1001 Worte - über Ideen

 

 

 

Was ist eigentlich eine gute Idee?

Wie wird eigentlich aus einer guten Idee ein fertiges, erfolgreiches Produkt?

Und wieso habe ich eigentlich nie eine Idee?

Vor allem Letzteres wird sich so mancher schon gefragt haben. Dabei ist dies ein Ding der Unmöglichkeit, dass man keine Ideen hat. Dies geht bei dem einfachen Vorhaben los, dass man jetzt den Müll rausbringen könnte und hört bei Designänderungen an Autos, die einem nicht gefallen, noch lange nicht auf. Und gerade hier fängt es doch an, auch finanziell interessant zu werden.

Aber was unterscheidet die Idee des Müll hinausbringens von jener des Autodesigns? Nicht auf den finanziellen Wertaspekt möchte ich hier mein Augenmerk richten, sondern vielmehr auf den Vorgang an und für sich. Und auch nicht den Vorgang des Bekommens, des Erzeugens einer Idee, sondern rein jenen des Durchführens dieses Idee bedingten Vorhabens beziehungsweise der vorhabenbedingten Idee.

Ich habe den Gedanken, dass ich einen Missstand ändern muss. Hieraus entwickele ich das Vorhaben, dieses zu ändern, habe das Ziel damit als Gedanken erzeugt und finde einen Weg, der mir nicht zwingend bereits bekannt ist, um diesen Gedanken in die Realität zu überführen. Auf diesem Niveau betrachtet besteht zwischen der Idee des Mülls und der des Karosseriedesigns kaum ein Unterschied. Bis auf die Tatsache, dass wir das eine durchgeführt haben und das andere nicht, denn der Müll ist schon nach wenigen Minuten draußen im Container, während das betrachtete Auto noch immer sch... aussieht.

Zusammengefasst könnte man also sagen, dass es vor allem die Durchsetzung dieser beider Vorhaben gewesen ist, welche den Unterschied in der Realisierung gemacht haben.

Gerade an diesem Punkt könnte man nun anfangen und realisierte Ideen gegen solche abzuwiegen und aufzuzählen, die den Schritt nicht nur zum fertigen Produkt, sondern auch zur erfolgreichen Vermarktung desselben geschafft haben. Und genau dies möchte ich zu einem kleinen Teil nun auch vorführen.

So hat ein Autoschlosser einst ein Bauteil entwickelt, welches den Ölfluss im Auto optimierte und damit die Haltbarkeit des Öls verzehnfachte. Das Bauteil war dabei bereits in Kleinserien gerade einmal doppelt so teuer wie ein normaler Ölfilter. Er trug dies den Fahrzeugherstellern und Ersatzteillieferanten vor, doch von diesen wollte es kein einziger haben, ja waren sogar dagegen, dieses überhaupt auf dem Markt zu sehen, denn immerhin verdienten sie sowohl an den immer wieder nötigen Filtern als auch an dem jeweils verbrauchten Schmiermittel kräftig mit - und warum sollte man sich den eigenen Markt durch ein unnötig besseres Produkt kaputt machen? Der Autoschlosser gab dann irgendwann resigniert auf, da er es nicht einmal schaffte, es einem Produzenten mit dem Hinweis zu verkaufen, dass er es damit in der Schublade verschwinden lassen könnte. Außer einem Achtungserfolg, dass sein neuartiger Filter beim Jauch in SternTV besprochen worden war, kann er also heute nichts vorweisen.

Auf der anderen Seite haben wir das klassische Beispiel eines Formates für Videokassetten - VHS genannt. Es betrat den Markt zu einem Zeitpunkt, an dem es bereits drei konkurrierende Formate gab, welches jedes Einzelne mit weit besserer Qualität, Komfort und Datenblattwerten aufwarten konnte. Wer das Rennen gemacht hat und warum ist heute bereits Geschichte, denn gewonnen hat ausgerechnet das Schlechteste von allen, konnte sich VHS am Markt durchsetzen, weil es ganz einfach am billigsten war - im wahrsten Sinne des Wortes. Video2000 und BetaMax boten jeweils die doppelte Bandlaufzeit bei besserer Qualität und größerer Haltbarkeit, allerdings auch zu einem höheren Preis bei sowohl Bändern als auch Abspielgeräten. Dass das Volk zu diesem Zeitpunkt nur auf den Preis schaute und nicht auf die Qualität des resultierenden Bildes sei ihm bei der Qualität damaliger Fernseher verziehen. Das Marketing war eben im Endeffekt besser, Lizenzgebühren geringer.

Ein ähnliches Beispiel für jedoch ein durchgesetztes, besseres Produkt ist hingegen die Stromsparlampe. Zu einem Zeitpunkt, zu dem das Thema Stromsparen eigentlich noch kein Thema war, kam sie auf den Markt, obwohl sie von einem deutschen Erfinder stammte, sie in Deutschland kein Lampenhersteller haben wollte und sich Banken mit Aufbaukrediten ebenfalls zurückhielten. Der Erfinder mit dem langen Atem ging daher ins Ausland, wo seine Erfindung mit offenen Armen begrüßt, vermarktet, produziert und nach Deutschland quasi reimportiert wurde. Heute hat jeder größere und kleinere Lampenhersteller eine ganze Palette solcher Stromsparlampen im Programm und das Konzept des Stromsparens ist in aller Munde. Ein großartiger Erfolg, der sicherlich nur dadurch zustande gekommen ist, dass ein kleiner Erfinder einen langen Atem gehabt und nicht aufgegeben hat, bloß weil er einen ganzen Haufen Rückschläge hatte erleiden müssen, fest an seine Erfindung glaubte und sich nicht von Miesmachern hatte beirren lassen.

Denn dies muss einem völlig klar sein: Besser wissen es immer alle. Und ebenso klar muss dabei sein: Wenn sie es tatsächlich besser wüssten, wieso machen sie es dann nicht selbst?

Wenn man irgendjemanden fragt, was er von diesem oder jenem hält, dann wird er augenblicklich hundert gründe finden, wieso es schlecht ist, was daran besser sein sollte und dass die Idee grundsätzlich nicht funktionieren würde, ganz gleich, was man ihm vorlegt. Es werden ihm keine guten Argumente dazu einfallen - oder er wird sie nicht sagen - aber er wird so viel Schlechtes daran finden, dass es sehr entmutigend wirken kann, wenn man nicht wirklich daran glaubt. Neider gibt es immer und überall, und wenn alle wirklich wüssten, was an der Idee so schlecht ist, wieso machen sie es dann nicht besser?

Es ist nicht unbedingt die Qualität einer Idee, die das Endprodukt gut oder schlecht werden lässt, es ist die Energie, die man in dessen Durchsetzung gesteckt hat, die es am Ende erfolgreich gemacht hat. Der Ölfilter mag eine noch so gute Idee gewesen sein, doch fehlte es ihm an der Fähigkeit, das Patent an die richtige Stelle zu tragen und dort vorzustellen. In Indien oder China hätte man beispielsweise auf Sparsamkeit größeren Wert gelegt als eine Autoindustrie, die im Anblick eines existenzbedrohenden Ölpreises Autos auf dem Markt bringt, die dreimal so viel verbrauchen als ein Fahrzeug ähnlichen Gebrauchswertes - allradgetriebene Geländefahrzeuge von Porsche, absurd. Die Videokassette im VHS-Format hingegen war sicherlich nicht die beste Idee, aber sie wurde mit den richtigen Mitteln im Markt positioniert, mit den richtigen Argumenten an den Kunden gebracht und auch so weltweit vermarktet. Die Stromsparlampe scheint dabei sogar alles richtig gemacht zu haben, hatte das bessere Produkt mit den richtigen Verkaufsargumenten zum angemessenen Preis und an den richtigen Stellen an den Produzenten und den Vermarkter gebracht.

Eine schlechte Idee ist hundertmal besser als tausend gute oder sehr gute Ideen, die im Keim erstickt wurden oder auch nur nicht zu Ende gedacht, zum Produkt gemacht worden sind.

Jeder hat Ideen, zu jeder Zeit und an jedem Ort. Jeder kann irgendetwas verbessern und oftmals ist der Hersteller für Hinweise auf Produktverbesserungen sogar so dankbar, dass er ausgearbeitete Optimierungen ungefragt mit einem Obulus entlohnt. Große Firmen wie Tetrapack beispielsweise belohnen Mitarbeiter für jede Betriebsverbesserung, die eingebracht wird, wobei der bisherige Rekord bei sagenhaften einhunderttausend Mark liegt - für eine optimierende Veränderung an einer Druck- und Beschichtungsmaschine. Aber schon der Hausfrau vom Dienst ist sicherlich schon vieles aufgefallen, was einfach unpraktisch entworfen war, bis hin zu Dingen, die schlicht unbenutzbar verhunzt waren oder auch bloß nicht funktionierten.

Jeder kann die Welt verbessern - jeden Tag mit jeder neuen Idee.

Dafür muss es nicht die grandiose, neue Idee sein, auf die bisher noch niemals jemand gekommen ist und die unheimlich kompliziert ist. Oftmals ist die beste Idee diejenige, von der man im Nachhinein sagen wird, dass dies doch vollkommen logisch gewesen sei, dass es doch auf der Hand gelegen hatte und es eine völlig triviale Entwicklung gewesen sei. Doch wieso ist dann vorher noch kein anderer darauf gekommen? Auch, wenn er aus der Raumfahrt kommt, ist der Akkuschrauber dafür sicherlich eines der besseren Beispiele, die aus der Atombombenentwicklung stammende Teflonpfanne eher bloß eine Weiterentwicklung eines bestehenden Produkts.

Und auch ein ‚gibt‘s schon‘ ist kein Argument es bleiben zu lassen, sonst hätte es all diese genannten Produkte nicht geben können. Das Einzige, was davon abhalten könnte, eine Idee zu verfolgen, ist der Missmut der anderen - und der Glaube an die eigene Erfolglosigkeit.