"Gelassen läufts!", heisst es in einem Werbespot. Gemeint ist damit genau das, was eigentlich jeder, der ab und zu im Stau verbringt, gerade wenn er es beruflich muss, gelernt haben sollte. Manche nennen sie "Schläfer" oder "Schnarchnasen", aber in Wahrheit sind es Deeskalatoren, die nur versuchen die Ruhe in den Verkehr zurückzubringen. Doch das verstehen all die Hektiker natürich nicht, sie verstehen nur Gas und Bremse.
Genau sie sind es jedoch, die den Stau eigentlich erst verursacht haben. Ihnen dies zu erklären ist allerdings ein Ding der Unmöglichkeit, denn ihre Arroganz lässt dies nicht zu. Sie hängen lieber zwanzig zentimeter hinter ihrem Vordermann, warten nur darauf dass wieder ein Meter frei geworden ist, um dann gleich mit Vollgas hinter ihnen her zu rasen, denn es ist ja Platz und es könnte jemand in die entstandene Lücke einfahren und ihn selbst zu einen "Parker" degradieren würden - und das geht natürlich nicht. Dass sie dabei rein gar nichts gewinnen, dass sie sich dabei nur selbst die Möglichkeiten nehmen, ihr Schicksal des Staustehers zu ändern merken sie dabei nicht. Denn es ist nicht die Tatsache, dass sie beim langsam dem Stau hinterherfahren eine Lücke für Rechts-Links-Überholer lassen würden, nicht einmal, dass sie aus Sicherheitsgruenden langsam fahren sollten. Nein, es ist die Tatsache, dass sie sich selbst Entscheidungsspielraum lassen könnten, wenn sie eben nicht sofort bis auf zwanzig Zentimeter an den Vordermann heran fahren würden, wenn sie der entstandenen Lücke etwas langsamer hinterher fahren würden um dadurch zumindest zu fahren und nicht gleich wieder stehen zu müssen.
Es ist nämlich genau das, was sie immer so nervt, dass sie stehen bleiben müssen. Jeder hat das schon einmal beobachtet, wenn er im Stau gestanden hat. Beide Spuren bewegen sich im Grunde gleich schnell, nur eben ab und an nicht. Genau dann hat man das Gefühl, dass die anderen immer schneller vom Fleck kommen würden als man selbst, denn man selbst steht und die anderen Fahren. Wenn sich der Stau dann in der Auflösung befindet und man ein paar Meter weiter genau den Wagen wiederfindet, mit dem man zu Staubeginn auf gleicher Höhe gestanden hat, ist das nichtmal mehr ein Trost.
Ein vieluntersuchtes Phänomen ist der Stau durchaus. Es gibt Simulationen von extrembeispielen, in denen ein Haufen Autos auf einer kreisförmigen Strasse in zwei Spuren immer nur umher fahren, und dabei per Zufall immer wieder einmal jemand bremst. Das Resultat ist dabei rein von dem gehaltenen Abstand der Fahrer abhängig, denn bei der Simulation, bei der der Abstand gross genug war, fuhren die Wagen immer weiter flüssig im Kreis herum ohne auch nur eine einzige Ballung zu bilden, ohne sich ein einziges mal zu stauen, wohingegen bei der Simulation mit zu kurzem 'Sicherheitsabstand'
wir wissen jetzt natürlich, dass es sich hierbei um 'Entscheidungsspielraum' handelt
sogar an zwei Stellen gestaut wurde. Als Resümmee und Lehre kam dabei heraus, dass die Fahrer wegen ihres kuerzeren Abstandes gleich viel tiefer in die Eisen treten müssen, um bei einem aufleuchtenden Bremslicht des Vordermannes, was ja immerhin auch eine Vollbremsung hätte sein können, diese noch abzufangen, da sie in dieser kurzen Zeit bis sie ihn erreichen würden, den Unterschied zwischen einem kurzen Verbremser und einer wirklichen Vollbremsung nicht erkennen können und natürlich vom schlimmsten ausgehen müssen. Und schon steht der Verkehr. Oder schlimmer noch: die Folgenden fahren sogar drauf.
Aber zurück zu meiner persöhnlichen Beobachtung. Immer wieder bekam ich zu hören, dass er bei der nächstbesten Möglichkeit die Spur wechseln wolle, weil die da drüben ja fahren würden. Allerdings war ihm dies in diesem Moment nicht möglich, da er wie gesagt keinen halben Meter hinter dem Vordermann stand und so nicht einmal mehr aus der Spur heraus fahren konnte. Aber selbst wenn sich der Stau mal wieder bewegt hat, war er mehr damit beschäftig Gas zu geben und die entstandene Lücke schnell wieder zu schliessen, zu seinem Vordermann aufzuschliessen, anstatt etwas langsamer zu fahren und dabei vielleicht tatsächlich eine Möglichkeit zum Fahrspurwechsel wahrnehmen zu können, nur um sich dann gleich wieder direkt hinter den schon wieder stehenden Vordermann zu stellen und sich abermals jegliche Möglichkeit zum ausscheren zu nehmen.
Als ich ihn darauf ansprach, dass er nicht immer so hinterherheizen sollte, er wohl ausser Vollgas und Vollbremsung nichts kannte wusste er als Antwort nur: Soll ich etwa stehen bleiben?