ueber die Illusion von Wuerde im Amt

Wieso hoeren wir ihnen eigentlich zu, Politikern die eine Ansprache auf einer nichtpolitischen Veranstaltung halten? Wieso tun wir so, als waere irgend etwas, das diese Menschen sagen, von irgend einer Relevanz? Als haetten sie irgend etwas zu sagen?

Eine Kulturveranstaltung. Ein gewaehlter Politiker geht ans Rednerpult und haelt eine Laudatio auf den Preistraeger. Ein Literaturpreis. Tut so, als haette er irgend eines seiner Buecher schon einmal gelesen. Als haette er am Ende sogar noch irgend etwas davon verstanden.

Ein Mensch ohne einen richtigen Schulabschluss, ohne vollendete Ausbildung. Er legitimiert seinen arroganten Auftritt ausschliesslich dadurch, dass er genuegend Waehler dazu bekommen hat, den Gegner nicht zu waehlen. Oder besser gesagt, sein Wahlteam, das ihn ausgesucht hat ihre zusammengewuerfelten, abgedroschenen Werbesprueche zu repraesentieren, hat genuegend Öffentlichkeitsarbeit geleistet, ihn an genuegend Orten vorgefuehrt und mit genuegend Menschen aufgefuehrt um eine Volkesnaehe zu schaffen die zu einem Grossteil dadurch getragen wurde, dass sich diese mit ihm identifizieren koennen weil ein Grossteil dieser Menschen es ebensowenig geschafft hat wie er. Wenn man die Wahlkampfreden solcher Menschen betrachtet sind diese auch rein auf monokausale, fuer den Poebel begreifbare Programme ausgerichtet, die von einem hinterfragenden Menschen schon nach wenigen Sekunden als Widerspruch entlarvt werden kann. Und dieser Mensch steht nun da vorne am Pult und spricht ueber Dinge, von denen er per se nicht die geringste Ahnung haben kann, weil ihm schon die grundlegendste Ausbildung dafuer fehlt, wie er zu jedem anderen anlass ausgiebig unter Beweis zu stellen weiss.

Doch im Publikum sitzen viele Menschen die ihm beipflichtend zunicken. Wie kann das sein? Sind auf einer solchen Veranstaltung denn nur noch Deppen anzutreffen? Ist im Land der Dichter und Denker denn selbst bei hochkaraetigeren Preisverleihungen denn nur noch geistiger Ausschuss anzutreffen? Oder befinden wir uns tatsaechlich schon im Land der dichten Nicht-Denker? Zumindest liegt diese Vermutung nahe, wenn wir schon Nichtssagern so an den Lippen haengen koennen.

Kennedy ist gewaehlt worden, weil er besser aussah als Nixon. Schroeder ist gewaehlt worden, weil er weniger gestottert hat als Stoiber. Sicherlich ist die Reihe der Banalitaeten noch laenger, jedoch ist dies der Thenor der Presse, wenn man sie fragt. Somit ist man wohl allseits der Meinung, dass auch das Volk, fuer das man schreibt, nur nach Banalitaeten aus ist, sich nicht um die Aussagen derjenigen kuemmert, die sie da eigentlich waehlen sollen, und wenn ueberhaupt, sich dann bloss nach einem einzigen Kriterium richten, so weit hergeholt dieses auch sein mag. Dies ist auch der Thenor der Politikwissenschaften, die der Meinungsmache und -bildung auf die Spur zu kommen versuchen.

Doch wer macht diese Meinungen eigentlich? Kommt sie tatsaechlich von einer Art Weltbetrachtung, von der Beurteilung der eigenen Lage und kuehlem pragmatismus? Wohl kaum, denn der Überlebenskampf findet wohl kaum auf den Autobahnen statt, Studenten sind wohl auch keine Berufsdemonstranten und Faulenzer, Langhaarige wohl nur in den wenigsten Faellen Zeckenzuechter und Computerspieler in den wenigsten Faellen vereinsamte, pickelgesichtige Pubertaere die zur Gewaltbereitschaft getrieben werden bis sie ihre Schule abschlachten.

Gerade der letzte Punkt demonstriert auf eindrucksvolle Art und Weise, wie es die Presse und insbesondere das Fernsehen es geschafft hat, dieses Bild zu erzeugen und hartnaeckig entgegen Beweise der Wissenschaft weiter zu verbreiten und ein Menschenbild hochzuhalten, welches im guenstigsten Fall aus einer anderen Epoche stammen koennte. Fakten wurden verdreht und bis zur unkenntlichkeit verfaelscht, Dinge aus dem Zusammenhang genommen und so lange in andere Kontexte gesetzt, bis das gewuenschte Ergebnis zustandegekommen war. Da war auch voellig nebensaechlich, dass die Polizei die verbreiteten Behauptungen schon wenige Minuten nach ihrer erstausstrahlung widerlegt hatte, der Beliebtheit tat dies keinen Abbruch. Noch heute werden Computerspiele und -Spieler fast grundsaetzlich in den Öffentlich-Rechtlichen Fernsehgesellschaften als Gewaltverherrlichende Massenmoerder -Ausbilder hingestellt, die nichts anderes kennen als andere Menschen umzubringen. Schon die statistische Betrachtung der Todesfaelle in der Spielergemeinde und deren Umfeld straft dies Luegen. Doch mit Logik ist einem derartigen Glauben natuerlich nicht beizukommen - denn zu dem ist diese Luege mittlerweile offenbar schon mutiert.

Gleiches gilt fuer den sozialschmarotzenden Studenten. Nebensaechlich, dass er im ausgebildeten Zustand fuer weit mehr Bruttoinlandsprodukt zustaendig ist als der ungebildete Poebel, der ihn mit dieser Meinung bewirft. Unwichtig auch, dass dieser Poebel mit an sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einem Angestelltenverhaeltnis bei genau einem solchen Menschen stehen, von deren Kindern, die von einem Studierten unterrichtet werden ganz zu schweigen. Dennoch gehoeren die alle ausgerottet, diese Steuergelderverschwender.

Guido Westerwelle hat sich einmal dafuer entschuldigt, dass er Jura studiert hat und zwar in dem Zusammenhang, dass er ueberhaupt studiert hat. In einem Land, in dem es schon so weit gekommen ist, dass man sich fuer Bildung entschuldigen muss ist es kein Wunder, wenn sich mentale Fussgaenger hinter ein Podium klemmen koennen vor einem Publikum welches es besser wissen sollte und mit Worthuelsen um sich werfen koennen waehrend die Zielgruppe dies fuer den Weisheit letzten Schluss haelt, den Redner fuer von der Muse gekuesst. Ein Politker, der seine Reden selbst schreibt? Ein Amtstraeger, der sein Amt wirklich verdient hat?

Seit je her war es so, dass derjenige das Amt erhalten hat, derjenige Befoerdert wurde, die Person den Posten erhalten hat, die sich am besten verkaufen konnte, die am meisten die Werbetrommel geruehrt hat, die am meisten versprochen hat, Honig ums Maul der Entscheidungstraeger geschmiert und dem Volk die schoensten und groessten Spiele versprechen konnte, dass es gerade noch glaubwuerdig war. Denn am Ende ist es der Poebel, der das Land regiert, denn er ist in der Überzahl. Was will man da auch anderes erwarten?