1001 Worte - zum stabilen Euro
(Von Ingmar Hensler)
Alle wollen es, aber niemand weiß so recht, was das eigentlich bedeutet - der stabile Euro.
Im Zusammenhang mit einer Währung ist sicherlich eines von Bedeutung, nämlich die Inflationsrate. Ein Privatmensch ist dabei immer darauf getrimmt, dass er Angst vor Inflation hat. Das geht logischerweise durch allgemeine Hysterie und Presse so weit, dass die Menschen am liebsten gar keine Inflation hätten, also eine Inflationsrate von null. Im Gegensatz dazu hat die Wirtschaft ganz gerne eine vergleichsweise hohe Inflationsrate, da dies immer auch bedeutet, dass die aufgenommenen Kredite billiger zurückzuzahlen sein werden. Denn bezahlt werden diese in absoluten Beträgen, die durch die Inflation tatsächlich weniger Wert sind. Weil aber die Umsätze und Gewinne parallel zur Inflation größer geworden sind, sind folglich Kredite billiger abzuzahlen. Übrigens auch für Privatleute und Angestellte. Allerdings treibt diesen Vorteil nicht die Inflation direkt an, sondern die Tatsache, dass Arbeitnehmer wegen der Teuerungsrate höhere Löhne fordern müssen, um die neuen Preise auch bezahlen zu können.
So hängt die Inflationsrate also direkt mit den Preisen und somit auch mit den Löhnen zusammen.
Eine zu niedrige Inflationsrate ist also nicht unbedingt das, was man sich realistischerweise wünschen sollte. Der einzige Grund, warum die Arbeitnehmer und damit Kleinsparer also vor der Inflationsrate Angst haben, ist die, dass sie bei ihrer Bank im Allgemeinen keine Zinsen bekommen, die oberhalb der Inflation liegen. Damit wird das von ihnen angelegte Geld also real weniger Wert, selbst wenn sich der Betrag erhöht hat.
Im Gegensatz dazu steht dann allerdings das andere Extrem, nämlich eine negative Inflationsrate. Folglich bedeutet dies das genaue Gegenteil, nämlich dass das Geld mehr Wert wird. Bekommt man jetzt bei der Bank auch noch Zinsen dafür, so hat man irgendwie doppelt gewonnen, oder?
Nun, gesamtgesellschaftlich nicht, denn zwar hat man nun mehr Besitz, hat aber auch sicherlich weniger ausgegeben, da man sich zwei Mal überlegt, ob man einen Euro ausgibt oder nicht. Hat man nun noch im Hinterkopf, dass dieser Euro morgen schon etwas mehr wert sein wird, dann wird man es wohl lieber auch mal bleibenlassen. Wenn man wüsste, dass dieser Euro morgen nur noch die Hälfte Wert wäre, so Würde man ihn wohl mit beiden Händen ausgeben wollen. Das Ergebnis liegt auf der Hand, der Rest der Wirtschaft erlahmt. Unternehmen hätten kein Interesse daran, zu investieren, Kredite aufzunehmen oder irgendetwas anderes zu tun als Barmittel zu bunkern, weil nur diese den leichten Gewinn garantieren können. Personal kostet aber auch Geld und wird dann noch mehr eingespart, um das Geld noch zu haben und sparen zu können. Dieses Personal kann sich dann ja mal versuchen, über die niedrige Inflation zu freuen - ohne Job.
Was dabei noch völlig ohne Betrachtung davongekommen ist, wäre die Außenhandelsbilanz, denn das Verhältnis zu anderen Währungen ist natürlich auch nicht ohne Bedeutung. Man erinnert sich vielleicht noch daran, dass ein Dollar vier Mark wert war oder das englische Pfund mit immerhin drei Mark. Woran man sich nur marginal erinnert ist dann jedoch der Effekt, dass man in diesem Zusammenhang kein Interesse an einem Shoppingurlaub in Amerika hatte. Mit anderen Worten, der Import aus Amerika war gering, da es einfach zu teuer war. Im umgekehrten Fall ist es nun eben so, dass durch den teureren Euro der Kauf europäischer Waren für Amerikaner zu teuer geworden ist. Ein stabiler, wertvoller Euro ist also abermals kontraproduktiv für die hiesige Wirtschaft.
Ein gesundes Maß für die Inflation zu haben ist natürlich notwendig, aber nicht so zwingend, wie immer gesagt wird. Auch für Anleger ist es sicherlich angenehm, wenn eine Währung auch mal in ihrem Wert schwankt, macht es dann doch teilweise mehr Sinn, Geld in einer anderen Währung anzulegen, um den Wechselkurs als zusätzlichen Gewinnfaktor nutzen zu können.
All diese Schwankungen können wunderbar ausgenutzt werden, wenn sie nicht nur in eine Richtung gehen. Zeiten hoher Inflation und Zeiten niedriger Inflation haben wohl beide ihre Vorteile, weil Kredite im letzten Fall billiger zu bekommen sind, weil der Anreiz durch niedrige Zinsen geschaffen werden muss. Keine oder gar negative Inflation hingegen ist tödlich für jede Wirtschaft - wer will schon für Geld arbeiten?
Stabiler Euro? Nein danke! Willkommen Griechenland.