Two Worlds II
Im gleichen Jahr, ja nur einen knappen Monat nach dem groß erwarteten Arcania erschien der zweite Teil des erwartungsfrei gestarteten ersten Teils. Konnte der erste Teil auf Anhieb durch seine bombastische Graphik und die unkomplizierte Spielweise begeistern, lagen die Erwartungen an den zweiten Teil entsprechend höher, auch wenn die Vergleichslatte mit Arcania recht niedrig vorgelegt war.
Dennoch ist es natürlich die Konkurrenz, die den Vergleichsrahmen vorgibt, als da wären: Risen, Arcania Gothic IV, Two Worlds 1.
Die Story:
Wieder
einmal wird man wie üblich
namenlos in die Welt geworfen und bekommt
im Einleitungsfilm, der regelrecht
nahtlos in einem kurzen Tutorial
mündet, das Quasi-Spielziel aufgedrückt.
Natürlich ist es wieder einmal
die Schwester, die vor dem irgendwie
Oberbösen aus dem ersten Teil gerettet
werden muss, welcher sie in seiner magischen
Gewalt hält. So weit so gut.
Die Orcs hatten den Krieg mit den Menschen verloren und fristen nun ein Schattendasein, haben eine Hellseherin an ihrer Spitze, helfen uns aber nach Kräften und schicken uns dafür kreuz und quer über die Karte mit irgendwelchen Privataufträgen, die nicht gerade viel mit der Hauptgeschichte zu tun haben.
Überhaupt
scheinen die ganzen Quests irgendwie alle nicht sonderlich viel mit dem Hauptziel
zu tun zu haben. Man wird von jedem zweiten
Einwohner für irgendwelche Dinge von Pontius
zu Pilatus geschickt, klopft auf relativ gewohnte
Weise alle vorkommenden Monster,
wird aber im Grunde immer zum Ziel kommen.
Diese Nebenaufgaben sind dabei nicht immer kurz und knapp gehalten und bergen durchaus Entscheidungsspielraum. So wird man von einem Totengräber gebeten, den Kopf eines Verstorbenen - den der Bürgermeister umgebracht hatte, weil er auf das Grab seines Sohnes gepinkelt hatte - zu einem Leichenhändler zu bringen, der aus Versehen nur den Rest des Körpers mitgenommen hatte.
Dieser
hat natürlich gerade ein paar Monster im Keller und sowieso den Körper schon an irgendwelche
Nekromanten zum Experimentieren verkauft. Auf dem Weg in die Stadt treffen wir
dann „zufällig“ auf eine Abordnung
der Händlergilde, die einen
Wilderer jagen wollte und dabei
von den Tieren aufgerieben wird.
Da das Haus des Wilderers gerade
nebenan ist, sollen wir nur mal
kurz reinschauen. Nachdem alle
Tiere schlafen gelegt sind, stellen
wir ihn zur Rede und es stellt sich
heraus, dass er eine Zutat für die
Alchemisten durch Tierzucht erhalten
konnte und dadurch das
Monopol der Händlergilde brechen würde. Wir haben also gleich noch mal die Wahl, ob wir ihn
direkt schnetzeln oder uns an seinen Geschäften beteiligen. Einmal bekommen wir einen Bonus
bei der Händlergilde und einmal bei jemand anderem, beim Vorankommen zum Endziel macht
dies allerdings niemals einen Unterschied.
Zum Ende hin dreht sich dann die gesamte Geschichte noch einmal komplett und bringt uns nach einem unglaublich schweren und langen Endkampf zu dem Überraschungsende mitsamt Überraschungsabspannszene. Also im Grunde genau wie im ersten Teil.
Die Spielmechanik:
Die allgemeine Steuerung ist exakter Standard. Mit WASD wird rumgerannt, mit der Maus umhergeschaut, mit der Leertaste gesprungen und mit gezogener Waffe eine Art Rückzugskombination ausgeführt. Beim Reiten - eine der Neuerungen - muss man periodisch den Beschleunigungsbalken füllen, damit sich das Pferd überhaupt bewegt und beim Segeln - die nächste Neuerung - beschränkt sich die Einflussnahme auf die Richtung des Bootes und die Ausrichtung des Segels zum Wind.
Zum
Kämpfen muss natürlich erst einmal das Schwert beziehungsweise der Zauberstab oder
der Bogen gezogen werden.
Das geht durchaus auch in
vollem Lauf aus der Bewegung
heraus. Wie mittlerweile
schon gewohnt kann man natürlich
mit zwei Waffen
gleichzeitig zuschlagen, kann
mit dem Bogen über eine Art
Ironsight gezoomt zielen,
Mehrfachpfeile, Feuerpfeile,
Eispfeile und einiges mehr abfeuern
und die Zauber höchstselbst
zusammenstellen. Blocken lässt sich zu jeder Zeit mit jeder Waffe mit der rechten Maustaste.
Variationen
kommen dann über die Skills zusammen. So kann man mit einem Schwert in der
Hand einem am Boden liegenden Gegner, den man womöglich gar selbst dorthin getreten hat,
einen Todesstoß versetzen oder mit einer Axt das Schild des Gegners zertrümmern. Der „Fiese
Trick“ ist abermal mit an Bord, mit welchem man dem Gegner dreck ins Gesicht schleudern
kann, um ihn aus dem Konzept zu
bringen. Den Bogen kann man
überspannen, um mehr Schaden
zu verursachen oder kann lernen,
noch mehr Pfeile gleichzeitig zu
verschießen. Auch das Blocken
lässt sich verbessern bis hin zu
einem Gegenangriff bei einem
geblockten Schlag, der in einer
sehr wirkungsvollen Kombination
resultiert.
Die Zauberei ist dagegen ausgesprochen komplex. So kann man jeden Zauber aus einem Thema wählen, kann ihn auf eine Zielgruppe, beispielsweise Falle, Gruppe, Umwelt oder sich selbst, zielen lassen, ihn verstärken, zielsuchend, mehrfach und einiges mehr werden lassen. Dazu werden Eigenschaftskarten beim Händler gekauft und auf den entsprechenden Zauber angewandt, er somit individuell zusammengestellt - den notwendigen Skill und genug Mana einmal vorausgesetzt.
Die Ausrüstung selbst lässt sich in drei Sammlungen zusammenstellen, die sich jederzeit wechseln lässt. Ausrüstungsgegenstände ließen sich im ersten Teil noch „stapeln“, um ihre Eigenschaftswerte zu verbessern. Dies geht im zweiten Teil leider nicht mehr. Hier lässt sich hingegen jedes Objekt in seine Bestandteile zerlegen und so weiterverwenden. So wird aus einem Hemd der Stoff zurückgewonnen, ein Schild meist nur zu Holz und ein Schwert oder eine Axt zu Eisen, Stahl und Holz (wegen des Griffs). Mit diesen Dingen lässt sich dann ein anderer Gegenstand aufwerten, lässt sich ein Schwert zu einem Besseren schmieden, ein Helm verbessern und so weiter. Außerdem gibt es wieder Kristalle, die ebenfalls die Eigenschaften verbessern. Sockel für diese werden durch Schmieden hinzugefügt, während sich gleiche Kristalle zu einem besseren zusammenschmelzen lassen.
Lebenspunkte sowie Mana werden nur wieder aufgeladen, wenn man gerade keine Waffe führt oder einen Schrein aktiviert. Dafür gibt es ebenfalls einen Skill, der diese Rate merklich beschleunigt.
Teleporter stehen wie gewohnt in der Gegend herum und persönliche Transporterplattformen zum Mitnehmen sind auch wieder mit von der Partie. An Schreinen kann man sich heilen und für eine gewisse Zeit eine zum Schrein passende Eigenschaft verbessern. Das Ankh aus dem ersten Teil sucht man leider vergebens, denn Wiedergeburten kann man dieses Mal vergessen - wenn man tot ist, war es das und man kann neu laden.
Die
Graphik:
Abermals haben es die Polen geschafft, eine phantastisch anmutende, stimmungsvolle Hochglanzgraphik abzuliefern, die auch auf schwächerer Hardware einwandfrei läuft. Jede Region, durch die man reist, hat ihre eigene Thematik, die Sonne wandert sanft über den Himmel und wirft ihre Schatten sanft aber exakt über alle Dinge hinweg. Die HDR-Effekte versuchen dabei, das alles zu betonen, wirken aber leider allzu sehr übertrieben. So wird das Rennen immer und überall durch ein Motion-Blur verschönert, das einem auf die Dauer einen etwas verwässerten Blick auf die Dinge beschert. Die Tiefenunschärfe, die bei Gesprächen mit NPCs einsetzt, lässt teilweise sogar das Gegenüber verschwommen erscheinen. Aber dafür kann man auch während der Gespräche die Ansicht drehen und sogar etwas herumlaufen.
Der
Detailgrad entspricht dabei
gefühlt im Großen und Ganzen
dem des Vorgängers, auch wenn er
sicherlich höher ist. Die Tische bei
Händlern sind so heute ebenso gut
gefüllt wie die Tische in der Kneipe
und die Gesichter und Stimmen
der NPC wiederholen sich weitaus
seltener und sind angenehmer als
im Vorgänger. Die Weitsicht ist
gewohnt gewaltig und manchmal
fragt man sich, ob die Burg auf
der Insel da am Horizont jene auf
der Nachbarinsel oder gar die auf dem Festland ist. Ein Blick auf die etwas magere und teils verwirrend
markierte Karte sagte mir dann, dass es tatsächlich Letzteres war.
Ansonsten ist die Landschaft zwar realistisch dargestellt mit jeder Menge Kräuter, Bäume, Gras und was man sich sonst so wünscht, Kisten wie sie im Vorgänger des Öfteren einfach mal unmotiviert in der Gegend herumstanden vermisst man jedoch schmerzlich, gaben sie doch immer mal wieder den Ansporn, eben nicht den direkten Weg zum Ziel zu nehmen sondern diese Ecke da drüben auch noch abzusuchen.
Die
Abwandlung:
Kleiner Nachtrag: Es gibt eine Art kleines Zusatzspiel für das Hauptspiel, welches man sich auf der Herstellerseite herunterladen kann. Es handelt sich hierbei um eine Abwandlung vom Typ Tower-Defense, welche mit Spielcharakteren funktioniert und sich entsprechend des Spielortes - der Thronsaal von Gandohar - Castle-Defense nennt.
Online:
Hier hat sich doch einiges geändert. Zwar beginnt man noch immer in einer Stadt, in der sich alle anderen Mitspieler ebenfalls tummeln und sich sammeln. Aber sobald man eines der eigentlichen Spielgebiete betritt, hat man die Qual der Wahl.
So kann man im Questmodus mit mehreren Mitspielern auf einer - im Singleplayermodus nicht vorkommenden - neuen Karte Questaufgaben folgen und sich durchkämpfen wie im normalen Spiel. Der Dorfmodus ist eine Art SimCity, in dem man als Bürgermeister ein Dorf aufbauen und verwalten kann, Häuser bauen und Händler anlocken soll. Beim Kristallsammeln geht es dann zum Teamdeathmatch mit Sammelbonus.
Technisch
gesehen hat sich dabei nichts geändert, man ist im laufenden Questbetrieb wieder
unabhängig vom Firmenserver, was jedoch
mittlerweile etwas performanter funktioniert
als noch vor ein paar Jahren, auch wenn dies
der Infrastrukturentwicklung geschuldet sein
mag.
Die Charactergenerierung gibt dabei allerdings bereits ein wenig die Spielrichtung vor, denn man kann sich hier anfangs entscheiden, ob man eher als Magier oder Kämpfer, Waldläufer oder Killer durch die Gegend rennen will. Daran misst sich dann die Skillverteilung, die man zu Anfang zugeteilt bekommt. Natürlich kann man auch hier mit Skillbüchern nachhelfen, aber das kostet im Onlinebetrieb gefühlt mehr Geld als offline, dauert somit weit länger.
Nachtrag: Neulich traf ich online einen Magier Lvl. 22, welcher mir durchaus die Vorzüge seiner Zauberkünste demonstrierte und eine ganze Handvoll Golems, Schutzzauber und magische Geschosse losließ. Offenbar bin ich einfach nur an die falschen Gegner gekommen, bei denen meine guten Zauber nichts ausrichten konnten. Jedenfalls scheint auch der magische Weg zum Ziel zu führen, offenbar nur wesentlich weniger offensichtlich.
Das Negative:
Im Großen und Ganzen scheint das Spiel dieses Mal einmal mehr eine Verbeugung von den Spielkonsolen zu sein, für welche es parallel erschienen ist. Die Symbole im Inventar sind so groß, dass sie schon wieder unübersichtlich wirken. Für jede Handelsinteraktion muss extra eine Abfrage bestätigt werden, eine Schnelltastenkombination gibt es nicht. Das Schmieden besteht auf den Ablauf jeder einzelnen Animation bis zu ihrem Ende, was ein mehrfaches Heraufschmieden einer neuen Waffe zu einer Geduldsprobe werden lässt, weil man für jede Stufe jedes Pling abwarten muss, bevor man das Gleiche noch mal machen kann. Kristalle zu verarbeiten ist auch nicht schneller. Die wechselbare Ausrüstungssammlung bezieht sich dabei auf die komplette Ausrüstung, was gerne mal darin resultiert, dass man mitten im Kampf beim Wechsel der gewünschten Waffe ohne hosen dasteht, weil man vergessen hat, diese beim letzten Tausch bei allen anderen Sammlungen zu aktivieren. Zu allem Überfluss dauert der Wechsel vom Drücken der Taste bis zum tatsächlichen Wechsel gute zwei Sekunden, was stetig dazu führt, dass man die Wechseltaste schon zu oft gedrückt hat. Ein direktes Anwählen der Sammlung geht ebenfalls nicht.
So
schön die Animationen im Kampf auch sind, so unmöglich scheint es, Angriffen auszuweichen.
Im Vorgänger drückte man X und sprang einen Meter zurück aus der Gefahrenzone heraus.
Nun soll man wohl die Leertaste drücken, um eine Rückwärtskombination auszuführen und danach
ein Stückchen weiter hinten
zu stehen. Das ist aber eben
leider nicht weit genug, als
dass einem dies etwas bringen
würde. Sich umdrehen und
wegrennen scheitert dabei oftmals
ebenfalls an der Trägheit
der Spielfigur, die dann erst
noch den einen oder anderen
Treffer kassiert, und will man
beim Wegrennen die Waffe
wegstecken - wir erinnern uns,
das Ziehen ging im Lauf - bleibt er erst einmal stehen und steckt diese in aller Ruhe ein, die
Monsterhorden gleich hinter sich. Wann es dabei möglich ist, einen Heiltrank zu benutzen ist
auch nicht wirklich klar.
Bis heute habe ich keine Erklärung für all die Icons in den Eigenschaften von Gegenständen gefunden, selbst dazu schweigt sich das Handbuch aus und die Website ebenfalls.
Fazit:
Einige Ecken und Kanten hat das Spiel in seiner Bedienung schon, aber Spaß macht es dennoch. Die Spielwelt ist ebenso gewaltig wie die Geschichte, die man verfolgt und die Möglichkeit in einer Seitenquest endlich auch einmal Sex haben zu können entlohnt für all die Mühen bei weitem. Zwar verliert man teilweise schon das Hauptziel aus den Augen, jedoch wird man dennoch immer wieder auf Linie gebracht und sei es nur dadurch, dass im aktuellen Gebiet nichts mehr zu tun ist und man weiterziehen muss. Kein Weg ist vorgeschrieben, keine Questabfolge notwendig und keine Entscheidung bekommt man abgenommen.
Das Zerlegen von Gegenständen in seine Rohstoffe und deren Weiterverwendung durch Schmieden ist zwar originell und eliminiert teilweise das ständige Teleportieren zum nächsten Geschäft, dennoch mochte ich persönlich das Konzept des Stapelns lieber, welches sich auch auf feststehende Zauber bezog, die ebenfalls im Vorgänger besser verwendbar, vielleicht weil eindeutiger waren. Jedenfalls habe ich kein einziges Mal ernsthaft gezaubert, um zum Ende zu kommen, weil es scheinbar ineffizient war. Der Vorgänger hatte dies zugänglicher gelöst, handelte sich dadurch aber den Ruf des zu leichten Spiels ein. Schwer fand ich den Nachfolger jedoch ebenfalls nicht, allenfalls stellenweise unbalanciert.
Alles in allem gebe ich dem Spiel inclusive des interessanteren Onlinemodus ein 8.5 von 10.