... von Obrigkeitshörigkeit und dem psychologischen Effekt von Nichterklärungen

Wer hat das noch nicht erlebt. Man sitzt im Zug und es gibt eine Verspaetung. Die Verspaetung wird laenger und der Zug steht noch immer irgendwo zwischen zwei Haltestellen ohne dass man wuesste, warum das so sein muesste. Was einen dabei am meisten auf den Wecker geht, was einem das Adrenalin foermlich sprudeln laesst ist vor allem die Tatsache, nich zu wissen, warum man eigentlich warten muss. Dann kommt ein Erklaerungsversuch des Schaffners aus dem Äther, der da nur zu verkuenden weiss, dass es sich um eine "Betriebsbedingte Stoerung" handele. Das schlaegt dem dann nur noch einmal die Krone ins Gesicht und den Unmut der Fahrgaeste in das des Schaffners - wenn er sich denn noch traut durch den Zug zu gehen.

Doch warum das alles? Warum eine derart sinnlose Durchsage, wenn es genausogut eine ehrliche, wenn auch wahrscheinlich ebenso vielsagende gaebe. Er haette einfach sagen koennen, dass er auch keine Ahnung habe, warum es nicht weiter gehe, da er keine Informationen bekommen koenne. Wenn er jedoch tatsaechlich etwas genaueres weiss, jedoch die Fahrgaeste lieber im Ungewissen lassen moechte, dann verdient er die Blicke der Leute allerdings auch, denn diese waeren fuer die Wahrheit wesentlich dankbarer, selbst wenn es eine grausame waere wie "Personenschaden" oder aehnlichem. Jeder wuerde verstehen koennen, dass man dann ein wenig darauf warten muss, bis die Leichenteile aus dem Weg geraeumt sind oder auch dass die Reperatur der Lok eine weile in Anspruch nehmen kann. Doch wenn man einfach so warten gelassen wird, wird dies niemand nachvollziehen koennen, wird sich auch der ruhigste Mensch darueber zu recht aufregen koennen und dem Betreiber der Pure Hass seiner Gaeste entgegenschlagen, die er scheinbar grundlos gequaelt hat.

Genau dies moechte ich einmal naeher beleuchten, die Grundlosigkeit und Nichtnachvollziehbarkeit von Entscheidungen, von Regeln und auch Gesetzen, die wohl ihre guten Gruende haben moegen, jedoch dann mindestens so allgemein gefasst wurden, dass sie in der vielzahl der Faelle ueber ihr Ziel hinausschiessen und dann auch fuer die Betroffenen nicht mehr nachvollziehbar werden.

Ähnliches betrifft die Entscheidungen von fast allen Ebenen der Buerokratie. Es mag ja sein, dass diese ihre Vorschriften haben, dass diese Misbrauch verhindern sollen und somit wohl auch einmal ihre Berechtigung gefunden haben, doch all dies haeuft sich mit der Zeit zu einem derartigen Haufen an Regeln auf, dass sich auf jeden Fall immer eine davon finden wird, wenn man irgend einen Antrag eines niederen Bürgers ablehnen moechte.

Wahrscheinlich kommt die Ablehnung vieler Regeln genau von solchen Erlebnissen. Man wurde vom Amtsschimmel wie ein Unwuerdiger behandelt, wurde wegen irgend welcher undurchsichtigen Regelungen von etwas ausgeschlossen oder sonst irgendwie vernachlaessigt ohne dafuer jemals eine Erklaerung erhalten zu haben und schon ist der feste Glaube an die Willkuer der Welt geboren. Doch ist dies richtig? Ist dies falsch? Ist dies nicht zumindest nachvollziehbar? Liegt man damit nicht vielleicht doch in grossen Teilen richtig?

Wenn man sich nur einmal Geschwindigkeitsbegrenzungen anschaut, dann kommt man schnell zu dem Ergebniss, dass dies mehr als stimmen koennte, dass schon alleine auf unseren Strassen pure Willkuer herrscht wenn es um die Regelung des Verkehrs geht. Schon bei Ampelphasen kann man vielfach auf bessere, schnellere Loesungen kommen wenn man sich nur lange genug auf eine Kreuzung stellt und ueber die Vorgaenge nachdenkt. Auch die Argumentationen fuer oder gegen einen Kreisverkehr machen in diesem Zusammenhang eher weniger als mehr Sinn. Doch beim Tempolimit scheiden sich dann endgueltig die Geister, hat doch ein jeder auf einfach Art und Weise die Moeglichkeit, diese Regeln zu brechen oder zumindest zu beugen.

Dreissig innerhalb geschlossener Ortschaft? Auf einer Durchgangsstrasse? Pure Willkuer! Siebzig auf einer Landstrasse die einfach nur geradeaus geht? Abkassierer! Überholverbot obwohl man Meilenweit sehen kann? Sadismus! Enten fuettern verboten? Den Rasen nicht betreten? Nicht vom Beckenrand springen? All das schreit doch foermlich nach einem Misbrauch der Amtsmacht, wieso sollte man dieser Ungerechtigkeit nachkommen? Bloss weil es Gesetz ist? Dass dies nicht sonderlich wichtig zu sein scheint machen uns doch die Politiker staendig vor, also geb ich Gas, stopfe die Enten, renne ueber den Rasen und springe per Arschbombe vom Rand.

Dabei waere alles so einfach, wenn man nur eine einleuchtende Erklaerung bekaeme, wenn man wissen wuerde, dass diese Regeln ihren Sinn haben. Ein Zusatzschild unter die Tempolimits zu haengen mag auf den ersten Blick etwas abstrus klingen, da man dafuer ohnehin meistens zu schnell ist. Jedoch haette man zumindest die Moeglichkeit, sich die Begruendung durchzulesen und sie dann verstehend einzuhalten. Dreissig auf einer Landstrasse? Vergiss es. Die blitzen? Ok, schalt ich halt runter, soll der Motor doch heulen. Ach, wegen der Anwohner? Na, wenn ich den Gang rausnehme und vorbeirolle, isses doch viel leiser, oder? Und eigentlich koennten dabei alle zufriedener sein. Aber Erklaerung? Nein danke, dafuer haben wir doch eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingefuehrt!

Enten fuettern verboten? Bloss weil es irgendjemand nicht will? Ach was, jetzt hab ich schon je Tuete altes Brot kleingeschnitten, jetzt fuetter ich auch, was soll der Bloedsinn denn ueberhaupt? Bei uns gab es einmal ein Schild, welches eine Erklaerung dafuer lieferte. Als man noch lesen konnte, dass das Futter den Tieren eher schade als sie zu ernaehren, wurde auch kaum gefuettert, die Wege waren sauber und keine Brotreste lagen herum. Nun wurde das alte Schild gegen ein neues ausgetauscht, eines ohne Erklaerung, nur mit einem Fuetterverbot, und schon sind die Wege wieder eingesaut, es wird jedes Wochenende gefuettert was das Zeug haelt und ab und an schwimmt auch mal eine tote Ente im Wasser. So kanns gehn.

Wenn man staendig bloss zu unterschwelligem Ungehorsam erzogen wird, wie kann dann von einem erwartet werden, dass man sich auch an alle anderen Gesetze halten soll. Vor allem dann, wenn man schon das Gebot der Wahrheitlichen Sprache von seinen eigenen Gesetzgebern so schaendlich gebrochen sieht. Man wird zum Ungehorsam erzogen, wo immer es nur moeglich ist, denn es sind offenbar diese Momente, in denen man sich noch gut fuehlen kann, diese Momente des gesetzesbrechens, des brechens von unsinnigen Regeln und Vorschriften, die so offenbar nur dafuer geschaffen wurde um normale Menschen zu traktieren und zu quaelen. Draussen nur Kaennchen? Oh, entschuldigung.