oder einem Bekannten ausleihen kann. All das geht mit einem solchen eBook nicht mehr, da kostets jedes mal bares Geld.

Doch wie will man dies kontrollieren, fragt man sich natürlich, wo das Internet doch sowieso unkontrollierbar scheint. Die Gefahr droht hier aus ganz anderer Richtung, nämlich vom Jugendschutz. Es scheint so, als hätte sich in diesem Jahr jede Nation irgendwie geschworen, der Pornographie im Internet den Garaus machen zu wollen. Dabei ist eben dies die einzige Geschäftsform, die dort von Anfang an Profite abgeworfen hat. Die Pornographie trägt seit jeher das Internet, und jetzt wollen sie diese absägen zum Schutz der Jugend. Ja, beschuetzt die Jugend davor, zu viel wissen zu können, das ist ja auch gar nicht gut, wenn die anderen bei der Pisa-Studie besser abschneiden als wir.

Öffentliche Bibliotheken mit Internet-Terminal haben sich bereits geweigert, bestehende Filtersoftware einzusetzen, da diese bisher nie in der Lage war, pornographische von nichtpornographischen Seiten oder Inhalten zu unterscheiden. Dass bei verhinderung von Seiten, die das Wort "Vagina" enthalten auch gleich eine ganze Menge Medizinischer Fachseiten mit herausgefiltert werden ist wohl klar, und das war wohl bei weitem nicht alles. Jetzt aber soll die Filtersoftware dennoch an allen technisch möglichen Stellen zum Doktrin werden.

Was dies für freie Meinungsäusserungen und Kritische Artikel bedeutet braucht man wohl nicht weiter zu betonen, denn wer kontrolliert denn die Kontrolleure? Und selbst wenn, wer macht sich denn die Mühe, die Liste der Sperrungen auch zu überprüfen? Wer garantiert mir denn, dass genau dieser Artikel, dieses Buch auch in Amerikan noch zugänglich ist, dass es auch auf die andere Seite des Kontinents übertragen wird. Und wer garantiert denn den Menschen in Tuvalu, dass sie den Garchinger Teilchenbeschleuniger-Bericht genauso lesen können wie ich die Einladung auf ihre schöne, kleine, absaufende Insel? Wer garantiert denn nach einem Regierungswechsel, dass die Seiten des politischen Gegners nach wie vor erreichbar bleiben? Wer sagt mir denn, dass bild.de nicht die einzige, kritische Zeitung dieses Landes werden wird? Und wer garantiert mir, dass ich auch weiterhin Dinge lesen kann, die den Regierenden dieses Landes unangenehm sind, die auf dem Index stehen, den es ja eigentlich gar nicht gibt. Wo kriege ich denn dann Dinge wie "Mein Kampf" her, wenn es mich interessiert?

1984? Bloss eine Jahreszahl!