1001 Worte - warum die Fundamentalisten die Weltherrschaft erringen werden

Es ist eine Reaktion auf die Angst vor der Veränderung der Welt - der fundamentalismus jeglicher Religion.

Während man in praktisch jeder Religion von einer Entwicklung hin zu Gleichberechtigung, Menschenrechten, Emanzipation reden kann, bei manchen mehr bei manchen langsamer, jedoch stets vorhanden. Im Christentum wurde sich gegenüber den Ungläubigen geöffnet, wurde der Klerus in gewissem Masse den Frauen zugänglich gemacht und sich gar auf Glaubensfragen zurückgezogen, der Wissenschaft den Raum gelassen, den sie für ihre Weiterentwicklung benötigte - und somit auch für die Weiterentwicklung der Gesellschaft. Der Buddhismus hat seine Zurückhaltung überwunden und steht nun offensiver politisch für die Ziele der Menschen - Freiheit, Frieden und Demokratie - ein, benutzt das Konzept der Gewaltfreiheit nach dem grossen Beispiel. Und auch die Moslems haben nach ihrer Blütezeit im Mittelalter, in der sie den Djihad noch als wissenschaftliche Weiterentwicklung verstanden, zumindest kleinere Schritte in dieser Richtung, dem Ablegen der Frauenkopftücher, dem Wegfall des Vermummungszwanges für Frauen und die Möglichkeit von Scheidungen sowie dem Verbot von Ehrenmorden, getan. Man kann also nicht unbedingt den Religionen selbst, dem Mainstream dieser, die Schuld für derartige Entwicklungen zuschreiben, den Religionsimmanent scheint diese in der Tat nicht zu sein.

Den Fundamentalisten hingegen nach moderner Prägung hingegen characterisiert nicht etwa, dass er mit einem Bombengürtel in Cafes irgendwelche Andersgläubige in die Luft sprengt um eine willkürliche Anzahl Jungfrauen in der Welt danach von ihrer Unerfahrenheit zu befreien und in deren Blut ebenfalls zu baden. Der moderne Fundamentalist ist hingegen eher Schulverweigerer wenn ihm die Themen nicht passen, er lehnt ab, was nicht in sein biblisches Weltbild passt - wobei er die Worte der Bibel absolut wörtlich nimmt, selbstverständlich nur das alte Testament - und zwingt vor allem auch seine Nachkömmlinge, seine Kinder dazu, in diesen absoluten Glauben einzusteigen. Diese Menschen enthalten ihren Kindern das Wissen vor, welches sie einst in der Schule erfahren haben, nicht einmal so sehr weil sie selbst daran glauben würden, sondern meist sogar nur, weil es der Glaubensführer so bestimmt hat und sie selbst nicht stark genug sind, dagegen aufzubegehren.

Dabei ist in dieser Generation gerade letzteres ein wichtiger Punkt. Diese schwachen Menschen leben nicht nur in diesen Verhältnissen, weil sie dort nicht mehr heraus kämen, weil sie zu schwach wären einfach die Koffer zu packen und an einem anderen Ort neu anzufangen, sondern weil es selbstverständlich angenehmer ist, wenn man selbst keine Entscheidungen treffen muss, wenn man sich einfach in die Arme der Gemeinschaft begeben kann und nur noch zu tun braucht, was für ein Weg für einen von der Führung vorgesehen worden ist. Dabei ist der Schritt, den Worten des Vorstandes ohne weiteres Hinterfragen zu glauben und einfach als seine eigene Überzeugung zu übernehmen gar nicht mehr so gross, denn das selber Denken hat man ja schon am Eingang abgegeben damit im täglichen Leben für einen gesorgt wird.

Natürlich ist dieses Verhalten durchaus verlockend, vor allem wenn man das Gemeinschaftsgefühl, welches einem ein derartiges Glaubensumfeld in den allermeisten Fällen wie eine abgeschlossene Sekte zu geben in der Lage ist, in keinster Weise kennt oder gar jemals selbst erfahren hat, sich auf einmal mit einer riesigen Familienartigen Bekanntschaft konfrontiert sieht und vordergründig von jedem gekannt und gemocht wird, einfach aufgrund seiner Existenz und Gleichförmigkeit anerkannt und angenommen wird. Man kann sich im wahrsten Sinne des Wortes in die Arme dieser Gemeinschaft einschliessen und jeglichen Konflikt vor der Türe lassen, sich der allgemeinen Harmonie fügen - so lange man nicht irgendwelche bösen Fragen stellt.

Denn selbst zu denken und einen eigenen Standpunkt zu finden ist in solchen Glaubensgemeinschaften nicht unbedingt gerne gesehen. Da kann es dann durchaus schonmal passieren, dass die Arme der anderen nicht mehr gar so offen stehen, wenn man beispielsweise die Evolution doch nicht als Teufelszeug abtut, wenn man nicht daran glauben mag, dass die Erde vor zehntausend Jahren von Gott höchstpersöhnlich geschaffen worden ist - und der Mensch mit den Dinos gleich mit. Denn merkwürdigerweise ist die Wissenschaft im allgemeinen etwas, was von praktisch allen dieser Sekten abgelehnt wird.

Die Zeugen Jehovas hatten damit angefangen, Fremdblut abzulehnen. Wenn sie also trotz allem irgendwann einmal unter das chirurgische Messer müssen, dann sollte der Arzt tunlichst sparsam mit dem Eigenblut des Patienten sein, am besten den Tupfer vor dem Wegwerfen noch einmal auswringen. Sex vor der Ehe wird auch vor allem für Frauen gross geschrieben und Aufklärung über diese Themen darf schon einmal gar nicht sein, man könnte die Jugend ja auf schlimme Ideen bringen. Das Gemeinschaftsgefühl wird durch Gottesdienste mit anschliessendem, gemeinsamen Mittagessen gefördert, welcher sich faktisch über den gesamten Sonntag zieht und so auch ausserkirchliche Kontakte zu Fremdgläubigen unterbinden hilft. Andere konservative Sekten extremieren diesen Abschluss noch mehr, in dem sie die Mitglieder gleich alle in abgeschlossene Siedlungen packen, aus denen dann das Entkommen gleich ein ganzes Eck schwieriger wird. Die Kinder werden dabei natürlich dann in einer betriebseigenen Privatschule unterrichtet - mit grossem Augenmerk auf die richtige Einordnung des gelernten in den Glaubenskontext, denn die Wissenschaft an und für sich ist ja böse, böse, böse!

Doch all dies ist natürlich nur der erste Schritt, das ganze Land selbst unter diese Fuchtel zu stellen, denn Dumme gibt es überall - und sie sind in der Überzahl. Natürlich hört man nicht gerne, dass der mensch vom Affen abstammen soll und es viel leichter zu glauben direkt und am Stück aus dem Licht des Paradieses gelatscht zu sein, anstatt sich in einem jahrmillionen anhaltenden Entwicklungsprozess aus einer anderen Art entwickelt zu haben - ein Zeitrahmen, den man sich als Mensch ohnehin nicht oder nur schlecht vorstellen kann. Kommt dann noch das Konzept der Reduzierbarkeit und Kombinatorik zum Einsatz, nach dem sich biologische Bauteile durch Zusammenwachsen anderer Teile entwickelt haben müssen, hört es bei den Meisten dann ganz auf. Für wirklich wissenschaftliche Argumente sind sie dann schon nichtmehr zugänglich und lassen sich dann auch kaum mehr erklären, warum Evolution eben wahrscheinlicher ist als die belegbar falsche Darstellung der wörtlichen Bibel. Wenn man ihnen dann noch erklärt, dass die Schöpfungsgeschichte gerade diese Evolution durchaus korrekt darstellt, die Reihenfolge der Entwicklungen mit der wissenschaftlich belegbaren Übereinstimmt und es sich eben bloss nicht um Tage, sondern um vier milliarden Jahre handelte, sollte man schon starke Beine und schnelle Füsse haben um diesen Versuch nicht unter einem Haufen Steine zu beenden.

Doch gerade in Amerika scheinen diese sorte Menschen erschreckend auf dem Vormarsch zu sein. Sogar so sehr, dass sie mehrere Versuche unternahmen um ihre Glaubensrichtlinien in den wissenschaftlichen Biologieunterricht zu zementieren. Dass da ein gleichglaubender Präsident gewählt wird, der auch gleich ein paar Glaubenskriege anzettelt, wunder da kaum mehr. Doch die Weltherrschaft wird durch einen solchen Krieg sicher nicht an diese Fundamentalisten gehen, dies hat eigentlich viel banalere Gründe.

Denn wenn man sich einmal die Vermehrungsrate dieser Sekten beziehungsweise Glaubensabarten anschaut, so wird man erschrocken feststellen, dass diese den Durchschnitt eines Landes um ein vielfaches übersteigen wird. Begründet liegt dies sicherlich zum einen in der klassischen Rolleneinteilung der Familien, in der die Frau nun einmal für Haushalt und Kinder zuständig ist, in der Verhütung sowieso als wissenschaftliches Teufelszeug verpöhnt, sex nur zur Fortpflanzung erlaubt ist und viele Kinder durch den späteren Einfluss in der Gesellschaft auch viel Macht bedeuten können. Dass die Frauen mit vielen Kindern tatsächlich noch klarkommen liegt dann aber auch an dem Umgang mit den Kindern in der religiösen Gemeinschaft, in der diese wie selbstverstänlich ihre Spielplätze, ihre Betreuerinnen und ihre eigenen Gottesdienstzeiten haben, also auch von dieser Seite her beschäftigt werden und die Mutter/Gebärmaschine entlasten helfen.

Auf der anderen Seite hingegen ist der Kinderwunsch bei gebildeteren Menschen aber auch nicht mehr so zwingend geschweige denn gross, wie bei den Sektenmitgliedern. Natürlich ist man hier mit multiplen Verhütungsmethoden vertraut, so dass der Nachwuchs zu einer bewussten Entscheidung wird, die dementsprechend wohl überlegt wird. Man wartet wohl mehr und länger auf den richtigen Zeitpunkt, will dem Nachwuchs bessere Möglichekeiten bieten, will ihm mehr Dinge bieten können als man selbst jemals gehabt hat und will sich mit diesem Kostenfaktor, den ein Kind nun einmal ebenfalls bedeutet, auch selbst nicht überfordern. Denn wie immer man es dreht und wendet, schon bevor das Kind da ist, ist es etwas, was das bisherige Leben in allen Ebenen beeinflusst und fundamental verändert. Frauen können hierzulande bereits wochen vor ihrer Niederkunft nicht mehr zur Arbeit und sind danach natürlich für einige Jahre gewissermassen ausgeschaltet, sind nur mit dem Umsorgen des Nachwuchses beschäftigt, welcher natürlich seine Zeit, seine Fürsorge beansprucht und sich sofort lautstark beschwert, wenn er diese nicht genug bekommt. Zudem werden die Hiopsbotschaften um Kinderkrankheiten, Genschädigungen oder geistige Behinderungen mit der weiteren technisierung der Gesellschaft sicherlich nicht weniger, was zum an der einseitigen Information liegen mag aber trotz allem eine unterschwellige Angst vor einem solchen Fehlschlag schürt die diese Nachwuchsentscheidung immer wieder weiter verschieben lässt.

Dass durch dieses Übergewicht an wahlberechtigten Mitbürgern, deren Bildungsstand sich entsprechend ihrer religiösen Einstellung verhält, braucht es keinen Einstein um sich auszumalen, was für eine ausprägung die gewählte Regierung und die erfolgreichen Parteien haben werden. Dies ist ein Trend, der in der jüngeren Zeit durchaus schon zu bemerken ist, wenn man sich die Einsparungen im Bildungsbereich anschaut und die künstlichen Hürden betrachtet, welche für den Bildungszugang immer mehr aufgebaut werden. Entsprechend verhält es sich zunehmend mit dem Erfolg von Parteien, welche mit geradezu plump dummen Wahlprogrammen oder gar Regierungserklärungen daherkommen, die unrealistischer nicht sein könnten und vor Undurchsetzbarkeiten nur so strotzen. Die Dummen wählen eben am liebsten ihresgleichen.

Bei derart trüben Aussichten verbleibt eigentlich nur noch die Genugtuung, dass diese Vorherrschaft fundamentalistischer Glaubensgemeinschaften nicht lange währen wird, denn sie erweisen sich als prinzipiell unfähig, die Probleme zu bewältigen, die mit der Technologie die sie zwar in ihren wissenschaftlichen Grundlagen ablehnen, aber trotz allem natürlich gerne benutzen - Handys, Fernsehen, elektrischer Strom grundsätzlich, Mikrowelle etc. - einhergehen. Sie erweisen sich als unfähig, ihr Wissen weiterzuentwickeln, weil es schlicht ihrem Glauben widerspricht und weil es natürlich nicht direkt von Gott gegeben ist - ihre eigene Vergangenheit und Entwicklung/Bildung dabei strikt ablehnend. Die Lösung würde ebenfalls wieder eine wissenschaftliche werden, was ihrem Glauben widerspricht, in der langen Frist werden sie also genau so Enden, wie jeder Organismus, der sich zu sehr ausbreitet und zu parasitär lebt. Die Erde wird sich von dieser Krankheit letztenendes wieder befreien - in der langen Frist.