1001 Worte ...
wie eine Liga ihre Unschuld verlor - und den Niedergang wählte.
In einer freien - vor allem wahlfreien Welt muss man nun einmal sehr aufpassen, was man so macht. Denn zu schnell kann man die angesammelten Sympathien verspielen und sieht sich anstatt auf dem Siegertreppchen eher unter 'ferner liefen' wieder. So ist es schon einigen ergangen, die ganz vorne mit dabei waren, und das aus viel unkapitalistischeren Gründen.
Jüngst geschah es bei einigen Pre-Select-Telefonieranbietern, welche bisher versprochen haben, dass man mit ihnen günstiger Ferngespräche führen könne oder zu bestimmten Zeiten auch billigere Ortsgespräche oder gar Auslandstelefonate führen könnte. Anfangs war das eine klasse Sache und schnell war man von einigen Cents, welche man pro Minute bloß durch das zusätzliche Wählen von ein paar Nummern vor der eigentlich gewünschten Telefonnummer sparen konnte, sehr angetan und begeistert nicht nur bei der Sache sondern auch bei dem einen oder anderen bevorzugten Anbieter gelandet. Geschickt drückten diese dem Kunden einen dauerhafteren Vertrag auf mit der Versprechung, auch zukünftig und bei allen gewünschten Gesprächen billiger zu sein als der Platzhirsch-Konkurrenz. Doch eines Tages eben wurden flugs die Vertragsbedingungen geändert, ohne dass der Kunde davon erst mal etwas mitbekommen hatte, und schon wurde aus der Sparvorwahl eine vollkommene Abzockvorwahl, die den abgezockten bisher-Kunden sicherlich weit mehr gekostet haben dürfte, als er in den letzten paar Jahren seit der Einführung des freien Telefonanbietermarktes hatte sparen können. Dabei hatte man schlicht die Tarife geändert und die Preise obendrein etwas erhöht. Alleine die Rufschädigung dürfte diesen Anbieter vom Markt verschwinden lassen.
Etwas länger ist es nun schon her, da gab es eine andere, graphische Oberfläche bei Linux-Betriebssystemen. Sie nannte sich XFree86 und war OpenSource, wurde mit einer entsprechenden Lizenz entwickelt und vertrieben und auch unter dieser Lizenz weiterentwickelt. Alle waren damit einigermaßen zufrieden, auch wenn es viel Ecken und Kanten hatte. Das Konkurrenzprojekt, welches es durchaus die ganze Zeit gegeben hatte, nämlich X.Org, wurde weitestgehend verschmäht und kam über die Verbreitung auf der eigenen Homepage und den Systemen der eigenen Entwickler wohl nicht heraus. Jedenfalls gab es kaum eine Distribution, welches seine graphische Oberfläche mit X.Org realisierte - alle setzten auf XFree86, wenn auch eher aus historisch gewachsenen Gründen. Dann jedoch geschah, was wohl im Endeffekt das Beste für die Linux-Welt gewesen ist, es verkündete nämlich das XFree-Projekt, dass die zukünftigen Versionen nicht mehr unter der GPL
Gnu Public License oder auch General Public License, eine Open-Source-Lizenz
, sondern unter einer inkompatiblen, nicht dem Open-Source Gedanken entsprechenden Lizenz veröffentlichen werde. Damit schloss man sich nicht nur selbst von der Veröffentlichung mit dem Linux-Kernel aus, welcher ausschließlich GPL-kompatible Software erlaubt, sondern zeigte auch sein Desinteresse an der offenen Weiterentwicklung des eigenen Produkts so wie dem Unwillen, den Quell-Code zu veröffentlichen. In einer Philosophie-Welt, welche darauf aufbaut, dass man vollständigen Zugriff auf eben diesen Quell-Code hat, ist dies natürlich der Todesstoß. Glücklicherweise sprang das zwischenzeitlich recht weit gediehene Projekt X.Org mit seiner offenen Software in die Bresche und füllte diese fatale Lücke mit ihrem Stück hervorragender Software, welche zudem auch noch wesentlich schneller und gezielter weiterentwickelt wird, als es XFree jemals geschafft hatte. Heute sucht sich die graphische Oberfläche ihre Konfiguration weitgehend selbst aus der unterstützten Hardware heraus und stellt alles zur Verfügung, was es nur kann, ohne dass man umständlich in wirren Konfigurationsdateien herumpfuschen muss und dabei die Hardware beschädigen kann. Zumindest dieses Mal ein Selbstmord mit einem guten Ausgang.
Auch im Sport passiert so etwas immer mal wieder. Oder konnte Ben Johnson jemals ein Rennen laufen, ohne dass man vermutete, dass er ja doch wieder bloß gedopt war? Konnte Daum irgendwo in Deutschland als Trainer anfangen, ohne dass der Hintergedanke an seine Drogenkarriere im Hinterkopf herumturnt? Eigentlich ist es ein Schritt hin zur Normalisierung des Ansehens des eSports als einen normalen Sport wie andere auch, dass es einen solchen Skandal dort nun auch zu bestaunen gibt.
Es traf tatsächlich wie schon angedeutet, ausgerechnet die größte Liga, nämlich die CPL
Computergaming-Professional-League
. Sie organisierten seit Anbeginn des kompetitiven Computerspielens Ligaspiele in der gesamten Welt und in vielerlei Spielen. Immer wieder gab es dabei Hauptfavoriten in der Auswahl der Spiele, mit welchen dann auch Werbetouren gestartet wurden. Diese Werbung bezog sich jedoch stets auf die Bekanntheit der eigenen Liga und nicht auf Werbung für ein eher unbekanntes und weniger gespieltes Spiel irgendeines bezahlenden Herstellers. Aus diesem Grund behielt sie auch ihre Glaubwürdigkeit - anders als beispielsweise das Olympische Komitee, das trotz allem ihre Spiele in China etc. abhalten will und dabei die eigenen Grundsätze vollkommen verkauft. Durch hohe Preisgelder, die sich durchaus durch Werbeeinnahmen refinanzieren ließen, erhielt man dabei seinen Beliebtheitsgrad über dem anderer Ligen wie der ESL
Electronic Sports Leage - Europa
oder der WCG
World Cyber Games
. Doch diese Werbeeinnahmen kamen durch die Beliebtheit zustande, während die Werbung selbst eher Nebenprodukt war, am Rande lief - nicht Teil des Konzepts.
Dies hat man jüngst verraten. Und wer seine Ursprünge verrät, sein eigenes Konzept verrät, der braucht schon einen ausgesprochen guten Grund dafür. Dieser Grund und die Handlung dabei war jedoch bloß, dass man auf Zahlung eines Herstellers ein Spiel, welches kaum jemanden interessierte, in den inneren Rang der Hauptspiele aufnahm. Dies durch Zahlungen, die für den Erhalt der Liga notwendig gewesen wären, zu begründen wäre unsinnig, da niemand mondmäßige Preisgelder forderte, sondern jeder Spieler im Grunde aus Spaß an dem Spiel und Spaß an der Herausforderung dabei war.
Nun, jetzt ist man es dort nicht mehr, denn es gibt ja die Konkurrenz, welche sich eigentlich bloß in der Mitgliederzahl vom Platzhirsch unterschied. Da man aber ja nun festgestellt hatte, dass man als Spieler im Grunde nur Material für die Erzielung höherer Preisgelder war, zog man die Konsequenzen und ging einfach zu einer anderen Liga, bei der man sich willkommener fühlte. Schon war es mit der quasi marktbeherrschenden Stellung vorbei und sicher wird sich auch der Werbekunde nicht gerade freuen, dass er sein Geld nun in den Sand gesetzt hat, weil er zu viel auf einmal wollte.
Doch hätte die WCG auch in Europa ihre Veranstaltungen, so hätte ein weiterer, erfolgreicher Bestechungsversuch nicht funktionieren können, denn auch die ESL hat bei ihrer Pressekonferenz zugegeben, dass bei der Bevorzugung eines Spieles bei der Auswahl für die nächsten, offiziellen Meisterschaften, Geld von dessen Hersteller geflossen sei. Als Monopolist kann man sich so etwas eben erlauben. Erfolg haben dürfte ein solches Handeln wohl nicht einmal, wenn die professionellsten Teams in ihrer Geldgier Spieler für diese Games anheuern, um diese Preisgelder ebenfalls noch mitzunehmen, weil in der Szene jeder Bescheid weiß.
Zumindest in einer freien Welt mit freiem Wissen geht Korruption nach hinten los - eine zumindest ein bisschen beruhigende Erfahrung, die man hier machen kann.