1001 Worte ... über Datengräber höherer Dimensionen

 

 

 

Ein Terabyte!

Das sind eintausend Gigabyte. Das sind eine million Megabyte. In Telekom Werbemailgrössen sind das fünfhundert milliarden eMails! Wozu das ganze...

... habe ich mich gefragt, als ich neulich das aktuelle Media-Markt-Prospekt gesehen habe. Ein Terabyte. Das ist ne Menge Platz. Aber wofür? Was mache ich damit? Realistischerweise?

Es war eine externe Festplatte mit der Marketingbezeichnung von einem Terabyte. Wahrscheinlich handelte es sich dabei nicht wirklich um ein Tibibyte

1 Tibibyte = 1024 * 1Gigibyte, 1Gigibyte = 1024 * 1Mibibyte, 1Mibibyte = 1024 * 1Kibibyte, 1Kibibyte = 2^10 Byte; wohingegen 1Terabyte 1Milliarde Kilobyte, also 1Billion Byte =10^12 sind, nicht aber 2^40 !!! (10^12 < 2^40)

, sondern um einiges weniger, aber dennoch würde der erworbene Speicherplatz eine gewaltige, unüberschaubare Grössenordnung haben. Was in aller Welt sollte man mit solch einer Menge Speicher anfangen?

Die Tatsache, dass diese Festplatte natürlich extern, billig über USB angeschlossen war, macht die Situation eher eindeutiger, als brauchbarer. USB ist für eine Anwendung, die diesen Platz tatsächlich benötigen könnte - also Videobearbeitung, DVD-Kreation, Modeling - einfach zu langsam. Wofür braucht man schon einen schnellen Prozessor, wenn dieser ständig dadurch ausgebremst wird, dass die Daten von den Medien nicht hinterher kommen? Wenn ich bedenke, wie viel Platz ich jedoch für mein letztes Videoprojekt tatsächlich benötigt hatte, dann denke ich schon wieder, dass ich da aber ne ganze Menge Filme mit machen könnte, bevor ich sie auch bloss halb voll bekommen hätte - und wegen der Geschwindigkeit drei Computergenerationen verschlafen hätte.

Also würde man es eher als Datengrab ansehen können, anstatt als wirklich täglich benutzbares Medium für die tägliche, schnelle Arbeit mit grösseren Datenmengen. Man würde vielleicht sogar tatsächlich Milliarden von eMails darauf abspeichern wollen, oder alle persönlichen Daten, Briefe, Dokumente eines ganzen Lebens, vielleicht auch die Bildersammlung bis in alle Ewigkeit darauf packen und natürlich sortieren. Selbst, wenn man die Bilder im RAW

Format, das die Daten des bildempfangenden Chips der Kamera direkt und ungefiltert abspeichert und so hochwertigere Nachbearbeitungen zulässt.

-Format abspeichert und nicht als JPEG

Joint-Picture-Expert-Group - Ein Standarddatenformat für Bilder, sehr gut packend

, so hat man immernoch ein ganzes Leben vor sich. Genaugenommen könnte man mit solch einer Festplatte wohl einen Film über sein ganzes Leben drehen, ohne das Speichermedium austauschen zu müssen. In Bildern gesehen sind dies jedoch Grössenordnungen, über die man aufgrund der schieren Menge den Überblick verlieren muss, weil man so viel Ordnung einfach nicht mehr selbst halten kann.

Wenn man obendrein seine persönlichen Daten, Kontonachweise, Briefe, Telefonrechnungen, Passwortsammeldateien etc. auf diesem Medium sammelt, so erhält es dadurch schon eine vollkommen andere Wertigkeit. Man nehme an, dass man auch bloss hundert wichtige eMails, Briefe etc. darauf gespeichert hat. Was ist, wenn diese externe Festplatte irgendwann kaputt geht, sie das zeitliche segnet, herunterfällt oder einem Virus zum Opfer fällt?

Natürlich sind dies Fälle, die man sich nicht in seinem schlimmsten Alpträumen vorstellen will und die man auch niemandem wünscht, aber dennoch sind sie selbst laut der Google-Festplattenstatistik

Google hat auf seinen Cluster-Computern ein Kontrollprogramm zur Protokollierung von Systemereignissen installiert, dessen Auswertung eine detaillierte Fehleranalyse zulässt und so auch die Ausfallzeiten der verbauten Festplatten kontrolliert hat.

spätestens alle sechs Jahre an der Reihe zu geschehen. Was macht man also in diesem verflixten, siebten Jahr? Kauft man sich die nächste Platte und hofft, dass die Daten bis dahin noch alle vorhanden sind? Die Festplatte wird garantiert einen Tag vorher den Dienst versagen, das wissen wir alle aus Erfahrung.

Der Verlust persönlicher, wirklich wichtiger Daten ist eine verheerende Angelegenheit. Bloss einige Bytes, die aber von wirklich essenzieller Bedeutung waren, können ausreichen, damit sich der Anwender Gedanken über mehrstufige Backupstrategien selbst seiner Internet-Pornosammlung macht. Doch wie macht man ein Backup von einem Terabyte an Daten? Auf was für ein Medium soll man das machen und wie lange dauert so etwas bloss?

Ein Problem jagd das andere. Zwar gibt es für derartige Grössenordnungen Bandlaufwerke mit entsprechenden Kassetten, doch sind diese derart teuer, dass man schnell beginnt den Nutzen gegen die Kosten abzuwägen und vielleicht doch bloss ein selektives, inkrementelles Backup zu machen. Der Zeitfaktor ist der zweite Minuspunkt dieser Situation, denn die Anbindung wird durch ein Backup ja auch nicht schneller, das eine Terabyte muss also ebenso über die dünne, schmale USB-Leitung wie alles andere auch, dauert also trotz allem immernoch entsprechend lange, um bloss den gesamten Inhalt der Festplatte ein einziges mal zu lesen. Will man die geschriebenen Daten zur Sicherheit dann noch einmal gegenprüfen, so verdoppelt sich die benötigte Zeit direkt noch einmal.

Was verbleibt am Ende? Ein Datengrab. Eines von unvorstellbarer Kapazität. Man schiebt Daten darauf um sie vom Gefühl her gesichert zu haben und vor allem, um sie vergessen zu können. Man hat sie nicht gelöscht, weil man ja ein Jäger und Sammler ist, aber sie sind auch nicht wichtig genug, als dass man sich um sie irgendwann noch einmal kümmern würde, ausser wenn man in der Vergangenheit schwelgt. Dinge, die man ein für alle mal endgültig erledigt hat, die man am liebsten vergessen würde, die landen auf dieser Platte. Ausserdem ist sie sowieso zu langsam, um diese Daten noch einmal davon herunterholen zu wollen.

Auf der anderen Seite kann man sich jedoch auch gleich zwei davon kaufen. So viel teurer ist das ja mittlerweile auch nicht mehr, der doppelte Preis sind in diesem Fall gerade einmal einhundertfünfzig Euro, welche die Datensicherheit gleich einmal mit verdoppeln. Dies hebt nicht nur den Speicherplatz, der einem theoretisch zur Verfügung steht auf sagenhafte zwei Terabyte, mit denen man im virtuellen Schwanzvergleich bei seinen Kumpels angeben kann, sondern macht zumindest die Hälfte davon relevant nutzbar. Nun kann man tatsächlich wichtige Daten sicherheitskopieren, kann seine Mails, all seine Kontodaten darauf ablegen, kann seine Bilder in mehrfacher Ausführung abspeichern und sortieren, indizieren und seine Urlaubsfilme noch obendrauf. Und wie schaut es mit der Datensicherheit jetzt aus? Was spricht denn gegen ein kleines Script, eine Kopieranweisung, die gleich einmal den gesamten Inhalt der einen Festplatte auf die andere kopiert ohne grossartig nachzufragen und ohne, dass man dafür noch irgendwelche Benutzerinteraktion benötigt. Dies kann unbeaufsichtigt und über Nacht stattfinden - beziehungsweise muss es sogar, weil es wegen der grossen Datenmenge wie oben beschrieben viel zu lange dauern würde, das System zu sehr belasten und unglaublich auf die Nerven gehen würde.

Somit kann als Fazit letzten endes bloss bleiben, dass eine Festplatte gut ist, aber zwei sind eben besser - wenn sie angemessen genutzt werden. Wenn die Datenmengen jedoch anfangen, ein gewisses, relatives Maß zu übersteigen, dann muss man die Infrastruktur gleich einmal verdoppeln, um bei einem ausgewogenen Mass an Sicherheit zu verweilen.

Apropos Relationen. Vor nicht allzu langer Zeit, da waren einhundert Megabyte noch eine unvorstellbar grosse Menge Speicherplatz, welche am damaligen Interface gute tausend Mark

inflationsbereinigt gute eintausend Euro

gekostet haben. Damals gab es zum Backup noch Bandlaufwerke, die gerade einmal die hälfte davon auf eine Kassette gepackt haben und auch nicht viel billiger waren. Als es dann endlich CD-Brenner gab, die immerhin siebenhundert Megabyte

damals gab es den Unterschied zwischen Megabyte und Mibibyte noch nicht, da jeder wusste was gemeint war - erst Marketingfuzzies haben Dummies den Unterschied schmerzlich im Geldbeutel klargemacht.

fassten und sich als Backup-Medium angeboten hätten - wenn die Festplatten den Sprung nicht ebenfalls mitgemacht hätten. Heute gibt es DVD-Brenner, die schon 4,7Gigabyte fassen können, aber hinter den verfügbaren Festplatten abermals um Zehnerpotenzen hinterherhinken. Die nächste Generation optischer Medien, die sich für Backups anbieten würden, steht schon bereit, und würde gute fünfzig Gigabyte fassen - immerhin ein zwanzigstel einer Terabyte-Platte. Und über die Langzeit-Haltbarkeit wollen wir hier gar nicht erst anfangen zu reden.