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... über das Kaufen von Meisterschaften - jetzt auch im eSports

Es klingt auf den ersten Blick wie eine weitere Vision des wiederauferstandenen Doctor Gott, der schon bei Borussia nicht nur einen Verein an die Börse, sondern auch durch Spielerkäufe Meisterschaften schlicht und einfach gekauft hat. Doch es spielt viele Jahre später und in einem vollkommen anderen Sportsegment, in dem weniger die körperliche, als vielmehr die geistige Leistungsfähigkeit der Athleten zählen sollte. Allerdings tut sie dies durch einen kleinen Kunstgriff, den die grösste europäische Liga des eSports mit dem Hersteller des grössten, beliebtesten Online-Rollenspiels vereinbart hat, nicht mehr.

Man kann es ja irgendwie verstehen und eigentlich war es ja auch nur eine Frage der Zeit, bis sich die Spieler des gewaltigsten und von der Abonenntenzahl meistgespielten MMORPGs auch in Meisterschaften miteinander messen wollten. Dass ausgerechnet dieses Spiel nicht im geringsten dafür ausgelegt ist, ist eben das Problem des Herstellers. Dieser hat sich dann auch - durchaus kundenfreundlich - mit der ESL

Electronic Sports League

zusammengesetzt und man hat ein praktisch und technisch einigermassen umsetzbares System auf die Beine gestellt, welches den "Skill"

Spieler-Slang fuer Faehigkeiten

der Spieler zur Geltung bringen und ein einigermassen faires Kampfsystem herstellen sollte. Das Ergebnis war weit an der Realität vorbei und von der ersten Sekunde der veröffentlichung an so diskussionswürdig, dass man es wohl besser VOR der veröffentlichung auch mal mit den Spielern diskutiert hätte.

Wenn ein Spiel sehr beliebt ist, ist es natürlich auch Ziel von Hackerangriffen, Ziel von Schummelversuchen und von Leuten, die damit auf mehr oder weniger legale Weise versuchen einen Euro extra zu machen. Dabei ist zu bedenken, dass wir hier von einem MMORPG, also einem 'massive multiplayer online role playing game' sprechen, in welchem sich Spielzeit und gespielte Zeit nicht nur in eigener Erfahrung, sondern eben auch in Erfahrungspunkten für den gewählten, gespielten Character wiederspiegeln. Gerade diesem Detail lässt sich jedoch auch nachhelfen. Die überpopularisierten unterbezahlten Chinesen haben alsbald gewissermassen ganze Farmen von Spielern in Kleinwohnungen untergebracht, welche den gesamten Tag nichts anderes tun als Charactere auf den maximalen Entwicklungsgrad zu bringen und dabei Gold anzusammeln. Haben sie den Character entwickelt, so wird er bei eBay versteigert an Spieler, die diese Zeit nicht aufbringen wollen aber dennoch weit oben mitspielen wollen. Ebenso verfährt man mit dem Gold, welches man so von virtueller in bare, reale Münze umtauscht, sprich ebenso reales Geld verdient. Der kaufwillige Spieler kann mit dieserm nun virtuellen Geld im Spiel dann wiederum Gegenstände kaufen um seinen Spielcharacter noch weiter zu verfeinern ohne dies aufwendig im Spiel selbst zu tun. Ebenso verfährt man mit seltenen Gegenständen, die man nur erhält wenn man Massenschlachten gegen ebenso gewaltige wie langwierig zu besiegende Übermonster organisiert und natürlich gewinnt. Man spielt selbst - oder kaufts sich bei eBay.

Wenn dies normalsterbliche Spieler machen um in irgend einem Spiel im virtuellen Schwanzvergleich besser gegen seine Kumpels abzuschneiden, dann ist dies ja gerade noch legitim und bestenfalls mit einer Notlüge zu vergleichen. Durch eine andere, organisatorische Unzulänglichkeit jedoch wird das ganze dann schon zu einem realen, reales Geld kostendem Problem, denn keine Liga ist bisher daran interessiert, solche Betrügereien zu unterbinden - so lange sie ihnen Geld bringen.

Und das geht so: Da die Spielwelt von World-of-Warcraft, von dem die ganze Zeit schon als MMORPG die Rede ist, eine in sich abgeschlossene, immanent keine Ligakämpfe organisierende oder erlaubende Welt ist, hat die ESL und andere Ligen mit dem Hersteller Blizzard verabredet, dass Blizzard den Character der jeweiligen Spieler für die Dauer eines Ligakampfes auf einem getrennten Server dupliziert, damit diese dort abgeschottet vom Rest des Spiels, gegeneinander antreten können um sich die Schädel zu spalten und mit Zaubersprüchen die Innereien zu zermatschen.

Das Problem bei der ganzen Sache ist eben gerade die Tatsache, dass der Character dupliziert wird, das heisst eine exakte Kopie des normalen Spielcharacters. Wie beschrieben, kann dieser aber alles andere als normal erspielt worden sein. Der Character selbst kann bei eBay von einem Chinesen gekauft worden sein, er kann sich dort mit Spielgold eingedeckt und auch mit beliebigen Gegenständen eingedeckt haben, kann seinen Orc, Waldelf oder Halbling oder was auch immer mit teuersten Rüstungen und Waffen versorgt haben ohne auch nur eine Minute tatsächlich selbst im Spiel verbracht zu haben. Er hat sich einen Meister gekauft.

Auch dies würde nur so vor Bedeutungslosigkeit strotzen - wen interessiert schon welche Summen irgendwelche Computerspieler in irgendwelchen Spielen zu ihrem persöhnlichen Spass ausgeben, so lange man sich nicht mit ihnen abgeben muss - wenn da nicht das Detail wäre, dass man in besagten eSports-Ligen auch Preisgelder erspielen kann, von Sponsorengeldern und Werbeverträgen einmal ganz zu schweigen.

Es ist also tatsächlich ein ähnlich schlimmes Phänomen wie es seinerzeit im Fussball angefangen hat - ein Verein der mit viel Geld die besten Spieler eingekauft hat und sich so eine Meisterschaft nach der anderen erspielt beziehungsweise erkauft haben. Und das alles schlicht durch den Einsatz von möglichst viel Geld. Damals hätte die entsprechende Liga durch entsprechende Regeln dem Einhalt gebieten können, aber natürlich war der Jugendzulauf durch die in Aussicht gestellten Gehälter und sonstigen Gelder dadurch immer grösser geworden und damit auch die Mitgliedsbeiträge der Vereine auch auf niedrigster Ebene. Wieder einmal war der Sport durch Geld korrumpiert worden - und die Geschichte ist nun drauf und dran sich auch im eSports zu wiederholen!

Dabei wäre es ein Einfaches, dieses gesamte Konzept des Gegeneinanderspielens in eben diesem Spiel so abzuändern, dass es eben doch auf den persöhnlichen Skill ankommt und nicht nur auf die Geldbörse des Characterbesitzers - so wie es in fast allen anderen Online-Spielen auch der Fall ist. In Counterstrike wäre es zum Beispiel unvorstellbar, dass ein Team ersteinmal etwas Geld bezahlt um gleich zu Spielbeginn mit besserer Ausrüstung und Waffen dazustehen. In Guildwars hat jedes Team ausschliesslich gleichstarke Spielfiguren, welche sich bloss durch die Zusammensetzung der Skillpunkte und der ausgewählten Zaubersprüche unterscheiden, welche jedem die gleiche Chancen geben. Die Argumentation ist dabei immer die gleiche, nämlich dass die Erfahrung und die Fähigkeiten des Spielers selbst das Spiel entscheiden sollen und nicht die Zeit, die man bereits im Spiel verbracht hat.

Natürlich kann man argumentieren, dass es durchaus äquivalent scheint - die Zeit die man im Spiel verbracht hat und der Skill, den man darin entwickelt hat. Aber es bietet eben auch die sehr einfache Möglichkeit des Betrugs, die durch eine schlicht andere Argumentation verhindert würde. Würde man diese Argumentation auf beispielsweise Counterstrike anwenden gäbe es eien Aufschrei des Entsetzens durch alle Ligen, bloss der momentane Monopolist kann sich ein solches Vorgehen leisten. Dabei muss man wohl schon froh sein, dass sie für diese Dupliziererei nicht noch getrennt Geld verlangen wie sie es bei Serverwechseln für Charactere verlangen.

WoW ist eben eine Lizenz zum Geld drucken und der Gedanke liegt nicht fern, dass sie an gehandelten Characteren auch noch Geld verdienen - was in Anbetracht der Gebühr, die sie für die Übertragung von Spielcharacteren verlangen, auch nicht fern liegt. Ausserdem bezahlen selbst die Farmen in China für ihre Spielzeit ihre Gebühren - Geld regiert eben auch manchmal im virtuellen die Welt.